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E. Diskussion

II. Ergebnisse

Zunächst ist hervorzuheben, dass es uns gelungen ist, einen grundlegend neuen Frage-bogen über die Thematik der „Beziehungspersönlichkeiten“ zu entwickeln. Der Haupt-fragebogen beinhaltet ca. 644 Fragen (davon 144 IKP); in dessen Anschluss findet sich ein 25 Fragen umfassender ebenso selbst entwickelter soziodemographischer Fragebo-gen. 23 der ursprünglich 25 Beziehungsskalen des Hauptfragebogens erwiesen sich nach testanalytischen Verfahren als aussagekräftig und gut fundiert. Die Teilnehmer der Studie wurden über persönliche Kontakte, Flyer, Visitenkarten und Internet geworben.

Um die statistische Abhängigkeit von Beziehungspersönlichkeiten und Persönlichkeits-störungen bzw. -akzentuierungen nachweisen zu können, wurden verschiedene statisti-sche Methoden wie Korrelation, Faktorenanalyse und multiple Regressionsanalyse an-gewandt. Einige prägnante Zusammenhänge zwischen beiden Bereichen seien noch einmal knapp skizziert:

57 Bierhoff, Hans-Werner; Rohmann, Elke(2005); Was die Liebe stark macht.

58 siehe B.II.6.

132 Die schüchterne Beziehungspersönlichkeit korreliert mit der schizoiden und noch deut-licher mit der vermeidenden Persönlichkeitsakzentuierung, wohingegen die flirtende Beziehungspersönlichkeit eine relativ hohe Korrelation zur histrionischen Persönlich-keitsakzentuierung aufweist. Zudem korreliert die verbal aggressive Beziehungspersön-lichkeit deutlich mit der impulsiven PersönBeziehungspersön-lichkeitsakzentuierung. Zuletzt sind die sub-stantiellen Korrelationen zwischen der sexaversiven, körperlich distanzierten Bezie-hungspersönlichkeit und den schizoiden und vermeidenden Persönlichkeitsakzentuie-rungen zu erwähnen. Diese Korrelationen wurden durch multiple Regressionen über-prüft, um eventuelle Redundanzen ausschließen zu können.

Des Weiteren hat die gemeinsame Faktorenanalyse beider Bereiche eine 12-Faktorenlösung ergeben, mit der eine gute Varianzerklärung aller 23 Beziehungs-Skalen und der 11 Persönlichkeitsakzentuierungs-Skalen (IKP) gewährleistet werden konnte.

Hierbei zeigte sich, dass es aus beiden Bereichen gemischte Faktoren gibt, dass aber ebenso Faktoren auftauchen, die nur von Skalen aus einem der beiden Bereiche geladen sind. Für jede Variante ein Beispiel:

Faktor 2: Der Schwerpunkt dieses Faktors liegt auf der Hypersexualität, so dass diese Personen eine Partnerschaft hauptsächlich über Sex definieren. Hinzu kommt die sexu-elle Abenteuerlust gekoppelt mit einer sexistischen Macho-Persönlichkeit sowie eine negative Ladung der Skala zur sexaversiven Persönlichkeit. Hier gibt es keine nennens-werte Beteiligung einer Persönlichkeitsakzentuierung.

Faktor 6: Hier ist die verbal aggressive und demütigende Beziehungspersönlichkeit zu finden, die ebenfalls dazu neigt, dominant bzw. herrschsüchtig zu sein und dem Partner keinen eigenen Willen zu lassen. Zusätzlich mischt sich dieses Verhalten mit einer im-pulsiven Persönlichkeitsakzentuierung, das heißt, es mangelt an Impulskontrolle. Kritik anderer kann zu emotionaler Instabilität und gewalttätigem Verhalten führen.

Des Weiteren integriert dieser Faktor Anteile der Borderline Persönlichkeitsakzentuie-rung und der redseligen Beziehungsskala.

Faktor 1: Dieser Faktor spiegelt in erster Linie die Schizotype Persönlichkeitsakzentuie-rung wider, worunter man Personen mit bizarren Wahrnehmungen, ungewöhnlichen, magischen Glaubensinhalten und merkwürdigem Verhalten versteht. Außerdem können Unbehagen in sozialen Situationen und Misstrauen hinzukommen, was wiederum zu

133 Beziehungsunwilligkeit führen kann. Die schwächeren Ladungen der Paranoiden, Bor-derline und Schizoiden Persönlichkeitsakzentuierungen passen zu dem Konzept einer Komplexen Schizotypen Störung (Andresen & Maß, 2001).

Ein weiterer wichtiger Schritt dieser Studie ist es, mögliche Zusammenhänge zwischen soziodemographischen Faktoren und dem Beziehungsfragebogen herauszuarbeiten. Im Folgenden sollen einige als wichtig erscheinende Zusammenhänge aufgeführt werden:

Personen, die in keiner festen Beziehung leben, sind tatsächlich eifersüchtiger als Per-sonen, die eine feste Beziehung führen. Ebenso erstaunlich erscheint in diesem Zusam-menhang, dass eine beziehungsunwillige Einstellung auch bei Personen mit fester Be-ziehung nachzuweisen ist, wobei allerdings der größere Anteil bei den Singles liegt.

Paare, die nicht zusammenleben, scheinen unabhängiger und abenteuerlustiger zu sein, für sie hat Alltag in einer Beziehung nichts zu suchen. Allerdings neigen sie eher als zusammenlebende Paare zu Beziehungsunsicherheit und –unwilligkeit; auch selbstschä-digende Tendenzen treten hier häufiger auf. Partner, die zusammenleben, neigen zu konventionellen Beziehungsprinzipien und dem Wunsch nach gemeinsamen Kindern.

Frauen sind im Allgemeinen romantischer als Männer. Sie verspüren einen größeren Kinderwunsch, denken aber auch konventioneller über eine Beziehung als Männer.

Frauen ordnen sich in einer Beziehung leichter unter, sind allerdings verbal aggressiver und neigen zu mangelnder Impulskontrolle, die sich auch in Autoaggressionen zeigen kann. Frauen sind emanzipierter und offensichtlich redseliger als Männer.

Männer zeichnen sich durch eine größere sexuelle Triebstärke und Abenteuerlust aus, während Frauen eher prüde/sexaversiv sind. Männern mangelt es im Vergleich zu Frau-en an Empathie, sie sind anderFrau-en gegFrau-enüber leicht distanziert und legFrau-en gerne mal ein Machogehabe an den Tag.

Bemerkenswerterweise spielt die Konfession in Hinblick auf Körperlichkeit bzw. Prü-derie keine Rolle.

Bei Personen, die mit 13-15 Jahren ihre ersten sexuellen Erfahrungen/ Geschlechtsvkehr hatten, kann man gegenüber Älteren ein höheres Flirt- und Romantikpotential er-kennen; zudem präsentieren sie sich durch ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, aber auch durch verbale Aggressivität. Auf der anderen Seite sind sie abhängiger und unselb-ständiger und neigen zu Partnern, von denen sie offensichtlich schlecht behandelt wer-den. Personen mit einem späteren Start ins Sexualleben zeichnen sich durch emotionale

134 Stabilität und Impulskontrolle aus. Vor allem diejenigen, die mit 16-17 Jahren ihren ersten Geschlechtsverkehr hatten, haben ein starkes Geltungs- und Kontaktbedürfnis.

Bei Personen, die ihre bisherigen Beziehungen als zu mindestens 40% problematisch einstufen würden, besteht eine Tendenz zu verbaler Aggression, sie sehen häufig alles gegen sich gerichtet und neigen zu Beziehungsunsicherheit. Mit dem Anteil problemati-scher Beziehungen steigen auch die emotionale Kühle und die Distanz in sozialen Be-ziehungen.

Vorwiegend bei bisher glücklich empfundenen Beziehungen herrscht ein ausgeprägter Kinderwunsch.

Je länger man Single ist, also ohne feste Beziehung, desto gehemmter und beziehungs-unsicherer wird man. Zwischen dem 1. und 10. Monat des „Single-Daseins“ zeichnen sich diese Personen durch gesteigerte Eifersucht und Abenteuerlust aus. Die Bezie-hungsunwilligkeit steigt bis zum 10. Monat unwillkürlich an, woraufhin sie nach länge-rem Single-Dasein wieder sinkt.

Nach einer langjährigen Beziehung werden die Abenteuerlust, der Wagemut und die Beziehungsunsicherheit deutlich weniger. Die sexuelle Abenteuerlust in einer Bezie-hung flaut nach einem Jahr deutlich ab, woraufhin sie aber nach weiteren Jahren (>4 Jahre) wieder ansteigt.

Zu Beginn einer Beziehung können ein großes Geltungsbedürfnis und anfängliche Kon-taktschwierigkeiten das Bild prägen, die sich aber mit der Zeit legen. Personen, die eine geringere Anzahl intimer Beziehungen aufweisen, neigen zu einem gehemmten und schüchternen Wesen. Mit steigender Anzahl bereits erlebter intimer Beziehungen nimmt das Unbehagen in engen Beziehungen und auch die Tendenz zu, alles gegen sich gerich-tet zu sehen zu. Es fällt schwer, anderen zu vertrauen.