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Zielgruppen für Medikationsüberprüfung

 Evidenz und Rationale

Evidenz und Rationale

Systematischer Leitlinienreview (SLR):3 In den be-rücksichtigten Leitlinien wurden auf der Basis von systematischen Recherchen folgende Faktoren be-nannt, die in Kombination mit Multimedikation das Risiko für negative gesundheitliche Outcomes erhöhen:

Erkrankungs-/zustandsbezogene Risikofakto-ren: chronische Krankheiten, wie Depression, Demenz oder kognitive Beeinträchtigung, Kom-binationen aus psychischen und somatischen Erkrankungen wie bspw. Diabetes und Schizo-phrenie sowie Zustände und Ereignisse, wie Gebrechlichkeit (Frailty), Stürze, unspezifische Symptome und ein sich verschlechternder Gesundheitszustand.5 6 9 42

Medikationsbezogene Risikofaktoren: Medika-mente mit enger therapeutischer Breite und/-oder hohem Überwachungsbedarf, Medika-mente mit hohem Interaktionspotential und Medikamente mit unklarem therapeutischen Nutzen.7 42

Patientenbezogene Risikofaktoren: Mangelnde Therapieadhärenz, Schwierigkeiten beim Selbstmanagement der Medikation/Therapie (z. B. Belastung und Aufwand durch die Thera-pie:Treatment Burden, s. Abschnitt 1 zum MAI), Einnahmeprobleme. 5 9 42

Soziale Risikofaktoren: Probleme bei (instru-mentellen) Aktivitäten des täglichen Lebens, Autonomieverlust, Verständnisprobleme (sprachliche Probleme oder mangelnde

Ge-Behandlungsplänen erhöhen das Risiko für ungeplante Hospitalisierung und Notfallbe-handlungen.5 9 42

Zudem wurde in einer der eingeschlossenen Leit-linien 9 ein systematischer Review nach existieren-den Vorhersagemodellen durchgeführt, mit existieren-denen Risikopatienten bei Multimorbidität und Multimedi-kation erkannt werden. Die identifizierten Vorher-sagemodelle zur Prädiktion von (ungeplanten) Krankenhausaufnahmen, Tod u.a. negativen ge-sundheitlichen Outcomes sind jedoch nicht auf den hausärztlichen Kontext in Deutschland übertragbar.

Zum Einfluss von Multimedikation wurden keine Modelle aufgefunden. 9

Die berücksichtigten Leitlinien enthalten überein-stimmend (Expertenkonsens-basierte) Empfehlun-gen zu jährlichen MedikationsüberprüfunEmpfehlun-gen, da es keine Evidenz zu geeigneten Zeitintervallen gibt.

Weitere Evidenz: Die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität des Patienten (inklusive depressive Symptome) sowie der funktionelle Status (inkl.

Frailty) waren die stärksten Prädiktoren in Modellen zur Vorhersage einer Verschlechterung der Lebens-qualität innerhalb von 6 Monaten bei älteren Patien-ten mit mindesPatien-tens einer chronischen Erkrankung und mindestens einer Dauerverordnung.43 Die Mo-delle wurden in einer individuellen Patientendaten-Metaanalyse aus zwei deutschen und drei nieder-ländischen cluster-randomisierten Studien ent-wickelt und intern validiert. Die Lebensqualität

Zielgruppen für eine Medikationsüberprüfung

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 Zusammenfassung

Der funktionelle Status bzw. Frailty wurde in den Studien mittels verschiedener Instrumente erfasst, die sich orientierend im geriatrischen Kurzassess-ment erfassen lassen (→ Toolbox; Hausärztliche Leitlinie geriatrisches Assessment) und der rein subjektiven Einschätzung durch den Hausarzt überlegen sind.46 47

Zusammenfassung

Die Leitliniengruppe empfieht vor dem Hintergrund der Evidenz, aber auch aus eigener Praxiser-fahrung, für die Zielgruppe explizite Kriterien festzu-legen. Auf diese Weise sollen Patienten erreicht werden, die eine hohe Chance haben, von einer Medikationsüberprüfung zu profitieren. Bei der Überprüfung unterscheidet die Leitliniengruppe zwischen Patienten, bei denen mindestens jährlich eine Medikationsüberprüfung durchgeführt werden sollte, und Patienten, bei denen aufgrund einer besonderen Situation anlassbezogen eine Über-prüfung der Medikation sinnvoll ist.

Um im Praxisalltag diejenigen Patienten systema-tisch zu identifizieren, die von einer solchen Medika-tionsüberprüfung profitieren, d. h., die die genann-ten Kriterien erfüllen, sollgenann-ten Empfehlungen ande-rer evidenzbasierter Leitlinien zufolge Praxis-routinen entwickelt werden48. Dies könnten idealer-weise mittels softwaregestützter Suchalgorithmen in der Praxissoftware erfolgen. Solange hierzu keine IT-Unterstützung durch elektronisch/digitale Patientenakten (z. B ePA) vorliegt, muss dies hän-disch in der Patientenakte mit Erinnerungsfunktion dokumentiert werden. Die anlassbezogenen Krite-rien ergeben sich während der Konsultation des Patienten.

Zielgruppen für eine Medikationsüberprüfung

 Praxistipps und Tools

Praxistipps und Tools Zielgruppen

Die Leitliniengruppe sieht insbesondere die nach-stehenden Patientengruppen als Zielgruppen für eine Medikationsüberprüfung Patienten mit Ein-schränkung der subjektiv wahrgenommenen Lebensqualität und/oder des funktionellen Status oder bei ermittelter Frailty (z. B. mittels Kurzassess-ment)42:

Patienten mit psychischen und/oder kognitiven Problemen, insbesondere bei Demenz, Depres-sion, anderen psychiatrischen Erkrankungen oder einer Kombination aus psychischen und somatischen Erkrankungen,

Patienten in (stationärer) Pflege oder bei ein-geschränkter Autonomie,

Patienten mit mehreren zentralwirksamen Sub-stanzen (Psychopharmaka, Pregabalin, Opioide),

bei Medikamenten mit hohem Interaktions-potential,

Patienten mit sozialen Problemen, insbeson-dere unzureichenden Sprachkenntnissen und niedriger Gesundheitskompetenz,

Patienten, die von mehreren Ärzten betreut werden.

Anlassbezogen wird geraten, bei folgenden Situa-tionen der Patienten die Medikation zu erheben und zu bewerten:

bei Stürzen, bei Neuauftreten von unspezifi-schen Symptomen/ Erkrankungen wie Infarkt/-Herzinsuffizienz, Verschlechterung des

(kog-bei Hinweisen auf Einnahmeprobleme sowie bei Problemen in der praktischen Durchführung der Therapie,

bei Hinweisen auf mögliche Medikationspro-bleme durch die Apotheke,

bei Erstkontakt in der Praxis,

bei Patientenwunsch.

Erfassen des subjektiven Gesundheitszustands Eine gute Einschätzung gibt die Antwort auf die einfache Frage. „Wie würden Sie Ihren Gesund-heitszustand im Allgemeinen beschreiben?

⃝ Ausgezeichnet

⃝ Sehr gut

Alternativ (z. B. zur Objektivierung und Verlaufs-beobachtung) kann man Patienten auf einer Analogskala von 0 bis 100 bewerten lassen, wo sie ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität verorten würden, wenn 0 die denkbar schlechteste und 100 die denkbar beste Lebensqualität darstellt. Der Fragebogen ist frei für nicht kommerzielle Zwecke nach kostenloser Registrierung.

https://euroqol.org/eq-5d-instruments/

Erhebung des funktionellen Status/ Frailty Hierfür stehen für das hausärztliche Setting Assess-ments wie MAGIC zur Verfügung: Zur Identifikation von Patienten für das Assessment empfiehlt die

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Erkennen von möglichen Adhärenzproblemen

Patienten fragt früher / später als erwartet nach einer neuen Verordnung.

Therapie wirkt nicht.

Zu weiteren Fragen siehe Abschnitt Bestands-aufnahme - Adhärenz

Implementierung einer Praxisroutine zur Erfassung von Patienten, die die Kriterien für eine Medikationsüberprüfung erfüllen:

Richten Sie den Aufruf der Patientenakte so ein, dass automatisch ein Warnfenster er-scheint, mit dem Hinweis, ob und wann der Medikationscheck erforderlich ist.

Zusätzlich oder alternativ können Sie sich einen

„Cave“-Eintrag in der Patientenleitschiene ein-richten, mit dem Hinweis auf den Medikations-check, z.B. MC 03/20, d.h. spätestens März 20 einen Medikationscheck durchführen.

Anschließend können Sie das Datum hoch-setzen (Beispiele aus AIS Medatixx™)