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Zellvolumina während der frühen Embryogenese

Ergebnisse & Diskussion 3

3.2. Zellvolumina während der frühen Embryogenese

Wie in Kap. 2 bereits angedeutet wurde, nimmt die Bestimmung der Zellvolumina während der frühen Embryogenese im weiteren Verlauf dieser Arbeit eine Schlüsselrolle ein.Daher werden die Ergebnisse an dieser Stelle in einem eigenen Kapitel behandelt. Auf Ansätze anderer Arbeitsgruppen wurde in Kap. 2.2.2 bereits eingegangen. Zuerst wird die Bestim-mung der Zellvolumina in ungestörten Embryonen der Linien OD58 und OD95 behandelt.

Danach wird auf in dieser Arbeit verwendete Möglichkeiten der Störung der embryonalen Entwicklung und deren Auswirkungen auf das embryonale Gesamtvolumen eingegangen.

AB

ABa ABp

EMS P2

ABal ABar ABpl ABpr

MS E

C P3

0

10

20

30

40

50

60

70

0.5 1 1.5 2 V [104µm3]

P1

t [min]

D

Abbildung 3.4.: Zeitaufgelöste Bestimmung der Zellvolumina. Die Zellvolumina wurden mittels Segmentierung der Aufnahmen eines Embryos der Linie OD58 erhalten. Gezeigt ist das Zellgesamtvolumen (Summe über alle Einzelvolumina, rechte Punktreihe) sowie die Aufteilung auf einzelne Zellen (Farbcodierung & Benennung) als Funktion der Zeit. Dabei repräsentiert jeder schwarze Punkt eine einzelne Messung. Zellteilungen (d.h. das Ende der Cytokinese) sind als schwarze horizontale Linien eingezeichnet. Die Zellvolumina zeigen keine signikante Zeitabhängigkeit. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde bei Zellen späterer Generationen auf eine Benennung verzichtet.

3.2.1. Zellvolumina in ungestörten Embryonen

Der zur Segmentierung von Aufnahmen membranmarkierter Embryonen benutzte Algo-rithmus wurde in Kap. 2.2.2 vorgestellt und diskutiert. Als Ergebnis der Segmentierung liegen Bilder vor, in welchen die Zugehörigkeit jedes Voxels zu einer bestimmten Zelle eindeutig markiert ist. Daher ist für einen dreidimensionalen Bildstapel für allen in ihm enthaltenen Zellen i (i = 1, . . . , n) bekannt, durch wieviele Voxel Ni die Zelle i reprä-sentiert wird. Die Abmessung lx/ly/lz eines Voxels im Objektraum, d.h. das von einem Voxel repräsentierte Volumen Vvox in der Probe, ist ebenso bekannt (siehe Kap. 1.2.2).

Somit kann auf das Volumen Vi der Zelle i in dem Bildstapel geschlossen werden. Es ist Vi =Vvox·Ni =lxlylz·Ni.

In Kap. 2.2.2 wurde auf die verschiedenen Methoden des seedings, d.h. der Platzierung der Expansionskeime, bei den Linien OD58 und OD95 eingegangen. Hierbei ergeben sich weitreichende Unterschiede. Jede Zelle wird während ihrer Zyklendauer mehrfach aufge-nommen und segmentiert, so dass mehrere unabhängige Messungen ihres Volumens vor-liegen. In Aufnahmen der Linie OD58 erfolgt das seeding jedes Stapels manuell und das Ergebnis wird nach Beendigung der Segmentierung kontrolliert. Bei groben Fehlern wird der Stapel erneut behandelt, wobei entweder die Positionen der seeds oder die Parameter angepasst werden. Zellen werden so lange mit einem seed initialisiert, bis die Cytokinese vollständig abgeschlossen ist.

Die mit diesem Verfahren gewonnenen zeitabhängigen Volumen sind in Abb. 3.4 für einen repräsentativen Embryo dargestellt. Hier ist zu beachten, dass jeder Punkt in dem Graphen prinzipiell eine eigene Messung darstellt. Man erkennt, dass die einzelnen

Mess-werte der Zellvolumina nur wenig uktuieren. Auch eine zeitabhängige systematische Än-derung des Zellvolumens ist nicht erkennbar. Dies wäre möglich, da die Zellen das Volumen innerhalb der Eihülle nicht komplett ausfüllen und so ein osmotisch getriebenes Anschwel-len z.B. für das mitotic cell rounding ausnutzen könnten [121]. Da die Fluktuationen der gemessenen Zellvolumina gegenüber den absoluten Volumina klein sind, wird bei Auf-nahmen der Linie OD58 der arithmetische Mittelwert aller Einzelmessungen während des Zellzyklus als nales Zellvolumen verwendet.

Bei Aufnahmen der Linie OD95 ist dies nicht angemessen. Hier wird aufgrund der Ver-wendung der Trackingergebnissen eine Zelle bereits ab der Anaphase mit zwei seeds in-itialisiert. Die Segmentierungsergebnisse am Anfang des Zellzyklus (vor Beendigung der Cytokinese) liefern daher keine verlässlichen Werte für die Zellvolumen. Des Weiteren können bei einzelnen Zellen in einzelnen Bildstapeln grobe Fehler in der Segmentierung auftreten, ohne dass diese korrigiert werden können. So kann es etwa zu Untersegmen-tierungen kommen, da die expandierende Region ein Schattenartefakt nicht überwinden kann. Andererseits können Übersegmentierungen auftreten, wenn eine Region in eine be-nachbarte Zelle überläuft (diese Nachbarzelle wird folglich untersegmentiert).

Solche Fehler sind in Linie OD58 durch die Platzierung der seeds behebbar. Gerade bei späteren Entwicklungsstufen mit vielen Zellen ist eine manuelle Initialisierung allerdings nicht mehr möglich, so dass sich hier auf die Trackingergebnisse verlassen werden muss. Aus den genannten Gründen treten bei der Volumenbestimmung in Aufnahmen der Linie OD95 in einzelnen Bildstapeln oft signikante Abweichungen vom wahren Volumen auf, so dass die Verwendung des arithmetischen Mittelwerts wie bei Linie OD58 nicht angebracht ist.

Es hat sich gezeigt, dass hier die Verwendung des Median-Wertes gute Ergebnisse liefert.

Aufgrund der oben geschilderten Unterschiede kann die Volumenbestimmung anhand der Linie OD58 als prinzipiell genauer angesehen werden. Zur Einordnung der Genauig-keit der gemessenen Volumen in Linie OD95 bietet sich daher ein Vergleich der beiden Ergebnisse an. Die Volumen aller Zellen bis zum 24-zelligen Zustand wurden in n = 10 Embryonen der Linie OD58 sowie in n = 10 Embryonen der Linie OD95 gemessen. Die mittleren, nach oben dargelegten Schemata bestimmten Zellvolumen werden in Abb. 3.5a gezeigt. Wie man erkennt, stimmen die Daten gut überein. Die Werte der in Linie OD95 bestimmten Volumen sind meist leicht höher als die in Linie OD58 bestimmten, die Abwei-chung beträgt im Mittel (4,7±8,0)% (Mittelwert + Standardabweichung). Wegen dieser guten Übereinstimmung werden die Ergebnisse beider Linien im Rest dieser Arbeit als gleichwertig behandelt.

Der Volumenerhalt bei Zellteilungen kann als weiterer Test für die Güte der Volumenbe-stimmung herangezogen werden. Da es sich bei Zellteilungen während der frühen Embryo-genese des C. elegans um reine Furchungsteilungen, also Teilungen ohne darauf folgenden Volumenzuwachs, handelt, muss die Summe der Tochterzellvolumina dem Volumen der Mutterzelle entsprechen. Für alle Zellen, die vor dem Erreichen des 24-zelligen Zustandes existieren, wurde die Gröÿe δ= (VT1+VT2−V)/V berechnet. Dabei ist V das über alle untersuchten Embryonen gemittelte Zellvolumen und VT1/2 das der beiden Tochterzellen.

Abb. 3.5b zeigt, dass die prozentuale Abweichung jeweils nur wenige Prozent beträgt, wo-bei kein systematischer Trend festgestellt werden kann. Für Linie OD58 ergibt sich eine mittlere Abweichunghδivon (−1,1±3,3)% (Mittelwert + Standardabweichung), bei Li-nie OD95 beträgt diese(−0,7±2,8)%. Die mittleren Absolutabweichungenh|δ|ibetragen (2,6±2,2)%für OD58 sowie (2,3±1,7)% für OD95.

Diskussion. Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass mit dem entwickelten Algorith-mus die Zellvolumen erstmals präzise quantiziert werden können. Im Gegensatz zu

bis-104

103

V [µm³]

1000

V [µm³] 500

AB(5) OD58

OD95

10%

0%

-10%

δ

(a)

(b)

AB ABa ABp ABal ABar ABpl ABpr ABala ABalp ABara ABarp ABpla ABplp ABpra ABprp EMS MS MSa MSp C Ca Cp E Ea Ep D P1 P2 P3 P4

AB ABa ABp ABal ABar ABpl ABpr ABala ABalp ABara ABarp ABpla ABplp ABpra ABprp EMS MS C E P1 P2 P3

Abbildung 3.5.: Güte der Volumenbestimmung. (a) Mittlere ZellvoluminaV aller bis zum 24-zelligen Zustand vorhandenen Zellen. Die Mittelwerte der Zellvolumen der Linie OD58 (schwarze Punkte) wurden übern= 10 Embryonen, die Medianwerte der Zellvolumen der Linie OD95 (rote Sterne) übern= 10Embryonen gemittelt.

Fehlerbalken entsprechen der Standardabweichung. Einfügung: Volumen der fünftenAB-Generation (Sortierung nach demselben Schema wie im Hauptgraph). (b) Abweichung δ der Summe der Tochterzellvolumina VT1/2

von dem der Mutterzelle,V,δ = (VT1+VT2V)/V (siehe Text). Die Abweichungen sind generell klein, was für eine fortlaufend hohe Qualität der Segmentierungsergebnisse spricht. Ein systematischer Trend ist nicht erkennbar.

herigen Ansätzen anderer Arbeitsgruppen sind im Rahmen der experimentell erreichten Auösung der Bilder hierzu keine Näherungen nötig (siehe Kap. 2.2.2). Da das Volumen einer Zelle während ihres Zellzyklus zudem viele Male gemessen wird, werden vereinzelt auftretende groÿe Messfehler unterdrückt.

Die Fluktuationen im Ensemble der untersuchten Embryonen sind relativ klein (siehe Fehlerbalken in Abb. 3.5a), d.h., die Volumenverhältnisse bei Zellteilungen sind bei C.

elegans wiederholgenau. Dies ist Gegenstand von Kap. 3.3, das sich mit asymmetrischen Zellteilungen beschäftigt.

3.2.2. Embryonale Gesamtvolumina in gestörten Embryonen

Im Laufe dieser Arbeit wird der Einuss diverser Störungen auf verschiedene Aspekte der Entwicklung untersucht. Die Störungen sind genetischer und mechanischer Natur.

Eine mechanische Störung ist die Entfernung der starren Chitinhülle (siehe Kap. 1.1.3 &

Kap. 2.1), wobei die EEM/Vitellinschicht als Permeabilitätsbarriere erhalten bleibt. Hier sollte sich das embryonale Gesamtvolumen nicht ändern (die Änderung der Zellvolumen

(a) (b)

(c)

ungestört ohne Eihülle ima-3 (RNAi) C27D9.1 (RNAi)

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5

Vembryo [104µm³]

(e)

(d)

n.s.

**

*

Abbildung 3.6.: Einuss induzierter Störungen auf das embryonale Gesamtvolumen. Die Embryogenese wurde in dieser Arbeit auf genetischem und mechanischem Weg gestört, d.h. mittels RNAi und durch die Entfernung der starren Chitinhülle. (a) zeigt zum Vergleich einen ungestörten Embryo. In (b) ist ein Embryo ohne Eihülle abgebildet. (c) Ausschaltung des Gens ima-3 mittels RNAi führt zu kleineren Embryonen, Ausschaltung des Gens C27D9.1 hingegen zu gröÿeren (d). Alle 4 Abbildungen zeigen den Membrankanal von Embryonen der Linie OD95. Die Embryonen in (a) & (c-d) benden sich im einzelligen Stadium (Pseudocleavage), der Embryo in (b) im zweizelligen Zustand (Aufnahmen dieser Kondition starten generell im zweizelligen Zustand). Längenskala 10µm. (e) Embryonale Gesamtvolumen für alle vier Konditionen (Mittelwerte + Standardabweichungen,n= (3 11), Details siehe Text). Der Unterschied zwischen ungestörten Embryonen und solchen ohne Chitinhülle ist nicht signikant (n.s.), die zwischen ungestörten Embryonen und durch RNAi veränderten hingegen schon (∗: p <0.05,∗∗: p <0.01, jeweils Zweistichproben-Kolmogorow-Smirnow-Test).

durch geänderte Teilungsverhältnisse ist Gegenstand des Kap. 3.3). In Abb. 3.6(a-b) ist ein ungestörter Embryo einem ohne Chitinhülle gegenübergestellt.

In dieser Arbeit verwendete genetische Manipulationen der Embryonen umfassen die gezielte Ausschaltung bestimmter Gene mittels RNAi (siehe Kap. 2.1). Hier wurden zwei Gene deaktiviert, die beide die embryonale Gröÿe beeinussen. Einerseits war dies das Gen ima-3. Würmer, die das korrespondierende Protein IMA-3 nicht exprimieren, produzieren kleinere Embryonen als ungestörte Würmer [102, 107, 122] (siehe Abb. 3.6c). Wird das Gen C27D9.1 ausgeschalten, führt dies hingegen zu gröÿeren Embryonen [102, 103, 122, 123] (siehe Abb. 3.6d).

An dieser Stelle wird der Einuss der drei genannten Störungen auf das embryonale Gesamtvolumen untersucht. Hierzu wird von allen Messungen an der Linie OD95 das Ge-samtvolumen als Summe der Zellvolumen von AB und P1 berechnet (n = 10ungestörte

Embryonen, n= 11 ohne Eihülle,n= 8C27D9.1 (RNAi) und n= 3ima-3 (RNAi)). Die aus diesen Ensembles erhaltenen mittleren Gesamtvolumen und Standardabweichungen sind in Abb. 3.6e dargestellt. Man erkennt, dass das Gesamtvolumen von Embryonen ohne Eihülle dem ungestörten relativ ähnlich ist. Ein Zweistichproben-Kolmogorow-Smirnow-Test ergibt, dass sich die beiden Ensembles bei einem 5%-Signikanzniveau nicht signi-kant unterscheiden. Die Ausschaltung von ima-3 führt hingegen zu Embryonen mit ei-nem um etwa 30% reduzierten Volumen. Der Unterschied ist signikant (Zweistichproben-Kolmogorow-Smirnow-Test,p= 0,006). Wird hingegen C27D9.1 ausgeschalten, so nimmt das embryonale Gesamtvolumen um durchschnittlich circa 15% zu. Auch hier ist der Un-terschied signikant (p= 0,035). Die Standardabweichung bei diesem Ensemble ist relativ groÿ, was auf schwankende Ezienz der RNAi hindeuten kann.

Diskussion. Abschlieÿend kann festgehalten werden, dass die verwendeten genetischen Methoden ihren Zweck erfüllen und das embryonale Volumen signikant verändern. Me-chanische Störungen, d.h. die Entfernung der starren Chitinhülle, haben hingegen keinen signikanten Einuss auf das Embryovolumen.