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2.3 Turbulenzmodellierung

2.3.2 Zweigleichungsmodelle

Allen hier vorgestellten Zweigleichungsmodellen ist gemein, dass sie letztendlich den Reynolds-Spannungstensor aus (2.11) durch zwei zus¨atzliche Differenzialgleichungen beschreiben, denen die Boussinesq-Hypothese

−ρu0u0Tt

(gradu) + (gradu)T

−2

3(ρk+µtdivu)I (2.12) mit der turbulenten kinetischen Energie

k = 1 2u0·u0

zugrundeliegt. Dadurch k¨onnen die sechs Unbekannten des symmetrischen Tensors u0u0T auf zwei Unbekannte, n¨amlich k und die turbulente Viskosit¨at µt, reduziert werden. Der turbulente W¨armestrom wird durch

ρe0u0 =−λtgradT mit λt=cp µt

P rt

modelliert und h¨angt somit nur von µtund der turbulenten Prandtl-Zahl P rt= 0,9 ab.Nun muss man zwischen den k-ε-Modellen und den k-ω-Modellen unterscheiden.

Erstere stellen zun¨achst einen Zusammenhang zwischen k, µt und der turbulenten Dissipationε her. Anschließend wird hiermit je eine Transportgleichung f¨urk und ε abgeleitet. Die k-ω-Modelle ersetzen die Gleichung f¨ur ε durch eine f¨ur die Dissipa-tionsrate ω.

Der wichtigste Vorteil der Zweigleichungsmodelle gegen¨uber anderen Ans¨atzen zur Turbulenzmodellierung ist ihre große Zuverl¨assigkeit bei der Beschreibung praxisre-levanter Str¨omungen mit vergleichsweise geringem Rechenaufwand. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass mit (2.12) eine Isotropieannahme gemacht wurde, die nicht immer gerechtfertigt ist. Dazu kommt, dass jede Modellvariante eine Reihe von Termen und Koeffizienten beinhaltet, die rein empirisch anhand einiger typi-scher Testkonfigurationen bestimmt wurden. Insgesamt f¨uhrt das dazu, dass jedes Modell bei einer Klasse von Problemen besonders gute Ergebnisse liefert, w¨ahrend aber gleichzeitig andere Problemstellungen existieren, f¨ur die dieses Modell absolut ungeeignet ist.

k-ε-Modelle

Das Standard-k-ε-Modell Das Standard-k-ε-Modell von Launder und Spalding (vgl. [7, 9, 10, 17, 25]) ist das ¨alteste Modell der k-ε-Familie und diente somit als Grundlage f¨ur die Entwicklung der vielf¨altigen Modellvarianten. Gleichzeitig ist es dasjenige Modell, das nach wie vor sowohl in der theoretischen Grundlagenforschung als auch in der industriellen Praxis am h¨aufigsten zum Einsatz kommt. Deshalb soll es auch hier als Erstes betrachtet werden.

Es basiert auf der Idee (vgl. z. B. [9, 17]), dass sich Turbulenz durch zwei charak-teristische Gr¨oßen, n¨amlich die turbulente kinetische Energie k und ein ortsabh¨an-giges L¨angenmaß L, beschreiben l¨asst. Aus Dimensions- und Energiebetrachtungen f¨ur voll-turbulente Str¨omungen ergeben sich die Zusammenh¨ange

µt ∼ρ√

2kL und ε= k3/2 L .

Nach Einf¨uhrung der Proportionalit¨atskonstantenCµ erh¨alt man also insgesamt mit µt =Cµρk2

ε (2.13)

einen Ausdruck, der nur noch von k und ε abh¨angt. Mit verschiedenen weiteren Modellannahmen ergeben sich die Transportgleichungen f¨urk und ε (vgl. [10]):

∂(ρk)

∂t + div(ρku) = div

µ+ µt

σk

gradk

+Pk+Pb−ρε

∂(ρε)

∂t + div(ρεu) = div

µ+ µt σε

gradε

+Cε1ε

k(Pk+Cε3Pb)−Cε2ρε2 k Ein wesentlicher Unterschied bei der Herleitung der beiden Gleichungen besteht darin, dass sich die Gleichung f¨urk aus einer exakt geltenden Differenzialgleichung durch Modellierung einzelner Summanden ableitet, w¨ahrend die Gleichung f¨ur ε selbst ein Modell darstellt.

BeiPkhandelt es sich um einen Quellterm, der die Erzeugung von turbulenter ki-netischer Energie aufgrund von gemittelten Geschwindigkeitsgradienten beschreibt.

Er l¨asst sich durch

Pk = spurh

−ρu0u0T

gradui

ausdr¨ucken, wobei der erste Faktor gem¨aß der Boussinesq-Approximation (2.12) mo-delliert wird. Pb steht f¨ur die Produktion von turbulenter kinetischer Energie auf-grund von Auftriebskr¨aften. F¨ur ideale Gase gilt

Pb =− µt

ρP rt(g·gradρ).

Die Modellkonstanten

Cε1 = 1,44 Cε2 = 1,92 Cµ= 0,09 σk = 1,0 σε= 1,3

wurden empirisch anhand von typischen Testkonfigurationen bestimmt. F¨urCε3 exis-tieren unterschiedliche Ans¨atze (vgl. [7, 10]).

Das vorgestellte Modell gilt in dieser Form nur f¨ur voll-turbulente Str¨omungen.

Wird eine solche Str¨omung jedoch von einer feststehenden Wand begrenzt, so exis-tiert in unmittelbarer Umgebung der Wand eine Grenzschicht, f¨ur die diese Bedin-gung nicht erf¨ullt ist. Man muss dann entweder generell oder zumindest f¨ur diesen Bereich eine andere Turbulenzmodellierung w¨ahlen oder ihn geeignet durch Wand-funktionen ¨uberbr¨ucken. Da diese Problematik grunds¨atzlich in einem engen Zusam-menhang mit der f¨ur die Simulation verwendeten Diskretisierung steht, wird dieser Aspekt erst in Abschnitt 4.2.1 genauer erl¨autert werden.

Anderek-ε-Modelle Abgesehen von den Modifikationen des Standard-k-ε-Modells in Wandn¨ahe gibt es in der Fachliteratur, aber auch in kommerziellen Programm-paketen zur Str¨omungssimulation [7, 10], eine beinahe un¨uberschaubare Vielfalt an weiteren k-ε-Modellvarianten.

Man unterscheidet dabei z. B. nach Modellen, die den Zusammenhang (2.13) f¨ur die turbulente Viskosit¨at µt und einzelne Terme der ε-Gleichung d¨ampfen oder

ver-¨andern, um eine bessere Modellierung viskoser Str¨omungsbereiche zu erreichen (Low-Reynolds-k-ε-Modelle), Modellen, die anstelle der Boussinesq-Hypothese (2.12) eine Approximation h¨oherer Ordnung f¨ur die Reynolds-Spannungen ansetzen und somit die Wiedergabe von anisotropen Effekten verbessern (k-ε-Modelle h¨oherer Ordnung) und vielen anderen k-ε-Modellen, die sich aus einer anderen Herleitung und ande-ren Modellannahmen ergeben (z. B. RNG-k-ε-Modell, realizable-k-ε-Modell, Chen’s k-ε-Modell). Einen Spezialfall bildet das V2F-Modell, da es neben den k- und ε-Gleichungen noch zwei weitere Differenzialgleichungen zur Beschreibung der Tur-bulenz ben¨otigt und somit zwar ein k-ε-Modell, jedoch kein Zweigleichungsmodell ist.

Allen diesen Modellen ist gemein, dass sie versuchen, die mit dem Standard-k-ε-Modell verbundenen Defizite zu minimieren, ohne den Rechenaufwand betr¨achtlich zu erh¨ohen.

k-ω-Modelle

Das Standard-k-ω-Modell Das Standard-k-ω-Modell von Wilcox (vgl. [7, 9, 10, 17, 25]) kann analog zum Standard-k-ε-Modell aus Dimensionsanalysen f¨ur die tur-bulente Viskosit¨atµt, die charakteristische L¨angeLund die Dissipationsrateω abge-leitet werden. Anschließend werden modellbildende Transportgleichungen f¨urk und ω aufgestellt:

∂(ρk)

∂t + div(ρku) = div

µ+ µt

σk

gradk

+Pk−ρβ

∂(ρω)

∂t + div(ρωu) = div

µ+ µt σω

gradω

+αω

kPk−ρβω2 Dabei wird

µt =ρk ω gesetzt und

α= 5

9 β = 0,075 β = 0,09 σkω = 2 ε=βωk.

Obwohl die Auswirkungen von Auftriebskr¨aften im urspr¨unglichen Modell nicht be-r¨ucksichtigt werden, k¨onnen sie analog zum k-ε-Modell durch einen zus¨atzlichen Summanden modelliert werden.

Das Standard-k-ω-Modell liefert in vielen F¨allen bessere Ergebnisse als das Stan-dard-k-ε-Modell. Das ist insbesondere der Fall, wenn Modifikationen vorgenommen werden (vgl. [7, 10]), die die Modellierung in Wandn¨ahe anpassen. Allerdings h¨angt die Ergebnisqualit¨at sehr sensibel von den ω-Werten im Str¨omungsinneren ab, so dass die Turbulenz-Bedingungen am Einlass sehr genau bekannt sein m¨ussen. Da dies in der Praxis meistens nicht der Fall ist, wird das Modell trotz seiner positiven Eigenschaften eher selten verwendet.

Dask-ω-SST-Modell Dask-ω-SST-Modell von Menter (vgl. [17, 25, 35]) zielt da-rauf ab, die Vorteile, die das Standard-k-ε-Modell im Str¨omungsinneren bietet, mit denen vom Standard-k-ω-Modell in den Randbereichen zu kombinieren. Dazu wird in einem ersten Schritt das Standard-k-ε-Modell zu einemk-ω-Modell umformuliert.

Dann wird diese neue Formulierung mit dem Standard-k-ω-Modell ¨uberblendet, d. h.

es wird eine ¨Uberblendungsfunktion definiert, die daf¨ur sorgt, dass im Str¨omungs-inneren das umgeformtek-ε-Modell zum Einsatz kommt und in den Randbereichen das k-ω-Modell.

Außerdem wurden die Modellierung einiger Terme verbessert, die ω-Gleichung um einen zus¨atzlichen Summanden erweitert und die Modellkonstanten angepasst, so dass man insgesamt erh¨alt:

∂(ρk)

∂t + div(ρku) = div

µ+ µt σk

gradk

+ ˜Pk−ρβ

∂(ρω)

∂t + div(ρωu) = div

µ+ µt σω

gradω

+αρ

µtPk−ρβω2 + 2(1−F1)ρσω,2

ω (gradk)T gradω Dabei wird diesmal die turbulente Viskosit¨at gem¨aß

µt = a1ρk

max (a1ω, SF2) mit a1 = 0,31 modelliert und

k = min(Pk,10ρβkω).

S steht dabei meist f¨ur

S = vu utX

i,j

∂ui

∂xj + ∂uj

∂xi

2 ,

obwohl im urspr¨unglichen Modell von Menter ein Minus an Stelle des Pluszeichens zu finden war. Die ¨Uberblendungsfunktionen F1 und F2 sind durch

F1 = tanh Φ41 Φ1 = min

"

max

√k

0,09ωy,500µ ρy2ω

!

, 4ρk σω,2D+ωy2

#

Dω+= max

2 ρ

σω,2ωgradk·gradω,10−10

und F2 = tanh Φ22 Φ2 = max

"

2

√k

0,09ωy,500µ ρy2ω

#

mit dem Wandabstand y definiert. Die Modellkoeffizienten sind nun keine globalen Konstanten mehr, sondern ergeben sich aus der verallgemeinerten Form

φ=F1φ1+ (1−F12,

wobeiφ jeweils die Koeffizienten α, β,σk und σω durchl¨auft. Dabei gilt:

α1 = 0,5532 β1 = 0,075 σk,1 = 2,0 σω,1 = 2,0 α2 = 0,4403 β2 = 0,0828 σk,2 = 1,0 σω,2 = 1,168

In Abh¨angigkeit von der gew¨ahlten Gitteraufl¨osung in Wandn¨ahe sind auch hier leichte Modifikationen des Modells n¨otig.