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Waffenlieferungen an den nord- und Süd-Sudan

Die Befürchtungen, zwischen Nord- und Süd-Sudan könnten neue Kämpfe ausbrechen, werden durch Berichte über Waffenkäufe beider Seiten unter-mauert. Im Folgenden ein Überblick über Waffenhandel mit dem Sudan und innerhalb des Landes.

Steigende Militärausgaben im Norden

Begünstigt durch die wachsenden Einnahmen aus dem Ölgeschäft, hat die sudanesische Regierung die Ausgaben für das Militär, die sich zwischen 2001 und 2003 auf insgesamt 1,722 Milliarden US-Dollar beliefen, in den Jahren 2004 bis 2006 auf 3,868 Milliarden US-Dollar erhöht. Zu den größeren Lieferungen seit 2003, dem Jahr, als der Konflikt in Darfur ausbrach, werden bis 2009 zwölf MiG-29-Jagdflieger, 31 Kampfhubschrauber und 30 Trans-portpanzer (APC) aus Russland gerechnet, weiterhin 11 Erdkampfflugzeuge vom Typ SU-25 und 50 APCs aus Weißrussland, mindestens 12 A-5 und 12 K-8-Erdkampfflugzeuge und eine nicht bekannte Zahl von Panzern des Typs 85-IIM sowie von APCs aus China und eine ebenfalls nicht bekannte Anzahl leichter APCs, Nachrüstungssätze für Panzer und Artillerieraketen aus dem Iran. Man nimmt an, dass China und der Iran wichtige Lieferanten von Handfeuerwaffen und leichten Waffen für die sudanesische Armee sind und dass solche Waffen auch von anderen Ländern geliefert werden. Der Nord-Sudan hat mit ausländischer Hilfe eine eigene Waffenindustrie mit begrenzten Kapazitäten aufgebaut. Produziert werden Handfeuerwaffen, und mit importierten Bauteilen werden Artillerie und Panzerfahrzeuge montiert.

Die gestiegenen Militärausgaben und Waffenkäufe im Nord-Sudan sind nicht unbedingt auf die gegenwärtigen Entwicklungen im Süd-Sudan zurückzuführen. Viele der beschafften Waffen sind für den Einsatz in Darfur bestimmt. Dazu kommt der Ersatz von im Kampf verlorenen Waffen.

Bedacht werden muss auch, dass sich der Sudan durch einige Nachbar-länder bedroht sieht. Der Tschad unterstützt Rebellen in Darfur und hat in jüngster Zeit erheblich aufgerüstet. Auch Eritrea wird beschuldigt, Rebellen in Darfur zu unterstützen, während Äthiopien und Kenia mit dem Süd-Sudan freundschaftliche Beziehungen pflegen. Panzer des Süd-Sudans sind in Äthiopien instandgesetzt worden. Kenia bildet süd-sudanesisches Militär aus und wird beschuldigt, an Waffenlieferungen in den Süd-Sudan beteiligt zu sein.

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Sudan – Kein leichter Weg in die Zukunft

Militärische Aufrüstung im Süd-Sudan

Die Regierung Süd-Sudans (GoSS) wandelt die Sudan People’s Liberation Army (SPLA) von einer Guerillatruppe in eine reguläre Armee um, wozu auch Pläne zum Aufbau einer Luftwaffe und von Flussstreitkräften gehören.

Dies ist zum einen eine Reaktion auf die angenommenen Bedrohungen aus dem Norden, zum anderen auf viele Sicherheitsprobleme im Inneren.

2008 lagen die Ausgaben für die SPLA offiziell bei 917 Millionen US-Dollar;

2009 fielen sie auf 449 Millionen US-Dollar. Das Militärbudget für 2010 soll beinahe ein Drittel des Staatshaushalts von 4,3 Milliarden sudanesischen Pfund (1,9 Milliarden US-Dollar) umfassen.

Doch wenn auch erhebliche Waffenkäufe erwartet werden, bleibt unklar, ob die GoSS tatsächlich bereits Waffen in nennenswertem Umfang erhalten hat. 2008 und 2009 wurde der Großteil des SPLA-Budgets für Gehälter ausgegeben, nur zehn Prozent oder weniger waren Investitionen.

Einige Länder, darunter die USA und Großbritannien, bieten logistische Unterstützung und Hilfe bei der militärischen Ausbildung, liefern aber, soweit bekannt, keine Waffen. Allgemein wird angenommen, dass bis zu 110 T-72-Panzer, die die Ukraine an Kenia geliefert hat, in Wahrheit für die SPLA bestimmt waren. Bislang gibt es keine Beweise für andere Waffen-käufe, und die SPLA ist immer noch wesentlich schlechter ausgerüstet als die nord-sudanesischen Streitkräfte. Sie verfügt über keine Luftwaffe und, soweit bekannt, nur über sehr begrenzte Kapazitäten zur Luftabwehr und sehr wenige schwere Waffen. Als Abschreckung gegen den Nord-Sudan dient weiterhin die große Zahl leicht Bewaffneter mit beachtlichen Erfah-rungen im Guerillakampf.

Lieferung leichter Waffen

Nicht nur die Waffenkäufe der beiden Regierungen schüren die Spannungen und Konflikte. Die weit verbreiteten Stammeskämpfe und andere gewalt-same Auseinandersetzungen sowohl im Süd-Sudan wie in Teilen des Nordens werden dadurch begünstigt, dass im ganzen Land leichte Waffen in großer Zahl vorhanden sind. Man schätzt, dass Zivilisten und nicht-staat-liche bewaffnete Gruppen im ganzen Land bis zu zwei Millionen leichte Waffen besitzen, wovon sich etwa 750.000 im Süd-Sudan befinden. Diese Waffen sind das Erbe von Jahrzehnten bewaffneter Gewalt im Sudan und in den angrenzenden Regionen. Sie kommen über die Grenzen ins Land, werden im Kampf erbeutet oder aus Waffenlagern gestohlen. Zudem wird vermutet, dass viele Waffen von der Regierung oder den Bundesstaaten an ihre jeweiligen Handlanger verteilt worden sind. Die GoSS hat versucht, die Bevölkerung im Süd-Sudan zu entwaffnen, ist dabei jedoch auf

erhebli-Sudan – Kein leichter Weg in die Zukunft Pieter Wezemann Waffenlieferungen an den Nord- und Süd-Sudan

chen Widerstand gestoßen. Nach wie vor werden neue Waffen in die Region gebracht.

Rüstungskontrolle tut Not

Mit den zur Verfügung stehenden Quellen lässt sich ein schrankenloses Wettrüsten zwischen Nord- und Süd-Sudan nicht belegen. Das Risiko eines erneuten bewaffneten Konflikts zwischen Norden und Süden wächst jedoch durch die fortgesetzten Waffenlieferungen an den Nord-Sudan, durch die wahrscheinlich heimlichen Waffenkäufe seitens der GoSS und durch die weite Verbreitung von Waffen in beiden Regionen.

Ausländische Akteure können dazu beitragen, den Frieden im Süd-Sudan zu erhalten, indem sie Waffenexporte kontrollieren. Die Europä-ische Union und die USA haben Waffenverkäufe an die sudanesEuropä-ische Regie-rung bereits verboten. Sie sollten darüber hinaus ihren Einfluss und ihre militärischen Kontakte nutzen, damit Waffenkäufe durch die GoSS und andere Regierungen in der Region transparent und verantwortungsbewusst verlaufen. Russland, China und andere Waffenlieferanten des Nord-Sudans sollten sich Beschränkungen auferlegen und die sudanesische Regierung für die Verwendung der erhaltenen Waffen rechenschaftspflichtig machen.

Schließlich sollten die Länder der Region dabei unterstützt werden, die unkontrollierte Verbreitung leichter Waffen einzudämmen.

Pieter Wezemann ist Forschungsleiter des Arms Transfers Programme am Internationalen Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI).

Literatur

Lewis, M., «Skirting the Law: Sudan’s Post-CPA Arms Flows», Small Arms Survey, 2009 SPIRI Arms Embargo Database, http://www.spiri.org/research/armaments/transfers/

controlling/arms_embargoes

SPIRI Arms Transfers Database, http://armstrade.spiri.org/armstrade

SPIRI Military Expenditure Datbase, http://www.spiri.org/research/armaments/milex

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Sudan – Kein leichter Weg in die Zukunft

marina Peter

Blue nile, nuba mountains