• Keine Ergebnisse gefunden

Projektbericht Beschneiungsklimatologie Teil II: Methoden

2.1.3 Vorbemerkungen zu Wetter und Klima im Gebirge

Wie schon die Höhe der Dauersiedlungen, die Baumgrenzen und die Höhenlagen der Glet-scher zeigen, gibt es große regionale Unterschiede des Klimas innerhalb der Alpen (Abermann et al., 2011). Am Südrand und Nordrand der Alpen fallen bei entsprechenden Anströmungs-richtungen in kurzer Zeit große Niederschlags- bzw. Schneemengen. Zentralalpin sind die Nie-derschlagsmengen oft geringer. Die Gletscher können daher am Alpennordrand in niedrigeren Höhen existieren als am Alpenhauptkamm (Beispiele für Gletscher in den Nordstaulagen sind z.B. der Schwarzmilzferner oder der Hallstätter Gletscher). Die höchsten Bauernhöfe im Ötztal liegen auf etwa 2000 m, also mehr als 500 m höher als die höchsten Höfe im Bereich Kitzbühel oder im Salzburger Pongau.

Seit etwa 1770 gibt es instrumentelle Aufzeichnungen über das Klima des Alpenraumes

(www.zamg.ac.at/HISTALP/; Auer et al, 2007). Da sich in dieser Zeit auch die Messgeräte ge-ändert haben, müssen diese Aufzeichnungen homogenisiert werden (Böhm et al, 2001). Es gibt in Österreich eine Reihe von Messstationen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodyna-mik sowie der Hydrographischen Dienste der Länder, die standardisiert und streng qualitätskon-trolliert werden. Da die großräumigen Luftströmungen durch das Gebirge modifiziert werden (Whiteman, 2000; Liljequist und Cehak, 1984), können auch benachbarte Stationen oft recht unterschiedliche Werte messen. Effekte wie Stauniederschläge (besonders hohe Niederschläge durch das erzwungene Anheben der Luftmassen am Gebirge) oder Inversionen (Temperaturen im Tal kälter als am Berg) prägen die Witterung und auch das Klima im Gebirge. Diese Effekte sind oft sehr kleinräumig, und es ist schon kaum möglich sie in hoch aufgelösten Wettermodellen wiederzugeben, geschweige denn in Klimamodellen, die oft über schlechte räumliche Auflösung verfügen um die Rechenzeiten klein zu halten.

Der Parameter Temperatur ist in Messung und Modellierung sicherer zu bestimmen, bei Nie-derschlag und Luftfeuchte gibt es im Vergleich zur Temperatur größere Unsicherheiten.

Für die Beschneiung sind besonders wichtig:

• lokale Windsysteme

• die Schichtung der Atmosphäre innerhalb des Tales

• die Einstrahlungs- und Ausstrahlungsbedingungen

1. Typische lokale Windsysteme sind Taleinwind und der Talauswind. Sie entstehen dadurch, dass die Sonnenstrahlung in der Talatmosphäre anders, nämlich wirksamer, umgesetzt wird als in der Atmosphäre über der Ebene. Dies führt zu einer stärkeren Erwärmung im Tal untertags und damit zu einem Wind taleinwärts. Bei Nacht ist die Ausstrahlung, das heißt die Abkühlung der bodennahen Luft im Tal, stärker und die Luft strömt aus dem Tal in die Ebene hinaus. Dieser Effekt der verschiedenen Aufheizung tritt z.B. im Inntal an nahezu der Hälfte aller Schönwettertage auf und ist am stärksten im August und September zu beobachten.

Im Winter sind diese lokalen Windsysteme, auch thermische Windsysteme genannt, wegen einer Häufung von Inversionslagen viel seltener zu beobachten.

2. Bei Inversionslagen tritt innerhalb der Talatmosphäre eine Temperaturumkehr auf: kalte Luft befindet sich in Bodennähe und wird von wärmerer Luft überlagert (Vergeiner, et al.

1978; Nickus und Vergeiner, 1984). Diese Inversionen können Schichten mit einer Dicke von hunderten von Metern erfassen.

In Abbildung Abb. 2.1 werden vier an Wintertagen in Klagenfurt gemessene Tempera-turprofile im Klagenfurter Becken gezeigt (Vergeiner und Dreiseitl, 1982). Strichliert ist in der Abbildung der für eine durchmischte Atmosphäre typische Temperaturgradient von

−1C/100 m dargestellt.

Abbildung 2.1: Vertikale Temperaturprofile an Wintertagen im Klagenfurter Becken.

Aus dem obigen ergibt sich zwingend, dass im Winter der Temperaturunterschied zwischen Tal- und Bergstationen nicht nur umgekehrt, sondern auch besonders groß sein kann.

Im Sommer erwärmt die Sonneneinstrahlung die Talatmosphäre tagsüber relativ zur Ebe-ne stärker. Im Winter ergibt sich auf Grund der langen Nacht ein umgekehrter Effekt und die Talatmosphäre kühlt nachts durch langwellige Ausstrahlung relativ zur Ebene stärker ab. Da diese kältere Luft in Bodennähe schwerer ist als warme Luft, widersetzt sie sich dem vertikalen Austausch und bleibt oft tage-, oder sogar wochenlang in den Niederun-gen lieNiederun-gen. Selbst turbulente Winde wie der Föhn sind bisweilen nicht in der Lage solche Inversionen aufzulösen.

3. Für den Strahlungshaushalt der Schneedecke ist unter anderem auch die Bewölkung ein wichtiger Parameter, der ebenfalls nur schwer aus Modellierungen genau berechnet werden kann.

Ohne detaillierte Eichungen sind verallgemeinernde Extrapolationen von einem Ort zum an-dern auch in kleinräumigem, regionalem Maßstab mit großen Unsicherheiten behaftet und in extremen Situationen sogar unmöglich. Deshalb wurde darauf verzichtet für Regionen im Aus-maß von einigen Kilometern mittlere Verhältnisse zu berechnen. Diese Studie wurde mit Daten von im österreichischen Alpenraum verteilten Messstationen erstellt und gilt streng genommen nur für die jeweilige Station. Deutliche Abweichungen von den Werten einer bestimmten Stati-on sind selbst im Nahbereich möglich und häufig, siehe Abb. 2.2. Sie sind stark abhängig vStati-on unterschiedlichen Faktoren wie Mikroklima (Hang- und Talwinde) und Topographie (Hangnei-gung, Exposition, Höhenlage, Tallagen). Aus diesem Grund können etwa in einem benachbarten, schattigen Hang gute Beschneiverhältnisse herrschen, während an der Station selbst die Feucht-temperatur bereits jenseits des Grenzwertes zur künstlichen Beschneiung liegt, oder auch umge-kehrt.

02/02/80 03/02/80 04/02/80

Vergleich Stationen in verschiedenen Höhen 2.−4. Februar 1980, Obergurgl

Hohe Mut 2600m Schönwies 2300m Obgl. Wiese 1900m

02/02/800 03/02/80 04/02/80

10

rel. Luftfeuchte in %

Abbildung 2.2: Verlauf von Lufttemperatur und -feuchte an drei Stationen nahe Obergurgl über 3 Februartage. Es wird deutlich, dass die Seehöhe der Stationen nicht allein für den Verlauf der Parameter verantwortlich ist, so steigt zum Beispiel die Temperatur der höchsten Station (Ho-he Mut, 2600m) bisweilen über die Temperatur der mittleren Station (Schönwies, 2300m) und erreicht einmal sogar das gleiche Niveau wie an der tiefsten Station (Obergurgl Wiese, 1900m) Daten aus Patzelt 1987.

2.2 Methode

2.2.1 Feuchttemperatur

Die Feuchttemperatur wird in der Meteorologie gemessen um Feuchtigkeitsgrößen zu be-stimmen. Neben einem normalen Thermometer werden Wetterstationen mit einem sogenannten Feuchtthermometer ausgestattet, einem Thermometer das in ein nasses Stück Stoff gewickelt ist. Das im Stoff enthaltene Wasser verdunstet umso mehr, je trockener die Luft ist. Der Ver-dunstungsprozess benötigt Energie, welche der Umgebung entzogen wird. Das führt zu einer

Abkühlung, so dass die Temperatur am Feuchtthermometer bei nicht gesättigter Luft unter je-ner am Trockenthermometer liegt. Aus dem Unterschied lässt sich unter anderem die relative Luftfeuchtigkeit bestimmen.

Umgekehrt kann aus der relativen Luftfeuchtigkeit und der Lufttemperatur die Feuchttempe-ratur mit Hilfe der sogenannten Psychrometerformel berechnet werden. Es handelt sich dabei um ein iteratives Verfahren, das darauf beruht, dass die Feuchttemperatur definitionsgemäß immer zwischen dem Taupunkt und der Lufttemperatur liegt. Lediglich bei Sättigung (100% relative Luftfeuchtigkeit) sind alle drei Werte gleich groß.

Bei der Schneeproduktion kann ein Teil des Wassers (Schnees) verdunsten (sublimieren), wo-durch der Umgebung Energie entzogen wird und die Temperatur sinkt, was für die Beschneiung förderlich ist. Je trockener die Luft bei einer gegebenen Lufttemperatur ist, desto höher ist die mögliche Schneileistung. Um diesen Effekt zu berücksichtigen wird in dieser Studie die Feucht-temperatur herangezogen.

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

−25

Abbildung 2.3: Zeitliche Entwicklung der Anzahl an Tagen pro Saison mit Unterschreitung des Tagesmittelwertes der Feuchtemperatur in1C Klassen für die Periode 1938-2014, St. Jakob i.

Def.

Farbkodierte Darstellung der Feuchttemperatur in 1C Klassen, beispielhaft für St. Ja-kob, 1938 bis 2014, jeweils von Oktober bis März. Für jede Saison (X-Achse) kann die Anzahl der Tage (Farbskala) mit einem bestimmten Wert der Feuchttemperatur (Y-Achse links, Celsius) abgelesen werden. Man erkennt, dass an den meisten Tagen der Saison Feuchttemperaturtagesmittel zwischen etwa 5C und etwa −7C erreicht werden (grün-gelb-orange Farben), während warme und kalte Extremwerte nur an wenigen Tagen auf-treten (dunkelblau).

2.2.2 Grenztemperatur

Als Grenzwert der Feuchttemperatur für die künstliche Beschneiung dienen die Herstelleran-gaben der Firmen Interfab, Lenko, Sufag und TechnoAlpin. Aus diesen Daten geht eine derzeitige maximale Obergrenze der Feuchttemperatur für technische Beschneiung ohne Verwendung von Zusätzen (z.B. „Snowmax“) von−1,5C hervor. Für diese Studie wurde ein Wert von≤ −2C Feuchttemperatur als Grenzwert festgelegt um bezüglich des Mittelwertproblems und anderen Faktoren wie etwa der Wassertemperatur Rechnung zu tragen.

Auf Basis dieser Grenztemperatur werden Tage mit einem Tagesmittelwert der Feuchttem-peratur≤ −2C als „Beschneitage“ definiert, Stunden mit Feuchttemperatur≤ −2C analog als Beschneistunden. Mit diesen Daten wurden unterschiedliche Grafiken erstellt, die unter anderem die Wahrscheinlichkeit von Beschneibedingunen zu bestimmten Zeiten der Saison darstellen, siehe hierzu Abb. 2.4 und Abb. 2.5 . Abb. 2.4 wurde zur Veranschaulichung aus der Vorstudie (Olefs et al 2007b) übernommen. Wir weisen darauf hin, dass die entsprechenden Abbildungen im Ergebnisteil teils unterschiedliche Y-Skalen haben, da bei Standorten mit geringen Wahr-scheinlichkeiten darauf verzichtet wurde, die Skala bis auf 100% auszudehnen um Details besser sichtbar zu machen.

Abbildung 2.4: Beispielgrafik zur Beschneiwahrscheinlichkeit, übernommen aus Olefs et al 2007b. Für jeden Tag der Saison wird untersucht, in wie vielen Saisons an diesem speziellen Tag das Tagesmittel der Feuchttemperatur≤ −2C lag. In der Periode 1967-1987 war dies am 15. November an 25% der Tage der Fall, in der Periode 1987-2007 an 20% der Tage. Hinweis:

Bei Stationen mit geringen Wahrscheinlichkeiten geht die Y-Achse nicht bis 100% um Details besser sichtbar zu machen.

Nov Dez Jan Feb Mar Apr

Nov Dec Jan Feb Mar Apr

−20

Extremwerte und Mittelwert Feuchttemperatur (°C)

Monate

Wahrscheinlichkeit f. Tagesmittelwert Feuchttemp. ≤ −2°C, Mittelwert und Extremwerte (basierend auf 1993−2014), Feuerkogel 1618m

Abbildung 2.5: Beispielgrafik zur Beschneiwahrscheinlichkeit: Klimatologische Beschneiungs-wahrscheinlichkeit, Feuerkogel, für alle Tage d. Saison (1.10. - 30.4.) auf Basis der Daten von 1987-2014. Für jeden Tag kann die Wahrscheinlichkeit für künstliche Beschneiung abgelesen werden (Tagesmittelwert d. Feuchttemperatur≤ −2C). Um die Schwankungsbreite abschätzen zu können, sind zudem die an diesem Tag jemals höchsten (rot) und jemals tiefsten (blau) Tages-mittelwerte, sowie der Mittelwert angegeben. Der horizontale Balken gibt die Grenztemperatur (Tf =−2C) für die künstliche Beschneiung an (nur relevant für die Temperaturkurve).