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Hypothese 4: Die auf Basis der konfirmatorischen Faktorenanalysen gewich- gewich-teten Summenindizes der zwei Faktoren des WAI bilden dessen exakte

3.1 Untersuchungsdesign und Durchführung

3.2.1 Work Ability Index (WAI)

Im Fokus der vorliegenden Arbeit steht als Messinstrument der frei verfügbare deutschsprachige WAI (Tuomi et al., 1998), welcher die Arbeitsfähigkeit anhand von sieben WAI-Dimensionen (siehe Kapitel 2.4) mit jeweils einem bis drei Items in ei-nem grundsätzlich ungewichteten Summenindex abbildet. Die einzige Gewichtung erfolgt bei der Berechnung der Dimension (2) Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu den Anforderungen der Arbeitstätigkeit, bei der zwei Gewichtungsfaktoren je nach Art der Tätigkeit (geistig, körperlich oder sowohl geistig als auch körperlich) in die Berech-nung eingehen. Eine theoretische Einführung zum WAI als subjektives Screening-Instrument zur Bewältigungsfähigkeit der Arbeitsanforderungen wurde bereits in Ka-pitel 2.4 gegeben. Für die S-MGA wurde der WAI in einer leicht modifizierten Version der Kurzform mit kurzer Krankheitsliste (Nübling et al., 2005) präsentiert. Der Unter-schied der verwendeten Version zur originalen Kurzform des WAI besteht in der Formulierung der Items in der Krankheitsliste für die Dimension (3) Anzahl der aktu-ellen vom Arzt diagnostizieren Krankheiten. Statt allgemein nach den durch einen

Arzt diagnostizierten Krankheiten oder Verletzungen zu fragen, wurden in einem ers-ten Schritt die jemals festgestellers-ten Krankheiers-ten erfragt und anschließend differen-ziert, ob dies innerhalb der letzten vier Wochen oder innerhalb der letzten 12 Monate stattfand oder bereits länger her ist. Relevant für die Analysen waren lediglich die Krankheiten der letzten 12 Monate. Insgesamt sind die Items des WAI sehr hetero-gen mit ebenfalls diversen Antwortformaten unterschiedlicher Metrik (metrisch und ordinal). Zum Beispiel wird die Dimension (1) Derzeitige Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu der besten je erreichten Arbeitsfähigkeit mit dem Item „Wenn Sie Ihre beste, je erreichte Arbeitsfähigkeit mit 10 Punkten bewerten: Wie viele Punkte würden Sie dann für Ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit geben? Null bedeutet, dass Sie derzeit ar-beitsunfähig sind.“ auf einer 11-stufigen Likert-Skala erfragt (0 - völlig arar-beitsunfähig bis 10 - die beste jemals erreichte Arbeitsfähigkeit). Dagegen wird die Dimension (7) Psychische Leistungsreserven anhand von drei Items (z. B. „Haben Sie in der letzten Zeit Ihre täglichen Aufgaben mit Freude erledigt?“) erfasst, welche jeweils ein Ant-wortformat von 0 - immer bis 4 - niemals aufweisen. Zur Berechnung der Dimension (7) wird aus den drei Antworten die Summe der angekreuzten Werte von 0 bis 12 gebildet, welche gemäß Handbuch (WAI-Netzwerk, 2015) als Grundlage für die Vergabe von 1 bis 4 Punkten dient. Die ausführlichen Items der verwendeten WAI-Version inklusive der Krankheitsliste kann dem Anhang A entnommen werden. Einen ersten Überblick über die Struktur und Berechnung des WAI gibt die Tabelle 3.2. Ins-gesamt kann beim klassischen WAI bei einer postulierten eindimensionalen Struktur ein Summenwert zwischen 7 und 49 erreicht werden, wobei höhere Werte eine bes-sere Arbeitsfähigkeit anzeigen.

Hinsichtlich der Gütekriterien kann von einer eingeschränkten Objektivität ausgegan-gen werden. Die Durchführungsobjektivität ist nur bedingt gegeben, da es unter-schiedliche, nicht festgeschriebene Möglichkeiten der Datenerhebung ohne standar-disierte Instruktionen gibt. So kann der WAI z. B. als Fragebogen vor einem Ge-spräch beim Betriebsarzt oder als Interview durch diesen erfasst werden (WAI-Netzwerk, 2015). Die Auswertungsobjektivität ist durch die festgelegte Berechnung des Index gegeben. Die Objektivität der Interpretation ist abhängig vom Hintergrund der Befragung (Forschung oder BGM) und den Zielen des Betriebes.

Ausgehend von einer einfaktoriellen Struktur werden als Maß der Reliabilität interne Konsistenzen (Cronbachs Alpha) für verschiedene Stichproben von α = .58 bis α = .77 (Martus et al., 2010), α = .77 (Abdolalizadeh et al., 2012) und α = .83 (Bethge et al., 2012) berichtet. In den europaweiten Analysen von Radkiewicz und Widerszal-Bazyl (2005) fanden sich interne Konsistenzen von α = .54 für die Slowakei bis zu α

= .78 für Deutschland und α = .79 für Finnland (Total α = .72). Unter der Annahme einer dreifaktoriellen Struktur berichten Martinez et al. (2009) und Peralta et al.

(2012) ebenfalls Cronbachs Alpha als Maß der internen Konsistenz (α = .72 und α = .80) des Gesamtindex. Dabei ist zu beachten, dass Cronbachs Alpha lediglich dann ein Maß für die wahre Reliabilität ist, wenn das Modell essentiell tau-äquivalent ist, d.

h. die Ladungen der Items innerhalb eines Faktors bei unkorrelierten Residuen gleich sind, was selten geprüft wird. Ist diese Annahme verletzt, ist Cronbachs Alpha als Maß der internen Konsistenz lediglich eine untere Schranke der Reliabilität, sie wird unterschätzt (Steyer & Eid, 2001). Bei der Bewertung der internen Konsistenz sollte außerdem die Heterogenität und Kürze des Instruments beachtet werden. Eine kor-rekte Interpretation von Cronbachs Alpha setzt weiterhin Eindimensionalität der Ska-la voraus (Eid et al., 2013). Dadurch ist das Berichten der o. g. Cronbachs Alpha-Werte für den Gesamtindex in den Studien mit gefundener Mehrdimensionalität nur schwer nachvollziehbar.

Tab. 3.2 Berechnung des Work Ability Index gemäß Handbuch (WAI-Netzwerk, 2015)

Dimension Anzahl Items Punkteverteilung der Antworten

1 Derzeitige Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu der besten je erreichten Arbeitsfähigkeit

1 0-10 Punkte

2 Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu den Anforderungen der Arbeits-tätigkeit

2 2-10 Punkte

Gewichtung der Punkte ent-sprechend dem Arbeitsinhalt (Formel siehe Manual) 3 Anzahl der aktuellen vom Arzt

diagnostizierten Krankheiten Liste von 14

Krankheits-gruppen

≥ 4 Krankheiten = 1 Punkt 2-3 Krankheiten = 3 Punkte 1 Krankheit = 5 Punkte 0 Krankheiten = 7 Punkte 4 Geschätzte Beeinträchtigung

der Arbeitsleistung durch die Krankheiten

1 1-6 Punkte

5 Krankenstandstage in den

vergangenen 12 Monaten 1 1-5 Punkte 6 Einschätzung der eigenen

Arbeitsfähigkeit in zwei Jahren 1 1, 4 oder 7 Punkte

7 Psychische Leistungsreserven 3 Summation der angekreuzten Werte:

Summe 0-3 = 1 Punkt Summe 4-6 = 2 Punkte Summe 7-9 = 3 Punkte Summe 10-12 = 4 Punkte Hinweise zur Validierung wurden bereits in den Kapiteln 2.4 und 2.5 gegeben und beziehen sich sowohl auf die Kriteriumsvalidität (z. B. Eskelinen et al., 1991; Tuomi et al., 1997), die konvergente Validität (z. B. Abdolalizadeh et al., 2012; Alexopoulos et al., 2013) als auch auf die Faktorenstruktur, welche eine der Hauptfragestellungen der vorliegenden Arbeit bildet. Die konvergente Validität wurde u. a. durch die Zu-sammenhänge des WAI mit den Dimensionen des SF-36 gestützt, welche Werte aufzeigen von r = .51 für die Slowakei bis zu r = .67 für Deutschland und r = .72 für Finnland bezogen auf die allgemeine Gesundheit (Radkiewicz & Widerszal-Bazyl, 2005) sowie von r = .25 bis r = .65 für die einzelnen Gesundheitsdimensionen in den unterschiedlichen Stichproben (Abdolalizadeh et al., 2012; Alexopoulos et al., 2013;

Martinez et al., 2009). Weitere Zusammenhänge zu anderen Kenngrößen der Ar-beits- und Funktionsfähigkeit werden im WAI-Manual zusammengefasst (WAI-Netzwerk, 2005).