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Wiesbadener Ergebnisse im Vergleich

Im Dokument Wiesbadener Stadtanalysen (Seite 68-72)

Zur Einordnung der vorliegenden Befragungsbefunde bietet sich ein Vergleich mit Ergebnissen ähnlicher Stu-dien an: Zum einen die im Auftrag von ARD und ZDF durchgeführte Studie „Migranten und Medien 2011“14 und zum anderen die Zusammenstellung teils empirischer Befunde durch das Bundesamt für Migration und Flücht-linge (BAMF) zum Thema „Politische Einstellungen und politische Partizipation von Migranten in Deutschland“

201215. Allerdings sind die Ergebnisse vielfach nur ein-geschränkt vergleichbar.

9.1 Mediennutzung und Informationsverhalten

Angaben zu Fernseh- und Radiokonsum vergleichbar …

… große Unterschiede beim Internet

Bei der Mediennutzung der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund zeigen sich ähnliche Befunde in der deutschlandweiten ARD/ZDF-Studie und der Wies-badener Untersuchung: Eine hohe Fernsehnutzung bei-der Gruppen und eine deutlich geringere Radionutzung in der Migrantenbevölkerung. Beim Internet weist die Wiesbadener Untersuchung jedoch mit Quoten von 72 % bei Einwohnern/innen ohne und 74 % bei denjenigen mit Migrationshintergrund eine deutlich höhere Nutzungsin-tensität aus. In der ARD/ZDF-Studie liegen die entspre-chenden Werte bei 43 % bzw. 39 %16 - zu berücksichti-gen sind dabei die unterschiedlichen Erhebungszeit-punkte und die ständig größer werdende Reichweite des Internets. Auch der Befund einer geringeren Internetnut-zung der Migranten/innen spiegelt sich nicht in den Wiesbadener Ergebnissen wider; vielmehr greifen Wies-badener Migranten/innen etwas häufiger als Einheimi-sche auf das Internet zurück. Gleichlautend sind die Er-gebnisse indes bei der altersabhängigen Internetnut-zung: Je jünger die Befragten sind, desto häufiger nutzen sie das Internet.

Senderpräferenzen Die Ergebnisse zum Fernsehen weisen in beiden Stu-dien ebenfalls in dieselbe Richtung. Ältere nutzen die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender häufiger als

14 ARD und ZDF: www.ard.de 15 Müssig, S.; Worbs, S.: 2012

16 Vgl. Migranten und Medien: www.ard.de, S. 42

Mediennutzung, Kommunikationsverhalten und kommunalpolitische Teilhabe der Wiesbadener Bevölkerung 2012 63

re. Dieses Nutzungsverhalten besteht nicht nur bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund – wie in der ARD/ZDF-Studie ausgewiesen -, sondern auch bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Weiterhin be-stätigen beide Untersuchungen die eindeutige Präferenz der Migranten/innen für Privatsender17.

Sprachversionen der Mediennutzung

Sowohl die Wiesbadener als auch die ARD/ZDF-Studie dokumentieren die vorrangige Nutzung deutschsprachi-ger Medien18 durch die Migrantenbevölkerung; ebenso die Zusammenhänge zwischen der gewählten Sprach-version und dem Alter sowie den Deutschkenntnissen der Migranten/innen: je jünger sie sind und je besser sie die deutsche Sprache beherrschen, desto häufiger be-dienen sie sich deutschsprachiger Medien19. Auch der Befund, dass türkischstämmige Migranten/innen über-durchschnittlich häufig heimatsprachiges Fernsehen an-schauen, ist in beiden Untersuchungen identisch (die Wiesbadener Untersuchung zeigt, dass dies auch für die Nutzung aller anderen Medien zutrifft).

Deutschkenntnisse der Befragten

Bei der Medienuntersuchung der Sendeanstalten wurden auch die Sprachkenntnisse erhoben. Es lassen sich ähn-liche Befunde wie in Wiesbaden ausmachen: Bei der deutschlandweiten Befragung sind 24 % der Migran-ten/innen in ihrer Herkunftssprache interviewt worden20, in Wiesbaden 21 %. Vergleichbar sind auch die Angaben zu Deutschkenntnissen: 80 % der Befragten der ARD/ZDF-Studie stufen ihre Kenntnisse der deutschen Sprache selbst als zumindest gut ein, in Wiesbadener bescheinigen die Interviewer/innen 78 % der befragten Migranten/innen mindestens gute Deutschkenntnisse.

9.2 Politikinteresse und Partizipation

Interesse an deutscher Politik: … In der ARD/ZDF-Studie wurde ebenfalls nach dem emo-tionalen Bezug zu Deutschland und dem Politikinteresse gefragt. Die Ergebnisse zum Interesse an deutscher Poli-tik sowie an der PoliPoli-tik des Herkunftslandes

17 Vgl. ebenda, S.27

18 Die ausgewiesenen Anteilswerte sind aufgrund unterschiedlicher Erfas-sungsgrundlagen aber nicht vergleichbar.

19 Vgl. Simon, E.; Neuwöhner, U.: 2011, S.466 20 Vgl. ebenda, S. 458

… Ergebnisse unterschiedlich, …

den sich beträchtlich von der Wiesbadener Befragung, allerdings ist die Vergleichbarkeit nicht vollständig gege-ben21. Während deutschlandweit 64 % der befragten Mig-ranten/innen an deutscher Politik und 44 % an der Politik des Herkunftslandes (sehr) interessiert sind22, liegen die entsprechenden Anteilswerten mit 32 % bzw. 27 % bei den befragten Wiesbadener/innen mit Migrationshinter-grund deutlich darunter.

… Ausprägungen und Trends aber ähnlich

Davon abweichende Befunde zum politischen Interesse von Migranten/innen in Deutschland weist das BAMF unter Rückgriff auf Analysen zur politischen Teilhabe im Rahmen des European Social Surveys (ESS) aus, die sich auf Erhebungen der Jahre 2002 bis 2008 bezie-hen23. Danach liegt der Anteil der allgemein politisch inte-ressierten Migranten/innen bei 50 %24. Trotz des im Ver-gleich zu Wiesbaden höheren Politikinteresses von Mig-ranten/innen (= 32 %) lassen sich insofern Parallelen erkennen, als ein höheres Politikinteresse in der Bevöl-kerung ohne Migrationshintergrund sowie eine Abhän-gigkeit des Politikinteresses von Alter, Geschlecht und Staatsangehörigkeit besteht. Beide Studien zeigen, dass Männer stärker politikinteressiert sind als Frauen, das Interesse mit zunehmendem Alter steigt und Migran-ten/innen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besit-zen, politisch interessierter sind als diejenigen mit einem ausländischen Pass. In dieselbe Richtung gehen auch die Befunde zum Politikinteresse nach Wohndauer: Das Politikinteresse der Migranten/innen steigt mit längerer Wohndauer. Doch während die gesamtdeutschen Er-gebnisse einen deutlich höheren „Interessenzuwachs“

erst bei einer Wohndauer von mehr als 20 Jahren anzei-gen, weist die Wiesbadener Untersuchung ein höheres politisches Interesse ab einer 10-jährigen Wohndauer aus.

21 In der Wiesbadener Untersuchung war auch die Antwortvorgabe „teils/teils“

vorgesehen, die in der Medienstudie fehlte, so dass sich die Befragten zwi-schen „Interesse“ und „Nichtinteresse“ entscheiden mussten, was zu ei-nem höheren Anteil von Politikinteressierten geführt haben dürfte.

22 Vgl. ebenda, S. 463

23 Vgl. Müssig, S.; Worbs, S.:2012, S.22

24 Eine vollständige Vergleichbarkeit ist auch bei dieser Studie nicht gegeben.

Zum einen wurde allgemein, ohne einen Nationalitätenbezug nach dem po-litischen Interesse gefragt, zum andern waren auch hier nur vier Antwort-vorgaben vorgesehen und damit eine eindeutige Positionierung notwendig.

Mediennutzung, Kommunikationsverhalten und kommunalpolitische Teilhabe der Wiesbadener Bevölkerung 2012 65

Teilnahme an Wahlen und Bürgerbeteiligung

Der European Social Survey hat in dem Betrachtungs-zeitraum 2002 bis 2008 auch die Beteiligung an Wahlen (Bundestagswahlen) sowie an nicht-elektoralen Partizi-pationsformen (Unterschriftensammlung, Kontakt zu Po-litikern, Demonstration und Mitarbeit in politischer Grup-pe) erhoben. Wegen des von der Wiesbadner Untersu-chung abweichenden Befragungsgegenstandes bzw.

-inhalts können nur grob Ähnlichkeiten und Unterschiede verglichen werden. Ähnlich wie bei der Wiesbadener Untersuchung liegt auch in der deutschlandweiten Studie die von den Befragten genannte Wahlbeteiligung über der tatsächlichen; allerdings ist die Diskrepanz zwischen

„real“ und „behauptet“ deutlich geringer als bei den Wiesbadener Angaben zur Kommunalwahl. Von der Tendenz vergleichbar ist auch, dass die Beteiligung der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund an Wahlen und anderen Partizipationsformen höher ist als die der Be-völkerung mit Migrationshintergrund; wobei in Wiesba-den der jeweilige Abstand zwischen Migranten/innen und Nichtmigranten/innen – in der Relation – sehr viel größer ist. Dass sowohl die Teilnahme an Wahlen als auch die Partizipation an anderen Bürgerbeteiligungsverfahren alters- und geschlechtsabhängig ist, kommt in beiden Studien zum Ausdruck. Vom Grundsatz her bestätigen lassen sich anhand der Wiesbadener Befunde auch die allgemeinen Hinweise des BAMF, wonach Bildung, Deutschkenntnisse und Lebensalter Auswirkungen auf das politische Interesse der Migranten/innen haben und das Einkommen zusätzlich einen förderlichen Einfluss auf die politische Teilhabe von Migranten/innen hat25. Benachteiligungserfahrungen Schließlich ermöglicht die ARD/ZDF-Studie auch noch

einen Vergleich zu Diskriminierungserfahrungen von Migranten/innen. Die Befunde dazu sind fast identisch:

15 % der deutschlandweiten und 16 % der Wiesbadener Befragten geben an, diskriminiert worden zu sein. Zwar ist auch in Wiesbaden der Anteil der Betroffenen bei Mig-ranten/innen aus der Türkei mit 22 % höher als im Durchschnitt, allerdings sehr viel niedriger als in der bundesweiten Studie mit 37 %. Auch bei der

25 Vgl. BAMF 2012, S.19ff

rung nach Alter zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse:

In Wiesbaden gilt: je jünger die Migranten/innen, desto häufiger liegen Benachteiligungserfahrungen vor; in der ARD/ZDF-Studie verweisen die „Mittelalten“ auf die höchste Betroffenheit.

Im Dokument Wiesbadener Stadtanalysen (Seite 68-72)