2.2 Analyse von Managementszenarien
2.2.1 Web-Hosting Szenario
Das Leibniz Rechenzentrum (LRZ) ist für den Betrieb der Infrastruktur
LRZ stellt Web-Hosting Dienst für Universitäten bereit
des Münchener Wissenschaftsnetzes (MWN) zuständig und ermöglicht im Zuge dessen die Vernetzung der wissenschaftlichen Organisationen in München und Umgebung. Neben der Verwaltung einer Netzinfra-struktur mit über 60 Standorten und mehr als 60.000 angeschlossenen Geräten bietet das LRZ höherwertige Applikationsdienste für affiliierte Institutionen an. Darunter fällt auch unter anderem die im Folgenden
betrachtete Bereitstellung von (virtuellen) Webservern für Institute der angeschlossenen Universitäten und universitätsnahen Einrichtungen.
Webservers
AFS-Filesystem Database
...
...
Nx-switches Loadb
routers
Abbildung 2.3:Web-Hosting Dienst am LRZ
Der Web-Hosting Dienst wird intern durch einen Pool von 20 Webser-vern realisiert und verfolgt die Zielsetzung, eine möglichst unter-brechungsfreie Außendarstellung der Institute mit ca. 300 virtuel-len Webservern zu gewährleisten. Wie aus Abbildung 2.3 ersichtlich wird, sind neben den Webservern eine Storage-Komponente (AFS), ein Datenbank-Cluster sowie mehrere Koppelelemente (Loadb routers, Nx-switches) an der Diensterbringung beteiligt. Aus Gründen der Fehlerto-leranz bzw. Lastverteilung wurden zusätzlich Komponenten redundant
ausgelegt und sind deshalb mehrfach vorhanden.
Für die Größe dieses Szenarios typisch ist die organisatorische
Auftei- Organisa-torische
Auftei-lung lung der Diensterbringung: Dedizierte Organisationseinheiten sind mit der Verwaltung einzelner Dienstkomponenten betraut. Wie in Abbil-dung2.3durch entsprechende Symbole angedeutet wird, liegt für den Web-Hosting Dienst dabei eine Aufteilung in die Abteilungen Kom-munikationsnetze, Datenbanken, Storage und Web vor. Jede Abteilung führt eine Reihe von Managementaufgaben aus bzw. verwaltet Manage-mentinformationen, um eine reibungslose Funktion des Web-Hosting Dienstes sicherzustellen. Die dafür eingesetzten Managementwerkzeuge sind allerdings abteilungsspezifisch; während die Abteilung Kommuni-kationsnetzeHP OpenView Network Node Manager zur Überwachung der an der Diensterbringung beteiligten Router und Switches benutzt, greift die mit der Administration der Datenbank betraute Abteilung zur Erfüllung der gleichen Aufgabe aufNagios zurück.
Herausforderungen für das Management
Während der am LRZ eingesetzte Managementansatz ein effektives und
Übergang zum Dienstmanage-ment stellt neue Anforde-rungen
integriertes Netz- und Systemmanagement ermöglicht, erfordern verän-derte Marktbedingungen und Kundenwünsche eine verstärkt dienstori-entierte Betrachtung. Der Fokus der verwendeten Werkzeuge, respekti-ve der respekti-verwalteten Managementinformation, liegt allerdings bisher auf den dienstrealisierenden Komponenten – Aussagen über den Dienst als Ganzes können nicht getroffen werden. Beispielsweise kann der Sta-tus des Routers oder eines Web-Servers mit Hilfe der verwendeten Ma-nagementtools einfach bestimmt werden, was nicht auf den Zustand des von diesen Komponenten realisierten Web-Hosting Dienstes zutrifft.
Als Konsequenz werden anfallende Dienstmanagementaufgaben anhand von Betriebserfahrung vorgenommen, ein strukturierter automatisierter Austausch von Informationen erfolgt dabei nur eingeschränkt. Um den angestrebten Übergang zum Dienstmanagement zu vollziehen, müssen demzufolge eine Reihe neuer Herausforderungen bewältigt werden, die im Folgenden skizziert werden:
• Herstellung einer Managementsicht auf den Dienst
Das LRZ möchte zunächst den Web-Hosting Dienst in ähnlicher Weise wie bestehende Netz- und Applikationskomponenten mana-gen. Die entscheidende Prämisse hierfür stellt eine Management-sicht auf den Dienst dar, d.h. eine für das Management erfassbare Beschreibung des Dienstes. Dafür müssen managementrelevante Charakteristika des Dienstes modelliert und somit der Dienst, wie in Abschnitt 2.1beschrieben, als Managementobjekt aufge-fasst werden.
• Austausch von Dienstmanagementinformationen
Um einen kooperativen Betrieb des Dienstes über die verschie-denen Abteilungen hin zu ermöglichen, muss ferner sichergestellt werden, dass die beteiligten Personen/Managementwerkzeuge ei-ne gemeinsame Managementsicht auf den Dienst teilen. Dies er-fordert primär den Zugriff auf eine gemeinsame Datenbasis für Dienstmanagementinformationen, deren Struktur und Modellie-rungsansatz ebenfalls festgelegt werden müssen. Darüber hinaus legt das LRZ Wert auf eine Integration in die vorhandene Mana-gementlandschaft: Eine neue Lösung ohne Modifikation der beste-henden Werkzeuge und Managementmodelle verwenden zu kön-nen, gilt hierbei als der vordringlichste Wunsch.
• Emittlung des Informationsbedarfs
Zu ermitteln, welche Managementinformationen für den Web-Hosting Dienst tatsächlich benötigt werden, stellt eine weite-re Managementherausforderung dar. Dabei lässt sich prinzipiell der Wunsch nach einer möglichst weitreichenden Unterstützung der anfallenden Dienstmanagementaufgaben über den gesamten Dienstlebenszyklus hinweg feststellen. Es sollte insbesondere mög-lich werden, Managementinformationen beginnend mit der Pla-nung bis zum tatsächlichen Betrieb des Dienstes konsistent zu erfassen. Welche Informationen dabei konkret benötigt werden, variiert allerdings mit den Ansprüchen der jeweiligen Abteilung:
Beispielsweise möchte die AbteilungWeb Statistiken zu der Ver-fügbarkeit und Auslastung des Dienstes erheben, um Leistungsbe-richte gegenüber den Kunden erstellen zu können. Die Abteilung Kommunikationsnetze hingegen ist mehr an einer lückenlosen
Do-kumentation funktionaler, temporaler und topologischer Abhän-gigkeiten zwischen dem Web-Hosting Dienst und den vorhande-nen Netzkompovorhande-nenten interessiert, um somit Dienstfehler schnell und proaktiv zu erkennen. Aus diesen unterschiedlichen Anforde-rungen wird deutlich, dass an dieser Stelle ein methodisches Vor-gehen notwendig wird, mit Hilfe dessen der Informationsbedarf umfassend und nachvollziehbar ermittelt werden kann.
• Betrieb des Dienstes in Einklang mit vertraglichen Vereinbarun-gen
Von Seiten der Kunden besteht verstärkt der Bedarf nach fest-gelegten Qualitätseigenschaften des Dienstes und deren vertrag-liche Absicherung in Service Level Agreements (SLAs). Das LRZ möchte diese Entwicklung antizipieren und Managementlösungen schaffen, die einen Betrieb des Web-Hosting Dienstes in Einklang mit vertraglichen Vereinbarungen gewährleisten. Aus Sicht der In-formationsmodellierung ergibt sich somit die Notwendigkeit, Be-ziehungen zwischen dem Dienst und den entsprechenden Kunden bzw. SLAs zu erfassen. Nicht zuletzt soll es damit Management-werkzeugen (z.B. [Han07, Sch07]) ermöglicht werden, evtl. Ver-stöße gegen Dienstvereinbarungen frühzeitig zu erkennen.
• Einbettung in Managementprozesse
Das LRZ steht im Begriff, den organisatorischen Ablauf des Dienstmanagements an den Vorgaben der IT Infrastructure Li-brary (siehe Abschnitt3.1.4) auszurichten. Dies umfasst die Ein-führung dokumentierter Managementprozesse, die Festlegung von Prozessverantwortlichen und die Einführung von Prozesskenn-zahlen. Für die Informationsmodellierung erwächst daraus die Herausforderung, zur Ausführung dieser Prozesse benötigte Daten zur Verfügung zu stellen und in der Festlegung von Dienstmana-gementinformationen zu berücksichtigen.
Wie aus den genannten Punkten hervorgeht, besteht eine vorrangige Zielsetzung einer Informationsbasis für Dienstmanagementinformatio-nen darin, für eine kooperative Bewältigung von Dienstmanagement-aufgaben notwendige Informationen bereitzustellen. Als weitere Her-ausforderungen können in diesem Zusammenhang auch die Erfassung
von Abhängigkeitsbeziehungen und Überwachung von Dienstmanage-mentinformationen angesehen werden. Sie treten besonders deutlich in dem nachfolgenden Grid-Szenario auf und werden deshalb an dieser Stelle zusammen mit weiteren Aspekten vorgestellt.