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4. Vorausberechnung des ostdeutschen Wohnungsmarkts bis zum Jahr 2030

4.2 Vorausberechnung der Zu- und Abgänge

4.2.1 Methodisches Vorgehen

Die Vorausberechnung zukünftiger Wohnungszugänge folgt den drei durch ZAKRZEWSKI

et al. (2014) beschriebenen (und bereits in Abschnitt 3.7 angesprochenen) gegenwärtig

28 Im Folgenden bezieht sich die Vorausberechnung des Wohnungsbestandes auf die hinsichtlich der Wan-derungsüberschüsse positiveren Variante 2 der Haushaltsvorausberechnung.

29 Die Begriffe „Wohnungszugang“, „Baufertigstellungen“ und „Wohnungsneubau“ werden synonym ver-wendet und beschreiben stets die Zahl der jährlich neu gebauten Wohnungen in Wohn- und Nichtwohnge-bäuden einschließlich Wohnungen aus Maßnahmen an bestehenden GeNichtwohnge-bäuden.

zu beobachtenden Mismatches der Wohnungsmarktentwicklung (Tabelle 18 im Anhang).

Neben dem klassischen, quantitativen Mismatch eines rein mengenmäßig nicht der Haus-haltsentwicklung einer Region entsprechenden Wohnungsbestandes, sowie dem qualita-tiven Mismatch eines unzureichend nachfragegerechten Wohnungsbestandes, kommt der räumliche Mismatch deutlicher Wohnungsüberversorgung in Schrumpfungsregionen bei gleichzeitig drohender Unterversorgung in den boomenden Kernstädten hinzu. Alle drei Effekte wirken direkt auf die Neubautätigkeit einer Region.30

Ermittlung des quantitativ begründeten Wohnungsneubaus

Zur Ermittlung des quantitativ begründeten Neubaubedarfs wurde bundeslandspezifisch die Relation zwischen der Zahl der in einem Zeitraum von fünf Jahren neu im Vergleich zum Vorjahr hinzukommenden Haushalte sowie der im gleichen 5-Jahres-Zeitraum zu beobachteten Neubautätigkeit im Mehrfamilienhausbereich errechnet und der 5-jährige Durchschnitt dieser „Bauaktivitätsrate“ in die Zukunft fortgeschrieben. Es wird verein-facht davon ausgegangen, dass Haushaltszuwächse sich zunächst in einer gesteigerten Mehrfamilienhausbauaktivität niederschlagen und nicht unmittelbar auf den Einfamilien-hausbau wirken. Haushaltszuwächse werden innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraums zudem nicht mit Haushaltsverlusten im selben Zeitraum substituiert. Bei Zunahme der zugrun-deliegenden Bezugsgröße „neue Haushalte“ werden sich in der Vorausberechnung dem-entsprechend auch die MFH-Baufertigstellungen erhöhen. Im Falle einer über alle Jahre beobachteten Schrumpfung der Haushaltszahl wird dieser Logik folgend kein rein quan-titativ begründeter MFH-Wohnungsneubau vorausgeschätzt (jedoch qualitativ begründe-ter Neubau).31

30Der räumliche Mismatch kleinräumiger Angebots- sowie Nachfrageüberhänge führt bei der Betrachtung größerer Gebietseinheiten (wie hier Bundesländer) zur Verrechnung von Wohnungsknappheiten in den Großstädten und Wohnungsüberhängen in der weiter entfernten Peripherie. Eine Projektion für alle 77 Kreise und kreisfreie Städte Ostdeutschlands ist jedoch kaum möglich, zumal in einigen Großstädten auch deutliche innerstädtische Wohnungsmarktsegregationen beobachtet werden können, wodurch sogar Be-trachtungen auf Quartiersebene erforderlich wären. Eine gewisse Verschneidung zwischen Wachstums- und Schrumpfungsregionen ist aus diesem Grunde unvermeidlich. In Abschnitt 4.4 wird dem räumlichen Effekt der Dislokation von Beständen in Wachstums- und Schrumpfungsregionen Rechnung getragen.

31Bei der Betrachtung Berlins war die eingangs beschriebene Relation zwischen Haushaltszuwächsen und MFH-Baufertigstellungen in der Vergangenheit sehr niedrig; die Bauaktivität hinkte der Haushaltsentwick-lung massiv hinterher. Aus diesem Grund wurde für Berlin von einer in Zukunft spürbar erhöhten Bauak-tivität ausgegangen. Zu begründen ist diese Anpassung mit der auch im Rahmen des Expertenworkshops vertretenen Aussage, dass der Markt im Wohnungsbau konjunkturellen Zyklen unterliegt, welche wellen-artig zu einem raschen Anstieg bzw. jähem Abfall der Bauaktivität führen können. Der bereits heute be-obachtbare Anstieg der Bauaktivität in Berlin in den letzten Jahren wurde somit einem theoretischen kon-junkturellen Zyklus folgend weiter fortgeschrieben.

Ermittlung des qualitativ begründeten Wohnungsneubaus

Der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern wird als qualitativ begründeter Wohnungs-neubau interpretiert. Hierbei orientiert sich die Bauaktivität der Zukunft an der Relation der EZH-Baufertigstellungen zur Zahl der Personen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren („potenzielle Häuslebauer“) im gleichen Jahr. Der 5-jährige Durchschnitt dieser „EZH-Bauaktivitätsrate“ wurde in allen Bundesländern je nach Ausgestaltung der bundes-landspezifischen Bauaktivität in diesem Segment konstant bis zum Jahr 2030 fortge-schrieben. Bei mengenmäßigen Veränderungen der zugrundeliegenden Bezugsgröße

„potenzielle Häuslebauer“ wird sich in der Vorausberechnung dementsprechend auch die EZH-Neubautätigkeit verändern. Zusätzlich zum Einfamilienhausbau wurde auch von ei-nem qualitativ zu begründenden Mehrfamilienhausbau ausgegangen. Diese Annahme folgt der Erkenntnis, dass selbst in bereits langjährig von Haushaltsschrumpfung betroffe-nen Bundesländern wie bspw. Sachsen-Anhalt weiterhin in geringem Maße Wohnungs-bau auch im Mehrfamilienhaussegment stattfindet (ErsatzneuWohnungs-bau, Eigentumswohnungs-bau, teilweise räumlich begründete Neubautätigkeit). Um diesem „Grundrauschen“ der Baufertigstellungsstatistik Rechnung tragen zu können, wurde die durchschnittliche Zahl an MFH-Baufertigstellungen der vergangenen 5 Jahre herangezogen und konstant in die Zukunft fortgeschrieben. Die Summe aus EZH-Wohnungsneubau und qualitativem MFH-Wohnungsneubau stellt den gesamten qualitativ begründeten Wohnungsneubau dar.

Ermittlung der zukünftigen Zahl der Baufertigstellungen

Neben Neubaumaßnahmen in Wohngebäuden (Ein- und Zweifamilienhaussegment und Mehrfamilienhaussegment) werden dem Wohnungsmarkt Jahr für Jahr auch Wohnungen in Nichtwohngebäuden sowie Wohnungen aus Baumaßnahmen an bestehenden Gebäu-den hinzugefügt. Zur Ermittlung der Höhe dieses zusätzlichen Wohnungszugangs wurde der Anteil neu fertiggestellter Wohnungen in Nichtwohngebäuden bzw. neu fertiggestell-ter Wohnungen aus Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden eines Jahres an den Bau-fertigstellungen im Mehrfamilienhaussegment desselben Jahres ermittelt und der 10-jäh-rige Durchschnitt dieser Raten konstant in die Zukunft fortgeschrieben. Die Höhe des Zusatzzugangs aus Wohnungen in Nichtwohngebäuden sowie Wohnungen aus Baumaß-nahmen an bestehenden Gebäuden orientiert sich demnach an der Höhe des MFH-Woh-nungsbaus. Dies folgt der Prämisse, dass sich in Zeiten gesteigerter Mehrfamilienhaus-bauaktivität auch die Aktivität bei Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden sowie bei Wohnungen in Nichtwohngebäuden erhöht. Die zukünftige Zahl der Baufertigstellungen ergibt sich somit aus der Summe der quantitativ (MFH) und qualitativ (EZH und MFH)

ermittelten Wohnungszugänge sowie aus den Zusatzzugängen aufgrund von Baumaßnah-men an bestehenden Gebäuden sowie durch den Bau von Wohnungen in Nichtwohnge-bäuden.

Ermittlung des zukünftigen Wohnungsabgangs

Zur Ermittlung des zukünftigen Wohnungsabgangs wird zunächst der bundeslandspezi-fische Durchschnitt der Wohnungsabgangsraten der letzten fünf Jahre ermittelt. Diese

„Rate Wohnungsabgang“ wird konstant bis zum Jahr 2025 fortgeschrieben und stets auf den um den Abgang des vorangegangenen Jahres reduzierten Wohnungsbestand ange-wandt. Wohnungszugänge werden hierbei außen vor gelassen, da angenommen wird, dass Wohnungen, welche zwischen den Jahren 2014 und 2030 gebaut wurden, im selben Zeitraum nicht von Abriss betroffen sein können. Ab dem Jahr 2026 wird die Rate stu-fenweise bundeslandspezifisch leicht erhöht (bis zum Jahr 2030 um 25 %), da im Jahr 2025 nach dieser Vorausberechnung die Marke von 1 Million leerstehender Wohnungen in Ostdeutschland erreicht werden wird (siehe Abschnitt 4.3) und höhere Leerstandszah-len in der Folge auch den Wohnungsabgang erhöhen. Die hier ermittelten Wohnungsab-gänge werden im Anschluss auf die vier Baualtersklassen „vor 1918“, „1919 bis 1948“,

„1949 bis 1970“ sowie „nach 1970“ verteilt, wobei die Anteile bundeslandspezifisch der Verteilung der letzten zehn Jahre entsprechen.32