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Die T-Lymphozyten gehen wie alle Zellen des Immunsystems auf die pluripotenten hämatopoietischen Stammzellen (HSC) aus der fetalen Leber oder dem adulten Knochenmark zurück (Kondo et al. 1997). Allerdings findet ihre definitive Reifung, die sogenannte T-Lymphopoese, im Gegensatz zu den anderen hämatopoietischen Zelllinien nicht im Knochenmark, sondern im Thymus statt, dem die T-Zellen ihre Bezeichnung verdanken und der hierfür von zirkulierenden Stammzellen besiedelt wird (Scollay et al. 1986;

Donskoy und Goldschneider 1992; Ciofani und Zúñiga-Pflücker 2007). Obgleich die elementare

Identität der sogenannten frühen thymischen Vorläuferzellen (engl. early thymic progenitors (ETPs)), die je nach Verfügbarkeit von freien Nischen in das Mikromileu des Thymus einwandern (Foss et al. 2001; Prockop und Petrie 2004), inzwischen allgemein anerkannt wird (Allman et al. 2003; Porritt et al. 2004), ist deren exakte Charakterisierung neben dem genauen Zeitpunkt ihrer MHC-Restriktion bis heute Gegenstand intensiver Forschung (Schwarz und Bhandoola 2004; Adolfsson et al. 2005; Lai und Kondo 2007; Krueger und Boehmer 2007;

Bhandoola et al. 2007; Benz et al. 2008; Serwold et al. 2009; Saran et al. 2010).

Bis zu seiner Involution im Erwachsenenalter sorgt der in Rinde und Mark unterteilte Thymus mithilfe seines Geflechts aus hochspezialisierten epithelialen, monozytären und dendritischen Zellen für ein optimales Mikromilieu zur abgestimmten Reifung der T-Zellen zu immunkompetenten und selbsttoleranten Effektorzellen (Ramsdell und Fowlkes 1990; van Ewijk 1991; Anderson et al. 2000; Petrie und Zúñiga-Pflücker 2007; Anderson und Takahama 2012). Während ihrer Entwicklung im Thymus durchlaufen die Thymozyten eine Reihe von Kontrollpunkten und temporären Entwicklungsstadien, die durch die qualitativ oder quantitativ variierende Expression von spezifischen Oberflächenmolekülen charakterisiert sind und sich mithilfe durchflusszytometrischer Analysen bestimmen lassen (Terstappen et al.

1992; Möröy und Karsunky 2000; Werlen et al. 2003; Blom und Spits 2006; Hayday und Pennington 2007, siehe Abb. 1-1). Schlüsselmarker auf der Zelloberfläche der Thymozyten sind insbesondere das CD4- und das CD8-Molekül, nach denen sich in zeitlich entsprechender Abfolge doppelt-negative (DN, CD4-CD8-), doppelt-positive (DP, CD4+CD8+) und reife CD4- oder CD8-einzel-positive (SP) T-Zellen in vier Untergruppen einteilen lassen (Boehmer 1990; Shortman und Wu 1996; Ellmeier et al. 1999; Bommhardt et al. 2004; Weerkamp et al. 2005). Die unreifsten Thymozyten im doppeltnegativen Stadium exprimieren keine der beiden Ketten des heterodimeren TCR und sind vornehmlich im randständigen Thymuskortex lokalisiert (Ceredig und Rolink 2002; Germain 2002). Ihre weitere Entwicklung umfasst grob vier einzelne Reifungsprozesse, die Stadien DN1 bis DN4 (Godfrey et al. 1993; Zúñiga-Pflücker und Lenardo 1996; Porritt et al. 2004), in denen zunächst die Gensegmente der β-Kette des TCR rekombiniert werden (Mallick et al. 1993; Dudley et al. 1994; Hoffman et al. 1996; Livák et al. 1999). Auf die parallele Entwicklung von Thymozyten mit einem TCR, bestehend aus einer γ- und einer δ-Kette, soll hier nicht eingegangen werden (Hayday et al. 1985; Pardoll et al. 1987;

Passoni et al. 1997; Kang et al. 1998; Ciofani und Zúñiga-Pflücker 2010; Wong und Zúñiga-Pflücker 2010).

Die produktiv rekombinierte β-Kette lagert sich im Zuge der sogenannten β-Selektion kovalent mit einer invarianten prä-Tα-Kette sowie CD3-Molekülen zum prä-TCR-Komplex zusammen (Groettrup et al. 1993; Saint-Ruf et al. 1994; Boehmer und Fehling 1997), dessen Signale in der weiteren Entwicklung Überleben, Expansion und Differenzierung der Thymozyten steuern (Boehmer et al. 1999; Michie und Zúñiga-Pflücker 2002; Bommhardt et al. 2004). Durch die Expression eines funktionellen prä-TCRs erreichen die Thymozyten über ein kurzes Übergangsstadium unreifer einfach-positiver T-Tellen (iCD8/iCD4-ISP, engl. immature single positive, in der Ratte ausschließlich CD8-Expression), in welchem die somatische

Rekombination der α-Kette des TCR initiiert wird (Hünig et al. 2001), das im Thymus zahlenmäßig überwiegende Stadium der DP-Thymozyten (Robey und Fowlkes 1994; Dudley et al. 1994).

Abb. 1-1 Stadien der T-Zell-Entwicklung und an der Entstehung von T-Zell-Leukämien beteiligte Onkogene. HSC entwickeln sich im Knochenmark zu lymphozytären Vorläuferzellen (engl. common lymphoid progenitors(CLPs)) und wandern als sogenannte frühe thymische Vorläuferzellen (ETPs) in den Thymus ein, wo sie die doppelt-negativen Stadien (DN) durchlaufen, in denen die Gensegmente der β-Kette des TCR rekombiniert werden. Durch die Expression und Signale eines funktionellen prä-TCRs auf ihrer Zelloberfläche erreichen die Thymozyten das doppelt-positive Stadium (DP), in dem nach vollständiger Rekombination des TCR-α-Genlocus und konsekutiver Etablierung eines funktionalen heterodimeren αβTCR der Prozess der positiven oder negativen Selektion stattfindet. Erfolgreich selektionierte T-Zellen verlassen anschließend den Thymus als reife einfach-positive (SP) CD4+ oder CD8+ T-Lymphozyten. Die Grafik zeigt zudem eine Auswahl der in den verschiedenen Entwicklungsstadien relevanten Onkogene wie Notch1 und MYC, die mit der Entstehung einer akuten T-lymphoblastischen Leukämie assoziiert werden. Grafik nach Aifantis et al. 2008.

Die Verwendung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Macmillan Publishers-Verlags (Nature Reviews Immunology ©2008).

Mit vollständig rekombiniertem TCR-α-Genlocus und konsekutiver Etablierung eines funktionalen heterodimeren αβ-TCR werden die sodann proliferierenden DP-Zellen in der weiteren Entwicklung anhand ihrer Avidität gegenüber körpereigenen MHC-Molekülen

„negativ“ oder „positiv“ selektioniert (Sebzda et al. 1999; Starr et al. 2003) und reifen daraufhin mit Herunterregulation des CD4- oder CD8-Corezeptors zu immunkompetenten, MHC-Klasse-I- oder MHC-Klasse-II-abhängigen SP Thymozyten, die nunmehr für eine Emigration in die Peripherie gerüstet sind (Bosselut 2004; Kappes et al. 2005; Ciofani und Zúñiga-Pflücker 2007; Rothenberg et al. 2008; Dervović und Zúñiga-Zúñiga-Pflücker 2010; Moran und Hogquist 2012).

Die genauen Ereignisse im Thymus, die für die Kontrolle der Linienentscheidung und Selektion der Thymozyten verantwortlich sind, werden im Detail bis heute nicht vollends verstanden. Zahlreiche Modelle versuchen zu erklären, wie differenzierte TCR-Signale die angenommene Schwelle für Thymozyten-Selektion und -Differenzierung im Zuge der Entwicklung beeinflussen (Singer et al. 2008). Neuere Ansätze vertreten die Hypothese, dass TCR-Signale unterschiedlicher Stärke, Dauer und Kinetik zusammen mit dem lokalen Einfluss des Stromas (Takahama 2006) sowie seiner Zytokin- (Alves et al. 2009; Park et al. 2010), Morphogen- (Crompton et al. 2007) und Notch-Signale (Laky und Fowlkes 2008, siehe Kapitel 1.3) die Linienentscheidung und Selektion regulieren.