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5. DISKUSSION

5.7 Z IELSTELLUNGEN UND S CHLUSSFOLGERUNGEN

Konzeption eines Messplatzes zur simultanen Erfassung der Trapeziusfunktion

Anhand der Konstruktion des Kraftmessstuhles ist es uns gelungen, eine Messvorrichtung zur individuellen Erfassung der Schulterhebekraft zu schaffen. Durch

OEMG/SHK-Messung war es möglich, die elektrische und mechanische Aktivität des M. trapezius zu erfassen. Anhand des Einsatzes von Biobench™ (National Instruments) konnten wir den Messplatz in Vorversuchen für den späteren Einsatz in den Studien optimieren.

Insbesondere die Geräteeinstellungen und Konfiguration der Messanordnung wurden hierbei ermittelt. Die Erstellung einer festgelegten Messanordnung und eines Protokolls hat sich für die Bewertung und den Vergleich der Ergebnisse als erforderlich gezeigt.

Erarbeitung und Einschätzung repräsentativer kraftbezogener OEMG-Merk-male zur Beurteilung der Aktivität des M. trapezius

Die Erarbeitung kraftbezogener OEMG-Merkmale erforderte umfangreiche Vorversuche.

Insbesondere LabVIEW™ hat sich hierbei bewährt und ermöglichte eine einfache und flexible Programmierung der speziellen VI. Anhand der ersten Studie konnte an 90 Probanden die Wertigkeit aller OEMG-Merkmale bei normaler Trapeziusfunktion

aufgezeigt werden. Die zweite Studie ermöglichte die Unterscheidung, welche Merkmale geeignet sind zur Erkennung einer länger bestehenden Parese des M. trapezius.

Insbesondere die Merkmale FV, MAT und MST haben sich als repräsentativ erwiesen. In den ersten 6 postoperativen Monaten hat sich in unseren Untersuchungen vor allem die MAT zur Erkennung und Einschätzung einer Trapeziusparese bewährt. Die tatsächliche maximale Mitarbeit der Probanden und Patienten konnte mittels der MF und MPF objektiviert werden. Die simultane OEMG/SHK-Messung scheint sich somit zur nicht invasiven Erfassung einer Trapeziusfunktionsstörung zu eignen.

Wertigkeit des CMS zur Beurteilung des Schweregrades einer Schulterfunktionsstörung

Der Einsatz des CMS zur Erfassung von Schulterfunktionsstörungen nach ND stellt eine Neuerung dar. Unsere Ergebnisse zeigten, dass dieser Score in engem Zusammenhang mit einer Trapeziusparese steht und somit zur Erfassung einer funktionellen Störung des M. trapezius geeignet ist. Insbesondere die Kombination aus subjektiven und objektiven Anteilen lassen dieses standardisierte Testverfahren als gut geeignet erscheinen zur

schnellen und einfach durchzuführenden Erfassung derartiger Störungen nach ND. Diese Eignung gilt nicht nur für länger bestehende Beschwerden, sondern auch für die ersten 6 postoperativen Monate. Bei chronischen Schulterbeschwerden scheinen Gesamtscores unter 60 Punkten für eine schwerere Funktionsstörung zu sprechen.

Wertigkeit des Plexus cervicalis für die Entstehung schmerzhafter Schulterbeschwerden

Die Prüfung der Sensibilität der cervicalen Haut ermöglicht die Erfassung der Schädigung des Plexus cervicalis durch die ND. Patienten mit erhaltenem Plexus cervicalis hatten seltener bewegungsabhängige Schmerzen und Ruheschmerzen als nach Resektion dieser Strukturen. Bewegungsabhängige Schmerzen waren häufiger nach RND und signifikant öfter bei Trapeziusparese. Sie traten meist erst nach 6 Monaten auf. Die Erhaltung der Trapeziusinnervation und der sensiblen Anteile des Plexus cervicalis sind die wirkungsvollsten Mittel zur Verhinderung derartiger postoperativer Symptome, denn insbesondere neuropathische Schmerzen stellen den Therapeuten möglicherweise vor erhebliche Probleme.

Erarbeitung eines Konzepts zur Diagnose, Therapie und Verlaufskontrolle von Schulterfunktionsstörungen nach ND

Schulterfunktionsstörungen nach ND sollten bei klinischer Diagnose weiter quantifiziert werden. In den ersten 6 Monaten nach der Operation ist dies einfach und zeitsparend mit Hilfe des CMS möglich. Von Vorteil ist hierbei die kombinierte objektive Beurteilung der Trapeziusfunktion und die subjektive Einschätzung durch den Patienten. Bei

vordergründiger Trapeziusfunktionsstörung ist eine kombinierte

OEMG/SHK-Untersuchung sinnvoll. Gegenüber einer alleinigen Nadelelektromyographie bietet diese Methode den Vorteil, nicht nur die elektrische, sondern auch mechanische Aktivität des M.

trapezius zu erfassen. Die Untersuchung ist nicht invasiv und erfasst größere Anteile des Muskels.

Trapeziusfunktionsstörungen sollten intensiv physiotherapeutisch behandelt werden.

Hierbei kommen individuell angepasste Übungen zur Anwendung. Eingesetzt werden passive, mobilisierende Maßnahmen und aktive, die übrige Muskulatur stärkende

Übungen. Nur bei therapierefraktären Schulterfunktionsstörungen sind operativ Verfahren wie die Rekonstruktion des N. accessorius (Donner und Klein 1993, Harris und Dickey 1965, Schultes et al. 1999) oder der Transfer des M. levator scapulae nach Eden Lange in Erwägung zu ziehen (Coessens und Wood 1995).

Bei regelrechter Trapeziusfunktion und trotzdem bestehenden Schulterschmerzen ist eine Neuropathie des Plexus cervicalis möglich. Die genaue Charakterisierung des Schmerzes kann hier bereits wichtige Hinweise geben. Anhand einer Sensibilitätsprüfung der

cervicalen Haut kann eine Schädigung des Plexus cervicalis erfasst und näher bestimmt werden. Als wenig aufwendige Methode mit hoher Aussagekraft kann hierzu die Prüfung der Qualität „spitz/stumpf“ in den Versorgungsgebieten von C3 und des N. occipitalis minor verwendet werden.

Therapeutisch kommt in erster Linie die Applikation eines Lokalanästhetikums in Frage.

Die intrakutane Injektion (Quaddelung) gehört zu den Gegenirritationsverfahren und erreicht hierdurch eine geringere Schmerzweiterleitung. Die intramuskuläre Injektion eines Lokalanästhetikums bewirkt die Ausschaltung muskulärer Triggerpunkte und stellt eine wirkungsvolle Methode der myofascialen Schmerzsymptome dar. Zur Anwendung kommt bei diesen Therapieformen meist Bupivacain in den Konzentrationen 0,25-0,50%.

Die Therapie kann durch die systemische Gabe von trizyklischen Antidepressiva

(Amitryptilin), das Antikonvulsivum Gabapentin oder Neuroleptika (Haloperidol) unterstützt werden. Der schmerzlindernde Effekt wird jedoch als eher gering eingeschätzt (Feuerstein 1997, Zitman 1990). Insbesondere Opiode sind bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen häufig unwirksam.

Die hohe Aussagekraft und Eignung der OEMG/SHK-Messung zur Beschreibung einer muskulären Funktionsstörung nach ND konnte anhand unserer Ergebnisse gezeigt werden. Für den breiten klinischen Einsatzes besteht bei den entwickelten Methoden jedoch noch Entwicklungsbedarf mit dem Ziel der weiteren Vereinfachung der

Messungen. Weiterhin konnten wir zeigen, dass der CMS geeignet ist zur Beurteilung der Beweglichkeit und Gebrauchfähigkeit der Schulter nach ND. Eine Schädigung des Plexus cervicalis kann sicher mit der Sensibilitätsprüfung der Halshaut erfasst werden. In der Gesamtheit der angewandten Methoden ist somit eine Erfassung aller möglichen Ursachen zur Entstehung schmerzhafter Schulterfunktionsstörungen nach ND möglich geworden. Unsere Untersuchungen stellen die Basis zur Einschätzung derartiger Beschwerden dar. Diese Grundlage ist erforderlich zur Einleitung adäquater

therapeutischer Schritte, mit dem Ziel, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

Hierzu gehören physiotherapeutische, chirurgisch rekonstruktive und schmerztherapeutische Maßnahmen.