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Fazit & Ausblick 4

A.2. Mitotische Zellrundung

Zellen wurden in der vorliegenden Arbeit mehrfach als sphärisch approximiert, vor allem während der Mitose (siehe z.B. Kap. 3.3). Die Annahme soll an dieser Stelle gerechtfertigt werden.

Während der M-Phase zeigen Zellen i.A. ein als mitotische Zellrundung (mitotic cell rounding) bezeichnetes Verhalten. Mit beginnender Mitose runden sich Zellen dabei ab

und nehmen während der Metaphase eine nahezu sphärische Gestalt an. Dieser Vorgang dient dazu, eine denierte Geometrie für verschiedene Vorgänge während der Mitose be-reitzustellen, damit diese möglichst ezient ablaufen können (z.B. das Einfangen der kon-densierten Chromosomen durch Kinetochormikrotubuli) [113]. Die Abrundung kann im Wesentlichen mittels zwei verschiedener Vorgänge erreicht werden [113]. Erstens können Zellen durch Regulierung ihrer Osmolarität schwellen. Bleibt gleichzeitig die Fläche ihrer Plasmamembran konstant, führt dies automatisch zu einer Rundung. Des Weiteren kann sich der Aktomyosinkortex versteifen. Dies führt zu einer globalen Minimierung der lokal vorhandenen Krümmung des Kortex und somit ebenso zu einem Abrunden der Zellen.

Mitotische Zellrundung ist vor allem in Kulturzellen untersucht. Dort benden sich Zel-len in Interphase typischerweise adhärent und in ausgebreiteter Gestalt am Boden des Kulturgefäÿes (ein Beispiel ist die in Abb. 2.4c abgebildete Zelle). Während des Abrun-dens nimmt somit die von einer Zelle beanspruchte Fläche ab. Dies bedeutet, dass die Zellen selbst bei Konuenz, d.h., bei vollständig mit Zellen bedecktem Boden des Gefäÿes, bei ihrem Abrunden auf nahezu keinen Widerstand stoÿen. In Embryonen von C. elegans ist dies fundamental anders, da Zellen hier zu allen Zeiten eine dreidimensionale Gestalt annehmen und von Nachbarzellen dicht umgeben sind. Zellen müssen somit Kräfte gegen ihre Nachbarn generieren, um sich abrunden zu können. Da dies bisher jedoch kaum unter-sucht wurde, ist nicht trivial klar, ob die eben angesprochene Annahme sphärischer Zellen (während der Mitose) gerechtfertigt ist.

An dieser Stelle soll daher die Form der Zellen als Funktion der Zeit untersucht werden.

In Abb. A.2a sind die Zellformen für einen Embryo der Linie OD58 im vierzelligen Zustand gezeigt. Man erkennt deutlich ein Abrunden der ZelleEM S, bevor diese in Mitose eintritt.

Zur Quantizierung der Zellformen mittels eines skalaren Maÿes bietet sich die sog. As-pherizität A an, welche die Abweichung eines Objektes von einer Kugelgestalt misst. Sie wurde von Rudnick und Gaspari zur Beschreibung der Trajektorien diundierender Teil-chen eingeführt [232], kann jedoch auch ohne Weiteres für reale dreidimensionale Objekte verwendet werden. Zur Berechnung der Aspherizität einer Zelle wird deren Segmentie-rung herangezogen. Für einen Bildstapel zur Zeit t besteht diese aus N Voxeln an den Positionenrn= (rn,1,rn,2,rn,3) = (xn,yn,zn) mitn= 1, . . . , N (Koordinaten im Objek-traum). Jedes dieser Voxeln wird nun als Einheitsmasse interpretiert, so dass daraus die Komponenten(i, j) des Trägheitstensors

mit dem Kronecker-Delta δi,j berechnet werden können. Die Eigenwerte des Trägheits-tensors Θ sind die Hauptträgheitsmomente I1 ≤ I2 ≤I3. Die Aspherizität ist schlieÿlich deniert als A > 0, für extrem elongierte Objekte gilt schlieÿlich A → 1. Aufgrund der prinzipiell besseren Segmentierungsqualität werden hier Aufnahmen der Linie OD58 herangezogen.

Darin wird für alle Zellen, deren gesamte Lebensdauer in den Aufnahmen enthalten ist, die Aspherizität Aals Funktion der Zeit berechnet. In Abb. A.2b sind die Ergebnisse für vier repräsentative Zellen (ABp,EM S,ABpr undM S) dargestellt. Es zeigt sich generell

-20 -15 -10 -5 0

Abbildung A.2.: Mitotische Zellrundung in frühen Zellen. (a) Dargestellt sind einzelne Ebenen der Aufnahme eines Embryos der Linie OD58.EM S ist jeweils mit einem Stern (∗) markiert.t= 0 minist auf das Ende der Cytokinese von EM S gelegt. Die Zelle rundet sich während ihrer Mitose beit=−5 min deutlich ab. Vorher wird sie von ihren Nachbarn in eine stark abgeplattete Form gezwängt (beit=−10 min). (b) Die Aspherizität gemäÿ Gl. A.2 ist für frühe Zellen in Embryonen der Linie OD58 als Funktion der Zeit dargestellt. Gezeigt sind die Daten für die ZellenABp(oben links,n= 6Embryonen),EM S (oben rechts,n= 6),ABpr(unten links, n= 4) undABpr(unten rechts, n= 3; Abnahme vonn, da Zellzyklen nicht vollständig in allen Aufnahmen enthalten sind). Der Zeitnullpunkt t= 0 minist jeweils auf den Abschluss der Cytokinese gelegt. (c) Für die beiden ZellenABp(links) undEM S(rechts) ist die Prolatheit gemäÿ Gl. A.3 für jeweilsn= 6Embryonen der Linie OD58 als Funktion der Zeit gezeigt (Zeitnullpunkt wie in (b)).

ein Absinken vonA bis etwa 5 min vor Ende des Zellzyklus (bei Linie OD58 deniert als abgeschlossene Cytokinese), bevor A während der Telophase/Cytokinese stark ansteigt, da sich die Zelle elongiert. Insgesamt bedeutet dies, dass ein mitotisches Abrunden der Zellen in Embryonen des C. elegans ausgeprägt vorhanden ist. Die oben angesprochene Annahme ist somit gerechtfertigt.

Da A nur über Abweichungen von einer Kugelgestalt Auskunft geben kann, jedoch nicht welcher Art diese Abweichungen sind, wird hier als zusätzliche Gröÿe die Prolatheit P deniert. Hiermit soll zwischen prolaten (langgestreckten) und oblaten (abgeplatteten) Formen unterschieden werden. Mit den oben denierten Hauptträgheitsmomenten ist

P = 2I2

I3 −I1

I3 −1. (A.3)

Für prolate Objekte gilt I3 ≈ I2 I1, so dass P > 0. Andererseits gilt bei oblaten Objekten I3 > I2 ≈ I1, d.h. P < 0. Hingegen ist P = 0 bei sphärischen Objekten (I1 = I2 = I3) und P ≈ 0 bei Objekten, die weder klar prolat noch oblat sind (2I2 ≈ I1+I3). Grenzwerte sindP →1 für stark prolate undP → −12 für stark oblate Objekte (d.h. dünne Scheiben). Die Ergebnisse sind für zwei Zellen (ABp &EM S) in Abb. A.2c dargestellt. Sie können als repräsentativ für andere Zellen angesehen werden. Es zeigt sich, dass die typische Zellform vor der mitotischen Rundung oblat ist. Zur Zeit der maximalen Rundung zeigtP einen Nulldurchgang, danach ist die Zelle prolat (Streckung während der Telophase).

Oben wurde angesprochen, dass das mitotische Runden u.a. dazu dient, ein ezientes Einfangen der Chromosomen durch die Kinetochormikrotubuli sicherzustellen [113]. Diese Feststellung baut darauf auf, dass in Zellen höher entwickelter Lebewesen die Disassemb-lierung der Kernmembran bereits vor dem vollständigen Aufbau der mitotischen Spindel erfolgt, die Chromosomen zum Einfangzeitpunkt also frei in der gesamten Zelle suspen-diert sind [113]. Bei C. elegans erfolgt der Abbau der Kernmembran jedoch erst nachdem sich die Spindel gebildet hat, so dass ein (energieintensives) Abrunden zu diesem Zweck eigentlich unnötig wäre. Es kann daher vermutet werden, dass durch die Abrundung der Einuss sterischer Eekte auf die Festlegung der Teilungsachsen minimiert werden soll (Hertwig'sche Regel, vgl. Kap. 4.2).