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1938–2018: historische Ereignisse und lokalgeschichtliche reaktionen

3. Zusammenfassung und Ausblick

Die nach bestimmten vorher festgelegten Kriterien ausge-führte Zeitungsanalyse kann eine Gegenüberstellung lokaler Berichterstattung zur Thematik überregional bedeutsamer Ereignisse bieten und so einen wichtigen Beitrag zum The-menkomplex Erinnerungskulturen leisten. So können etwa historisch/politisch entstandene „Mythenbildungen“ wie die „Opferthese“ oder aber auch die Frage der politischen Zukunft Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg, durch die kritische Betrachtung lokaler Berichterstattung zum „An-schluß“ konterkariert bzw. analysiert werden. Strategien der Berichterstattung auf lokaler Ebene können so allgemeinen, etwa österreichweiten, Entwicklungen gegenübergestellt und kritisch beleuchtet werden. Dieser Zugang könnte bei-spielsweise im Konnex der Frage der „Selbstbestimmung der Völker“ noch näher ausgeführt werden, berücksichtigt man etwa die in der Land-Zeitung zitierte Berichterstattung über die „historische Ungerechtigkeit“, die Österreich durch das „Anschlußverbot“ widerfahren sei und deren „Korrek-tur“ durch den „Anschluß“ selbst. Gleichzeitig ergeben sich dadurch aber auch spezifische lokalgeschichtliche Bezugs-punkte, die etwa – wie im Falle der Besitzergeschichten der beiden vorgestellten Zeitungen – spezielle Hintergründe zur Berichterstattung eröffnen.

Diese Analyse kann – wie im vorliegenden Fall - Aus-gaben und Artikel verschiedener Zeitungen umfassen und diese vergleichen. Für eine weitere, umfassendere Möglich-keit der Analyse würde sich die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (Mayring 2010) anbieten. Durch diese Methode können vor allem inhaltlich-formale Themenstellungen an die Texte/Artikel herangetragen werden. Vergleich und Analyse orientieren sich im vorliegenden Fall an der inhalt-lichen Stilistik der beiden vorgestellten Wochenzeitungen.

Mitgedacht werden – wie erwähnt – ansatzweise auch die Besitzergeschichten der Zeitungen, die auf eine gewisse Ausrichtung bzw. Blattlinie schließen lassen. Dieser Rück-schluss muss für eine weitere Analyse theoretisch noch wei-ter abgesichert werden. Rein inhaltlich werden in beiden Lokalmedien dieselben Entwicklungen und Ereignisse in den Mittelpunkt gerückt, die Land-Zeitung reagiert jedoch wesentlich euphorischer und in ihren Formulierungen kla-rer und radikaler auf diese. Die makrogeschichtlichen Er-eignisse „Anschluß“ und „Abstimmung“ werden somit auch unterschiedlich aufbereitet und dargestellt.

LITERATUR

ableitinger, alfred (2017). Politik in Österreich 1918 bis 1933. In: Karner, Stefan (Hrsg.) (2017). Die umkämpfte Republik Österreich von 1918–1938.

Innsbruck: StudienVerlag.

Frühwirth, hans (2000). Die Doppelstadt Krems-Stein: ihre Geschichte von 1848–2000. Melk: Kulturamt der Stadt Krems.

lind, christoph (2004). Der letzte Jude hat den Tempel verlassen. Juden in Niederösterreich 1938–1945. Wien: Mandelbaum.

mayring, philipp (2010). Qualitative Inhaltsanalyse  – Grundlagen und Techniken. Weinheim, Basel: Beltz.

streibel, robert (2014). Krems 1938 –1945. Eine Geschichte von Anpas-sung, Verrat und Widerstand. Weitra: Bibliothek der Provinz.

streibel, robert (1991). Plötzlich waren sie alle weg. Die Juden der „Gau-hauptstadt Krems“ und ihre Mitbürger“. Wien: Picus.

strigl, mario (2017). Die paramilitärischen Wehrverbände 1918–1938. Das Beispiel Niederösterreich. In: Karner, Stefan (Hrsg.) (2017). Die umkämpfte Republik Österreich von 1918–1938. Innsbruck: StudienVerlag.

Wilhelm, ute (1997). Politik in Krems 1927–1934. Diplomarbeit Universität Wien.

zeillinger, Gerhard (2018, 10. März). Und dann kam ER. In: Tageszeitung Der Standard, Album.

LINKS

https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Heinrich_Strecker_%28Kompo nist%29 (Zugriff am 29. Juni 2018)

QUELLEN / ZEITUNGSARTIKEL

Kremser Zeitung. Nr. 11. 10. 03. 1938 (Kremser Stadtarchiv) Kremser Zeitung. Nr. 12. 17. 03. 1938 (Kremser Stadtarchiv) Kremser Zeitung. Nr. 13. 24. 03. 1938 (Kremser Stadtarchiv) Kremser Zeitung. Nr. 14. 31. 03. 1938 (Kremser Stadtarchiv) Waldviertler Zeitung. Nr. 15. 07. 04. 1938 (Kremser Stadtarchiv) Kremser Zeitung. Nr. 16. 14. 04. 1938 (Kremser Stadtarchiv)

Niederösterreichische Land-Zeitung. Folge 10. 09. 03. 1938 (Stadtarchiv Krems)

Niederösterreichische Land-Zeitung. Folge 11. 16. 03. 1938 (Stadtarchiv Krems)

Niederösterreichische Land-Zeitung. Folge 12, 23. 03. 1938 (Stadtarchiv Krems)

Niederösterreichische Land-Zeitung. Nationalsozialistische Blätter. Folge 13, 30. 03. 1938 (Stadtarchiv Krems)

Niederösterreichische Land-Zeitung. Folge 14. 06. 1938 (Stadtarchiv Krems) Niederösterreichische Land-Zeitung. Folge 15, 13. 04. 1938 (Stadtarchiv Krems)

Unterrichtsbeispiele

Ersten Republik. Meist wird die Zeit bis 1938 als desaströ-se politische Zerfleischung der beiden großen politischen Lager geschildert. Durch das Aufzeigen weiterer Aspekte und wichtiger Entwicklungen kann hier ein differenziertes und vielschichtiges Bild gezeichnet werden. Die Auseinan-dersetzung mit dem Jahr 2018 als Jubiläumsjahr ermöglicht multiperspektivische Zugänge und die Verknüpfung der Jahreszahlen an sich mit ihren Vor- und Nachgeschichten, die unterschiedlich transportiert wurden und werden.

Wenn Schüler/innen unterschiedliche Zugänge zum Thema „Erinnern“, aber auch „Vergessen“ in Zusammen-hang mit historischen Ereignissen und Jubiläen wie 1938 vergleichen bzw. diese erarbeiten, so kann daraus eine viel-schichtige Beschäftigung mit historischen Narrativen ent-stehen. Wie haben sich etwa Denkmäler oder Mahnmale inhaltlich und ästhetisch verändert? Welcher Gruppen wur-de und wird in welcher Form gedacht und wer hielt bzw. hält dieses Andenken lebendig? Welche Erzählungen stecken hinter diesen Zeichen und welche Strategien werden damit verfolgt? Nähe kann vor allem auch durch die Beschäftigung mit lokalhistorischen Quellen geschaffen werden. Scheinbar fixe Opfer- und Täterkategorien können durch Fallbeispiele aufgebrochen werden. Unterschiedliche Betrachtungen zu den angesprochenen zeitgeschichtlichen Aspekten manifes-tieren sich aber auch in Spielfilmen mit denen Schüler/in-nen in ihrer Lebensrealität konfrontiert sind. Eine kritische Auseinandersetzung damit ist ebenfalls Teil historisch- po-litischen Lernens. Wie können die Potenziale von digitalen Technologien, im Konkreten von Augmented Reality, ganz allgemein in der Erinnerungsarbeit bzw. zeitgeschichtlichen Vermittlungsarbeit genutzt werden? Es stellt sich die Frage, wie digitale Technologie die Vergegenwärtigung von histo-rischen Erfahrungen und Ereignissen unterstützen können.

Aber auch die persönliche Lebenswelt der Schüler/innen wird angesprochen. Welche persönlichen Erinnerungen be-wahren sie für sich auf? Gibt es in speziellen Familienge-schichten Rituale und Traditionen, die von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden? Welche Rolle spielt der Besuch von Familiengräbern? Durch Fragen wie diese wer-den das persönliche und familiäre Erinnern ins Bewusstsein gerufen und begreiflich gemachen.

Die Beschäftigung mit Erinnerungskulturen ist nicht

„überholt“, sondern Teil des kollektiven Gedächtnisses.

1. Konzeptive Überlegungen zur Gestaltung