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Vorausschätzung des regionalen Wohnungsneubaus in Ostdeutschland

4. Vorausberechnung des ostdeutschen Wohnungsmarkts bis zum Jahr 2030

4.4 Vorausschätzung des regionalen Wohnungsneubaus in Ostdeutschland

Bevölke-rungswachstum in den Großstädten34 und dem Berliner Umland sowie einem flächenhaf-tem Bevölkerungsrückgang in praktisch allen übrigen Kreisen gekennzeichnet. Die posi-tive Entwicklung in diesen großstädtischen „Wachstumsinseln“ wird bei einer Vorausbe-rechnung des Neubaubedarfs auf Bundeslandebene – wie sie in Abschnitt 4.3 dieses Be-richts erfolgte – durch die negative Wohnungsmarktentwicklung in den anderen Kreisen eines Bundeslandes überlagert. Der in diesen Großstädten notwendige Neubaubedarf

34 Es gibt erste Anzeichen, dass sich die Urbanisierung in Ostdeutschland aufgrund steigender Mieten und Kaufpreise in den Großstädten abschwächt und zukünftig ähnlich der Entwicklung in den späten 90er Jah-ren eher das städtische Umland Wanderungsgewinne verzeichnen wird. Eine TJah-rendumkehr ist jedoch vor-erst nicht zu erwarten.

-300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600

1995 2000 2005* 2010** 2015 2020 2025 2030

*Berlin einschließlich West-Berlin **Zensussprung von 2010 auf 2011 entfernt absolute Veränderung zum Bestand 1995

absolute Veränderung zur Zahl der Haushalte 1995 resultierende Veränderung des Leerstands

Vorausberechnung MFH Ost

wird dadurch im Aggregat kaschiert. Aus diesem Grund erscheint eine detailliertere Be-trachtung der Wohnungsmarktentwicklung auf einer regionalen Ebene unterhalb der Bun-desländer sinnvoll.

Als Richtschnur der im Folgenden vorgestellten Analyse dient die kleinräumig vorlie-gende Neubaubedarfsprognose des BBSR [BUNDESINSTITUT FÜR BAU-, STADT- UND

RAUMFORSCHUNG (BBSR)(2015C)]. Das BBSR führte eine nach Ein- und Zweifamilien-häusern und MehrfamilienZweifamilien-häusern kategorisierte bottom-up-Bedarfsprognose auf Kreis-ebene durch, wobei die summierten Neubaubedarfe unterer Gebietsgrößenklassen stets dem Neubaubedarf der übergeordneten Gebietsgrößenklasse entsprechen. Anders als bei einer Wohnungsnachfrageprognose fokussiert eine Wohnungsbedarfsprognose nur auf die Quantität an Wohnungen, die aufgrund der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in einer Region notwendig ist. Aus diesem Grunde weist die BBSR-Prognose beispielsweise für die Bundesländer Thüringen und Sachsen-Anhalt bis 2030 überhaupt keinen Bedarf für den Neubau von Mehrfamilienhäusern aus. Demgegenüber versucht die im Folgenden vorgestellte Analyse, auch Aussagen zur Höhe des tatsächlich realistisch zu erwartenden Wohnungsneubaus zu treffen. Denn auch in Sachsen-Anhalt ist in den wachsenden Städ-ten Halle und Magdeburg mit dem Neubau von Mehrfamilienhäusern in den nächsStäd-ten Jahren zu rechnen.

Im Rahmen dieser Untersuchung können jedoch keine eigenen Bevölkerungs- und Haus-haltsprognosen für alle ostdeutschen Kreise oder Gemeinden durchgeführt werden. Die Entwicklung zukünftiger kleinräumiger Disparitäten bei der Bevölkerungs- und Haus-haltsentwicklung zwischen den heute wachsenden und schrumpfenden Regionen sowie die daraus resultierenden Neubaubedarfe in den Wachstumsregionen können daher nur grob geschätzt werden. Schreibt man die daraus resultierende positive Bevölkerungsent-wicklung in den wachsenden Kreisen und kreisfreien Städten stetig bis 2030 fort und rechnet diese auf Haushalte um, so erhält man im Ergebnis das in diesen Kreisen vorhan-dene Nachfragepotenzial nach Wohnungsneubau im Mehrfamilienhaussegment (siehe Tabelle 5).35 Nach einer Verschneidung dieses Nachfragepotenzials mit den in den jewei-ligen wachsenden Kreisen und kreisfreien Städten vorhandenen Wohnungsleerständen kann der Neubaubedarf für diese wachsenden Kreise abgeschätzt werden.

Für die schrumpfenden Kreise Ostdeutschlands wird der zukünftige Wohnungsneubau näherungsweise aus den Baufertigstellungszahlen der Vergangenheit fortgeschrieben. Es ist anzunehmen, dass hier vor allem der Bau von Ferien- und Freizeitwohnungen, der Ersatzneubau nach Gebäudeabrissen sowie der qualitativ induzierte Wohnungsneubau

35 Aufgrund des Stadtstaatcharakter Berlins ist einen Differenzierung nach wachsenden und schrumpfenden Kreisen nicht möglich, weshalb Berlin im Folgenden von der regionalisierten Berechnung ausgeklammert wird.

aufgrund unzureichend geeigneter Bestandswohnungen zusammenfallen. Unter Addition der Neubaubedarfe in den wachsenden Kreisen und des fortgeschriebenen Wohnungs-neubaus in den schrumpfenden Kreisen erhält man nach Einbeziehung des Ein- und Zwei-familienhausbaus sowie des Wohnungsneubaus im Bestand den regionalisierten Woh-nungsneubau in den ostdeutschen Flächenländern. Dieser liegt mit 47.389 Wohnungen pro Jahr rund 8 % über dem auf Ebene der Bundesländer ermittelten Wohnungsneubaus.

In der Folge erhöht sich dadurch auch der Wohnungsleerstand in Ostdeutschland in selber Höhe.

Tabelle 5: Regionalisierter Wohnungsneubau nach ostdeutschen Bundesländern bis 2030

BE BB MV SN ST TH schrumpfen-den Kreisen p. a. (Durchschnitt letzte 4 Jahre)

Quelle: Bevölkerungsfortschreibung, Zensus 2011 und eigene Berechnungen und Darstellung.

Auffällig ist der im Vergleich zur Berechnung auf Bundesländerebene deutlich höhere Wohnungsneubau in Sachsen. Auch in den ebenfalls durch starke Stadt-Land-Dichoto-mien geprägten Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt liegt der regionalisiert be-trachtete Wohnungsneubau höher als jener, welche auf der gröberen Betrachtungsebene

der Bundesländer berechnet wurde. In diesen drei stark durch Urbanisierung geprägten Bundesländern wird der zuvor angesprochene Überlagerungseffekt zwischen wachsen-den und schrumpfenwachsen-den Kreisen besonders sichtbar.

Auf den ersten Blick erstaunlich ist der im Vergleich zur vorangegangenen Vorausbe-rechnung nun niedriger abgeschätzte Wohnungsneubau in Brandenburg und Mecklen-burg-Vorpommern. Die Erklärung hierfür liegt in den Baufertigstellungszahlen, die in beiden Bundesländern in der Vergangenheit im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung deutlich zu hoch waren. Die Bauaktivität – gerade auch im Mehrfamilienhaussegment – ist in diesen beiden Bundesländern auch in den wachsenden Kreisen höher als der Bedarf aufgrund der Haushaltsentwicklung. So wurden im schrumpfenden Kreis Vorpommern-Rügen in den vergangenen 4 Jahren seit 2011 mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern fertiggestellt als in der stark wachsenden Großstadt Leipzig.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine regionalisierte Betrachtung des Woh-nungsneubaus auf Ebene der Kreise validere Aussagen zur zukünftigen Entwicklung des Wohnungsbestandes sowie des Wohnungsleerstandes für die Bundesländer ermöglichen.

Während in den stärker durch Urbanisierung geprägten Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verglichen mit der flächenhaften Vorausberechnung auf Bundes-landebene mit einem deutlich höheren Wohnungsneubau zu rechnen ist, muss für Bran-denburg und Mecklenburg-Vorpommern von geringfügig niedrigeren vorausgeschätzten Baufertigstellungszahlen ausgegangen werden. In Summe liegt der über alle Bundeslän-der geschätzte Wohnungsneubau bis 2030 bei 47.389 Wohnungen pro Jahr. Da in schrumpfenden Regionen jeder Wohnungsneubau sofort leerstandswirksam wird, wächst auch der Wohnungsleerstand nach regionalisierter Betrachtung leicht auf rund 30.800 jährlich leer fallende Wohnungen. Bis 2030 stehen in Ostdeutschland nach dieser Berech-nung rund 1,2 Mill. WohBerech-nungen leer.

4.5 Zwischenfazit zur Vorausberechnung des ostdeutschen Wohnungsmarkts