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Zusammenfassung der Studien

Es wurden die neurophysiologischen Grundlagen der Konturintegration untersucht. Dazu wurden während der Konturintegration elektrophysiologische und kernspintomographische Messungen durchgeführt (Studien 1, 2 und 4). Darüber hinaus wurde untersucht, wie die Leis-tung und die neurophysiologischen Korrelate der Konturintegration durch Veränderung der physikalischen Eigenschaften der Stimuli beeinflusst werden (Studien 1, 2, 3 und 5).

In Studie 1 wurde die Schwierigkeit, Konturen zu integrieren, variiert. Die Erhöhung der Schwierigkeit wurde durch eine Verringerung der Sichtbarkeit der Konturen durch eine Vor-wärtsmaske, durch eine Abweichung der Konturform von einem fast geschlossenen Kreis o-der durch die Erhöhung des Orientierungsjitters α erreicht. Das elektrophysiologische Signal, welches während der Konturintegration gemessen wurde, kann als eine langsame Negativie-rung, die zuerst 150 ms nach Reizgabe über posterioren Elektrodenpositionen auftritt, be-schrieben werden. Dieses Signal wurde durch Erhöhung der Schwierigkeit, Konturen zu in-tegrieren, verzögert und abgeschwächt. Während der Integration von vorwärts maskierten Konturen wurden auch frontale Areale aktiviert. Die Veränderungen der langsamen Negati-vierung im Zusammenhang mit der Variation der Sichtbarkeit beziehungsweise Salienz der Kontur ließ darauf schließen, dass die Konturintegration durch Aufmerksamkeitsprozesse un-terstützt werden kann, um die Integrationsleistung für Konturen mit niedriger Salienz zu verbessern.

Für Studie 2 wurde die Schwierigkeit Konturen zu integrieren vergleichbar gehalten, dafür wurden die Einzelelemente entweder durch einen rot-grün oder durch einen schwarz-weiß Kontrast dargestellt. Trotz dieser perzeptuell auffallenden Variation blieb das elektrophysio-logische Signal, welches durch Konturintegration hervorgerufen wird, für rot-grüne und schwarz-weiße Kontraste vergleichbar. Dieser Befund veränderte sich auch nicht durch Ein-führung einer neuen Methode, die Luminanzartefakte für rot-grüne Kontraste erheblich besser eliminiert als Standardverfahren. Diese Studie präzisiert psychophysische Untersuchungen, weil sie zusätzlich zu Verhaltensdaten auch den elektrophysiologisch messbaren Zeitverlauf während der Konturintegration von schwarz-weißen und rot-grünen Konturen darstellt. Diese

Studie 3 ist eine psychophysische Studie im Rahmen der bisher widersprüchlichen Diskussi-on, ob Geschlossenheit zu einer Verbesserung der Konturintegrationsleistung führt. Bisherige Studien zu diesem Thema haben die Wahrnehmungsleistung von geschlossenen Konturen mit offenen Konturen verglichen, die sich in mehrfacher Hinsicht von der geschlossenen Kontur unterschieden. Daher könnten unterschiedliche Gründe zu einer verbesserten Integrationsleis-tung für geschlossene Konturen geführt haben. Für Studie 3 wurde daraufhin ein eindeutiges Paradigma entwickelt. Es wurden Konturen getestet, die aus maximal 12 Konturelementen gebildet wurden. Für diese konnte gezeigt werden, dass geschlossene Konturen besser wahr-genommen werden können als offene, wenn die Krümmung der offenen Konturen der Krüm-mung der geschlossenen Konturen ähnelte. Der Einfluss der Geschlossenheit auf die Kontur-integrationsleistung scheint aber gering zu sein im Vergleich zu anderen Eigenschaften der Kontur, zum Beispiel der Anzahl der Wendepunkte.

Studie 4 und 5 sind Vorstudien. In Studie 4 wurden neurophysiologische Veränderungen wäh-rend der Konturintegration kernspintomographisch untersucht. Es wurden zwei Probandinnen untersucht. Für beide Probandinnen wurden während der Konturintegration vor allem okzipi-tale und parieokzipi-tale Areale Aktivierungen gefunden. Dies bestätigte neuere kernspinto-mographische Studien, die zeigen, dass Konturintegration posterior ein weites Netzwerk ver-schiedener visueller Areale aktiviert (Altmann et al. 2003; Kourtzi et al. 2003). Die parietalen Aktivierungen wurden bisher in der Literatur für die Konturintegration noch nicht beschrie-ben. Diese Aktivierungen überlappen mit Arealen, die in kernspintomographischen Studien gefunden wurden, die die menschliche Aufmerksamkeit untersuchen. Die parietalen Aktivie-rungen bestätigen daher auch unsere erste Studie, die die Rolle der Aufmerksamkeit während der Konturintegration genauer beschreibt.

Studie 5 ist eine psychophysische Studie, die trotz Modifikationen des Paradigmas auf den Ergebnissen der Studie 2 aufbaut. In Studie 2 wurde festgestellt, dass die elektrophysiologi-schen Korrelate der Konturintegration für Farb- und Helligkeitskontraste sehr ähnlich sind und deswegen auf einen gemeinsamen Verarbeitungsweg hindeuten. Dieser Rückschluss ist aber nicht eindeutig, denn auch getrennte Verarbeitungswege, die ähnlich arbeiten, sind denk-bar. Eine psychophysische Herangehensweise, die Frage nach getrennten und gemeinsamen Verarbeitungswegen genauer zu klären, besteht darin, Konturen über Merkmalskombinatio-nen, das heißt redundant, zu definieren. Getrennte Verarbeitungswege sollten bei

kombinier-Zusammenfassung der Studien

Verhaltensleistung führen, die jedoch die aus den separat gemessenen Teilleistungen berech-nete erwartete Leistung nicht übertrifft. Ein Synergieeffekt, das heißt eine Leistungssteige-rung über die erwartete Leistung hinaus, würde auf einen gemeinsamen Verarbeitungsweg hindeuten. In dieser Vorstudie konnten wir keine Synergieeffekte nachweisen. Dies könnte allerdings auch an Schwächen des von uns benutzten Paradigmas gelegen haben, die in Kapi-tel 8 diskutiert werden.

3.1 Fazit

Konturintegration wurde im Vorfeld dieser Arbeit schon häufig untersucht. Dadurch war es möglich, hypothesengeleitet Ansätze für neue Studien zu entwickeln. Es wurde gezeigt, dass elektrophysiologische Veränderungen, die durch die Konturintegration ausgelöst und mit dem EEG gemessen werden können, zuerst 150 ms nach Reizgabe auftauchen. Das elektrophysio-logische Korrelat der Konturintegration lässt sich durch die Salienz der Konturen leichter mo-difizieren als durch den Unterschied zwischen schwarz-weiß und rot-grünen Reizmustern.

Nach Behebung von Schwächen früherer Studien konnte gezeigt werden, dass Geschlossen-heit zu einer Verbesserung der Integrationsleistung führt. Es wurde bestätigt, dass Konturin-tegration ein parieto-okzipitales Netzwerk aktiviert, und es konnte gezeigt werden, dass dies auch Areale umfasst, die bisher noch nicht nachgewiesen wurden. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Kombination von Farb- und Orientierungshinweisen die Konturintegrations-leistung verbessert.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass lokale Eigenschaften (wie Krümmung und Ori-entierung) und globale Eigenschaften (wie Geschlossenheit) der Kontur, sowie kognitionsin-terne Prozesse (wie Aufmerksamkeit) die Konturintegrationsleistung beeinflussen, und dass das Konturintegrationsparadigma neuronale Aktivierungen in verschiedenen posterioren Are-alen hervorruft, die spätestens ab 150 ms nach Reizgabe zu einer Veränderung der neuronAre-alen Antwort führen. Diese Aktivierungen sind ähnlich für Helligkeits- und Farbkontraste und va-riieren mit der Salienz der Kontur.

4 The electrophysiological correlate of contour