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2 RECHTLICHER RAHMEN

2.4 Zusammenfassung des relevanten Rechtsrahmens

Der für die vorliegende Studie relevante Rechtsrahmen lässt sich hiernach wie folgt zusammenfassen:

a) Enteignungsrecht für den Netzausbau

 Ausgangspunkt der Prüfung ist das Enteignungsrecht, das für die Netzausbauvorhaben, die Gegenstand dieser Studie sind, besteht.

 Vorhaben auf den höheren Spannungsebenen (im Einzelnen Vorhaben nach

§ 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG) bedürfen der Planfeststellung bzw.

Plangenehmigung. Für diese Vorhaben ergibt sich aus der öffentlich-rechtlichen Vorhabenzulassung die enteignungsrechtliche Vorwirkung. Eine solche besteht für Netzausbauvorhaben, die nicht durch Planfeststellung bzw. Plangenehmigung zugelassen werden müssen, also letztlich auf den niedrigeren Spannungsebenen, nicht.

 Allerdings können sowohl für die Vorhaben, die durch Planfeststellung bzw.

Plangenehmigung zugelassen werden müssen (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG) als auch für die anderen Vorhaben (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG) die für das jeweilige Vorhaben benötigten Flächen im Wege der Enteignung beschafft werden. Die bei Vorhaben nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG gegebene enteignungsrechtliche Vorwirkung stellt die Zulässigkeit der Enteignung verbindlich fest, d.h. die Enteignungsbehörde hat nicht mehr zu prüfen, ob das Vorhaben i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG dem Allgemeinwohl dient. Bei den Vorhaben im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG ist dies vorhabenkonkret nachzuweisen.

 Für die Anbindung von Windenergieanlagen kann im Einzelfall eine Enteignung in Betracht kommen, die entsprechenden Vorhaben werden von

§ 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG erfasst. Für Windenergieanlagen selbst besteht demgegenüber kein Enteignungsrecht.

b) Verfassungsrechtliche Vorgaben

 Eine Enteignung ist nach verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 Abs. 3 GG nur zum Wohle der Allgemeinheit (Gemeinwohlbindung) und auch nur gegen Entschädigung zulässig (Junktimklausel). Das Enteignungsgesetz hat Art und Ausmaß der Entschädigung zu regeln, die unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen ist. Dem Gesetzgeber steht hierbei ein Gestaltungsspielraum zu, wobei er die Grenzen der Verhältnismäßigkeit beachten muss.

 Die Enteignungsentschädigung dient nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben dazu, den enteignungsbedingten Rechtsverlust ausgleichen. Bei dem Ausgleich handelt es sich nicht um Schadensersatz. Nur der Schadensersatz knüpft an einen Unrechtstatbestand an und dient dazu, den – rechtswidrigen – Eingriff ungeschehen zu machen. Die Entschädigung soll demgegenüber den enteignungsbedingten – rechtmäßigen – Verlust ausgleichen, nicht aber wie der Schadensersatz den Betroffenen so stellen, wie er ohne den Eingriff stehen würde, den – rechtmäßigen – Eingriff also nicht ungeschehen machen.

 Entschädigungspflichtig sind insoweit nur durch die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG geschützte, bestehende Rechtspositionen. Nicht geschützt werden hiernach der Erwerb und bloße Erwartungen, Chancen und Gewinnaussichten. Dementsprechend kann entgangener Gewinn auch nur als eine Schadensersatzposition, nicht aber im Rahmen der Entschädigung verlangt werden.

 Eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands soll also nicht erfolgen.

Dementsprechend soll der – zum Wohle der Allgemeinheit mögliche –

– EINE BESTANDSAUFNAHME enteignungsbedingt erlangte Vorteil auch für das Allgemeinwohl bestehen

bleiben.

 In diesem Rahmen eröffnet Art. 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 GG dem Enteignungs- und Entschädigungsgesetzgeber Spielräume, die begrenzt sind durch das entschädigungsrechtliche Abwägungsgebot und die Verhältnismäßigkeit. Verfassungsrechtlich sind weder der Vorrang von Geldleistungen noch die Leistung einmaliger Zahlungen bei nur ausnahmsweiser Möglichkeit wiederkehrender (Raten-)Leistungen zwingend. Umgekehrt sind weder der Vorrang von Geldleistungen noch der Regelfall nur einmaliger Leistungen verfassungsrechtlich zu beanstanden;

d.h. ein Gesetzgeber, der die Entschädigung so regelt, bleibt im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen. Der Gesetzgeber kann sich auf den Ausgleich für den Rechtsverlust beschränken, er kann aber auch die Entschädigung für andere Vermögensnachteile vorsehen.

 Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass sich der Vorhabenträger zu bemühen hat, die in Anspruch zu nehmenden Flächen freihändig zu beschaffen (Erwerb bzw. Einräumung von Nutzungsrechten).

Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine Enteignung erst dann zulässig, wenn die Bemühungen des Vorhabenträgers gescheitert sind. Dies setzt angemessene Angebote der Vorhabenträger in den freihändigen Erwerbsverhandlungen voraus; dies erklärt, dass sich die diesbezüglichen Angebote – soweit nachvollziehbar – grundsätzlich an der im Fall einer Enteignung gesetzlich zu leistenden Entschädigung orientieren.

 Der Zulässigkeit der Enteignung steht nicht entgegen, dass es sich bei den Netzbetreibern als Träger der Vorhaben um juristische Personen des Privatrechts handelt. Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, eine Enteignung nur zu Gunsten öffentlicher Stellen zuzulassen. Entscheidend ist, ob die Enteignung dem Wohle der Allgemeinheit dient. Mit den von den Vorhabenträgern realisierten Netzausbauvorhaben werden aber öffentliche Interessen verfolgt. Verfassungsrechtlich problematisch wäre allerdings die Enteignung nur zum Vorteil bloßer Privatinteressen; ein solcher Fall ist bei Netzausbauvorhaben aber nicht gegeben.

c) Vorgaben der Enteignungsgesetze der Länder

 Weder § 45 EnWG noch das NABEG enthalten Bestimmungen zur enteignungsbedingten Entschädigung. Die maßgeblichen Bestimmungen verweisen auf die Enteignungsgesetze der Länder.

 Die Enteignung sowie die Art und Höhe der hierfür zu leistenden Entschädigung richten sich dementsprechend nach den Enteignungsgesetzen der Länder. Zwischen den Enteignungsgesetzen bestehen allerdings nur graduelle Unterschiede, insbesondere liegen den Entschädigungsregeln weitestgehend dieselben Entschädigungsgrundsätze zugrunde.

 Die Enteignungsgesetze der Länder sehen gleichermaßen die Entschädigung für den Rechtsverlust sowie für andere Vermögensnachteile vor.

 Die Entschädigung erfolgt vorrangig in Geld, kann aber auch unter näher bestimmten Voraussetzungen in Rechten oder Land erfolgen; im Bereich des Netzausbaus und der Belastung von Grundstücken kommt dies regelmäßig nicht in Betracht.

 Eine Geldzahlung erfolgt nach den Enteignungsgesetzen grundsätzlich nur einmalig; einige Landesenteignungsgesetze erlauben unter bestimmten Voraussetzungen auch wiederkehrende Leistungen (im Sinne von Ratenzahlungen einmalig festelegter Entschädiungen und nicht im Sinne von dauerhaften Zahlungen), wobei im Bereich des Netzausbaus auf dieser Grundlage wiederkehrende Zahlungen regelmäßig nicht in Betracht kommen. Eine Gewinnbeteiligung ist normativ nicht vorgesehen.

– EINE BESTANDSAUFNAHME