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Zusammenfassung und Konsequenzen

Im Dokument Pfeile als mentales Werkzeug (Seite 64-68)

In den vorangegangen drei Unterkapiteln wurden Untersuchungen aus den drei Fachrichtungen der Didaktik der Physik, der Didaktik der Mathema-tik und der Lernpsychologie vorgestellt. Jede Gruppe hat für sich eine ei-gene Sicht auf die Pfeile als Mathematisierung physikalischer Größen, als graphische Repräsentantion eines Vektors und als mentales Werkzeug. Die Lernpsychologie sieht in Pfeilen wie auch in Graphen Symbole, die zur Ge-winnung von neuem Wissen und Verständnis wie ein Werkzeug nutzbar und verwendbar sind. Es sollte entsprechend dieser Perspektive der Kern jedes Unterrichts sein, Darstellungsformen derart flexibel zu nutzen, dass sie nicht nur zur statischen Darstellung von Fakten dienen, sondern zur Manipulation und Wissensproduktion geeignet sind. Es konnte in Studien zu Graphen ge-zeigt werden, dass mit Unterricht, der Handlungsoptionen betont, eine Nut-zung im Sinne eines mentalen Werkzeugs erkennbar ist. Ähnlich sind die Erkenntnisse der Mathematikdidaktik. Es erscheint sinnvoll, Pfeile anhand verschiedener Anwendungen, zum Beispiel als Orts- und Geschwindigkeits-pfeil, einzuführen. Pfeile werden im beschriebenen Mathematikunterricht na-hezu gleichzeitig mit verschiedenen Anwendungen in Verbindung gebracht, um die Variabilität zu betonen. Es existiert die begründete Vermutung, dass ein angemessenes Verständnis eines Vektors bei Schülerinnen und Schülern vorhanden ist, wenn diese Pfeile zur Darstellung verschiedener Größen ein-gesetzt werden.

In der Physik lassen sich Pfeile, wie es zahlreiche Untersuchen belegen konnten, in verschiedenen Themenbereichen sinnvoll nutzen, um gerichtete Größen der Mechanik beziehungsweise wellenartige Größen der Optik und Quantenphysik klar und kompakt zu beschreiben. Jedoch werden Pfeile in den aufgeführten Konzepten zu Beginn stets nur mit einer physikalischen Größe in Verbindung gebracht und erst im Laufe des Unterrichts auch zur Darstellung anderer Größen genutzt. Die Thematik der Vektorrechnung läuft quasi neben dem zentralen Lerninhalt mit und Gemeinsamkeiten und Beson-derheiten der Nutzung von Pfeilen werden nicht herausgestellt. Es lässt sich

schließen, dass es aus der Sicht der verschiedenen Forschungsbereiche wün-schenswert wäre, wenn Pfeile unabhängig von ihrer Anwendung flexibel zur Darstellung und zur Gewinnung von neuen Erkenntnissen genutzt würden.

Ob ein Unterricht, der Anwendungsmöglichkeiten von Pfeilen betont, diese Art der Nutzungsoptionen für Schülerinnen und Schüler eröffnet, versucht die empirische Studie ab dem Kapitel 5 zu klären.

Forschungsfrage und Hypothesen

5.1 Forschungsfrage

Aufbauend auf der Theorie der Lernpsychologie konnte gezeigt werden, dass Pfeile die Eigenschaften eines mentalen Werkzeugs besitzen, wenn sie ent-sprechend den Konventionen und Bearbeitungsverfahren der geometrischen Vektorrechnung benutzt werden (siehe Kap. 2). Mit diesen Vektorpfeilen las-sen sich nicht nur physikalische Größen kompakt darstellen, sondern auch Situationen modellieren, Problemstellungen bearbeiten und Lösungen gewin-nen. Dabei schaffen die Regeln der geometrischen Vektorrechnung die Grund-voraussetzung für Prozeduren, mit denen zum einen Lösungsroutinen mög-lich werden und zum anderen auch neue Problemlösungen gefunden werden können. Durch die Modellierung der realen Situation durch Pfeile eröffnen sich eine neue Perspektive und verschiedene Handlungsoptionen. Existiert abstraktes Wissen über Pfeile, also über die Flexibilität zur Darstellung ver-schiedener physikalischer Größen und über verschiedene Prozeduren inner-halb der Pfeildarstellung, so ist es möglich, neue, unbekannte Wissensberei-che zu erarbeiten. Somit lassen sich Pfeile produktiv und zur Generierung neuen Wissens nutzen.

Die physikdidaktische Forschung nähert sich den Pfeilen von der Anwen-dung her. Pfeile werden in verschiedenen Unterrichtsvorschlägen und Unter-suchungen erfolgreich zur Darstellung und Bestimmung vektorieller Größen in unterschiedlichen Themenbereichen genutzt (siehe Kap. 3). Physikalische Fragestellungen können dabei auf hohem Niveau bearbeitet und gelöst wer-den. Verschiedene Untersuchungen liefern vielversprechende Ergebnisse (sie-he Kap. 4.1). Bis(sie-her sind die Untersuchungen jedoch von der physikalisc(sie-hen

Thematik, insbesondere der newtonschen Dynamik geprägt. Pfeile werden in den Unterrichtskonzepten vorwiegend zur Darstellung einer einzigen Größe, wie der Geschwindigkeit, angewand. Eine themenübergreifende Nutzung von Pfeilen im Physikunterricht ist bisher nicht untersucht worden.

Studien, die im Pfeilformalismus eine flexible Darstellungsform sehen, sind in der Mathematikdidaktik zu finden (siehe Kap. 4.2). Es ist für den Mathematikunterricht sinnvoll, Vektoren mit frei verschiebbaren Pfeilen zu identifizieren. Der Pfeil ist charakteristisch und wird von den Schülerinnen und Schülern verstärkt wahrgenommen. Entscheidend ist die flexible Nut-zung in verschiedenen Aufgaben- und Problemsituationen. Dafür ist zu ver-mitteln, dass sich Pfeile zur Darstellung von verschiedenen Größen eignen.

Eine Identifizierung des Pfeils mit der dargestellten Größe durch die Ler-nenden ist zu vermeiden. So ist zum Beispiel einer Reduzierung des Pfeils als spezielle Darstellungsform einer Verschiebung vorzubeugen. Denn somit wäre eine Übertragung von Wissen in einen anderen Inhaltsbereich verbaut.

Es deutet sich an, dass Schülerinnen und Schüler, die von sich aus Pfeile mit mehreren Anwendungen in Verbindung bringen, generell ein allgemeineres und abstrakteres Verständnis von Pfeilen besitzen. Die Vermittlung meh-rerer Pfeilanwendungen scheint dementsprechend zu einem übergeordneten Verständnis der Pfeile beizutragen.

Im Kontext mathematischer Symbolsysteme ist der empirische Nachweis eines mentalen Werkzeugs am Beispiel der Graphen erbracht worden (siehe Kap. 4.3). Mit einer Lerneinheit, die Anwendungen vielfältig thematisierte, konnte ein tiefergehendes, flexibles Verständnis von Graphen bei Lernenden entwickelt werden. Es konnte gezeigt werden, dass Graphen den Transfer von Wissen fördern und somit als mentale Werkzeuge funktionieren. Für die Untersuchung der Pfeile ergibt sich aus diesen Betrachtungen die Forschungs-frage:

Sind Vektorpfeile als mentale Werkzeuge empirisch nach-weisbar?

Es wäre entsprechend zu zeigen, dass sich Pfeile flexibel zur Darstellung und Bestimmung unterschiedlicher physikalischer Größen nutzen lassen und den Transfer von Wissen begünstigen.

Im Dokument Pfeile als mentales Werkzeug (Seite 64-68)