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II. Sachverhalt und Beweiswürdigung

11. Zu überprüfende Anklagepunkte betreffend C.________

11.1 Vorwurf gemäss Ziffer B.1.1. der Anklageschrift

Nach Ziffer B.1.1. der Anklageschrift soll C.________ in der Zeit von Anfang 2014 bis Ende März/Anfang April 2015 in Bern, Zürich und andernorts eine unbestimmte Menge Methamphetamin in der Grössenordnung von mindestens 940 Gramm Crystal und 7‘800 Stück Thaipillen erworben und veräussert haben. Im Besonderen soll er wie folgt gehandelt haben (pag. 5403):

C.________ kaufte eine unbestimmte Menge Methamphetamin in Form von Crystal und Thaipillen zum Preis von CHF 130.00/Gramm Crystal und 13.00/Stück Thaipillen. Gemäss seiner Buchhaltung

hatte er bis Ende März/Anfang April 2015 mindestens 940 Gramm Crystal und 7‘800 Thaipillen erworben von unbekannten Lieferanten. Eine unbestimmte Menge davon (abzüglich Eigenkonsum) veräusserte er an unbekannte Annehmer in Bern, Zürich und andernorts.

11.1.2 Beurteilung der Vorinstanz

Die Vorinstanz erwog, dass die Staatsanwaltschaft diesen Anklagepunkt auf einen anlässlich einer Personenkontrolle von C.________ am 16. März 2015 sichergestellten Notizzettel und dessen entsprechende Interpretation stützte.

C.________ habe zugegeben, seinen Lebensunterhalt aus Drogenhandel zu bestreiten, die Berechnung der Staatsanwaltschaft aufgrund des Notizzettels habe er hingegen als «Blödsinn» betitelt. Sie führte aus, dass mit dem Eintrag auf dem Notizzettel «R 7800x130» Thaipillen gemeint seien und es sich bei «W 9.400» um Crystal handeln könnte. Es stehe jedoch nicht 940 Gramm, wobei es sich um eine Missschreibung handeln könne. Der undatierte Zettel lasse sich zeitlich nicht genau einordnen. Es bestehe die Gefahr, dass die in den übrigen Anklageziffern aufgeführten Drogenmengen, die praktisch alle in denselben Zeitraum fallen würden, doppelt berücksichtigt würden. Der angeklagte Sachverhalt sei für das Gericht nicht rechtsgenüglich erstellt, weshalb ein Freispruch zu erfolgen habe (pag. 6107 f., S. 30 f. der Urteilsbegründung).

11.1.3 Vorbringen der Parteien

Die Staatsanwaltschaft brachte im Berufungsverfahren insbesondere vor, C.________ habe den Handel im Jahr 2014 mehrmals zugegeben. Neben seinen Aussagen gebe es weitere Indizien, so habe er beispielsweise einen Lebensstandard gehabt, der mit legalen Einkünften nicht haltbar gewesen wäre.

Ausserdem gebe es den am 16. März 2015 sichergestellten Notizzettel (pag. 963).

Anhand von Indizien sei die zeitliche Einordung dieses Zettels entgegen der Vorinstanz möglich. Er müsse die Zeit vor dem 16. März 2015 betreffen. Es sei ein neuer Einkauf vermerkt, der im Betrag dem Einkauf vom 7. April 2015 entspreche.

In einem Telefongespräch habe C.________ gesagt, er habe laufend Anfragen.

Zudem habe er in einem Telefongespräch mit P.________ am 3. April 2014 nach seinem Notizbüchlein gefragt und gesagt, er habe die letzte Abrechnung gestern um Mitternacht gemacht. Das spreche dafür, dass C.________ jeweils eine aktuelle Buchhaltung geführt habe (pag. 6389).

Die Verteidigung von C.________ plädierte insbesondere, bei der Interpretation der Buchstaben und Zahlen auf dem Notizzettel gebe es grosse Untersicherheiten. Die Zweifel werde man nicht los. Da der Zettel nicht datiert sei, bestehe zudem die Gefahr der Doppelverwertung (pag. 6393 f.).

11.1.4 Würdigung der Kammer

In der Schlusseinvernahme von C.________ am 3. Februar 2017 wurde ihm seitens der Staatsanwaltschaft allein der Vorwurf gemacht, er habe eine unbestimmte Menge Methamphetamin in der Grössenordnung von mindestens 940 Gramm Crystal und 7‘800 Stück Thaipillen in der Zeit von Anfang 2014 bis Ende März/Anfang April 2015 erworben (pag. 1678). Demgegenüber lautet die Anklageschrift auf Erwerb und Veräusserung dieser Mengen an Crystal und Thaipillen. Weiter ist festzustellen, dass der Tatzeitraum mit «Anfang 2014 bis

Ende März/Anfang April 2015» ausserordentlich lang ist, nämlich rund 1 ¼ Jahre.

Weiter fällt – wie bei A.________ (vgl. Ziffer II.10.1. oben) – auf, dass sowohl der Erwerb von unbekannten Lieferanten erfolgt und eine unbestimmte Menge (erworbene Menge abzüglich Eigenkonsum) an unbekannte Abnehmer in Bern, Zürich und andernorts veräussert worden sein sollen. Keine einzige Erwerbs- oder Veräusserungshandlung, die unter dieser Ziffer B.1.1. der Anklageschrift erfasst wird, ist auch nur ansatzweise bekannt. Auch der Preis für die Veräusserung ist nicht bekannt. Unter diesen Umständen ist eine wirksame Verteidigung nicht möglich. Bezüglich des Vorwurfs der Veräusserung von Methamphetamin ist folglich der Anklagegrundsatz (vgl. Ziffer I.7.1. oben) verletzt. Was den Vorwurf der Veräusserung betrifft, hat im Anklagepunkt Ziffer B.1.1. daher eine Einstellung des Verfahrens zu erfolgen. Viel zu schwer wiegt dieser Anklagepunkt, als dass über die dieser Ziffer der Anklageschrift bezüglich Veräusserung anhaftenden Mängel hinweggesehen werden könnte.

Letzten Endes genügt die Ziffer B.1.1. der Anklageschrift auch betreffend Erwerb von mindestens 940 Gramm Crystal und 7‘800 Stück Thaipillen den Anforderungen an eine dem Anklaggrundsatz genügende Anklageschrift nicht. Es bleibt unbekannt, wie, wo, von wem, wann, unter welchen Umständen, in welchen Mengen das Methamphetamin über einen Zeitraum von rund 1 ¼ Jahren erworben worden sein soll. Da dies nicht bekannt ist, finden sich dazu keine Angaben in der Anklageschrift. Einzig Bern und Zürich sowie das nichtssagende «andernorts» sind als Deliktsorte aufgeführt. An dieser Beurteilung vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass C.________ in der polizeilichen Einvernahme vom 28. Oktober 2014 zu Protokoll gegeben hat: «Ich verdiene mein Geld mit Drogenverkauf»

(pag. 1411). Dies kann für den Nachweis einer konkreten Tat nicht reichen.

Aufgrund dieser fehlenden Konkretisierungen lässt sich sodann nicht ausschliessen, dass sich der Vorwurf mit anderen Anklagepunkten überschneiden könnte. So führte denn auch die Generalstaatsanwaltschaft aus, eine Doppelberücksichtigung im Verhältnis zum Anklagepunkt Ziffer B.1.11. sei zu vermeiden. Sie tat dies, indem sie von den 940 Gramm zu CHF 180.00 pro Gramm und den 7‘800 Thaipillen zu CHF 18.00 pro Stück, ausmachend einen Wert von insgesamt CHF 309‘600.00, den sichergestellten Betrag von CHF 222‘300.00 in der Anklageziffer B.1.11. (übereinstimmend mit dem Deliktsbetrag gemäss Anklageziffer B.4.2.) abzog (pag. 6389). Das ergibt den Betrag von CHF 87‘300.00.

Dies reicht allerdings nicht aus, um eine Doppelberücksichtigung in jedem Fall zu vermeiden. Die Zeitspanne «Anfang 2014 bis Ende März/Anfang April 2015»

überschneidet sich auch in Teilen mit den angeklagten Zeiträumen in den Anklageziffern B.1.3., B.1.4., B.1.5., B.1.6., B. 1.7. sowie B.1.8. Diese Ziffern der Anklageschrift haben (mit Ausnahme von Ziffer B.1.6. der Anklageschrift bzw. Ziffer B.II.1.2. des Urteilsdispositivs) zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt (Urteilsdispositiv Ziffern B.III.1.1. bis 1.8., pag. 6061). Es lässt sich nicht rechtsgenüglich ausschliessen, dass es durch einen Schuldspruch gemäss Ziffer B.1.1. der Anklageschrift zu einer unzulässigen Doppelzählung und damit Doppelbestrafung kommen könnte.

Eine wirksame Verteidigung gegen eine solch vage Anklage war nicht gewährleistet. Der Anklagegrundsatz ist verletzt. Das Verfahren gegen C.________

wegen Erwerbs und Veräusserung einer unbestimmten Menge Methamphetamin in der Grössenordnung von mindestens 940 Gramm Crystal und 7‘800 Stück Thaipillen, angeblich begangen in der Zeit von Anfang 2014 bis Ende März/Anfang April 2015 in Bern, Zürich und andernorts, ist daher einzustellen. Selbst wenn der Anklagegrundsatz als gewahrt qualifiziert worden wäre, hätte insbesondere die Gefahr einer unzulässigen Doppelzählung und damit einer Doppelbestrafung möglicherweise – wie die Vorinstanz begründete – zu einem Freispruch geführt.

11.2 Vorwurf gemäss Ziffer B.1.6. der Anklageschrift