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von Nana Göbel

Im Dokument 04 | 2016 April | 4,90 € (Seite 40-46)

Dem Gefühl nach am Ende der Welt befindet sich Varzea da Roça, ein kleines Städtchen von etwa 15.000 Einwohnern im trockenen Hinterland von Bahia. Diese Gegend war im 19. Jahrhundert Rekrutierungsgebiet für den Sklavenhandel und ist heute ein Ort, von dem viele Menschen nur weg wollen, weil es keine Arbeit gibt. Allerdings landen die Menschen dann in den Favelas der Großstädte und haben auch dort keine Perspektive.

Die Frage einer Einwohnerin aus Varzea da Roça war Anlass für Doris und Wolfgang Knipping, diesen Ort aufzusuchen.

Die Not war offenkundig, beide entschlossen sich 2009 einen Kindergarten und 2010 eine Schule zu gründen.

Mit Kindergarten und Schule, die inzwischen von ortsan-sässigen Menschen betrieben werden, wachsen nicht nur Zukunftskeime, sondern auch das Selbstvertrauen der Menschen und ihre Kompetenzen.

Der Unterhalt der Einrichtungen ist bis heute nur durch Hilfe aus Deutschland möglich. Jede Unterstützung ist willkommen.

www.freunde-waldorf.de Telefon: 030/61 70 26 30

leisten. Dort sind Waldorfschüler besonders wegen ihrer so-zialen Kompetenz aufgefallen, wegen ihrer Fähigkeit zu In-tegration und Teambildung.

Während Eltern in der Waldorfschule eine Alternative zum staatlichen System sehen, ist für die Lehrer des Aregnasan-Bildungszentrums die Waldorfpädagogik die einzige »Nicht-Alternative«. »Die Schule ist ein Ort, wo man die Kindheit schützen kann«, sagt Ruben. Nun gilt es, die Oberstufe so aufzubauen, dass sie den Anliegen der Waldorfpädagogik gerecht wird. Die Schule ist manchmal gezwungen, Lehrer einzustellen, die zwar über Fachwissen verfügen, denen aber die Waldorfpädagogik nicht so vertraut ist. Die Schule erhält keine staatlichen Gelder und wird komplett privat finanziert.

Die Eltern zahlen pro Monat 100 Euro für ihr Kind. Das ist nicht wenig für armenische Verhältnisse. Um also auch den Kindern weniger wohlhabender Eltern den Schulbesuch zu ermöglichen, gibt es durch die »Freunde der Erziehungs-kunst« vermittelte Patenschaften. Das Gehalt der Lehrer ist niedrig. Davon kann man nicht leben. Deshalb haben viele Lehrer noch andere Jobs oder sind auf das Einkommen ihrer Lebenspartner angewiesen. Aber sie zahlen alle in einen leh-rerinternen Fond ein, aus dem finanzielle Hilfen im Krank-heits- oder Notfall gewährt werden können.

Lehrertreffen in den heiligen Nächten

Den armenischen Waldorfpädagogen ist das Soziale und der Austausch wichtig. Sie wollen erfahren, was der Einzelne tut, wie er sich dabei verwandelt. So treffen sich die Lehrer in den heiligen Nächten zwischen den Jahren, um sich ge-genseitig zu berichten, woran und womit der Einzelne in-nerlich gerade beschäftigt ist. Es geht nicht darum, unterschiedliche Auffassungen zu pädagogischen Aspekten zu diskutieren, sondern darum, den Einzelnen in seinem

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Das

Arche-noah-Bild

auf der folgenden Doppel- seite enthält viele Kleinigkeiten zum Suchen und Rätseln: Welche Tiere erkennst du? Fast alle sind zu zweit, findest du immer alle beide? Bei manchen, wie bei der Libelle, ist es ganz schön schwer! Und es gibt ein Tierchen, das sogar dreimal da ist. Findest du es? Wie viele Tiere sind ins- gesamt auf dem Bild? Da das Bild in der Mitte des Heftes ist, kann es herausgelöst und auf Karton geklebt an die Wand gehängt werden! Viel Freude!

Das Babel-Sprach-Verwirr-Spiel Em il :

Wenn ihr einen schönen Stern basteln wollt, nehmt ihr ...

Tessie:

... eine korpulente Ente, die sich das Ge- fieder trocknet ...

Zwichtel:

... und bindet ihr einen schönen Zopf...

Emil:

... aus Goldpapier!

Tessie:

Meistens springt dann ein Löwe hervor...

Z w ic h te l:

... der am liebsten tausendjährige Eier zum Frühstück isst.

Emil:

Bindet ihn mit silbernem Band ans Fenster ...

Tessie:

... damit die Schildkröte ihn nicht vernascht.

D as h ei ß t: H al lo , li eb e k in de r! A be r so h ör t es s ic h n ur a n, w en n ei n ch in es e (n i h ao = H al lo ), ei n En gl ä nd er ( de ar = li eb e) u nd e in F ra nz os e (e nf an ts = k in de r) d ur ch ei n a nd er r ed en ! nach dem Turmbau zu Babel hatte ja j ed e Vo lk sg ru pp e ei ne e ig en e Sp ra ch e, u nd d ie M en - sc h en v er st an de n si ch n ic h t m eh r! Das muss schlimm gewesen sein, wie wir schon an dem einzigen Satz sehen ... A uc h im A ll ta g re de n w ir M en sc h en of t a ne in a nd er vo rb ei , se lb st w en n a ll e di es el b e S pr a ch e sp re ch en ! Pa ss t m a l a uf ! ic h b er ic h te a us ch in a , m ei ne Fr eu nd in Te ss ie sp ri ch t ü b er Ti er e un d un se r n a ch b a r Em il b a ck t un d b a st el t ge rn . k ei ne r h ör t a uf de n a nd er en un d je de r w il l nu r sc h ne ll da s a us sp re ch en , w a s ih m w ic h ti g is t! D a s er gi b t ei ne n ec h te n S pr a ch sa la t! ih r kö nn t es zu dr it t a ls S ke tc h a uf fü h re n od er eu ch zu dr ei ei ge ne n Th em en ei ne n ei ge ne n S pr ec h sa la t zu sa m m en st el le n! Vi el S pa ß ! un d m ög en w ir un s im m er ve rs te h en , eu er Z w ic H TE l

41 ErZiEHungSkünSTcHEn

Seiten zum Herausnehmen

Z w ic h te l:

Das Ganze wird mit der Chinesischen Mauer eingerahmt.

Em il :

Zum Schluss stellt ihr duftende Räucherstäb- chen dazu ...

Te ss ie :

... die ein Adler mit seinen Krallen in den Himmel trägt ...

Z w ic h te l:

... wo der Pandabär sich natürlich darüber freut!

Emil:

Sonntag backt ihr dann Brownies ...

Te ss ie :

... die der Papagei, der Affe und der Hund ...

Zwichtel:

... genüsslich mit Bambusstäbchen vom Teller in den Mund schieben.

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Zeitschrift für Kinder und Eltern www.WaldowVerlag.de In Kooperation mit

Bilder:Babel, Arche und Christofferus: Marie-Laure Viriot. Texte:Eckehard Waldow; Christofferus: Nach alten Legenden.

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Es lebte einmal ein Mann mit Namen Offerus. Er war groß und stark. Und er suchte einen Herrn, um ihm zudienen. Aber es sollte nicht irgendein Herr sein, sondern der mächtigste Herr der Welt. Auf seiner Wanderungkam er zu einem König, und der war froh, Offerus an seiner Seite zu haben.Eines Tages kam ein Spielmann ins Schloss. Der sang vor dem König und er nannte in seinem Lied denTeufel. Der König erschrak und schlug mit der Hand ein Kreuz vor seiner Brust. Da sprach Offerus: »Wenndu dich vor dem Teufel fürchtest, ist er stärker als du. So will ich den Teufel suchen und ihm dienen!« Und erwanderte weiter.Nach einer Zeit sah er in einer Wildnis einige Ritter reiten und unter ihnen einen finsteren, sehr starken. »Wensuchst du?«, fragte der Finstere. »Ich suche den Teufel, weil ich dem mächtigsten Herrn dienen will«, antwor-tete Offerus. »Das bin ich«, sagte der Finstere, und so wurde Offerus ein Knecht des Teufels.Einmal kamen sie auf eine Straße, da stand ein Kreuz am Weg und der Teufel wagte sich nicht vorbei, sondernwich zur Seite aus. »Warum reitest du den krummen Weg?«, fragte Offerus. Der Teufel antwortete: »Vor demKreuz des Christus fürchte ich mich.« Da sprach Offerus: »Dann ist Christus stärker als du. Ihn will ich suchenund ihm dienen.«Er zog weiter und kam zu einem alten Einsiedler. Als der hörte, wen Offerus suchte, erzählte er ihm vomLeben des Christus auf Erden und gab ihm den Rat, darüber in Stille nachzudenken. »Das ist nicht meineArt«, sprach Offerus. »Weise mir doch einen anderen Weg.« Da führte der Einsiedler ihn zu einem wildenund tiefen Wasser und keine Brücke führte hinüber. »Trage du auf deinen starken Schultern die Menschenan das andere Ufer!«, so sprach der Einsiedler, und das wollte Offerus gerne tun. Er baute eine Hütte amFluss, schnitt sich einen großen Stab und tat den Dienst Tag und Nacht.Einmal hörte er um Mitternacht ein Kind rufen: »Offerus!« Er ging hinaus, sah aber niemanden und wollteweiterschlafen. Da hörte er nochmals den Ruf: »Offerus!« Niemand war zu sehen. Ein drittes Mal rief es: »Of-ferus!« Da fand er das Kind, nahm es auf die Schulter, stützte sich auf seinen Stab und ging in das Wasser.Das schwoll zu einer wilden Flut, und das Kind wurde schwerer und schwerer. Als sie mitten im Fluss waren,sprach Offerus: »Kind, wie schwer bist du! Mir ist, als ob ich alle Welt auf mir trüge.«Da wurde es hell um Mitternacht und das Kind sprach: »Du trägst nicht allein die Welt, sondern auch den, derHimmel und Erde gemacht hat. Ich bin Christus, der dir die Kraft zum Leben und zum Tragen gibt.« Das Kindtauchte Offerus’ Haupt unter das Wasser und sprach: »Du sollst meinen Namen tragen: Christofferus. DeinenStab pflanze in die Erde. Er wird darin wurzeln, wird grünen und Früchte tragen.«Damit entschwand das Kind. Christofferus pflanzte den dürren Stab am Ufer ein, und über Nacht trieb er Wur-zeln und begann zu blühen.

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2016|April erziehungskunst

So-Sein wahrzunehmen und die individuellen »Einseitig-keiten« zusammenzubringen. Die Demut, ein Begriff, der aus der 1700 Jahre alten christlichen Tradition des Landes stammt, ist hier so präsent, dass man weiß: Der »Geist« lebt in vielen verschiedenen Menschen und Völkern.

Im armenischen Schulkontext wirkt alles weniger förmlich, dafür sehr herzlich. In Jerewan läuft man sich ständig über den Weg. Und immer halten die Lehrer ein kleines Schwätz-chen, setzen sich zusammen an einen Tisch ins Café, lachen gemeinsam. Dann taucht plötzlich ein Oberstufenschüler auf und setzt sich dazu. Oder eine ehemalige Schülerin gibt mit ihrer Musikkombo ein Konzert in einem kleinen Nacht-klub und wieder sieht man alle beisammen. Es wirkt, als sei die Waldorfgemeinschaft eine große Familie. Heute werden im Aregnasan-Bildungzentrum 360 Kinder in zwölf Klassen unterrichtet. Siebenundvierzig Lehrer und Lehrerinnen hel-fen dabei – manche nur aushilfsweise, viele ständig. Die neue erste Klasse ist nun doch zweizügig. Das Kollegium hat sich umentschieden. »Die Armenier sind Meister spontaner Entscheidungen«, sagt Ruben lachend.

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Zur Autorin:Gilda Bartel ist freiberuflich als Journalistin und Waldorflehrerin tätig.

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