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O

N N N

N

NH2

P O

7

NH

6

4

O

O

N N N

N

NH2

PO O NH2

O R

R

31 57

Abb. 136 Die mögliche Destabilisierung des Hydrolyseintermediats 57

Es wurden zunächst Methylgruppen in den Arylpositionen 4 und 6 eingeführt, die para- bzw. ortho-ständig zur Benzylposition stehen. Damit sollte die Bildung eines Benzyl-kations gefördert werden, dessen Bildung zur PMEA-Freisetzung führt. Die neuen Ver-bindungen 59a,b zeigten allerdings das gleiche Verhalten wie die bisher untersuchten cycloAmb-PMEA-Prodrugs 31a-d (Kapitel 4.2.4, S. 43). Deshalb wurde in der nächsten Stufe die Benzylposition methyliert. Aber selbst die zweifache Methylierung der Benzylpostion konnte den Hydrolysemechanismus nicht beeinflussen. Stattdessen wurde der Initialschritt, die Bildung des Hydrolyseintermediats 57, stark verlangsamt (Kapitel 4.2.5, S. 46). Das wurde mit der zunehmenden sterischen Abschirmung des Phosphoratoms durch die Substituenten in der Benzylposition erklärt. Die Erhöhung der Halbwertszeiten durch lipophile Substituenten in der Benzylposition ist in der cycloSal-Chemie unbekannt, da die Methylierung bei cycloSal-d4TMP-Prodrugs 20 zum schnellen C-O-Bindungsbruch in der Benzylposition geführt hatte. Diese neue Erkenntnis wurde auf die cycloSal-PMEA-Prodrugs 30 übertragen. Es wurden 3-tert-Butyl-Salicylakohole 71 dargestellt, die in der Benzylposition Alkylsubstituenten verschiedener Größen tragen. Als Substituenten wurden Methyl-, n-Butyl, iso-Propyl und tert-Butyl gewählt. Die Kondensation dieser neuen Salicylalkohole 71 mit PMEA 9 zur Erzeugung der neuen benzylsubstituierten 3-tert-Butyl-cycloSal-PMEA-Prodrugs 74a-d konnte genauso durchgeführt werden wie die Synthese der cycloAmb-PMEA-Prodrugs 31a-d. Die erzielten Ausbeuten waren in der gleichen Größenordnung wie bei den Kondensationen von PMEA 9 mit 2-Aminobenzylalkoholen 52 (Kapitel 4.2.6, S. 54).

Die neuen PMEA-Prodrugs 74a-d wurden zunächst auf ihren Hydrolysemechanismus hin untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Prodrugs 74a-d bei der Hydrolyse selektiv den Wirkstoff PMEA 9 freisetzen. Stabilere nachweisbare Inter-mediate oder gar Nebenprodukte wurden nicht beobachtet (Kapitel 4.2.6, S.51). Neben ihrer selektiven Hydrolyse zeigten die benzylsubstituierten 3-tert-Butyl-cycloSal-PMEA-Prodrugs 74a-d höhere Halbwertszeiten als das unsubstituierte

3-tert-Butyl-cycloSal-PMEA 30b, das Christian Müller in seiner Dissertation synthetisiert und charakterisiert hatte. Das unsubstituierte Prodrug 30b hatte eine Halbwertszeit von 4.1 Stunden.

Dieser Wert konnte durch die Einführung einer tert-Butyl-Gruppe in die Benzylposition auf 13.6 Stunden gesteigert werden (Kapitel 4.2.6, S. 55). Je größer und verzweigter der Alkylsubsstituent in der Benzylposition, desto höher ist die Halbwertszeit. Durch die neue Maskierung von PMEA 9 mit benzylsubstituierten Salicylalkoholen 74 konnten auch die antiviralen Daten gegenüber PMEA 9 verbessert werden. Den besten Wert zeigte 3-tert-Butyl-7-methyl-cycloSal-PMEA 74a, das in seiner antiviralen Aktivität gegen HIV-1 um den Faktor 5 aktiver ist als PMEA 9. Erstaunlicherweise war die schwächste antivirale Aktivität bei der stabilsten Verbindung, 3,7-Di-tert-Butyl-cycloSal-PMEA 74d, zu finden (Kapitel 4.2.6, S. 56). Offensichtlich sind die optimalen Halbwertszeiten für cycloSal-PMEA-Prodrugs 74 deutlich niedriger als die der bisher bekannten cycloSal-Pronucleotide 20. Die hervorragenden mechanistischen Eigenschaften der benzylsubstituierten PMEA-Prodrugs 74a-d schlugen sich mit der lediglich fünffachen Verbesserung noch nicht wie erhofft in den antiviralen Daten nieder. Deshalb sollte untersucht werden, ob durch die Erhöhung der Lipophilie der Prodrugs eine weitere Verbesserung möglich ist. Dazu wurde eine weitere tert-Butylgruppe an der aromatischen Maske eingeführt. Als Benzylsubstituenten wurde die voher eingesetzte Serie verwendet. Von den neuen benzylsubstituierten 3,5-Di-tert-Butyl-cycloSal-PMEA-Prodrugs 76a-d zeigte 3,5-Di-tert-Butyl-7-n-butyl-cycloSal-PMEA 76b die besten antiviralen Daten (Kapitel 4.2.8, S. 66). Mit dieser Verbindung konnte die Aktivität im Vergleich zu PMEA 9 um den Faktor 10 gesteigert werden. Dieses Prodrug 76b war mit einer Halbwertszeit von 3.2 Stunden ebenfalls relativ labil. Deutlich an Aktivität verloren die etwas stabileren Prodrugs 76c,d mit größeren und verzweigteren Substituenten in der Benzylposition. Vermutlich bestimmt die Hydrolysehalbwertszeit der Verbindungen nicht allein die antiviralen Eigenschaften. Möglicherweise verlieren größere sperrigere Prodrugs an Membrangängigkeit. Vielleicht sind die antiviralen Daten auch deshalb so schwierig zu interpretieren, weil die benzylsubstituierten PMEA-Verbindungen 74a-d und 76a-d immer als Gemische von zwei Diastereomeren vorliegen, die jeweils aus einem Racemat bestehen. Damit liegen die Prodrugs 74a-d und 76a-d als Gemisch von vier Verbindungen vor, von denen alle unterschiedliche antivirale Eigenschaften besitzen können. Das machte es natürlich schwierig, die Prodrugs 74a-d und 76a-d miteinander zu vergleichen. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es aber, mit der Einführung der benzylsubstituierten Salicylalkohole ein Maskensystem zu entwickeln,

das in der Lage ist, den Wirkstoff PMEA 9 effektiv bei der Hydrolyse freizusetzen. Die antiviralen Daten konnten mit dieser neuen Maskierung um einen Faktor von bis zu 10 verbessert werden. Damit besteht nun eine interessante Möglichkeit für die Maskierung von Nucleosidphosphonaten auf Basis des cycloSal-Konzepts.

Eine zusätzliche Erweiterung sollte in Anlehnung an die cycloAmb-PMEA-Prodrugs 31a-d untersucht werden. Nun sollte das benzylische Sauerstoffatom durch ein Stick-stoffatom in der cycloSal-Einheit ersetzt werden, um stabilere Prodrugs zu erzeugen.

Bei der Synthese der unsubstituierten Verbindung 85 kam es zu einer überraschenden Entdeckung: Nicht Verbindung 85 wurde isoliert, sondern 2-Hydroxybenzylamino-(ethoxy)-PMEA 88a (Abb. 137).

O

N N N

N

NH2

P NH O 85

O

O

N N N

N

NH2

OP HN O

OH

88a

Zielverbindung isolierte Verbindung

Abb. 137 Die Ersetzung des benzylischen Sauerstoffatoms durch Stickstoff

Bei der Kupplung von 2-Hydroxybenzylamin Hydrochlorid 86a mit PMEA 9 unter Stan-dardbedingungen wurde nach Entschützung mit Essigsäure/Ethanol das Additions-produkt des gewünschten Prodrugs 88a isoliert (Kapitel 4.2.10, S. 76). Offensichtlich war durch Protonierung des benzylischen Stickstoffatoms das Phosphoratom aktiviert, und es erfolgte ein nucleophiler Angriff des Lösungsmittels Ethanol. Es wurde nun nicht versucht, die eigentliche Zielverbindung 85 auf einem anderen Syntheseweg darzustellen. Stattdessen wurde die neue, zunächst unerwünschte Verbindung 88a auf ihre Prodrugeigenschaften getestet. Es wurde beobachtet, dass 2-Hydroxybenzylamino-(ethoxy)-PMEA 88a in der Lage ist, PMEA 9 hydrolytisch freizusetzen. Dies geschieht wie bei den cycloAmb-PMEA-Prodrugs 31a-d ebenfalls über ein sehr stabiles Hydrolyseintermediat 89 (Kapitel 4.2.10, S. 78). Die Bildung des Hydrolyseintermediats 89 erfolgte mit einer Halbwertszeit von 84 Stunden. Die antiviralen Daten von 2-Hydroxybenzylamino(ethoxy)-PMEA 88a entsprechen ungefähr denen von PMEA 9 (Kapitel 4.2.10, S. 80). Das ist völlig überraschend angesichts der Tatsache, dass die

Halbwertszeit sehr hoch ist und die Hydrolyse über ein sehr stabiles Intermediat 89 verläuft. Die Halbwertszeit konnte durch Einführung von Akzeptorsubstituenten verringert werden. Mit zwei Chlorsubstituenten konnte sie auf 40 Stunden gesenkt werden. So konnte die antivirale Aktivität gegenüber PMEA 9 mehr als verdoppelt werden. Eine weitere Senkung der Halbwertszeit durch Einführung von Nitrosub-stituenten gelang leider nicht. Warum die Verbindung 88a durch Einführung von Akzep-torsubstituenten destabilisiert werden konnte, wurde nicht geklärt. Offensichtlich führt aber die Erhöhung der Azidität der phenolischen OH-Gruppe zu einer Beschleunigung der Hydrolyse, denn im Falle der Deprotonierung könnte das Phenolat besser das Phosphoratom intramolekular nucleophil angreifen als Phenol selbst.

Die gewonnenen Erkenntnisse über die Maskierung von Nucleosidphosphonaten wurden auch auf das synthetisch anspruchsvollere HPMPC 11 übertragen. Die Synthese von HPMPC-Prodrugs 32 ist wesentlich schwieriger, da HPMPC 11 über eine zusätzliche OH-Gruppe verfügt.

O O N N

NH2

O

119a P O EtO

EtO 1.) PivCl, Pyridin

2.) BSA, DCM, MeOH, 20 h 74 % O

O OH N N

NH2

O

98 P O EtOEtO

1.) DMTrCl, TEA, DCM 2.) BSA, DCM, MeOH, 10 min

78 % O

OH N N

NHDMTr

O

125 P O EtOEtO

1.) TMSBr, MeCN 2.) H2O

71 %

O O N N

NH2

O

120a P O

HOHO O

1.) (COCl)2, DEF, DCM

2.) 3,7-Di-ter t-Butylsalicylalkohol, 71d, DIPEA, DCM

3.) HOAc, EtOH 5 %

O O N N

NH2

O

32b P O

O O

O

Abb. 138 Die Snythese von 3,7-Di-tert-Butyl-cycloSal-O-piv-HPMPC 32b

Es wurde eine Syntheseroute entwickelt, die die Darstellung von cycloSal-HPMPC-Prodrugs 32b mit pivaloylgeschützter OH-Gruppe ermöglicht (Abb. 138). Die Synthese geht von HPMPC-Diethylester 98 aus. Dieser wurde N-DMTr-geschützt, wobei ausgenutzt wurde, dass die DMTr-Schutzgruppe auf einer Aminogruppe deutlich stabiler ist als eine auf einer Hydroxygruppe. Danach wurde die freie Hydroxygruppe mit Pivalinsäurechlorid verestert und die DMTr-Schutzgruppe im Anschluss sauer abgespalten. Mit der Behandlung des resultierenden O-Piv-HPMPC-Diethylester 119a mit Bromtrimethylsilan konnte O-Piv-HPMPC 120a dargestellt werden. Eine Carbon-säureesterspaltung als Konkurrenzreaktion wurde nicht beobachtet. Das trat bei der etwas labileren iso-Butyrylesterbindung auf, weshalb die Anwendung dieser Synthesemethode auf Pivalinsäureester beschränkt blieb. Bei der Kondensation von O-Piv-HPMPC 120a mit Salicylalkoholen 71 konnte nun die Standardsynthese für cycloSal-Nucleosidphosphonat-Prodrugs ihre Anwendung finden, da die OH-Gruppe geschützt vorlag. Es wurde mit mehreren Salicylalkoholen 71 gearbeitet, aber nur die Kondensation von 3,7-Di-tert-Butylsalicylalkohol 71d glückte (Kapitel 4.4.9, S. 117). Es wurden lediglich 5 % Ausbeute erzielt und die Substanz konnte nur durch präparative HPLC gereinigt werden. Die Synthese sollte deshalb überarbeitet werden, allerdings stand dafür zu wenig O-Piv-HPMPC 120a zur Verfügung. Erfreulicherweise reichte die geringe Menge an 3,7-Di-tert-Butyl-cycloSal-O-piv-HPMPC 32b aus, um die enzymatische Stabilität der Pivalinsäureesterbindung zu untersuchen. Diese stellte sich als stabil heraus, wenn sie mit CEM/0-Zellextrakten behandelt wurde. Erst durch Erhöhung der Esterasenkonzentration wurde der Ester zügig gespalten. In Mausleberextrakten hatte die Esterbindung eine Halbwertszeit von unter fünf Minuten.

Mit der Spaltung wurde ein sehr labiles Intermediat 128 gebildet, das mit einer Halbwertszeit von 23 Minuten HPMPC 11 liefert (Kapitel 4.4.9, S. 118). Bei dem Intermediat 128 handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um 3,7-Di-tert-Butyl-cycloSal-HPMPC 107c. Ob dieser hervorragende Freisetzungsmechanismus wirklich nur auf Systeme mit extrem hoher Enzymkonzentration beschränkt bleibt, werden antivirale Tests ergeben, die zum Ende dieser Arbeit noch nicht vorlagen.

In einem weiteren Projekt dieser Arbeit sollte die Inhibition der BChE durch die cycloSal-Pronucleotide von AZT 1, ddA 33 und d4A 34 unterbunden werden. Dazu sollte ein in seinen Eigenschaften optimierter Salicylalkohol 23c verwendet werden, den Christian Ducho in seiner Doktorarbeit für die Maskierung von d4TMP 22a entwickelt hatte. Die Triester mit der Standardmaske 3-Methylsalicyalkohol 23a sind alle Inhibitoren der

BChE. 3-Me-cycloSal-AZTMP 129c ist ein sehr schwacher Inhibitor, 3-Me-cycloSal-ddAMP 129a und -d4AMP 129b sind sehr starke. Durch Einführung der optimierten Maske 3,5-Di-tert-Butyl-6-fluorsalicylalkohol 23c konnte die Inhibition durch das AZT-cycloSal-Pronucleotid 35b vollständig unterbunden werden. Das ddA- 35c und das d4A-cycloSal-Pronucleotid 35d sind nur noch schwache Inhibitoren. Damit konnte die Eignung der für die Anwendung auf d4TMP 22a optimierten Maske 23c auch für andere Nucleosidanaloga nachgewiesen werden.

In dieser Arbeit wurde das Gebiet der Nucleosid- bzw. Nucleotidanaloga durch die Synthese des nichtnucleosidischen anti-HIV-Wirkstoffs CNI-1493 12 ergänzt. Es konnte eine Synthese etabliert werden, mit der die Substanz 12 im Gramm-Maßstab dargestellt werden kann. Damit wurde der Arbeitsgruppe von Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut des Universitätsklinikums Eppendorf tiefergehende Forschung mit diesem interessanten Wirkstoff ermöglicht.