3. Solarzellenkonzept 49
4.2. Prozesse für die Zwischenschicht
4.2.1. Wolfram
Das Metall Wolfram wird als Zwischenschicht für die frontseitenbeleuchte-te Zelle eingesetzt. Es besitzt einen sehr hohen Schmelzpunkt von 3410◦C und ist daher bei der Silizium Schmelztemperatur von 1415◦C thermisch be-ständig. Bei niedrigen Temperaturen von 20-300◦C ist der thermische Aus-dehnungskoeffizient von Wolfram an das AF45-Glas angepasst, wobei bei höheren Temperaturen eine deutlich größere Ausdehnung des Glases an-zunehmen ist. Ein Glassubstrat mit geringerem Ausdehnungskoeffizienten ist daher kein Ausschlusskriterium. Bezüglich der Diffusionsbarriereneigen-schaften konnte bereits in früheren Arbeiten gezeigt werden [45], dass bei Schichtdicken von 1,2µm keine nennenswerten Verunreinigungen aus dem Glas in den Siliziumabsorber gelangen. Der elektrische Reihenwiderstand ist bei dieser Schichtdicke durch den niedrigen spezifischen Widerstand von Wolfram sehr gering, was den Einsatz als Rückseitenmetallisierung recht-fertigt. Die Herstellung von Wolframdünnschichten erfolgte mit dem PVD-Verfahren Sputtern und dem PECVD-PVD-Verfahren mit Wolframhexafluorid als Ausgangssubstanz, sie werden im Folgenden beschrieben.
PVD Wolfram und Wolframnitrid
Das Kathodenzerstäuben von Wolfram und Wolframnitrid erfolgte in einer Sputteranlage vom Typ Z550 des Herstellers Leybold Heraeus. Eine schema-tische Darstellung ist in Abbildung 4.1 wiedergegeben. Ein Pumpstand aus
Drehschiebervorpumpe und Turbommolekular-Hauptpumpe ist in der La-ge, den aus Edelstahl gefertigten Rezipienten auf einen Druck <10−4 Pa zu evakuieren. Die Druckanzeige erfolgt über ein Pirani Vakuummeter für das Grob-/Feinvakuum und ein Penning Kaltkathoden-Ionisationsvakuummeter für das Hochvakuum.
Abbildung 4.1.: Schematische Darstellung der Sputteranlage Z550.
Der gewünschte Arbeitsdruck wird über das Verhältnis von Saugleistung und Fluss der Sputtergase Argon und Stickstoff eingestellt. Beide Gase wer-den über Massenflussregler im ml-Bereich dosiert zugegeben und verfügen über eine Reinheit von mindestens 5.0 (99,9990%). Zur Plasmaerzeugung stehen ein 2 kW-Gleichspanungsgenerator und ein 3kW-Hochfrequenzsender mit der Industriefrequenz 13,56 MHz zur Verfügung, die zur Abscheidung kathodenseitig bzw. Ausgangsseitig mit dem Target verbunden sind. Bei dem HF-Generator besteht die Möglichkeit, den Wechselspannungsausgang auf den Substratteller zu legen, was entweder zum Rückätzen, also zur physikalischen Substratreinigung, oder als Substrat-Biaspotenzial beim DC-Sputtern verwendet werden kann. Der Substrathalter ist als Karussell aus-geführt und trägt bis zu vier Substratteller, die über eine Vakuumschleuse einzeln bestückt werden können. Bis zu vier Targets in Größe der Substrat-teller (PK150,∅150mm) können verwendet werden, was die verschiedenen Beschichtungen nacheinander erlaubt. Eine drehbare Sputterblende deckt die nicht verwendeten Targets ab und ermöglicht ein Vorsputtern des Tar-gets, um etwaige Verunreinigungen vom reaktiven Sputtern oder Belüften zu entfernen. Eine der vier Substratpositionen ist mit einer elektrischen Heizung ausgestattet, die eine Abscheidetemperatur von maximal 500◦C zulässt. Woframnitrid wird durch die zum Argon zusätzliche Zugabe von Stickstoff im reaktiven Kathodenzerstäuben hergestellt. Typische
Prozess-bedingungen sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst.
Tabelle 4.3.: Prozessbedingungen für die PVD Wolfram-/Wolfram-nitridabscheidung. (T) - mit aktiviertem Drosselventil.
Parameter Einheit DC-W HF-W DC-WN HF-WN
Druck P a 2,2 6 2,4 10
Argonfluss sccm - (T)16 175 (T)16
Stickstofffluss sccm - - 53 (T)16
HF-Leistung W - 500 - 500
DC-Leistung W 500 - 500
-Magnetron ja nein ja nein
Temperatur ◦C 410 R.T. 410 R.T.
Elektrodenpotenzial V 270 1750 ? ?
Aufwachsrate nm/min. 130 50 87 33
PECVD-Wolfram
Die Abscheidung von Wolfram aus der Gasphase bietet eine amorphe Mor-phologie, die eine sehr gute Kantenbedeckung erlaubt[52, 53, 54]. Als Aus-gangssubstanz wurde die anorganische Verbindung WolframhexafluoridW F6
verwendet, deren Eigenschaften in Tabelle 4.4 zusammengefasst sind. Da die Verbindung bei Raumtemperatur einen ausreichend hohen Dampfdruck besitzt, um ein frühzeitiges Kondensieren an ungeheizten Reaktorinnenwän-den zu verhindern, vereinfacht sich die Anwendung im Vergleich zu anderen Wolframhalogeniden wie W Cl6 oder W Br5. Der Präkursor wird bei der Metallisierung von komplexen Strukturen in der IC-Fertigung im CVD Ver-fahren verwendet [52, 55, 56]. Um die beim CVD VerVer-fahren verwendeten Substrattemperaturen von 800◦C zu reduzieren, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Wolfram-PECVD-Prozess entwickelt, der die Prozesstemperatu-ren auf 400◦C begrenzt und damit die Beschichtung von Floatgläsern er-möglicht. Zu diesem Zweck wurde eine bestehende Vakuumanlage Z401 des Herstellers Leybold Heraeus für den Einsatz mit Wolframhexafluorid modi-fiziert. Dies umfasst insbesondere einige umfassende Sicherheitsmaßnahmen wie doppelwandige Zuleitungen, Gassensor, Interlocks und Spüleinrichtun-gen, die eine Handhabung des unter Feuchtigkeit Flusssäure bildenden, toxi-schen Gases erlaubt. Abbildung 4.2 zeigt die schematische Darstellung des
modifizierten Beschichters. Zusätzlich zu dem Präkursor W F6 stehen als Gase Argon und Wasserstoff zur Verfügung. Die Zugabe von Argon bietet durch die hohe Masse eine an der eigentlichen chemischen Reaktion unbe-teiligte physikalische Ätzkomponente.
Tabelle 4.4.: Eigenschaften der Ausgangssubstanz Wolframhexafluorid
Summenformel W F6
Aggregatszustand bei 25◦C gasförmig
Aussehen farblos
Geruch stechend
Dampfdruck bei 25◦C 1,1·105Pa
molare Masse 297,1g/mol
Siedepunkt 15,5◦C
Schmelzpunkt 2,5◦C
Eigenschaften raucht stark an feuchter Luft
unter Bildung von Fluss- und Wolframsäure.
Preis pro Gramm e2,40
MFC
MFC H2
Ar MFC WF6
13,56 MHz
Substrat Heizung Gasverteiler
Baratron Penning
Abbildung 4.2.: Schematische Darstellung der W-PECVD, einer für die Wolframbeschichtung modifizierten Leybold Heraeus Z401.
Zur Plasmaanregung wird ein Hochfrequenzgenerator eingesetzt, da die Plasmadichte höher ist und ein Beschuss der Kathode mit reaktiven Teilchen bei niedrigem DC-Potenzial weitestgehend ausgeschlossen werden kann. Ty-pische Abscheideparamter für eine Wolframbeschichtung sind in Tabelle 4.5 angegeben. Prinzipiell ist es möglich, durch Zugabe von im Plasma reakti-ven Komponenten auch Wolframcarbide WxCy oder Wolframnitride WxNy
herzustellen. Ersteres wäre in Verbindung mit C2H2 möglich und letzte-res durch Zugabe von Stickstoff N2 oder Ammoniak N H3. Ein kritischer Faktor bei der Abscheidung aus Wolframhexafluorid ist die zur Reaktion mit Wasserstoff konkurrierende Reaktion mit Siliziumdioxid. Dies kann ei-ne Ätzwirkung hervorrufen oder zu Haftungsproblemen in der Grenzfläche zwischen Glas und Wolfram führen. Aus thermodynamischen Untersuchun-gen ergibt sich für die rein thermische Abscheidung eine Mindesttemperatur von 300◦C, um eine Reaktion mit Siliziumdioxid zu verhindern.
Tabelle 4.5.: Typische Prozessbedingungen für die Wolframabscheidung aus der W-PECVD
Parameter Einheit W-PECVD
Druck P a 100
W F6-Fluss sccm 5
Wasserstofffluss sccm 100
HF-Leistung W 50
Temperatur ◦C 360
Elektrodenpotenzial V <5
Aufwachsrate nm/min. 15