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von Cornelie Unger-Leistner und Celia Schönstedt

Im Dokument Wunder des Lebens (Seite 34-37)

Florian Zech (30) aus Prien am Chiemsee wurde 2015 von Bundespräsident Joachim Gauck für sein gesellschaftspolitisches Engagement mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Zech, Absolvent der Freien Waldorfschule in Prien, gründete als Zivildienstleistender 2006 Amandla, ein von der UN empfohlenes Bildungsprojekt in den Townships von Kapstadt.

Foto: Mickey Wiswedel

Florian Zech (2. v. l.) bei der Eröffnung eines Safe-Hub-Centers, dem Stifter Oliver Kahn gewidmet 34_35_36_37_EK03_2017_EK 08.02.17 20:31 Seite 34

2017|März erziehungskunst Das Besondere an dem Projekt ist, dass es Fußball mit

nachhaltiger Bildung für die benachteiligten Kinder und Jugendlichen der Townshipsverbindet und ihnen so wich-tige Lebenschancen eröffnet. Das Wort Amandla kommt aus der Zulu- oder Xhosa-Sprache und bedeutet »Stärke«. Deut-sche Spitzenfußballer wie Oliver Kahn und Philipp Lahm unterstützen das Projekt im Rahmen ihrer Stiftungen. Auch Michelle Obama war schon zu Gast, ebenso wie der Wegge-fährte von Nelson Mandela, Bischof Desmond Tutu.

Inzwischen profitieren über 6.000 Kinder und Jugendliche in Südafrika von dem von Amandla entwickelten Safe-Hub-Konzept, das Fair-play-Fußballspielen mit der Förderung von Sozialkompetenz, Hausaufgabenbetreuung und neu-erdings auch mit staatlich anerkannten Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten verbindet. Dazu gehören auch der Aufbau eines modernen Bildungszentrums samt Kunstrasenplatz.

Angefangen hat alles, als der Abiturient Florian Zech aus seiner bayerischen Idylle am Chiemsee nach Südafrika auf-brach. In einem Waisenhaus in Khayelitsha, dem größten Elendsviertel der Stadt, wollte er seinen Zivildienst leisten.

Zech, inzwischen Co-Geschäftsführer von Amandla mit rund 75 Mitarbeitern in Südafrika, erinnert sich: »Das war schon ein gewaltiger Bruch in meinem Leben. Ich habe

ge-merkt, wie privilegiert ich da aufgewachsen bin in Ober-bayern. Es war erschütternd, zu sehen, wie bereits die Kin-der diesen gewalttätigen Lebensverhältnissen ausgesetzt sind. Die Jugendlichen in Khayelitsha hatten einfach keine Chance, mit 15 waren die Jungen in einer Gang und nah-men Drogen oder die Mädchen wurden schwanger. Ich dachte: da muss man etwas tun.«

Vor allem nach der Schule gab es kaum Beschäftigung und damit fing aus der Sicht von Zech, das Problem an. »Als ich merkte, wie sich um jeden Fußball, der irgendwo rumlag, sofort eine Traube von Kindern bildete, war die Idee gebo-ren.« Zusammen mit den Jugendlichen entwickelte Zech das Fairplay-Modell, bei dem es Punkte für gutes Verhalten auch außerhalb des Fußballplatzes gibt. Ein Pilotprojekt ent-stand schon während der Zivildienstzeit.

Als Zech merkte, wie positiv die Jugendlichen auf sein Mo-dell reagierten, suchte er Unterstützer und brachte Amandla auf den Weg. »Das ging nur, weil ich von Anfang an ein Netz-werk hatte, in Deutschland und in Südafrika, Mentoren, die an meine Idee und meinen Enthusiasmus glaubten und mich unterstützten, zum Beispiel Unternehmer in Deutsch-land und eine Wissenschaftlerin in Kapstadt.« Es ist die mär-chenhafte Geschichte eines Start-up-Unternehmens, die aber nicht in der New Economy, sondern im sozialen Sektor spielt

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Foto: Georg Höfer

und auch mit einer globalen Vision verbunden ist: Alle Kin-der und Jugendlichen sollen ihre Potenziale entfalten kön-nen, auch diejenigen in den Elendsvierteln der neuen Megastädte. Fragt man Florian Zech, der von den Kindern liebevoll »Mr. Flo« gerufen wird, woher er den Mut für sein Projekt genommen und inwieweit seine Zeit an der Wal-dorfschule ihn begünstigt hat, so meint er: »Darüber habe ich noch nicht so viel nachgedacht, kreativ musste ich schon sein, das könnte zusammenhängen. Ansonsten macht mir das Unternehmerische großen Spaß und das konnte ich mit dem Projekt ja verwirklichen.«

Ein Standbein hat das Projekt auch in Deutschland, denn Zech hat zusammen mit Jakob Schlichtig, Co-Geschäftsfüh-rer, ebenfalls Waldorf-Alumnus, einen deutschen gemein-nützigen Verein mit Sitz in München gegründet. Dort werden die Fundraising-Projekte und Administration unter-stützt und die globale Umsetzung des Modells von Amandla begleitet. Inzwischen hat die südafrikanische Regierung die Tätigkeit von Amandla für die nächsten zehn Jahre auch

fi-nanziell abgesichert und wissenschaftliche Evaluationen be-legen die Wirksamkeit des Modells bei der Verbesserung der Schulleistungen und im Kampf gegen Kriminalität und Dro-genmissbrauch.

In den nächsten Jahren sollen in Südafrika weitere hundert Safe-Hubs als Teil eines nationalen Jugendförderprojekts entstehen. Hierzu hat Amandla ein Social Franchising Mo-dell entwickelt, das die Ausbildung und Durchführung von Safe-Hubs durch andere Non-Profit Organisationen und So-zialunternehmer ermöglicht.

Ein zweites Bildungszentrum entstand gerade in Kapstadt, ein weiteres in Johannesburg; fünf weitere sind in der Bau-phase. Und die Nachfrage nach der Safe-Hub Social Fran-chise-Idee wächst; viele Anfragen kommen aus anderen afrikanischen Ländern, aus Lateinamerika und auch aus Europa. So steht ein Reimport des Amandla-Konzepts in die deutsche Heimat bevor: Im Berliner Stadtteil Wedding soll ein vergleichbares Projekt entstehen. Auch hier wird an den Freizeitinteressen angeknüpft, die dann mit nachhaltiger

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Mitten im Township Khayelitsha das Fußballfeld von Amandla

Fotos: Amandla

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2017|März erziehungskunst Bildung verbunden werden. Amandla gehe es um einen Zusatz zum offiziellen Bil-dungswesen, der den Nachmittag abdeckt und zugleich Schulteilnahme fördert.

»Wir sind so etwas wie ein unabhängiges Ganztagsschulkonzept«, betont Florian Zech.

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Link:www.edufootball.org

Es war erschütternd,

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