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Im Grundsatz gilt die Wirtschaftsfreiheit für Private. Somit kann sich der Staat nicht auf die Wirtschaftsfreiheit berufen; doch wie die Praxis zeigt sind Ausnahmen möglich und nicht sel-ten. Auch gilt eine grösszügige Handhabung durch die Praxis und das Bundesgericht, wie der Bundesgerichtsentscheid zu «Glarnersach» (BGE 138 I 378) zeigt. Das Bundesgericht prüfte dabei die rechtliche Frage der Willkür. Es sah keinen Anlass dazu, das Verhalten des Kantons Glarus zu unterbinden. Das Bundesgericht verlangt mit seinem Entscheid lediglich eine buch-halterische Trennung der Aktivitäten (Josi, 2012; Quinto, 2013).

Damit stimmt das Bundesgericht zu, dass öffentliche Unternehmen im Grundsatz durchaus im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft Güter und Dienstleistungen anbieten dürften. Zwar können sich öffentliche Unternehmen nach wie vor nicht auf die Wirtschaftsfreiheit berufen; doch sind durch dieses Urteil die Anforderungen an Aktivitäten öffentlicher Unternehmen im Wettbewerb mit privaten Dritten gesunken.

Wenn staatliche Unternehmen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen, sollen staatliche sowie private Unternehmen dieselben Chancen und Pflichten haben.

Eine Gleichberechtigung der staatlichen und privaten Unternehmen beinhaltet gleiche Marktzu-tritts- respektive Marktaustrittbedingungen sowie gleiche Auflagen und Standards für alle Un-ternehmen. Entsprechend sollen auch Grundversorgungsaufträge periodisch neu ausgeschrieben und nach objektiven Kriterien neu vergeben werden.

Basierend auf der Literatur sind folgende Indikatoren relevant, um potenzielle Marktverzerrun-gen zu identifizieren:

Ausschreibung von Grundversorgungdienstleistungen

Werden staatliche Aufgaben nicht in eine privatrechtliche Unternehmung überführt, sondern aus einer staatlichen Körperschaft heraus einer Organisation oder einer (öffentlich-rechtlichen) Un-ternehmung in Auftrag gegeben, so sollen diese Aufträge periodisch überprüft und neu vergeben werden. Dadurch können u.a. die Leistungen und die Preise neu verhandelt werden. Durch die öffentliche Ausschreibung der Aufträge soll der Wettbewerb gefördert und die Transparenz der Vergabe erhöht werden. Die Aufträge sollen zudem auf Basis von objektiven Kriterien vergeben werden.

Allerdings führt die Ausschreibungspflicht allein noch nicht zur Wettbewerbsneutralität. Die Ausschreibung ist lediglich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Wettbe-werbsneutralität. Die hinreichende Bedingung ist erfüllt, wenn darüber hinaus keine spezialge-setzlichen und asymmetrischen Regulierungen bestehen.

Normativ gilt somit, dass folgende wettbewerblichen Aspekte erfüllt sind:

1. Die Grundversorgungsaufträge werden periodisch geprüft.

2. Für eine Neuvergabe werden die Grundversorgungsaufträge öffentlich ausgeschrieben.

Angebot von Wettbewerbsdienstleistungen

Letztlich gibt es nur dann keine Wettbewerbsverzerrungen, wenn Grundversorgungsdienste auf der Grundlage eines Monopols finanziert werden. In diesem Fall gehen auch mit spezialgesetz-liche Rahmenbedingungen oder asymmetrischen Regulierungen keine Wettbewerbsverzerrun-gen einher.

Marktöffnungen sind im Regelfall die Folge von technologischem Fortschritt. Vielfach wurde in der Vergangenheit im Zuge von Marktöffnungen jedoch nicht bedacht, dass sich dadurch so-wohl die Menge und die Qualität der vormals im Monopol erbrachten Grundversorgungsdienste als auch die Nachfrage verändern. Wo jedoch im Zuge von Marktöffnungen Grundversor-gungsmandate nach wie vor bspw. durch den eingesessenen Akteur bzw. vormaligen Monopo-listen angeboten werden, jedoch auch zunehmend Wettbewerber in diesen Märkten tätig sind, resultieren genuin Wettbewerbsverzerrungen. Somit sind Wettbewerbsverzerrungen durchaus auch problematisch, wenn dadurch ein öffentlicher Auftrag erfüllt wird, also das staatliche Un-ternehmen ausschliesslich in einem Grundversorgungsbereich tätig ist.

Akzentuiert wird die Problematik der Wettbewerbsverzerrungen, wenn etablierte Unternehmen auf kantonaler und kommunaler Ebene durch den zunehmenden Wettbewerb Umsatzeinbussen kompensieren wollen und auf der Grundlage nach wie vor bestehender Vorteile wie etwa ihrer Ubiquität, Grössen- und Verbundvorteile in (benachbarten) wettbewerblichen Märkten, also genuin in Nicht-Grundversorgungsbereichen tätig werden.

First best ist, wenn öffentliche Unternehmen nicht ausserhalb ihrer Grundversorgungsbereiche tätig sind. Bieten sie dagegen Dienstleistungen im Wettbewerb mit privaten Dritten an, so ist sicherzustellen, dass dadurch der Wettbewerb möglichst nicht verzerrt wird. Der staatliche Auf-trag sollte die Marktaktivitäten des staatlichen Unternehmens weder positiv noch negativ beein-flussen.

Wettbewerbsneutralität bedeutet im engeren Sinne, dass öffentliche Unternehmen nicht durch Spezialbewilligungen und asymmetrischen Regulierungen wettbewerblich bessergestellt werden dürfen. Dies schliesst eine steuerliche Gleichbehandlung mit ein. Öffentliche Unternehmen dür-fen wettbewerbliche Aktivitäten nicht quersubventionieren, was faktisch eine strukturelle

Tren-nung der Grundversorgungsaktivitäten und der wettbewerblichen Aktivitäten voraussetzt. Be-sonders herausfordernd ist dabei die adäquate Zuteilung der Gemeinkosten, die faktisch nicht möglich ist (Faulhaber, 1975). Ist Wettbewerbsneutralität sichergestellt, kann sich im Wettbe-werb das effizientere und näher an den Kundenpräferenzen agierende Unternehmen besser durchsetzen.

Normativ gilt somit, dass folgende wettbewerblichen Aspekte erfüllt sind:

1. Das öffentliche Unternehmen steht ausserhalb seines Grundversorgungsangebots mit keinen Aktivitäten im Wettbewerb mit privaten Unternehmen.

2. Der Marktzugang für Wettbewerber wird nicht durch den staatlichen Auftrag gehemmt oder gefördert (bspw. durch Spezialbewilligungen und/oder asymmetrische Regulierungen).

3. Es erfolgen im staatlichen Unternehmen keine Quersubventionierungen wettbewerblicher Aktivitäten. Staatliche Unternehmen, die gleichzeitig privatwirtschaftliche Güter bereitstel-len und einen Auftrag im öffentlichen Interesse wahrnehmen, weisen Kosten und Erträge transparent dem jeweiligen Tätigkeitsgebiet zu.

4. Werden zusätzliche staatliche Aufträge, die nicht zum Grundversorgungsauftrag gehören, öffentlich vergeben, findet keine Bevorzugung von öffentlichen Unternehmen statt.

5. Ungleiche Spiesse zwischen staatlichen und privaten Unternehmen können in der Finanzie-rung bestehen (z. B. Zugang zu Krediten, Ressourcen). Daher ist sicherzustellen, dass Transaktionen, bei denen ein staatliches Unternehmen involviert ist, zu Marktbedingungen erfolgen.

Defizitgarantie und Staatsgarantie

Ungleiche Spiesse zwischen privaten und staatlichen Unternehmen äussern sich beispielsweise durch eine staatliche Defizitgarantie und freilich umso mehr durch eine Staatsgarantie im Kon-kursfall.

Normativ gilt, dass folgende wettbewerblichen Aspekte erfüllt sind:

1. Es gibt keine jährliche Defizitgarantie für das staatliche Unternehmen («first best»).

2. Es gibt keine Staatsgarantie für das staatliche Unternehmen («first best»).

3. Bei Vorliegen einer Staatsgarantie («second best»): Die Staatsgarantie wird vom staatlichen Unternehmen nach transparenten Kriterien abgegolten.

5 Bestandsaufnahme in den Sektoren (Ist)

Um die Situation in den verschiedenen Sektoren gemäss Postulat Schilliger zu erfassen, wurden zwei unterschiedliche Methoden eingesetzt, nämlich eine Online-Umfrage sowie Fallbeispiele.

Die Methode der Online-Umfrage setzen wir ein, um die Bestandsaufnahme in den beiden Sek-toren Energie und Verkehr zu erstellen. Das Abstellen auf eine Online-Umfrage erfolgt dabei aus folgenden Gründen: Zum einen zeichnen sich beide Sektoren durch sehr unterschiedliche Arten von öffentlichen Unternehmen aus (Netzbetreiber, Kraftwerke, Handelsunternehmen, Installationsunternehmen etc. im Energiesektor und Busbetrieb, Bahnunternehmen, Garagen, Reparaturwerkstätten etc. im Verkehrsbereich), was den Rahmen von Fallbeispielen sprengen würde, um einen Überblick über die gesamte Branche zu erhalten. Zum anderen unterstehen viele der Unternehmen in den beiden Sektoren aufgrund ihrer Netzcharakteristiken einer ähnli-chen Regulierung. Schliesslich sind in den Kantonen und Städten oft die Energie- und Ver-kehrsexperten in den gleichen Fachabteilungen angesiedelt, womit dieselben Experten als An-sprechpartner fungieren konnten.

Die Methode der Fallbeispiele setzen wir ein, um einen Eindruck über die Situation im Gesund-heitswesen und in der Finanzbranche zu erhalten. In diesem Fall haben wir uns für eher detail-lierte Fallstudien entschieden, da in beiden Sektoren die Diskussion sich stark auf einen Bereich des Sektors konzentriert (Kantonalbanken in der Finanzbranche und Spitäler im Gesund-heitssektor).