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1. Effekte paternal ererbter Haplotypen, assoziiert mit divergenter Prädisposition für

1.3 Zellzahl (somatic cell count, SCC und somatic cell score, SCS)

Der durchschnittliche wöchentliche SCS (berechnet aus dem somatic cell count, SCC, nach Costa et al. (COSTA et al. 2015)) im Gesamtgemelk war in der FBN-Kohorte im Laktationsverlauf signifikant niedriger für Q-Tiere als für ihre paternalen q-Halbschwestern, wie nach dem Selektionsmodell für die paternalen Q/q-Haplotypen prognostiziert. Insbesondere in der Mitte und zum Ende des Beobachtungszeitraums bzw. der Laktation zeigten die Q-Tiere einen hochsignifikant niedrigeren SCS als die q-Tiere. Das Selektionsmodell nach Kühn et al. (KÜHN et al.

2008) und Brand et al. (BRAND et al. 2009), Färsen mit niedrigerem SCS noch vor ihrer ersten Laktation über ihren paternal ererbten BTA18-Haplotyp zu identifizieren, konnte also erfolgreich angewendet werden.

Allerdings fiel bei der Analyse des SCC für individuelle Euterviertel auf, dass in der Phase der Frühlaktation signifikant mehr Euterviertel der q-Gruppe extrem niedrige Zellzahlen (SCC < 10.000 Zellen/ml) (SURIYASATHAPORN et al. 2000; WELLNITZ et al. 2010; RAINARD et al. 2018) aufwiesen. Diese Beobachtung erschien zunächst konträr zu dem genetischen Auswahlmodell für die Q- und q-Färsen, wurde aber durch Ergebnisse der TiHo-Kohorte bestätigt. Auch hier traten in der q-Gruppe mehr Euterviertel mit extrem niedrigem SCC (< 10.000 Zellen/ml) auf. In der TiHo-Kohorte war auch der SCS im Gesamtgemelk in der Frühphase der Laktation bei den Q-Kühen höher als bei ihren paternalen q-Halbschwestern.

Die q-Kühe fielen in der Frühlaktation mit signifikant mehr individuellen Eutervierteln mit extrem niedrigen Zellzahlen (SCC < 10.000 Zellen/ml) auf, entwickelten im weiteren Verlauf der Laktation aber einen signifikant höheren SCS als ihre paternalen Q-Halbschwestern. Es gab also Diskrepanzen zwischen dem SCS in unterschiedlichen Laktationsperioden (frühe bzw. späte Laktation) und dem individuellen SCC für Euterviertel und dem SCS über alle vier Euterviertel hinweg. In der Routineuntersuchung, z.B. im Zuge der Milchleistungsprüfung, wird nur der SCS über alle Euterviertel hinweg festgestellt. Individuelle Euterviertel mit extrem hohem oder niedrigem SCC fallen in diesen Untersuchungen also systembedingt nicht auf.

Jedoch ist die eigentliche klinische Einheit das jeweils von einer Infektion betroffene Euterviertel, da in der Regel nicht die gesamte Milchdrüse von einer Infektion betroffen ist. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, inwieweit ein extrem niedriger SCC für die Euterimmunität vorteilhaft oder nachteilig ist (RAINARD et al. 2018). Da eine positive genetische Korrelation zwischen SCS und Mastitisinzidenz von ca. 0,70 (RUPP u. BOICHARD 2003) besteht, wurde der Zuchtwert für den SCS von zahlreichen Rinderzuchtverbänden weltweit als ein funktionales Merkmal für Mastitisresistenz in ihre Bullenauswahl aufgenommen (MIGLIOR et al. 2005). Das bedeutet, dass auf niedrige Zellzahlen selektiert wird. Aber die Population der somatischen Zellen in der Milch besteht zu wesentlichen Teilen aus Leukozyten

(einschließlich Makrophagen, neutrophilen Granulozyten und Lymphozyten) mit wichtigen Aufgaben in der lokalen Immunabwehr (BOUTINAUD u. JAMMES 2002; LI et al. 2014). Es gibt in der Literatur bereits Hinweise, dass eine Mindestanzahl an Immunzellen in der Milchdrüse nötig ist, um angemessen auf eine lokale Infektion reagieren zu können. So haben Suriyasathaporn et al. (SURIYASATHAPORN et al.

2000) in statistischen Modellen gezeigt, dass ein niedriger SCC (< 20.000 Zellen/ml) mit einem erhöhten Risiko für Mastitis assoziiert ist. Maye et al. (MAYE et al. 2017) konnten zeigen, dass E. coli in Milch von einem Euterviertel mit einem niedrigem SCC (< 100.000 Zellen/ml) besser wuchs als in Milch von einem Euterviertel derselben Kuh mit einem höherem SCC. Auch Wellnitz et al. (WELLNITZ et al. 2010) haben berichtet, dass Euterviertel mit niedrigem SCC (< 20.000 Zellen/ml) im Vergleich zu Eutervierteln mit einem höherem SCC einen reduzierten und verlangsamten Einstrom von somatischen Zellen in die Milchdrüse aufwiesen. Diese Studien und die Ergebnisse aus dieser Dissertation legen daher die Vermutung nahe, dass der SCC nicht nur zu hoch, sondern auch zu niedrig sein kann. Ein extrem niedriger SCC scheint für die Eutergesundheit nachteilig, da eine Mindestanzahl an lokalen Abwehrzellen fehlt, die schnell und gezielt auf eine Infektion der Milchdrüse reagieren können. Insbesondere in der Frühlaktation, bzw.

in der sogenannten Transitphase (3 Wochen ante partum bis 3 Wochen post partum (DRACKLEY 1999)), könnte die Anzahl von lokalen Immunzellen von entscheidender Bedeutung sein, da die Milchkuh in dieser Periode extrem anfällig gegenüber infektiösen Erkrankungen wie z.B. Mastitis ist (INGVARTSEN u. MOYES 2015). Tritt in eine Infektion ein, werden mehr Immunzellen aus der Peripherie rekrutiert und folglich steigt der SCC in der Milchdrüse an. Dies könnte den erhöhten SCS der q-Tiere in der Mitte und zum Ende der Laktation erklären, vor allem wenn Pathogene wie S. aureus auch noch im infizierten Eutergewebe persistieren.

2. Effekte paternal ererbter Haplotypen, assoziiert mit divergenter Prädisposition für Eutererkrankungen, auf das Lebertranskriptom nach intramammärer Infektion mit Mastitiserregern

Bevor die Effekte paternal ererbter Haplotypen, die mit divergenter Prädisposition für Eutererkrankungen assoziiert sind, auf das Lebertranskriptom nach einer intramammären Infektion mit Mastitiserregern evaluiert werden können, muss zunächst analysiert werden, welche Adaptationen im Lebertranskriptom nach einer intramammären Infektion mit Mastitiserregern, unabhängig vom Haplotyp, vorgenommen werden. Nur so ist es möglich, die Effekte, die den divergenten Haplotypen zugrunde liegen, von den durch die intramammäre Infektion mit Mastitiserregern ausgelösten Effekte abzugrenzen und zu bewerten.

Eine durch Staphylococcus aureus (S. aureus) ausgelöste Mastitis gilt in der Regel als subklinische Erkrankung mit nur lokaler pathologischer Manifestation (SCHUKKEN et al. 2011; JENSEN et al. 2013; HE et al. 2016; SONG et al. 2016). Im hier beschriebenen Experiment aber stiegen die Körpertemperaturen der mit S. aureus infizierten Kühe (via intravaginalen Loggern überwacht) auf ein durchschnittliches Maximum von 40,5°C im Verlauf des Infektionsversuches an, was auf eine klinische Reaktion des Organismus hindeutete. Die Analyse des hepatischen Transkriptoms unterstützte diese Annahme, da insgesamt 3.672 Loci (davon über die Hälfte annotierte Gene) aufgezeigt wurden, die in S. aureus-infizierten Kühen im Vergleich zur Kontrollgruppe (Kühe aus dem Langzeitmodell, deren Euter nicht infiziert wurden) signifikant different exprimiert wurden. In der nachfolgenden Netzwerkanalyse fielen zahlreiche signifikant angereicherte Netzwerke auf, die an der Organisation und Aufrechterhaltung des Aktin-Zytoskeletts und/oder intra-/interzellulärer Signalweitergabe beteiligt waren. Diese waren in der Regel im Lebertranskriptom nach der intramammären Infektion inaktiviert.

Das Aktin-Zytoskelett ist die treibende Kraft hinter dynamischen zellulären Prozessen wie Zellmotilität, Zellwachstum, Phagozytose und Zytokinese (Zellteilung) (HALL u.

NOBES 2000). Dabei gehören die epithelial adherens junctions, neben den tight junctions, zu den wichtigsten Regulatoren des Aktin-Zytoskeletts, indem sie z.B. Zell-Zell-Kontakte initiieren und aufrecht erhalten (HARTSOCK u. NELSON 2008;

MCEWEN et al. 2012). Pathologische Störungen der epithelial adherens junctions blockieren die Organisation des Aktin-Zytoskeletts, was sich schlussendlich auf die adhäsiven und mechanischen Fähigkeiten der Zelle auswirkt (MCEWEN et al. 2012).

Der Aktin-Zytoskelett-Signalweg selbst sowie der ILK- und Integrin-Signalweg waren nach dem S. aureus-Infektionsversuch im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant runterreguliert. Integrine sind die wichtigsten Rezeptoren in der Plasmamembran, die die Interaktion der Zelle mit der extrazellulären Matrix, z.B. die Adhäsion von extrazellulären Proteinen, ermöglichen (GINSBERG 2014). Sie bestehen aus zwei

Glycoprotein-Untereinheiten (α und β) (GINSBERG 2014). Das ILK-Protein reagiert mit den cytoplasmatischen β-Untereinheiten der Integrine und koppelt sie an das Aktin-Zytoskelett (YEN et al. 2014). In dieser Schlüsselposition zwischen den Integrinen und dem Aktin-Zytoskelett übermittelt ILK zahlreiche zelluläre Prozesse, die eminent für die Differenzierung und Migration und schließlich auch für das Überleben der Zelle sind (YEN et al. 2014). Auch der Rho family GTPasen-Signalweg war nach dem S. aureus-Infektionsversuch signifikant runterreguliert. Rho family GTPasen vermitteln u.a. die Signalweitergabe zwischen der Plasmamembran und dem Aktin-Zytoskelett und sind so in dessen Organisation involviert (HALL u.

NOBES 2000).

Die zentrale S. aureus-induzierte hepatische Wirtsantwort scheint also das Aktin-Zytoskelett und durch dieses vermittelte Prozesse zu betreffen. Das Aktin-Aktin-Zytoskelett ist eine dynamische Struktur, die für die Zell- und Gewebeorganisation notwendig ist und deren Umbau Bestandteil zahlreicher Zellprozesse, auch der Erregerabwehr, ist (MAN et al. 2014; COLONNE et al. 2016). Daher manipulieren zahlreiche Krankheitserreger das Aktin-Zytoskelett, um eine erfolgreiche Infektion und Replikation zu erreichen (COLONNE et al. 2016). Dabei synthetisieren diese Pathogene spezielle Proteine, die Wirtsproteine nachahmen, um vom Aktin-Zytoskelett aufgenommen zu werden und so die zytoskelettalen Ressourcen wie Aktin und Mikrotubuli für ihre eigenen Zwecke zu nutzen (COLONNE et al. 2016).

Ähnliche Mechanismen wurden für zahlreiche humanpathogene bakterielle Krankheitserreger wie Rickettsia (BURKHARDT et al. 2011; CLARK et al. 2011), Anaplasma (CROSBY et al. 2014) und Ehrlichia (CHENG et al. 2013) beschrieben.

Aber auch Coxiella burnetti, der Erreger des Q-Fiebers bei Menschen und Tieren, ist auf die Manipulation des Aktin-Zytoskeletts angewiesen, da es nur intrazellulär überleben und sich vermehren kann (BEARE et al. 2012). Günther et al. (GUNTHER et al. 2017) haben beschrieben, dass ein akuter (3 Stunden) Infektionsversuch mit S. aureus1027 (derselbe Stamm, der auch für das Experiment in dieser Dissertation verwendet wurde) in einer Neuanordnung des Aktin-Zytoskeletts (gekennzeichnet durch eine Aktivierung der entsprechenden Netzwerke) auf Eutergewebetranskriptebene resultierte, also genau gegensätzlich zu den Ergebnissen aus dem Experiment in dieser Arbeit. Die Autoren diskutierten, dass die Aktivierung des Aktin-Zytoskeletts ein Mechanismus des Pathogens sei, um dessen Invasion in lokale Wirtszellen zu ermöglichen (GUNTHER et al. 2017). Das Experiment von Günther et al. (GUNTHER et al. 2017) unterschied sich in zwei wesentlichen Punkten vom Experiment, das in dieser Dissertation beschrieben wird:

Zum einen arbeiteten Günther et al. mit Gewebeproben aus dem Euter, genauer gesagt mit Proben aus der Drüsenzisterne, während in dieser Dissertation Leberproben analysiert wurden. Zum zweiten entnahmen Günther et al. ihre Proben sehr früh nach Start des Infektionsversuches (3 Stunden), als die Tiere noch keine

klinischen Symptome (Fieber, Leukopenie, gestiegener SCC etc.) zeigten; das in dieser Dissertation beschriebene Tierexperiment endete hingegen erst nach 96 Stunden. Die Kombination der Ergebnisse beider Studien lassen daher mutmaßen, dass S. aureus am direkten Eintrittsort der Infektion (Milchdrüse) die Netzwerke des Aktin-Zytoskeletts aktiviert und manipuliert, um das eigene Überleben und Vermehren sicher zu stellen. In der Leber hingegen, also weit entfernt vom eigentlichen Infektionsgeschehen, scheinen andere Mechanismen, entweder ausgehend vom Wirt und dessen Immunantwort oder vom Pathogen selbst zu greifen, die zu einer Inaktivierung des Aktin-Zytoskeletts führen. Dabei muss auch der Zeitfaktor (früh bzw. spät nach Start des Infektionsversuches) berücksichtigt werden, da das Immunsystem zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Verteidigungsstrategien aktiviert, um den invasiven Krankheitserreger zu bekämpfen (z.B. hatten die Kühe bei Günther et al. nach drei Stunden noch kein Fieber entwickelt, in dem in dieser Dissertation beschriebenen Experiment aber schon).

Genauere Aussagen über die komplexen Zusammenhänge zwischen S. aureus und dem Aktin-Zytoskelett des Wirts an lokaler (Milchdrüse) oder systemischer (Leber) Stelle können beim aktuellen Kenntnisstand nicht getroffen werden und sollten daher Bestandteil weiterer Forschungsbemühungen sein.

Neben dem Aktin-Zytoskelett waren weitere Netzwerke von dem S. aureus-Infektionsversuch betroffen. Auch Netzwerke, die direkt an der Bekämpfung von eindringenden Erregern beteiligt sind, waren im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant different exprimiert, und zwar interessanterweise auf negative Weise. So waren die Netzwerke Fcγ-Rezeptor vermittelte Phagozytose in Makrophagen und Monozyten und der IL-8 (Interleukin-8)-Signalweg nach dem S. aureus-Infektionsversuch runterreguliert. Die Aktivierung von Fcγ-Rezeptoren geht der antikörpervermittelten Phagozytose von Pathogenen durch Makrophagen und Monozyten voraus und steht damit an der Schnittstelle zwischen angeborener und erworbener Immunabwehr (ADEREM u. UNDERHILL 1999; FITZER-ATTAS et al.

2000). IL-8 ist ein proinflammatorisches Chemokin mit vielfältigen Auswirkungen auf Immunzellen; so aktiviert es z.B. die Degranulierung von neutrophilen Granulozyten (WAUGH u. WILSON 2008). Die Inaktivierung dieser wichtigen Immunprozesse im Lebertranskriptom deutet darauf hin, dass bestimmte antibakterielle Mechanismen als Reaktion auf die intramammäre S. aureus-Infektion abgeschwächt wurden.

Als vielversprechender Kandidat für einen potenziellen vorgeschalteten Regulator konnte TGFB1 (transforming growth factor beta 1) identifiziert werden. TGFB1 war nach dem S. aureus-Infektionsversuch signifikant runterreguliert. TGFB1 ist als Suppressor des Immunsystems beschrieben, auch im Zusammenhang mit Mastitis (JENSEN et al. 2013). Nicht nur im Vergleich von mit S. aureus infizierten Tieren mit Kontrolltieren, sondern auch in der Analyse der mit E. coli infizierten Tiere im

Vergleich zur Kontrollgruppe war TGFB1 signifikant niedriger exprimiert; daher scheint TGFB1 nicht Pathogen-spezifisch zu sein, sondern könnte als vielversprechender universeller Mastitis-Marker weiter erforscht werden.

Die Analyse der hepatischen Genexpression im Vergleich von Kühen nach intramammärer Escherichia coli (E. coli) Infektion zu einer unbehandelten Kontrollgruppe ergab 10.648 signifikant different exprimierte Loci (über die Hälfte davon annotierte Gene). Insgesamt waren dies mehr als 50% der untersuchten Loci, was die sehr starke Reaktion der Leber auf die intramammäre Infektion anzeigt. Die nachfolgende Netzwerkanalyse ergab dementsprechend eine große Anzahl signifikant angereicherter Netzwerke. Die nach dem E. coli-Infektionsversuch different exprimierten Gene und Netzwerke unterschieden sich dabei grundlegend von denen, die nach dem S. aureus-Infektionsversuch beobachtet wurden. Die wichtigsten hepatischen Prozesse, die von dem E. coli-Infektionsversuch beeinflusst wurden, waren 1.) RXR-Aktivierung und sich anschließende Netzwerke (einschließlich Fettstoffwechsel), 2.) Akute Phase Reaktion und Komplementsystem und 3.) Phosphoinositide-Biosynthese.

Während die LXR/RXR-Aktivierung nach dem E. coli-Infektionsversuch signifikant runterreguliert war, war die LPS/IL-1 (Lipopolysaccharide/Interleukin-1) vermittelte Inhibition der RXR-Funktion passenderweise signifikant hochreguliert. Retinoid-X-Rezeptoren (RXR) gehören in die zweite von vier bekannten Klassen der nuklearen Hormonrezeptoren (BEIGNEUX et al. 2000). Nukleare Hormonrezeptoren sind die größte Familie von Transkriptionsfaktoren (über 150 verschiedene nukleare Hormonrezeptoren sind beschrieben); sie regulieren die Genexpression nach Bindung von Hormonen (z.B. Retinoide, Steroide, Thyroide) (BEIGNEUX et al. 2000).

Zu den RXR gehören unter anderem die Leber-X-Rezeptoren (LXR) (BEIGNEUX et al. 2000). Während LXRβ universell exprimiert wird, ist LXRα leberassoziiert (WANG et al. 2018). LXR werden durch modifizierte Formen des Cholesterins aktiviert (die sogenannten Oxysterole) (A-GONZÁLEZ u. CASTRILLO 2011) und übernehmen vielfältige Aufgaben im Lipidmetabolismus. So sind sie für die transkriptionelle Kontrolle der Aufnahme, Abgabe und Ausscheidung von Cholesterin verantwortlich (A-GONZÁLEZ u. CASTRILLO 2011). Aber auch die Beteiligung von LXR am Fettsäurestoffwechsel wurde nachgewiesen (A-GONZÁLEZ u. CASTRILLO 2011).

Auch die Netzwerke der Adipogenese (Fettaufbau) und Fettsäuren β-Oxidation waren nach dem E. coli-Infektionsversuch signifikant angereichert. Daher scheint die Infektion der Milchdrüse mit E. coli Einfluss auf den Fettstoffwechsel in der Leber zu haben.

Die Akute Phase Reaktion gehört zur angeborenen, unspezifischen Immunabwehr und damit zu den ersten Mechanismen, die zur Erregerabwehr aktiviert werden (GRUYS et al. 2005). Sie umfasst sowohl die Ausschüttung proinflammatorischer

Zytokine (bei bakteriellen Infektion v.a. TNF-α, Tumornekrosefaktor-α, und IL-1β, Interleukin-1β) wie auch die Aktivierung von Entzündungszellen (Leukozyten) (GRUYS et al. 2005). Die Akute Phase Reaktion wird zwar am Ort der Infektion initiiert, aber die Leber ist der wichtigste Produzent der Akute Phase Proteine (z.B.

HP, Haptoglobin und SAA, Serumamyloid A) (JIANG et al. 2008). Innerhalb weniger Stunden nach Infektion wird die Proteinsynthese in der Leber entsprechend angepasst und die Plasmakonzentration der Akute Phase Proteine steigt (GRUYS et al. 2005). Die Aufgaben der Akute Phase Proteine umfassen das Abfangen von Krankheitserregern und ihren Produkten, das Neutralisieren von körperfremden Enzymen und auch die Aktivierung des Komplementsystems (siehe unten) (GRUYS et al. 2005). Erwartungsgemäß waren die Faktoren der Akute Phase Reaktion im Lebertranskriptom von mit E. coli infizierten Kühen signifikant höher exprimiert als in der Kontrollgruppe. Diese Aktivierung schließt Zytokinrezeptoren (z.B. für TNF-α und IL-1) und Akute Phase Proteine (z.B. SAA) selbst ein.

In den letzten Jahren konnten mehrere Studien (HARDARDOTTIR et al. 1995;

BEIGNEUX et al. 2000; A-GONZÁLEZ u. CASTRILLO 2011; WANG et al. 2018) Aufschluss über die Interaktion zwischen RXR und dem Immunsystem geben, insbesondere die Akute Phase Reaktion betreffend (BEIGNEUX et al. 2000). Zwar stehen die immunologischen Effekte bei der Akute Phase Reaktion im Vordergrund, aber sie geht auch mit Konsequenzen auf metabolischer Ebene (insbesondere den Lipidstoffwechsel betreffend) einher. So induzieren die Zytokine der Akute Phase Reaktion u.a. die Lipolyse und erhöhen den Serumspiegel an Triglyceriden (HARDARDOTTIR et al. 1995). Dabei scheinen die RXR/LXR als Bindeglied zwischen immunologischen und metabolischen Anpassungen in Folge einer Infektion zu agieren. E. coli-LPS und proinflammatorische Zytokine (TNF-α und IL-1β) verringerten die Konzentration von RXR-Proteinen in der Leber von Hamstern (BEIGNEUX et al. 2000). In einem Rinderzellmodell fanden Wang et al. (WANG et al.

2018) heraus, dass ein synthetischer LXR-Ligand die Expression von proinflammatorsichen Zytokinen (TNF-α, IL-1β, IL-6) in Immunzellen aus dem Euter (primary bovine mammary gland epithelial cells, pbMECs) nach einer Inokulation mit E. coli-LPS signifikant verringerte. Darüber hinaus fanden Moyes et al. (MOYES et al. 2016) über Transkriptomanalysen von Leber- und Milchdrüsengewebeproben nach intramammärer E. coli-Infektion heraus, dass eine erhöhte Expression von Genen der Akute Phase Reaktion (z.B. Zytokine wie TNF-α und IL-1β) mit einer verminderten Expression wichtiger metabolischer Gene (u.a. des Lipidstoffwechsels, z.B. hepatocyte nuclear factor 4 alpha, HNF4A, und Apolipoprotein E, APOE) einherging. Auch Xu et al. (XU et al. 2016) publizierten, dass eine E. coli-Mastitis sowohl in der Leber als auch im Euter die Expression von SCD1 (Stearoyl-CoA desaturase 1), einem Schlüsselenzym im Fettstoffwechsel, herunterregulierte.

In dieser Dissertation wurden ähnliche Ergebnisse gefunden: NR1H2, nuclear receptor subfamily 1 group H member 2, ein LXR-β, und NR1H3, nuclear receptor subfamily 1 group H member 3, ein LXR-α, waren im Lebertranskriptom von Kühen nach dem E. coli-Infektionsversuch signifikant niedriger exprimiert als in der Kontrollgruppe. Rezeptoren für TNF-α, z.B. TNFRSF6B, TNF receptor superfamily member 6b, und TNFRSF12A, TNF receptor superfamily member 12A, zeigten nach dem E. coli-Infektionsversuch eine signifikant höhere Expression. IL1R1, Interleukin 1 receptor type 1, ein Zytokinrezeptor für IL-1α und IL-1β, war in mit E. coli infizierten Kühen signifikant höher exprimiert als in der Kontrollgruppe. HNF4A fiel bei der Suche nach potenziellen vorgeschalteten Regulatoren durch eine starke Inaktivierung auf. Auch die Apolipoproteine (z.B. APOC4, APOD, APOE), und die dazugehörigen Rezeptoren (z.B. APOBR, Apolipoprotein B receptor) waren in mit E. coli infizierten Kühen signifikant niedriger exprimiert als in der Kontrollgruppe.

Neben dem Fettstoffwechsel waren auch Gene, die mit Netzwerken des Energiestoffwechsels assoziiert sind, different exprimiert nach dem E. coli-Infektionsversuch. Dies gilt für die Glykolyse/Gluconeogenese, bei der alle Gene, die für Schlüsselenzyme kodieren, bei Kühen nach intramammärer E. coli-Infektion eine geringere Transkription zeigten als bei den Kontrolltieren (z.B. PCK1 und PCK2, phosphoenolpyruvate carboxykinase 1 und 2, ALDOB, aldolase, FBP1, fructose-bisphosphatase 1, GPI, glucose-6-phosphate isomerase, HK1, hexokinase 1).

Darüber hinaus wurden wichtige Gene, die am mitochondrialen Energiestoffwechsel beteiligt sind (z.B. PCCA und PCCB, Propionyl-CoA carboxylase subunit alpha und beta, CPT1A und CPT1B, carnitine palmitoyltransferase 1A und 1B, PDK1, PDK2 und PDK4, pyruvate dehydrogenase kinase 1, 2 und 4) und insbesondere im Citratzyklus (z.B. IDH1, isocitrate dehydrogenase 1, ACO1, aconitase 1, SDHA, succinate dehydrogenase complex flavoprotein subunit A, SDHB, succinate dehydrogenase complex iron sulfur subunit B, FH, fumarate hydratase), different exprimiert. Daher scheint die intramammäre Infektion mit E. coli auch auf den Energiestoffwechsel der Leber Auswirkungen zu haben.

Das Komplementsystem gehört zu den stärksten Waffen der körpereigenen Immunabwehr gegen invasive Fremdzellen (LUBBERS et al. 2017). Es dirigiert die Bekämpfung und Vernichtung von in den Organismus eingedrungenen Pathogenen (LUBBERS et al. 2017). Damit gehört das Komplementsystem zum angeborenen Immunsystem, instruiert aber auch nachfolgende Prozesse des erworbenen Immunsystems (KOLEV u. KEMPER 2017). Daher war es überraschend, dass das Komplementsystem nach dem E. coli-Infektionsversuch signifikant runterreguliert war. Die meisten für Komplementproteine kodierende Gene (z.B. C1q, C2, C3, C6, C8, C9) waren sehr koordiniert weniger stark exprimiert im hepatischen Transkriptom von mit E. coli intramammär infizierten Kühen im Vergleich zu einer unbehandelten

Kontrolle. Interessanterweise waren aber Gene, die für Inhibitoren des Komplementsystems (z.B. C1QBP, complement C1q binding protein, DAF oder CD55 molecule, decay accelerating factor for complement, MCP oder CD46 molecule, complement regulatory protein) kodieren, in den Tieren nach dem E. coli-Infektionsversuch höher exprimiert.

Diese Ergebnisse waren zunächst überraschend, in der Literatur sind jedoch komplementäre Ergebnisse beschrieben. Günther et al. (GUNTHER et al. 2009) infizierten Euterviertel von vier Deutschen Holstein Kühen in ihrer ersten Laktation mit E. coli1303 (derselbe Stamm wie im hier beschriebenen Experiment) und analysierten anschließend mRNA aus dem Eutergewebe auf einer Microarray-Plattform. Sie fanden ebenfalls eine signifikante Herabregulierung auf Transkriptomebene einiger Komponenten des Komplementsystems, insbesondere den C1-Komplex (C1qA, C1qB, C1s, C1r) und den membrane attack complex (C6, C7) betreffend. Auch die höhere Expression von Inhibitoren des Komplementsystems (C1QBP, DAF) konnten die Autoren bestätigen. Daher legen die Daten von Günther et al. und dieser Dissertation nahe, dass die intramammäre E. coli-Infektion Transkriptionsprozesse des Komplementsystems aktiv abschaltet, und zwar am direkten Ort der Infektion (Euter) und auch am Ort der Synthese der Komplementproteine (Leber).

Zusätzlich zur LXR/RXR-Aktivierung, der Akute Phase/Komplementsystemreaktion und den Prozessen, die am Fett- und Energiestoffwechsel beteiligt sind, ergab die Netzwerk-Analyse, dass eine Reihe von mit dem Phosphoinositide-Stoffwechsel verbundenen Netzwerken signifikant angereichert waren. Diese Netzwerke wurden in mit E. coli infizierten Kühen koordiniert inaktiviert. Phosphoinositide sind spezialisierte Fettmoleküle, die sich hauptsächlich auf der zytosolischen Seite der Zellmembran befinden und schnell durch diese diffundieren können (SHEWAN et al.

2011). Sie übernehmen eine entscheidende Rolle in der Signaltransduktion, da sie als spezialisierte Docking-Stationen in der Zellmembran agieren (z.B. für Ras GTPasen) (SHEWAN et al. 2011). Inwieweit die Inaktivierung der

2011). Sie übernehmen eine entscheidende Rolle in der Signaltransduktion, da sie als spezialisierte Docking-Stationen in der Zellmembran agieren (z.B. für Ras GTPasen) (SHEWAN et al. 2011). Inwieweit die Inaktivierung der