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5.2 Bestandsaufnahme im Energiesektor

5.2.1 Institutionelle Aspekte: Kantone – Städte – Regionen

Im Folgenden werden die zentralsten institutionellen Aspekte zur Governance staatlicher Ener-gieunternehmen behandelt (vgl. zu den normativen Ausführungen Kapitel 4).

Gesellschaftsform

In Bezug auf die Angaben der Kantone in der Online-Umfrage firmieren über 70% der öffentli-chen Energieunternehmen als Aktiengesellschaft (Abbildung 3). Dabei sind keine wesentliöffentli-chen Unterschiede zwischen der Deutschschweiz und der Region Westschweiz/Tessin zu beobachten.

Die Aktiengesellschaften sind nur in Einzelfällen börsenkotiert.

Gemäss den befragten Städten sind bei ihnen ebenfalls rund drei Viertel der Energieunterneh-men als Aktiengesellschaft tätig, wobei bei den befragten Deutschschweizer Städten der Anteil unter 50% liegt. Zu beachten gilt es, dass in der Schweiz gerade bei Energieversorgungsunter-nehmen viele hauptsächlich im Besitz von Gemeinden sind. In zahlreichen Gemeinden wurden in den letzten Jahren Energieversorgungsunternehmen in rechtlich selbständige Einheiten über-führt (Saxenhofer, 2014). Verbunden mit der Rechtsform ist die Frage der Besteuerung der Un-ternehmen.

Abbildung 3 Gesellschaftsform bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Rund drei Viertel dieser öffentli-chen Energieunternehmen sind als Aktiengesellschaft tätig.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.

Wertet man die Ergebnisse der Online-Umfrage in Bezug auf die mögliche Minderheitsbeteili-gung aus, unterscheiden sich die Ergebnisse. Rund ein gutes Drittel der in der BefraMinderheitsbeteili-gung aufge-führten kantonalen Aktiengesellschaften im Energiesektor lässt private Minderheitsaktionäre zu.

In der Deutschschweiz sind sie in einem Viertel der aufgeführten Unternehmen zugelassen, in der Region Westschweiz/Tessin in über der Hälfte der Unternehmen.

Auf einem leicht höheren Niveau ist dasselbe Bild bei den städtischen Energieunternehmen zu beobachten. Dabei kennen in den befragten Städten insgesamt etwas über die Hälfte der städti-schen Energieunternehmen die Möglichkeit des privaten Minderheitsaktionariats. In den befrag-ten Deutschschweizer-Städbefrag-ten sind Minderheitsaktionäre in etwas weniger als 30% der nehmen zugelassen, in der Region Westschweiz/Tessin dagegen in über zwei Drittel der Unter-nehmen. Teilweise existieren auch Unternehmen, bei denen Minderheitsbeteiligungen dem Buchstaben nach zugelassen, aber derzeit politisch nicht gewollt sind.

Abbildung 4 Private Minderheitsbeteiligungen bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Im Energiesektor kennt ein gutes Drittel der genannten kantonalen Energieunternehmen und über die Hälfte der genannten städtischen Unternehmen die Möglichkeit privater Minderheitsaktionäre. Minderheitsbeteiligungen sind in der Regi-on Westschweiz/Tessin bei einem grösseren Anteil der Unternehmen zugelassen als in der Deutsch-schweiz.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.

Steuerungsinstrumente

Gemäss Online-Umfrage gibt es für knapp 60% der in der Online-Umfrage fungierenden 37 kantonalen Energieunternehmen eine Eignerstrategie. In der Deutschschweiz ist dies für zwei Drittel, in der Region Westschweiz/Tessin knapp für einen Drittel der Unternehmen der Fall.

Die Städte haben für mindestens drei von fünf Energieunternehmen eine Eignerstrategie. Wäh-rend in der Deutschschweiz für über 85% der städtischen Energieunternehmen eine Eignerstra-tegie existiert, ist dies in der Region Westschweiz/Tessin nur für knapp mehr als 40% der Un-ternehmen der Fall.

Im Regelfall sind die Eignerstrategien öffentlich; in der Praxis dagegen ist es vielfach nicht einfach, diese Dokumente (elektronisch) aufzufinden. In wenigen Fällen sind Eignerstrategien explizit nicht öffentlich.

Abbildung 5 Eignerstrategie bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Im Schnitt existiert bei den ge-nannten öffentlichen Unternehmen im Energiesektor für rund drei von fünf eine Eignerstrategie. Das Steuerungsinstrument ist in der Deutschschweiz besser etabliert als in der Region Westschweiz/Tessin.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.

Rund neun von zehn der in der Umfrage genannten kantonalen Energieunternehmen haben ei-nen gesetzlichen Grundversorgungsauftrag. Dabei geht es im Regelfall um die Versorgungssi-cherheit sowohl bei Kraftwerken als auch bei Versorgungsunternehmen. Bei den Kraftwerken sind die Bestimmungen zur Deckung des Energiebedarfs durch bundesgesetzliche Regelungen (BFE, 2004) übersteuert.

Bei den in der Online-Umfrage fungierenden 19 städtischen Energieunternehmen wird für knapp 60% – im Regelfall für die in der Kategorie Energieversorgungsunternehmen fungieren-den Unternehmen – angegeben, dass in der Leistungsvereinbarung mit der Stadt der Grundver-sorgungsauftrag konkretisiert ist; in der Deutschschweiz für über 80% der Unternehmen, in der Region Westschweiz/Tessin lediglich für 40%. Die niedrigere Prozentzahl in der Westschweiz resultiert daraus, dass bei den berücksichtigten Unternehmen der Anteil der Versorgungsunter-nehmen geringer ist als in der Deutschschweiz. In der Westschweiz wurden mehr Beteiligungen an Dienstleistern angegeben, die Leistungen für Versorgungsunternehmen erbringen, die eben-falls grösstenteils in öffentlichem Eigentum sind (Outsourcing und Pooling).

Abbildung 6 Grundversorgungsauftrag bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Von den genannten Unternehmen haben rund neun von zehn kantonalen und 60% der städtischen Energieunternehmen einen Grundversor-gungsauftrag.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.

Interessenentflechtung

Bei der Interessenentflechtung geht es darum, dass die kantonale und/oder die kommunale Le-gislative den gesetzlichen Rahmen definiert und die Oberaufsicht auf das öffentliche Unterneh-men hat. Die Exekutive gibt dem UnternehUnterneh-men Eignerstrategie und Leistungsauftrag vor. Sie nimmt die Aufsicht über das Aufsichtsgremium des Unternehmens wahr. Darüber hinaus muss die operative Autonomie des Unternehmens gewährleistet sein.

Mit Blick auf die Rollenentflechtung geht es primär um die Frage, inwieweit Exekutive und Legislative eine klare Trennung von Regulierung, Ausführung und Kontrolle (Viele-Hüte-Problematik) im Sinne der ökonomisch-normativen Kriterien vornehmen. Dies ist für mehr als die Hälfte der genannten kantonalen Energieunternehmen der Fall, wobei starke regionale Un-terschiede bestehen. In der Deutschschweiz gibt es bei vier von fünf Unternehmen eine klare Rollenteilung, in der Region Westschweiz/Tessin dagegen nur für 15% der Unternehmen. Im Rahmen der Antworten zur Online-Umfrage wird teilweise argumentiert, allfällige Interessen-konflikte liessen sich fallweise klären.

In den befragten Städten ist die Viele-Hüte-Problematik in knapp der Hälfte der Unternehmen gelöst. Genauso wie bei den Kantonen wird dem Prinzip der Rollenentflechtung jedoch vor allem bei den befragten Deutschschweizer Städten nachgelebt. In der Region West-schweiz/Tessin ist dies nur bei einem von vier städtischen Energieunternehmen der Fall.

Abbildung 7 Rollenentflechtung bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Die Rollenentflechtung ist unab-hängig von der föderalen Ebene bei den genannten Energieunternehmen in der Deutschschweiz verbrei-teter als für Energieunternehmen in der Region Westschweiz/Tessin.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.

Bei rund 70% der aufgeführten kantonalen Energieunternehmen werden Aufsichtsgremien teil-weise durch politische Vertreter der Legislative und/oder der Exekutive besetzt. In der Deutsch-schweiz ist dies im Durchschnitt bei vier von fünf Unternehmen der Fall, in der Region West-schweiz/Tessin bei jedem zweiten Unternehmen. Im Regelfall wird das politische Mandat mit der Vertretung der Interessen der Eignerin begründet, insbesondere basierend auf dem Obligati-onenrecht Art. 707 ff.

Ähnlich sieht die Situation für die städtischen Energieunternehmen aus: Hier haben im Schnitt knapp drei von fünf Unternehmen teilweise politisch besetzte Verwaltungsräte. In der Deutsch-schweiz ist dies allerdings fast in neun von zehn Unternehmen der Fall, in der Region West-schweiz/Tessin dagegen nur in gut 40% der Unternehmen.

Abbildung 8 Politische Mandate in Aufsichtsräten bei öffentlichen Energieunternehmen

Die ermittelten Relationen stellen die Situation bei den Unternehmen dar, zu denen die Kantone und Städte im Rahmen der Online-Umfrage 2017 Auskunft gegeben haben. Politische Mandate sind unabhän-gig von der föderalen Ebene bei den genannten Unternehmen im Energiesektor primär in der Deutsch-schweiz virulent. In der Region WestDeutsch-schweiz/Tessin haben höchstens die Hälfte der erwähnten öffentli-chen Energieunternehmen einen oder mehrere politische Entscheidungsträger in ihren Verwaltungsräten.

Quelle: Rückmeldungen der Online-Umfrage bei den Kantonen u. Städten, Datenaufbereitung durch Polynomics.