Überraschend verläuft die Umsetzung von K[ClCrO3] mit N-silylierten Iminophosphoranen, deren Substituenten R einen nur geringen sterischen Anspruch besitzen. Die Reaktionskaskade enthält Schritte der Wanderung von Silyl- und auch Phosphoniogruppen und führt unter Abspaltung von Phosphanoxid zur Bildung von Chromnitrido-Komplexen 8-10, wobei [Cr(N)(NPMe3)(OSiMe3)2] 8 strukturell charakterisiert werden konnte. Der in dieser Arbeit beschriebene Zugang zu Chrom(VI)-Nitriden besticht durch seine Effizienz im Vergleich zu der von Cummins beschriebenen Route über eine oxidative Addition an Cr(III).
Cr N + 2 R3P=NSiMe3
OSiMe3
NPR3 O
Me3Si [CrO3]x
R = Me nBu
Ph - R3P=O
8 9 10 OSiMe3
Cr + 2 LiNP(NMe2)3 NP(NMe
2)3
NP(NMe2)3
O -LiNPPh3 O
-LiOSiMe3 O
O
NPPh3
Cr
1 5
5
8
In Analogie zu den Oxo-Phosphoraniminato-Komplexen können auch durch Umsetzung des Nitrido-Derivats 9 mit N-lithiierten Iminophosphoranen Verbindungen mit bis zu vier starken σ, 2π-N-Donoren erhalten werden.
Während die Nitrido-Komplexe thermisch vergleichsweise instabil sind, zeigen die Oxo-Derivate eine nur geringe Neigung zur Zersetzung und erlauben es, das chemische Verhalten näher zu untersuchen. So gelingt es, die Chromsäuresilylester [Cr(O)2(NPR3)(OSiMe3)] 1 oder den Imido-Komplex [Cr(NtBu)2(OSiMe3)2] mit Me3SiCl quantitativ in die Chloro-Komplexe und Siloxan zu überführen.
Von Interesse war darüber hinaus die Synthese Bisimido-Chrom(VI)-Komplexen, um die katalytischen Eigenschaften dieser in der Homopolymerisation mit denen der isoelektronischen Oxo-Komplexe vergleichen zu können. Hier gelingt die Synthese von [Cr(NtBu)2(NPtBu3)Cl] 14 ausgehend vom Bisimido-chromdichlorid und LiNPtBu3.
Neben Chromkomplexen wurden auch Verbindungen des Vanadiums mit Phosphoraniminato-Liganden dargestellt. Hierbei wurden zunächst unterschiedliche Komplexe des Typs
Cr N Cr
N
NPR3
NPnBu3
OSiMe3
NPnBu3
O Me3Si
9
+ 2 LiNPR3
R3PN
R = Ph NMe2
11 13
OSiMe3
OSiMe3
Cl
Cl Cr Cr
NtBu
tBuN Cr
NtBu
tBuN + 2 Me3SiCl Cr
- 2 (Me3Si)2O
R = Ph 6 tBu 7 Cl
NPRC 3 O
OSiMe3 O
NPR3
O O
+ Me3SiCl
-(Me3Si)2O
Cl
Cl LiNPtBu3 Cl
- LiCl +
14 NtBu
tBuN Cr
NPtBu3
Cr NtBu
tBuN
[V(O)(NPR3)3-xClx] (x = 0, 1, 2; R = tBu, nBu, Me) synthetisiert, um sie anschließend auf ihre katalytischen Eigenschaften in der Homo- sowie Copolymerisation von Ethen und Propen zu untersuchen. Die Kombination des lewis-aziden Vanadiumatoms mit N-Donorliganden sollte die im Katalysezyklus gebildeten Intermediate in ihrer Oxidationsstufe stabilisieren und eine Reduktion zu niedervalenten, inaktiven Vanadium(II)-Spezies verhindern. Ausgehend vom Vanadylchlorid können unter Zugabe der N-Silylbase die Verbindungen nahezu quantitativ erhalten werden.
Der Austausch der Oxofunktion gegen Imidoliganden ermöglicht es, aufgrund der hohen Variabilität der organischen Reste Einfluss auf den Polymerisationszyklus zu nehmen und die Polymereigenschaften in Abhängigkeit des sterischen Anspruchs und der elektronischen Eigenschaften des Imidoliganden [NR]- zu variieren. Durch Umsetzung von [V(NAr)Cl3] (Ar = Dip; 2,4,6-Cl3C6H2) mit N-silylierten Iminophosphoranen gelingt die Darstellung von Imido-Phosphoraniminato-Komplexen des Vanadiums.
Neben diesen Phosphoraniminato-Komplexen des fünfwertigen Vanadiums gelang auch die Synthese entsprechender Vanadium(IV)-Verbindungen. Die Umsetzungen mit Me3SiNPtBu3
verlaufen relativ unselektiv und führen in mäßiger Ausbeute zu einem schwerlöslichen, vermutlich über Chloroliganden assoziierten Komplex, der durch Umsetzung mit LiNPtBu3 in eine mononukleare Verbindung der Zusammensetzung [V(NPtBu3)2Cl2] 31 übergeht.
O Cl Cl
V Cl
V O Cl Cl
V O Cl
V O R3PN Me3SiNPR3
1 eq.
NPR3
2 eq.
3 eq.
NPR3
R = nBu tBu Me
R = nBu 18 tBu 19 Me 20
R = nBu 21 tBu 22 NPR3
NPR3
NPR3
15 16 17
NR'
Cl Cl
Cl
NR'
Cl Cl
V + Me3SiNPR3 V
NPR3
2,4,6-Cl3C6H2 2,6-iPr2C6H3
Ph tBu nBu 28 27 26 25 24 23
V1 N2 P2
N1 P1
C29 N3 N4
C31
Ein wesentlich selektiverer Zugang zu Bisphosphoraniminato-Komplexen des vierwertigen Vanadiums besteht in der Transaminierung von [V(NMe2)4] mit N-protonierten Iminophosphoranen (R = Ph, tBu) unter Abspaltung von Dimethylamin. Die Verbindung [V(NMe2)2(NPtBu3)2] konnte durch Einkristallstrukturanalyse charakterisiert werden.
Cl Cl V
Cl
Cl V
Cl
Cl
Cl
V Cl
LiNPtBu3 + 2
NPtBu3
tBu3PN
31 2
2 Me3SiNPtBu3 2 VCl4 +
NPtBu3
tBu3PN
30 -2 Me3SiCl
Me2N NMe2 NMe2 NMe2
NMe2 NMe2 R3PN
V +
- 2 HNMe2
2 HN=PR3 V
NPR3
R = Ph 33, tBu 32
32
Neben Phosphoraniminato-Komplexen wurden in dieser Arbeit auch ausgehend von [V(NMe2)4] unterschiedlich substituierte Aryloxy-Komplexe dargestellt, um diese anschließend auf ihr Potential in der Olefinpolymerisation zu untersuchen.
Vergleichbare Umsetzungen mit anderen Phenolen, wie 2,4,6-I3C6H2OH und auch DipOH liefern ausschließlich Bis- und Tris-phosphoraniminato-Komplexe. Es zeigte sich in diesen Umsetzungen mit einzähnigen Aryloxyliganden, dass die Bildung von Komplexen des Typs [V(NMe2)3(OAr)] oder [V(OAr)4] kinetisch nicht begünstigt ist.
Hingegen gelang durch Umsetzung mit chelatisierenden Diolen der vollständige Austausch sämtlicher Amido- gegen Aryloxyliganden. Durch Umsetzungen von [V(NMe2)4] mit thioether- bzw. methylenverbrückten, chelatisierenden Aryloxiden keine Vanadiumverbindungen unter Verbleib von zwei Amidoliganden erhalten werden.
Me2N V Me2N O
Ph Ph NMe2
O Ph Ph
V Me2N O
Ph Ph NMe2
PhO Ph
Ph O Ph
V
O Ph Ph
NMe2 34
35 + 2,6-Ph2C6H3OH
1 eq.
2 eq.
3 eq.
V(NMe2)4
36
Durch Verwendung von Chelatliganden mit stark elektronenziehenden CF3-Gruppen kann ein Amido-Aryloxy-Komplex 46 erhalten werden.
Im zweiten Abschnitt dieser Arbeit werden die neuen Komplexe auf ihre Aktivitäten in der Olefinpolymerisation und die synthetisierten Polymere -Polyethylen, sowie die Elastomere EPM und EPDM hinsichtlich ihrer Eigenschaften untersucht. Am Beispiel der
Cr(VI)/MAO-V O O O X O
OH X X
OH [V(NMe2)4] + 2
- 4 HNMe2
X = CH2 43, S 42
O V
O
NMe2
Me2N
F3C
F3C
CF3 CF3
O V
O O O F3C F3C
F3C
F3C
CF3 F3C
CF3 CF3 [V(NMe2)4] + L1
44
45 1 eq.
2 eq.
Systeme zeigt sich, dass die Phosphoraniminato-Komplexe ein deutlich höheres Potential als [CrO2Cl2] besitzen.
In einem Vergleich der Komplexe des Typs [Cr(O)2(NPR3)(OSiMe3)] (R = Ph 1, tBu 2, NMe2) mit Nitrido-Komplexen der Form [Cr(N)(NPR3)(OSiMe3)2] (R = Ph 10, nBu 9, Me 8) lässt sich eine deutlich höhere Aktivität der Oxo-Verbindungen erkennen. Darüber hinaus kann der Einfluss der organischen Reste R auf die Aktivität dieser Katalysatorvorstufen in der MAO-vermittelten Polymerisation zu Polyethylen evaluiert werden.
Die geringere Aktivität von [Cr(O)2(NPtBu3)(OSiMe3)] 2 gegenüber 1 ist auf den Einschluss der Chromverbindung in das entstehende Polymer zurückzuführen. Durch Verwendung von Chrom-bisphosphoraniminato-Komplexen kann dieser Einschluss des Katalysators verhindert werden, so dass, wie auch in den Systemen des Typs [V(O)(NPR3)2Cl] / EASC, die tert.-butylsubstituierten Derivate die höchsten Aktivitäten zeigen.
Überraschenderweise konnte durch Vergleich der katalytischen Eigenschaften von Komplexen des Typs [V(O)(NPR3)3-xClx] (x = 0, 1, 2) gezeigt werden, dass Bisphosphoraniminato-Komplexe des fünfwertigen Vanadiums gegenüber den mono- und
Cr Cr Cr
NP(NMe2)3
O
O OSiMe3
NPtBu3
O
O OSiMe3
NPPh3
O
O OSiMe3
zunehmende Aktivität Ethen/MAO
V O Cl
V O Cl
V O Cl NPPh3
NPPh3
O O
Cr NPtBu3
NPtBu3
O O NP(NMe2)3 Cr
NP(NMe2)3
O O
Cr
zunehmende Aktivität
NPMe3
NPMe3
NPPh3
NPPh3
NPtBu3
NPtBu3 Ethen/MAO
zunehmende Aktivität Ethen/EASC
zunehmende Aktivität Ethen-Propen/EASC
trisubstituierten NPR3-Systemen ein deutlich höheres Potential in der Homo- wie auch in der Copolymerisation besitzen.
Darüber hinaus werden die zum [Cp2ZrCl2] isolobalen Verbindungen des Typs [V(NR’)(NPR3)Cl2] (R’ = 2,4,6-Cl3C6H2 , Dip; R = Ph, tBu, nBu) synthetisiert und in der katalytischen Synthese des Elastomers EPM untersucht. Hierbei zeigen die Imido-Komplexe die fast doppelte Aktivität wie die analogen Oxo-Derivate. Die höchsten Aktivitäten werden mit sterisch anspruchsvollen, insbesondere aber mit ortho-Halogeno-substituierten Arylimido-Komplexen erzielt.
Imido-Komplexe mit Aryloxyliganden [Dip-O]- bzw. [I3C6H2-O]- führen in den Polymerisationsversuchen zu geringeren Ausbeuten an EPM als das [NPtBu3]-substituierte Imidoderivat. Darüber hinaus zeigen Komplexe mit Triiodphenoxy-Liganden nur eine geringe Aktivitätssteigerung im Vergleich zu Verbindungen mit [DipO]--Liganden und lassen im Gegensatz zu den o,o’-Halogeno-Arylimidliganden keinen signifikanten „ortho-Halogen“-Effekt erkennen.
Dieser Befund spricht dafür, dass O-Donorliganden im Vergleich zu N-Donorliganden wesentlich rascher durch Aluminiumalkyle vollständig vom katalytisch aktiven Zentrum abgespalten werden.
O Cl V Cl V
O N
V O Cl
zunehmende Aktivität
NPtBu3 NPtBu3
NPtBu3
NPtBu3
NPtBu3
tBu3P
Ethen-Propen/EASC
O Cl V Cl
N Cl Cl
Cl Cl
Cl
V N
Cl V Cl
N Cl Cl
Pr Pr
V
zunehmende Aktivität NPtBu3 NPtBu3 NPtBu3 NPtBu3
i i
Ethen-Propen/EASC
Neben diesen Vanadium(V)-Katalysatoren wurden auch Aryloxid- und Phosphoraniminato-Komplexe des vierwertigen Vanadiums auf ihr Potential in der Copolymerisation von Ethen und Propen zu Kautschuk untersucht.
Die Polymerausbeuten zeigten, dass Katalysatorvorstufen des Typs [V(NMe2)(OAr)3] (Ar = C6H2I3; Dip; C6H3Ph2) mit drei Aryloxyliganden den Verbindungen mit zwei oder lediglich einer [OAr]-Einheit in der Katalyse überlegen sind.
Das katalytische Potential dieser Vanadium(IV)-Komplexe liegt jedoch deutlich unter dem der Trichlorophenylimido-Komplexe. Auch die Verwendung von zweizähnigen Diolato-Liganden führte zu keiner merklichen Aktivitätssteigerung. Überraschenderweise besitzt hier jedoch das CF3-substituierte und relativ elektronenarme Benzopinakol-Derivat die höchste katalytische Aktivität.
N Cl Cl
Pr Pr
V O
N Cl
Pr Pr
Cl Pr
Pr
V O
I
I N
Cl
Pr Pr
Cl
I V
zunehmende Aktivität NPtBu3
i i
i i
i i
i
i
Ethen-Propen/EASC
Me2N V
O Ph Me2N Ph
NMe2 Ph O
Ph V
O Ph Ph PhO
NMe2 Ph
O Ph Ph
V O Ph Me2N Ph
NMe2
zunehmende Aktivität Ethen-Propen/EASC
O V
O O O F3C F3C
F3C
F3C
CF3 F3C
CF3 CF3 V
O O O S O
S V
O O
O O
zunehmende Aktivität Ethen-Propen/EASC