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Ist-Zustand der türkischen Qualitätssicherung nach nationalen gesetzlichen Vorgaben

2. Qualitätssicherung in der türkischen Agrar- und Ernährungswirtschaft

2.1 Ist-Zustand der türkischen Qualitätssicherung nach nationalen gesetzlichen Vorgaben

Mit der zunehmenden Internationalisierung der Märkte ergeben sich für die türkische Agrar- und Ernährungswirtschaft neue Herausforderungen. Seit dem Jahre 2005 beschäftigt sich die Türkei mit den 35 Beitrittskapiteln im Rahmen der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union (EU). Im Jahre 2010 wurden Verhandlungen über Kapitel 12 Lebensmittelsicherheit, Veterinärpolitik und Pflanzenschutz aufgenommen. Der jüngste jährliche Fortschrittsbericht der Europäischen Union zeigt, welche bedeutsamen Fortschritte die türkische Gesetzgebung und Regulierung für Lebensmittelqualität und -sicherheit unter erheblichen Anstrengungen, erzielt hat (Europäische Kommission 2013a).

In der Türkei setzt das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Viehzucht (MfELV) die staatlichen Standards für Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit fest. (Türkische Lebensmittel-Verordnung vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Viehzucht in Ankara 2011) Das Ministerium besteht aus 13 verschiedenen Abteilungen, welche unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen haben, wie unter anderem die Entwicklung der pflanzlichen und tierischen Erzeugung, die Aquakultur, Tier- und Pflanzenschutz und Quarantäne, Lebensmittel- und Futtermittelregistrierung, die Prüfung und Zulassung von Lizenzen, Pflanzenschutzmitteln und der Veterinärmedizin, Regelungen in Bezug auf Fischerei und Jagd, Gesundheit der Aquakultur, Umweltschutz und Regelungen für die Katastrophenhilfe, Verwaltung zum Zwecke einer effektiven Agrarförderung und Regulierung der Agrarmärkte, EU- und Außenbeziehungen und letztendlich die landwirtschaftliche Forschung und Agrarpolitik (ENVI Delegation 2011).

Die Abteilung Generaldirektion der Lebensmittel und Kontrolle ist für die Pflanzen- und Tierschutzkontrollen, die Grenzkontrollen der Pflanzen und Tierprodukte, Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen sowie Laborkontrollen, Risikobewertung und Quarantäne verantwortlich. Folglich ist diese Einheit im Wesentlichen für die Fragen der Lebensmittelsicherheit zuständig.

Im Jahre 2010 wurde von dem MfELV das Gesetz Nr. 5996 für "Veterinärdienste, Pflanzenschutz, Lebensmittel und Futtermittelrecht" erlassen, nachdem durch mehrmalige Änderungen und Verbesserungen das Gesetz an die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 angepasst

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wurde (Amtsblatt 2010, Nr. 27610). Dieses Gesetz beinhaltet die Verordnung des türkischen Lebensmittelkodexes mit den Aufgabengebieten der Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe, Verunreinigungen durch Toxine, Metalle und Fremdstoffe, Pestizidrückstände, Menge der Rückstände von Tierarzneimitteln, Lebensmittelhygiene, erforderliche Eigenschaften der Lebensmittelhersteller, Verpackung, Kennzeichnung und Markierung, Lieferung und Lagerung von Lebensmitteln, Probenahme und Analysemethoden. Diese Verordnung zum Lebensmittelkodex kann bei Erfordernis vom Ausschuss aktualisiert, verbessert und ergänzt werden. Beispielsweise fand im Jahre 2011 eine Revision der 2002/72/EG-Richtlinie über Kunststoffe und Gegenstände, die in Berührung mit Lebensmitteln kommen (EU-Verordnung Nr.

10/2011) statt, woraufhin diese der türkischen Institution für EU- und Außenbeziehungen als Vorlage empfohlen wurde. Diese Verordnung wurde von der türkischen Institution für EU- und Außenbeziehungen an die zuständige Abteilung weitergeleitet, woraufhin der türkische Lebensmittelkodex am 17. Juli 2013 an die Verordnung angepasst und aktualisiert wurde (Amtsblatt 2013, Nr. 2810).

Das Hazard Analysis and Critical Control Point (HACCP)-Konzept wurde erstmals in der Verordnung im türkischen Lebensmittelkodex eingeführt. Ab dem Jahre 1997 haben viele Lebensmittelhersteller und Lebensmitteleinzelhändler das HACCP-Konzept implementiert, insbesondere Lebensmittelexporteure, in die EU, da diese im Rahmen der Zollunion dazu verpflichtet sind, die Richtlinien des HACCP-Konzepts einzuhalten.

Nach einer bestimmten Periode zur Anpassung an die neuen Richtlinien des HACCP wurden in allen Lebensmittelbereichen obligatorische Prüfungen und offizielle Inspektionen im Rahmen der Überprüfung der Einhaltung der HACCP-Richtlinien durchgeführt. Am 31. März 2008 wurde eine Verordnung über die Überwachung und Kontrolle der Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität in Kraft gesetzt, wonach alle Lebensmittelhersteller dazu verpflichtet sind, das HACCP-Konzept anzuwenden (Koc 2011).

Die amtlichen Laboratorien sind in drei Bereiche unterteilt: Laboratorien für Veterinärkontrolle und Forschungsinstitut, Provinzlaboratorien und Laboratorien für Pflanzengesundheit, welche die Überwachung der Einhaltung der Probeannahmen, Inspektionstätigkeiten, die Überprüfung zulässiger Grenzwerte, die Identifizierung von Problemen in der Lebensmittelkette sowie analytische Untersuchungen durchführen. Seit dem Jahre 2014 gibt es 39 Provinzlaboratorien, ein zentrales Forschungsinstitut für Lebens- und Futtermittelkontrolle, 90 private Laboratorien, von denen 23 akkreditiert sind, während nur ein öffentliches Labor von Turkak akkreditiert

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wurde (MfELV 2014). Die Türkische Akkreditierungsagentur (TURKAK) ist eine Überwachungsbehörde im Bereich der Good Laboratory Practice und ist Mitglied der Europäischen Kooperation für die Akkreditierung. TURKAK wirkt als Hauptorganisation für Konformitätsbewertung und bezweckt die Bewerkstelligung der Zugänglichkeit von Standards und des Qualitätsaudits weltweit sowie die Information und Beratung der Privatwirtschaft und der Industrieregionen. Im Jahre 2011 ist die Zahl der Akkreditierungen durch TURKAK auf 647 gestiegen (FAO 2012).

Die Türkisch Standards Institution (TSE) spielt eine sehr wichtige Rolle in Bezug auf die Qualität sowie auch die Sicherheit von Lebensmitteln auf nationaler und internationaler Ebene.

TSE übernimmt die wissenschaftliche Kooperation zwischen Forschungsinstitut, Ministerium und Privatwirtschaft. Die Dienstleistungsbereiche sind folgende: Zertifizierung von Managementsystemen, Personalzertifizierung, Dokumentierung und Zertifizierung von Produkten und Standorten, Messtechnik und Kalibrierung, Standardzubereitung und letztlich der Verbraucherschutz. TSE wurde von TURKAK akkreditiert.

TSE verfolgt die internationalen Entwicklungstendenzen im Bereich der Standards, um anschließend die Ergebnisse den zuständigen Ministerien zu präsentieren. Im Jahre 2012 wurde TSE vollständiges Mitglied des Europäischen Komitees für Normung (CEN) und wurde somit vollständig in das europäische Normungssystem integriert. TSE ist verantwortlich für die Erarbeitung der Normen einschließlich als „Turkish standard“, um den Unternehmen einen entsprechend Service zu bieten. Seit dem Jahre 2011 ist der TSE für die Umsetzung der Helal-Zertifizierung sowie auch der ISO-Normen berechtigt. Die nachkommenden Prüfungen von Zertifizierungssystemen werden durch die privaten Auditoren übernommen (Ministry for EU Affairs 2013).

Das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) ist ein Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission. Es besteht aus klar festgelegten Kontaktstellen in der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), sowie auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten. Grundlage hierfür ist die Lebensmittel Gesetzgebung des Europäischen Parlaments 28. Januar 2002. Die Türkei ist derzeit nicht Mitglied des RASFF-System. Über das RASFF-System werden von nationalen Koordinationsstellen (z.B. in Deutschland Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) Warnungen von auffälligen Lebensmitteln und behördlich angeordnete Produktrückrufe von Lebens- und Futtermitteln dokumentiert und an die entsprechenden Stellen der Mitgliedstaaten der EU

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weitergeleitet, um eventuell Informationen und Warnungen an die Öffentlichkeit zu verbreiten.

Die Benachrichtigungen werden in Informationen, Warnungen und Grenzzurückweisungen klassifiziert. Seit Bestehen des Systems ist die Anzahl der Warnungen stetig gestiegen. Etwa die Hälfte der Meldungen (52 %) betraf Erzeugnisse aus Drittländern. Die Türkei bekam im Jahre 2011 (319), 2012 (309) und 2013 (226) Meldungen, davon betrafen für das letztgenannte Jahr die meisten Aflatoxine in Nüssen, Nussprodukten und Saatgut (61 Meldungen) sowie Aflatoxine in Obst und Gemüse (39 Meldungen). Das Lebensmittel- und Veterinäramt berichtete in den letzten vier Jahren über eine hohe Anzahl von Zwischenfällen in Zusammenhang mit Produkten aus der Türkei, insbesondere in Bezug auf Mykotoxine und Pestizidrückstände angesichts des hohen Volumens im Obst- und Gemüseexport (RASFF 2013).

In den Fortschrittsberichten der EU Kommission aus den vergangenen drei Jahren wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass unter anderem im Bereich des Veterinärwesens in der Türkei substantielle Aufgaben anstehen, um den EU Standards gerecht zu werden, da es z. B.

immer wieder zum Auftreten der Maul und Klauenseuche gekommen ist. Die EU Anforderungen erfassen im Wesentlichen folgende Punkte: Bekämpfung gegen Tierkrankheiten und Infektionen, Tiergesundheit, Tierschutz, Kennzeichnung und Registrierung von Tieren und damit Kontrolle und Rückverfolgbarkeit von Krankheiten, Kontrolle von Futtermittelhygiene und Zoonose. Die oben genannten Aspekte sind alle Aufgaben der Türkei im Bereich der Veterinärpolitik. (EU Kommission 2011– 2014 Turkey Progress Report; zuletzt: 8. Oktober 2014).

2.2 Ist-Zustand in Qualitätssicherung in der Türkei nach internationalen Standards