Diese Studie soll zur Klärung der Fragestellung dienen, ob die „Beziehungspersönlich-keit“ als Konstrukt fragebogenseitig und psychometrisch eingeführt werden kann. Mit-tels einer Internet-Studie an 112 freiwilligen Probanden wurde ein Prototyp auf psy-chometrische Eignung geprüft. Hieraus resultierten schließlich 23 aus 12 bzw. teilweise 8 Items bestehende, gut konstruierte Skalen, die eine interne Konsistenz von 0,73 - 0,90 aufweisen.
Die Studie dient außerdem der Überprüfung korrelativer, testanalytischer und regressi-onsanalytischer Zusammenhänge zwischen den Beziehungspersönlichkeits- und Persön-lichkeitsakzentuierungsskalen. Hierbei ergeben sich deutliche Evidenzen für die Über-schneidung beider Bereiche, wie z.B. bei der vermeidenden Persönlichkeitsstörung und der gehemmten Beziehungspersönlichkeit.
Die Faktorenanalyse aller Skalen ergibt sowohl gemeinsame Faktoren von Beziehungs-persönlichkeit und Persönlichkeitsstörung, als auch jeweils getrennte Faktoren für beide Bereiche. So liegt beispielsweise der Schwerpunkt des Faktors 2 auf der Hypersexuali-tät, gekoppelt mit sexueller Abenteuerlust und einer sexistischen Macho-Persönlichkeit.
Hier gibt es keine nennenswerte Beteiligung einer Persönlichkeitsakzentuierung.
Wohingegen der Faktor 1 hauptsächlich Schizotype Persönlichkeitsakzentuierungen beinhaltet und keine Beteiligung einer Beziehungspersönlichkeit aufweist.
138 Schlussendlich zeigt die Multiple Regressionsanalyse eine hinreichende Eigenständig-keit aller 23 BeziehungspersönlichEigenständig-keits-Skalen, allerdings mit deutlichen Variationen der quadrierten multiplen Korrelation.
Die Korrelationen der Beziehungspersönlichkeits-Skalen mit beziehungsrelevanten und soziodemographischen Angaben zeigen eine ganze Reihe signifikanter, inhaltlich plau-sibler Zusammenhänge. Einige dieser Zusammenhänge sollen hier kurz aufgeführt wer-den:
Frauen sind in einer Beziehung tatsächlich romantischer veranlagt als das männliche Geschlecht. Und obwohl sie sich in einer Partnerschaft oftmals unterordnen, zeigen Frauen ein höheres Aggressionspotential als Männer.
Gerade Personen, die in jüngeren Jahren den ersten Geschlechtsverkehr vollzogen ha-ben, neigen dazu, sich Partner auszusuchen, von denen sie schlecht behandelt werden.
Sie ordnen sich in einer Beziehung im Vergleich zu Personen mit späterem ersten Sexu-alkontakt eher unter und begeben sich schneller in eine Abhängigkeit vom Partner. Au-ßerdem haben sie eine ausgeprägtere „romantische Ader“.
Bemerkenswert ist, dass Personen ohne eine feste Beziehung ein höheres Eifersuchtspo-tential zeigen als Personen, die sich in einer festen Beziehung befinden. Auf der anderen Seite zeigen sie sich sehr abenteuerlustig und freiheitsliebend.
Auf diesen Ergebnissen basierend werden Perspektiven für die Weiterentwicklung und den Einsatz dieses Beziehungspersönlichkeits-Fragebogens überdacht und diskutiert. In dieser Studie neu aufgeworfene Fragen und Hypothesen sollten in Folgestudien bearbei-tet und vertieft werden.
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