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3 Organosubstituierte (Poly-)Anionen des Zinns und des Bleis

3.9 Zusammenfassung und Ausblick

Die markantesten Ergebnisse und Erkenntnisse des vorliegenden Kapitels sollen an dieser Stelle in Kürze aufgeführt werden. Abbildung 69 hilft hierbei, den Überblick zu wahren.

• Durch Alkalimetall-vermittelte, direkte Reduktion von Polydibutylstannan in flüssigem Ammoniak konnten die neuen Zintl-Anionen Sn3Bu62− und Sn4Bu82− in [Na@(12-Krone-4)2]2Sn3Bu6 (III. 3.3.1), {[K(18-Krone-6)]2(18-Krone-6)}(Sn4Bu8) ∙ 5NH3 (III. 3.3.2) und [K@[2.2.2]crypt]2Sn4Bu8 (III. 3.3.3) realisiert werden. Aromatische Ligandensysteme stellen demnach keine unbedingte Notwendigkeit für die erfolgreiche Kristallisation von organylierten Polystanniden dar. Hierdurch ist auch die Reihe der bekannten catena-Stannide Sn2R42−, Sn3R62−, Sn6R122− mit Sn4R82− um ein Polystannid mit der Kettenlänge vier angewachsen.

• Der zwar erfolgreiche, aber in präparativer Hinsicht sehr aufwendige Weg über Polystannane zeigte sich mit vielen Problemen behaftet. Insbesondere bei Versuchen zur Darstellung diverser Polystannane (bzw. der zur Synthese notwendigen Monomere) im Rahmen der Zulassungsarbeit von Dengg wurden nur sehr geringe Ausbeuten sowie meist unbrauchbare, stark verunreinigte Organomonostannane oder Polystannanprodukte erhalten. Zudem wiesen die damit gemachten Ansätze nur geringe „Kristallisationsquoten“ auf. Darüber hinaus erschwert die hohe Lichtempfindlichkeit der Polydialkylstannane ein geregeltes Arbeiten in besonderem Maße.

• Das Vorhaben, Polydialkylstannane mit einer homologen Reihe an n-Alkylresten einzusetzen, um die oberen und unteren „Grenzen“ der Alkylkettenlänge für die Gewährleistung des Wachstums von Solvatkristallen zu ermitteln, konnte in keiner Weise quantifizierbare Ergebnisse liefern.

Dahingehende Versuche, Polydi-n-alkylstannane oder Polydi(ω-alkylphenyl)stannane[ 165

• Bereits von Wiesler angestellte Untersuchungen zur Wurtzkupplung von Diarylzinndichloriden konnten erfolgreich fortgeführt werden und mündeten in der Darstellung der neuen Verbindungen [K@[2.2.2]crypt]2Sn2Ph4 (III. 3.4.1), {[Rb@18-Krone-6]2(NH3)7}Sn2Ph4 · 2NH3

(III. 3.4.2) und [Cs@[2.2.2]crypt]2Sn2Ph4 ∙ NH3 (III. 3.4.3). Formal können diese Reaktionen als eine Dehalogenierung aufgefasst werden, bei der die Chlorsubstituenten abgespalten und die entstehenden Zinnfragmente miteinander eine Bindung eingehen.

]

umzusetzen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Somit muss der Einfluss der Größe der organischen Reste in Hinblick auf die Art der sich bildenden Polystannide weitestgehend unklar bleiben.

• Dadurch konnte das bekannte Sn2Ph42−-Anion[114] nun auch mit Rubidium und Cäsium als Gegenionen in kristalliner Form erhalten werden. Bei {[Rb@18-Krone-6]2(NH3)7}Sn2Ph4 · 2NH3

handelt es sich um das erste Rubidium-Phenylpolystannid.

• Wie Wiesler vorangehend beobachten konnte, ist eine Wurtzkupplung mit alkylierten Diorganozinndichloriden nicht durchführbar, was auch in dieser Arbeit beim Einsatz von

nPr2SnCl2 sowie nBu2SnCl2 seine Bestätigung fand. Dagegen führte Ph2SnCl2 zu den beschriebenen Verbindungen (III. 3.4, 3.5, 3.6). Andere Diarylzinndichloride (z.B. Di(ω-propylphenyl)zinndichlorid (PhC3H6)2SnCl2) ergaben bei gleicher Behandlung hingegen keinerlei kristalline Produkte. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Butylsubstituenten keine ausreichende Abschirmung der Zinn-Zinn-Bindungen ermöglichen, obgleich dies eine notwendige Voraussetzung darstellt. Wie gezeigt wurde, können aber stattdessen bereits bestehende Sn−Sn-Bindungen in Fragmenten des gespaltenen Polystannans genügend stabilisiert werden, um die beschriebene Kristallstruktur auszubilden.

Abbildung 69: Übersicht sämtlicher, im Rahmen der vorliegenden Arbeit erhaltenen (gelb hinterlegt) sowie aller von Wiesler dargestellten organylierten Polystannide.

a = [166], b = [117], c = [115], d = [114].

• Indem es gelang, die beiden nicht isostrukturellen Verbindungen [Na@[2.2.2]crypt]SnHPh2

(III. 3.6.1) und [K@[2.2.2]crypt]SnHPh2 (III. 3.6.2) zu synthetisieren sowie röntgenographisch zu charakterisieren, konnte das Vorhandensein des SnHPh2-Anions bei Reduktion von Organostannanen durch Alkalimetalle in flüssigem Ammoniak indirekt verifiziert werden. Bisher wurde diese These lediglich durch NMR-Untersuchungen gestützt.[126,127]

• Inwieweit die kristallisierende, anionische Organostannidspezies − neben ihrer Bildungsenthalpie

− von beeinflussbaren Faktoren wie der Art der Gegenionen, der Stöchiometrie oder der Art der organischen Reste beeinflusst ist, bleibt höchst diskutabel. Selbst die Wahl des Chelatreagenzes wirkt sich scheinbar auf die Kristallisation möglicher Organostannide aus: Bei Einsatz von [2.2.2]crypt erhält man beispielsweise die bei Verwendung von 18-Krone-6 noch nie beobachteten SnHPh2-Anionen (siehe unten). Was den erwähnten Einfluss der gewählten Stöchiometrie Alkalimetall/(Poly-)Organostannan anbelangt, sei auf Tabelle 33 verwiesen, welche die nur marginal vorhandene Korrelation zwischen Stöchiometrie und erhaltenen Produkten eindrucksvoll aufzeigt.

Abschließend seien einige Ideen für denkbare Anschlussarbeiten mit Fokus auf organosubstituierte Polytetrelide und insbesondere auf entsprechende Polystannide in Ausblick gestellt:

• Um den oben dargelegten Schwierigkeiten hinsichtlich der Ausbeute, dem Aufwand sowie der Reinheit der eingesetzten Polystannane zu begegnen, erscheint es außerordentlich vielversprechend, den von Caseri in jüngster Zeit etablierten, neuartigen Weg der Polystannandarstellung ([126,127,131] und III. 3.1) aufzugreifen. Nach dieser Methode werden die Polystannane direkt in flüssigem Ammoniak dargestellt, woraufhin das Lösungsmittel abgedampft wird (zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang noch die Entwicklung eines ähnlichen, zweiten Zugangsweges zu Polystannanen in flüssigem Ammoniak, der als zweischrittige Polymerisation tituliert wird;[131] bemerkenswerterweise kommt es dabei zu von der einschrittigen Polymerisation divergierenden Produkten[131]). Anschließend könnten in bewährter Weise Alkalimetalle zur Reduktion des Polystannans sowie Chelatreagenzien zugegeben werden und erneut Ammoniak aufkondensiert werden. Diese Methode birgt immense präparative Erleichterungen und arbeitstechnische Vorteile, wie die vollständig entfallende Diorganodihydrostannansynthese (vgl. Kap. III. 3.2.1), den höheren Grad an inertem Arbeiten aufgrund der Möglichkeit, durchgehend in einem Reaktionsgefäß zu verbleiben sowie den viel höheren Ausbeuten.

• Mit dieser, eben erwähnten Methode ([126,127,131] und III. 3.1) ist es zudem möglich, Polydiarylstannane darstellen, was über die bisher favorisierte Dehydropolymerisation nicht gelang ([131] und Tabelle 33). Diese sind weniger lichtempfindlich als Polydialkylstannane[131 und könnten durch Reduktion in flüssigem Ammoniak zu interessanten, weiteren Organostannidclustern führen.

• In derselben Arbeit[131] konnte die Gruppe um Caseri copolymere Organostannane synthetisieren, die durch direkte Reduktion in flüssigem Ammoniak möglicherweise zu Arylalkylstanniden führen könnten.

• Für Germanium konnten bisher nur wenige Beispiele von Organomonogermaniden in flüssigem Ammoniak erhalten werden[167

126

]. Der Einsatz von mittels Dehydropolymerisation dargestellten Polygermanen blieb jedoch in der erwähnten Arbeit erfolglos. Allerdings könnte die beschriebene, für Polystannane etablierte Methode der in situ-Generierung[ ,127] auch auf Polygermane übertragen werden.

• Was überdies noch aussteht, ist die Untersuchung entsprechender Silane – idealerweise mit dem Zugangsweg über Polysilane, da eine Wurtzkupplung ausgehend von Monosilanen wenig vielversprechend erscheint. Dies könnte zu interessanten, neuartigen Organosiliciden führen.

Inwieweit der beschriebene in situ-Zugangsweg in flüssigem Ammoniak[126,127] hierfür geeignet ist, bleibt zu untersuchen. Doch könnte auch die Dehydropolymerisation von Organosilanen ins Auge gefasst werden. Üblicherweise geschieht dies mittels Zirkoniumkatalysatoren.[ 168 ] Vor kurzem konnte zudem gezeigt werden, dass die Organosilane PhSiH3 und PhMeSiH2 mit dem Nickel-basierten Katalysator [(dippe(Ni(μ-H)]2 (dippe = 1,2-Bis(diisopropylphosphino)ethan) in einer „Dehydrokupplungsreaktion“ zu Polysilanen polymerisiert werden können.[169]

4 Clusteranionen des Siliciums, des Germaniums sowie des