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selbstmörderischen Dummheit

Wieviel 20. Juli 1944 steckt

4. Der Widerstand

Im Blick auf den Widerstand gegen das NS-Regime bzw. die Zustände der Bunten Republik zeigen sich deutliche Unterschiede. Die Bunte Republik ist, wie erwähnt, ein restdemokratischer Staat. Widerstand ist durchaus noch in ziviler Form möglich. Wer sich aktiv engagieren möchte, ist herzlich eingeladen, der „Freiheit“ oder „Pro NRW“ beizutreten o d e r – u n t e r B e z u g a u f d i e l a u f e n d e A k t i o n – a l s minimalistisches Zeichen seiner oppositionellen Aktivität wenigstens gelegentlich am Sonntag um 12 Uhr vor dem Rathaus seinen Mann zu stehen. Natürlich sind oppositionelle Parteien wie „Die Freiheit“ oder „Pro NRW“, die sich der Radikalität des staatlichen Handelns entgegenstellen und für eine weniger radikale Siedlungspolitik eintreten, massivem Druck durch das herrschende Parteienkartell ausgesetzt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Parteien derzeit noch zugelassen sind und daher ein ziviles politisches Engagement gegen die Zustände der Bunten Republik möglich ist. Wer seine Meinung öffentlich sagen möchte, kann dies auch heute noch tun und wird nicht nach Dachau verfrachtet – allerdings riskiert er seine Arbeitsstelle und körperliche Unversehrtheit, im Zweifelsfall genießt er keinerlei rechtlichen Schutz durch die Gerichte. Dennoch: solange in der Bunten Republik noch oppositionelle Parteien bestehen dürfen, selbst wenn sie erheblichem formellen und informellen Druck durch das herrschende Machtkartell ausgesetzt sind, greift das Widerstandsrecht aus Artikel 20 eindeutig noch nicht. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zum NS-Staat, der als Einparteiensystem seinen Kritikern keine andere Möglichkeit eröffnete, als in den Untergrund zu gehen oder, wie im Fall des 20. Juli, zur Waffe zu greifen.

Betrachten wir die innere Organisationsstruktur des Widerstands, so zeigen sich allerdings trotz der heute noch gegebenen Möglichkeit zu zivilem politischem Engagement

durchaus Parallelen. Der Widerstand gegen den NS-Staat war zwangsläufig ein Widerstand der Einzelkämpfer: Vernetzung war gefährlich, ein entscheidender strategischer Vorteil des Regimes. Noch gefährlicher war vernetztes, gemeinsames Handeln. Diese Neigung, infolge massiven staatlichen Drucks jede organisatorische Vernetzung zu vermeiden und aktives Handeln am besten gänzlich sein zu lassen, findet sich auch heute wieder. Sie behindert damals wie heute den Aufbau tragfähiger Strukturen und begünstigt den Rückzug ins Private, d.h. den Verzicht auf Präsenz im öffentlichen Raum. Der Kreisauer Kreis findet seine zeitgenössische Entsprechung in den vielen kleinen politisch-unkorrekten Stammtischen im ganzen Land, die sich aus Angst vor Repressalien durch amtliche oder halbamtliche Meinungswächter wie Antifa und Graue Wölfe teils anonym treffen und ebenfalls über das Stadium der Diskussion nicht hinauskommen – zudem oft ausgebremst von Zauderern, Sesselrevoluzzern und frustrierten Nihilisten mit ihrer „Das bringt doch alles nichts“-Mentalität in den eigenen Reihen: Das Gegensatzpaar Stauffenberg – Goerdeler lässt grüßen. Michael Stürzenberger in München, dem es gelungen ist, eine offenbar stabile, tapfere und einsatzbereite Gemeinschaft um sich zu scharen, und einige wenige Recken in anderen Städten sind seltene Ausnahmen in einer ansonsten völlig eingeschüchterten, entmutigten und weitgehend inaktiven Opposition.

Abschließend sei auch ein Blick auf das Verhältnis zwischen Widerstand und Bevölkerungsmasse geworfen. Die breite Masse glaubte selbst 1944 noch an den Endsieg, sie ließ sich trotz der ganz offensichtlich immer schlimmeren Zustände stetig weiter in das Schlamassel treiben, weil ihr die staatliche Propaganda als Lohn für die vorübergehenden Beschwerden das ewige Heil versprach. Dieses blinde Vertrauen der breiten Masse, der eingeimpfte Glauben an die „glückliche Zukunft“

nach dem opferreichen Zwischenstadium, erschwerte die Überzeugungsarbeit der Widerstandskämpfer in der NS-Zeit ganz erheblich. Selbst wenn die Konterrevolution am 20. Juli 1944

geglückt wäre, hätten viele Deutsche die Motive Stauffenbergs, Becks und Olbrichts gar nicht verstanden, weil ihnen ihr staatstreue Glaube das Leben leichter machte und ganz sicher auch, da sie über die tatsächliche Lage nicht informiert waren. Auch heute wird der breiten Masse von den bunten Politführung wieder viel versprochen: Die Propaganda verheißt uns den ewigen Völkerfrieden, das allgemeine bunte Heil nach den vorübergehenden Beschwerden der „Integration“, und verschweigt zugleich manipulativ alle dunklen Seiten der Bunten Republik, insbesondere ihre blutige Seite. Diese geschickt propagierte Illusion vom bunten Endsieg, der glücklichen bunten Zukunft, die uns angeblich erwartet, sobald d i e j e t z i g e n , n u n s c h o n 5 0 J a h r e d a u e r n d e n

„Anfangsschwierigkeiten“ durch allgemeine Mühsal überwunden sein werden, wird tatsächlich von vielen Menschen geglaubt – ob aus Bequemlichkeit oder wirklicher Überzeugung, spielt für die politische Folgewirkung, d.h. die duldsame Passivität der Masse, keine Rolle. Und selbst wer die Gefahren der Bunten Republik erkennt, neigt oft genug dazu, diese Gefahren zu negieren: Dem Schrecken will man nicht in die Augen sehen, eine ganz natürliche menschliche Schutzreaktion.

Vergleichsfazit: Informelle und formelle Repressalien, Einschüchterung, Bedrohung durch physische Gewalt – das waren und sind sowohl in der NS-Zeit als auch in Zeiten der Bunten Republik die gängigsten Mittel, politische Opposition zu unterdrücken und oppositionelle Vernetzungen zu verhindern.

Damals wie heute konzentriert sich der Widerstand daher auf nur wenige mutige Köpfe, während der Rest der Opposition in einer inaktiven Warteschleife verharrt und die staatsgläubige Masse an den Endsieg glaubt. Warnungen, dass eines Tages das eigene Haus in Flammen stehen wird, hat selbst im Juli 1944 jenseits der Großstädte kaum jemand ernst genommen. Auch heute werden Warnungen, dass das Staatsexperiment „Bunte Republik“

nichts anderes bedeutet als eine autoaggressive, durch den eigenen Staat wissentlich in Kauf genommene Herbeiführung von Massenmord und Massentotschlag, das große jugoslawische

Inferno, der Dreißigjährige Krieg 2.0, von vielen Deutschen nur sehr ungern geglaubt. Aber der 20. Juli 1944 lehrt uns:

Der Endsieg kommt nicht. Er kam damals nicht, er wird auch heute nicht kommen. Eines Tages wird die leibhaftige Bunte Republik an jedermanns Haustür klopfen.

5. Epilog

Wir haben gesehen: Noch sind die Zustände der Bunten Republik nicht unmittelbar vergleichbar mit den Zuständen der NS-Zeit.

Die Verhältnisse von 1944 und 2013 weisen zwar einige politisch-strukturelle Gemeinsamkeiten auf, sind in ihren Dimensionen und vor allem hinsichtlich der Radikalität der jeweiligen staatlichen Umtriebe aber noch weit voneinander entfernt. Wenn wir uns heute an den 20. Juli 1944 erinnern, dann nicht weil die politische Situation dieser beiden Jahre im Detail wirklich vergleichbar wäre, sondern als Mahnung an uns selbst, durch unermüdlichen eigenen Widerstand aktiv dazu beizutragen, den Anfängen einer solchen Vergleichbarkeit zu wehren.