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1 EINLEITUNG

1.2 Ziel und Fragestellung

Es liegen unterschiedliche Forschungsergebnisse zu psychosozialer Arbeitsbelastung, Arbeitszufriedenheit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Gesundheit von Beschäftigten im Gesundheitswesen vor. Der Großteil der Studien befasst sich allerdings spezifisch mit einer Berufsgruppe, wohingegen bisher nur wenige berufsgruppenübergreifende Erhebungen in einer Klinik sowie wenige direkte Berufsgruppenvergleiche durchgeführt wurden. Des Weiteren wurden Hebammen nur selten in solche Untersuchungen miteingeschlossen.

Aufgrund dieser Tatsachen sowie vor dem oben beschriebenen Problemhintergrund setzt sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, Erkenntnisse über mögliche Ansatzpunkte für entsprechende Verbesserungsmaßnahmen zu gewinnen. Diese sind notwendig, um die Gesundheit sowie die Arbeitszufriedenheit des medizinischen Personals in Kliniken zu stärken und nicht zuletzt dem drohenden bzw. schon eingetretenen Ärzte- und Pflegekräftemangel entgegenzuwirken.

Hierzu wurde eine Befragung zu den Parametern psychosoziale Arbeitsbelastung, Arbeitszufriedenheit sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Beziehung zu Gesundheit und in Relation zur Allgemeinbevölkerung vorgenommen. Der Fokus lag auf dem Vergleich der Berufsgruppen, um mithilfe einer berufsgruppenspezifischen Belastungsanalyse möglichst gezielte Maßnahmen ergreifen zu können. Die durch Konflikte zwischen Beruf und Familie entstehende Belastung wurde erfasst. Eine Untersuchung des Bedarfs hinsichtlich verschiedener Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde durchgeführt. Des Weiteren wurden die Arbeitszufriedenheit, die psychosoziale Arbeitsbelastung sowie die Verausgabungsneigung der Mitarbeitenden erfasst. Die psychische Gesundheit wurde im Hinblick auf Anzeichen für Burnout sowie Symptome einer Depression und Angststörung untersucht. Zudem wurde der Einfluss von Arbeitszeitmodellen auf das psychische und subjektive körperliche Befinden untersucht.

Im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen dabei folgende Fragestellungen:

• Wie hoch ist der Interrollenkonflikt zwischen Beruf und Familie bei medizinischem Personal der Frauenklinik? Gibt es Unterschiede zwischen Geschlechtern und Berufsgruppen?

• Wie hoch ist die psychosoziale Arbeitsbelastung im Sinne eines Ungleichgewichts zwischen Anstrengung und Belohnung von medizinischem Personal der Universitätsfrauenklinik Ulm? Welche Berufsgruppen zeigen sich diesbezüglich besonders belastet?

• Wie verhält es sich mit der psychischen Gesundheit des medizinischen Personals? Gibt es einen Unterschied zur Allgemeinbevölkerung? Finden sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufsgruppen der Frauenklinik?

• Gehen eine problematische Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine hohe psychosoziale Arbeitsbelastung mit einer schlechteren psychischen Gesundheit der Beschäftigten einher?

Abbildung 1: Grafische Darstellung der Fragestellung

Im Hinblick auf den derzeitigen Stand der Forschung wurden folgende Hypothesen festgelegt:

Hypothese 1: Vereinbarkeit von Beruf und Familie

a) Bei medizinischem Personal findet sich ein Konflikt zwischen den Arbeitsbedingungen und den familiären Verantwortlichkeiten. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen besteht ein größerer wechselseitiger Konflikt zwischen Beruf und Familie (Fuß et al. 2008; Kopetsch 2010; Simon et al.

2004).

Psychosoziale Arbeitsbelastung Interrollenkonflikte

Beschäftigte der Universitätsfrauenklinik Ulm (berufsgruppenübergreifend und -spezifisch)

Schichtarbeit

Psychische Gesundheit (Depression, Angst, Burnout)

Physische Gesundheit

Subjektive Patientensicherheit

b) Die verschiedenen Berufsgruppen der Universitätsfrauenklinik Ulm unterscheiden sich hinsichtlich des Interrollenkonflikts zwischen Beruf und Familie (Pal u. Saksvik 2008).

c) Bei Beschäftigten mit Kind zeigt sich ein größeres Konfliktpotential zwischen Beruf und Familie als bei Beschäftigten ohne Kind (Mache et al. 2015; Simon et al. 2004).

d) Weibliche Mitarbeiterinnen erfahren einen größeren Konflikt zwischen Beruf und Familie als männliche Mitarbeiter (Buddeberg-Fischer, Stamm et al. 2008;

Hancke et al. 2012).

e) Bei den Beschäftigten der Universitätsfrauenklinik Ulm besteht ein hoher Bedarf an Maßnahmen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

(Hancke et al. 2012; Jerg-Bretzke, Krüsmann et al. 2016).

Hypothese 2: Psychosoziale Arbeitsbelastung und Arbeitszufriedenheit

a) Medizinisches Personal zeigt eine hohe Arbeitsbelastung durch ein Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung. Dies wird durch eine ausgeprägte persönliche Verausgabungstendenz zusätzlich verschärft (Braun et al. 2008; Hämmig 2018; Hasselhorn et al. 2003).

b) Die verschiedenen Berufsgruppen der Universitätsfrauenklinik Ulm unterscheiden sich hinsichtlich des Ungleichgewichts zwischen Anstrengung und Anerkennung und somit hinsichtlich ihres Risikos für Gratifikationskrisen (Hämmig 2018).

c) Ein hohes Konfliktpotential zwischen Beruf und Familie geht mit einer geringen Arbeitszufriedenheit einher (Amstad et al. 2011; Fuß et al. 2008;

Yildirim u. Aycan 2008).

Hypothese 3: Psychische und körperliche Gesundheit

a) Bei medizinischem Personal zeigen sich häufiger Symptome einer Depression und Angsterkrankung als bei der Allgemeinbevölkerung (Hämmig 2018;

Trummer 2010; Wall et al. 1997).

b) Medizinisches Personal weist häufiger Symptome eines Burnout auf als die Allgemeinbevölkerung (Bakker et al. 2000; Fuß et al. 2008).

c) Die verschiedenen Berufsgruppen der Universitätsfrauenklinik Ulm unterscheiden sich hinsichtlich ihrer subjektiven körperlichen und psychischen Gesundheit (Kessler 2008; Meßenzehl et al. 2006).

d) Ein hohes Konfliktpotential zwischen Beruf und Familie geht mit einem höheren Burnout-Risiko und dem vermehrten Vorkommen von Depressions- und Angstsymptomen einher (Ádám et al. 2008; Amstad et al. 2011; Firth-Cozens 1990; Fuß et al. 2008).

e) Bei Beschäftigten im Schichtdienst lässt sich eine schlechtere subjektive körperliche und psychische Gesundheit feststellen(Bøggild u. Knutsson 1999;

Harth et al. 2009; Monk et al. 1996; Wisetborisut et al. 2014).

f) Mobbing und interpersonelle Konflikte sind mit einem höheren Burnout-Risiko und dem vermehrten Vorkommen von Depressions- und Angstsymptomen assoziiert (Kessler 2008).

g) Gratifikationskrisen korrelieren mit einer schlechten subjektiven körperlichen und psychischen Gesundheit (Bakker et al. 2000; Buddeberg-Fischer, Klaghofer et al. 2008; Kivimäki et al. 2007; Larisch et al. 2003; Rugulies et al.

2012).

Hypothese 4: Patientensicherheit

a) Durch den in Kliniken herrschenden Zeitdruck sowie das hohe Arbeitsaufkommen wird die subjektiv wahrgenommene Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigt (Aiken et al. 2012; Rogers et al. 2004).

b) Ein vermehrtes Vorkommen von Depressions- und Angstsymptomen sowie ein hohes Burnout-Risiko sind assoziiert mit einer als schlechter wahrgenommenen Patientensicherheit (Hall et al. 2016).

c) Eine hohe psychosoziale Arbeitsbelastung sowie eine hohe Verausgabungsneigung stehen in negativem Zusammenhang mit der subjektiv wahrgenommenen Qualität der Patientenversorgung (Loerbroks et al. 2016).