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Zur Mechanik in der Universität

Im Dokument Pfeile als mentales Werkzeug (Seite 48-51)

3.2 Verwendung von Vektorpfeilen

4.1.2 Zur Mechanik in der Universität

Neben dem Untericht in der Schule lassen sich Pfeile auch in der universitären Lehre gewinnbringend einsetzen. So findet sich im Lehrbuch zur Experimen-talphysik vom amerikanischen Autor Giancoli (2006) eine konsistente

Um-4Die Problematik der Lage des Nullpunkts eines Koordinatensystems diskutiert Herr-mann (2007).

setzung des Pfeileformalismus. Farblich werden die jeweiligen physikalischen Größen differenziert, Resultierende durch eine Umrahmung herausgehoben und im Fall einer Komponentenzerlegung die sich ergebenden Pfeile gestri-chelt gezeichnet. Vektoraddition und Skalarmultiplikation werden ebenso wie die Bestimmung der Beschleunigung aus Geschwindigkeitspfeilen zeichnerisch detailiert besprochen. Szenarien der Mechanik werden nahezu durchgängig anhand von Pfeilen erläutert.

Umfangreiche Untersuchungen sind in den USA durchgeführt worden, die die Fähigkeiten von Studierenden bezüglich der Vektorrechnung in der Anfangszeit ihres Studiums untersuchten. So konnte in einer Feldstudie mit zweitausend Probanden mit einem Kurztest gezeigt werden, dass mehr als ein Viertel aus grundlagenorientierten Kursen (calculus-based), bzw. die Häl-fe aus anwendungsorientieren Kursen (algebra-based) nach der Physiklehr-veranstaltung, in der die Vektorrechnung vielfach angewandt wurde, zwei Pfeile nicht geometrisch addieren konnten (Nguyen und Meltzer, 2003). Die geometrische Interpretation von Vektoren wird offensichtlich gegenüber der arithmetischen Darstellung in der Lehrveranstaltung extrem vernachlässigt.

In einer weiteren Feldstudie wurden die Leistungen von vier verschiede-nen Studentengruppen unterschiedlicher Universitäten nach einem vektorba-sierten bzw. einem traditionellen Unterricht gegenübergestellt (Kanim et al., 2004). Der Test umfasste Aufgaben zur abstrakten Addition und Subtraktion von Pfeilen, zur Vektornatur von Geschwindigkeit und Kraft und zum Zwei-ten Newton’schen Axiom. Es zeigt sich, dass die Studierenden des traditionel-len Unterrichts kaum über Fähigkeiten in diesen Bereichen verfügten. Nach dem überarbeiteten Unterricht erreichten die Studierenden bessere Leistun-gen im abstrakten Umgang mit Vektoren und benutzen Vektoren auch von sich aus für die Argumentation in physikalischen Aufgabenstellungen. Die Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Zweiten Newton’schen Axiom sind allerdings nur moderat. Die Autoren hoffen, dem durch verstärktes Üben begegnen zu können.

Im Jahr 2005 ist eine groß angelegte experimentelle Feldstudie mit über zwanzigtausend Probanden in den USA durchgeführt worden (Shaffer und McDermott, 2005). Die Leistungen der Studierenden verschiedener Univer-sitäten wurden nach einer kurzen Unterrichtseinheit zur Mechanik, in der physikalische Größen mit Pfeilen qualitativ darstellt wurden, durch Vor- und Nachtest evaluiert. Es zeigt sich, dass nach dem Unterricht der mathematisch-abstrakte Umgang mit Vektoren beherrscht wird, jedoch eine Anwendung der Pfeile im physikalischen Kontext schwierig ist. So fiel es den Studieren-den schwerer, einen Beschleunigungspfeil aus zwei Geschwindigkeitspfeilen zu konstruieren, als zwei abstrakte Pfeile zu subtrahieren. Das Übertragen des physikalischen Problems in den mathematischen Formalismus stellte die

Hürde dar und weniger das abstrakte Regelwerk der Vektorrechnung an sich.

In Deutschland sind von Wilhelm mehrere hundert Studierende aus phy-sikalisch orientierten Studiengängen untersucht worden (Wilhelm, 2007). Der durchgeführte Eingangstest zeigt, dass die Leistungen der deutschen Studien-anfänger im mathematisch-abstrakten Umgang mit Pfeilen besser sind als die der amerikanischen Anfänger. Teilweise gilt dies sogar für den Vergleich zu den amerikanischen Zweitsemesterstudierenden. Die Addition wird von na-hezu allen geometrisch wie arithmetisch beherrscht. Das Skalarprodukt wird von weniger als die Hälfte der Studierenden beherrscht. Das Vektorprodukt ist so gut wie nicht bekannt. Trotz dieser teilweise weitreichenden Kenntnis-se ist dennoch festzuhalten, dass ungefähr ein Fünftel der Studierenden die Begriffe Betrag und Richtung im Zusammenhang mit Pfeilen nicht korrekt nutzen kann.

Weniger positiv sind die Ergebnisse, wenn die Aufgaben auf die Nutzung von Pfeilen in der Kinematik und Dynamik zur Darstellung und zeichneri-schen Bestimmung der Größen abzielen. Aufgabenstellungen zu eindimensio-nalen Bewegungen wurden von den Studierenden fast ausnahmslos korrekt gelöst, solange es keine Richtungsänderungen gibt. Eine Aufgabe zum senk-rechten Wurf löste nur ungefähr ein Drittel der Studierenden. Bei zweidi-mensionalen Bewegungen, insbesondere kurvenförmigen Bahnen mit nicht-konstantem Geschwindigkeitsbetrag sinkt die Lösungswahrscheinlichkeit auf unter ein Fünftel. Teilweise wurden die Items von den deutschen Studienan-fängern schlechter beantwortet als von den amerikanischen StudienanStudienan-fängern.

Ähnlich ist das Bild bezüglich der Fragen zur Dynamik, die nur die Hälfte der deutschen Studierenden bewältigten. Wilhelm zieht das Resümee, dass auf einen mathematischen Brückenkurs zum Einstieg ins Studium mit Inhalten zur Vektorrechnung nicht verzichtet werden kann.

4.1.3 Zusammenfassung

Das Thema der Pfeile ist in der Didaktik der Physik vielseitig bearbeitet worden. Es existieren detaillierte und umfangreich evaluierte Unterrichtvor-schläge für die Mechanik, in denen Pfeile eingesetzt werden, um Orts- und Bewegungsgrößen und Kraft darzustellen. Das Pfeilsymbol ist auf der einen Seite so einfach zu begreifen, dass es in der Grundschule nutzbar ist und auf der anderen Seite so ergiebig und mächtig, dass es auch an der Univer-sität zu tieferem Verständnis beitragen kann. Durch die Kompaktheit und Übersichtlichkeit des Pfeilsymbols ist es möglich, grundlegende physikalische Aspekte darzustellen, ohne tief in einen mathematischen Formalismus einzu-steigen, bzw. einen solchen Formalismus vorzubereiten, zu visualisieren und verständlich zu machen. Sicherlich bleiben die Themen der Physik auch mit

der Pfeildarstellung schwierig, jedoch sind die bisherigen Erfahrungen grund-sätzlich positiv und Verständnisbarrieren, die durch Pfeile verursacht werden, nicht sichtbar geworden. Vielmehr zeigt sich, dass Pfeile in der Physik inner-halb und außerinner-halb der Mechanik vielfältig, flexibel und sinnvoll verwendbar sind.

Alle vorgestellten Konzepte haben für sich Pfeile eingeführt und aus dem entsprechenden physikalischen Kontext heraus motiviert. Ein Wissen um die-se Darstellungsform konnte nicht vorausgedie-setzt werden. Das bedeutet jedoch, dass vom Lehrenden zweierlei zu leisten ist. Zum einen ist die Handhabung der Pfeile, also die geometrische Vektorrechnung zu motivieren und zu ver-mitteln und zum anderen sind die Themen selbst, wie die Prinzipien der newtonschen Mechanik oder des Lichtwegekonzepts zu begründen und ver-ständlich zu machen. Es liegt nahe, Pfeile als mathematischen Formalismus themenübergreifend und vernetzend im Schulunterricht nutzen zu wollen, ähnlich wie auch andere Darstellungsformen wie Graphen oder weitergehend auch die Darstellung durch Formelsymbole nicht an einen physikalischen The-menbereich gebunden sind.

4.2 Pfeile und Vektoren aus Sicht der

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