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5.2 In-situ Deinterkalation von LMO

5.2.4 Volumendiffusion

In Kap. 4.3 wurden die Lithiumdichteverteilungen von zwei Rekonstruktionen dar-gestellt. Zum einen von einer in Phase 1 (Abb. 4.21 a)) und zum anderen von einer in Phase 2 heruntergekühlten und charakterisierten Probe (Abb. 4.24 a)). Hierzu wurde herausgestellt, dass in beiden Rekonstruktionen llithiumreiche (Li/Mn≥0,3) und -arme (Li/Mn≤0,1) Bereiche vorhanden sind. Die Li-Mn-Verhältnisse die in den homogenen Bereichen detektiert wurden, passen unter Berücksichtigung der Tatsa-che, dass die gemessenen Verhältnisse leicht von den tatsächlichen abweichen können (Kap. 3.4), gut zu den in Li et al. (2000) beobachteten Nichtgleichgewichtsphasen um Li-Mn-Verhältnisse bis 0,12, bei 0,3 und ab 0,47 (Zylinder 1 in Abb. 4.22 und Abb. 4.25). Obwohl der Verlauf des Li-Mn-Verhältnisses in Abb. 4.24 b) dies sugge-riert, kann daher nicht von einer für die ganze Probe geltenden Beziehung nach Gl.

2.2 ausgegangen werden (vgl. Abb. 4.21 b)-c) und Abb. 4.24 c)). Unterstützt wird dies dadurch, dass teilweise in der Phase-1-Probe in den lithiumreichen Bereichen zur Grenzfläche zu den lithiumarmen Bereichen stark erhöhte Li-Mn-Verhältnisse gemes-sen wurden (Zylinder 2 und 3 in Abb. 4.22). Da der Mangananteil im lithiumreichen Volumen von Zylinder 3 in Abb. 4.22 nahezu konstant bleibt, würde dies eine neue Phase mit einer Stöchiometrie von ungefähr Li15Mn2O4 bedeuten. Zu einer solchen

Phase ist allerdings keine Literatur bekannt, weshalb das erhöhte Li-Mn-Verhältnis womöglich auf eine geringe Lithiumdiffusion während der Charakterisierungsmessung zurückzuführen ist5. Da diese Beobachtungen in keiner Probe, die in Phase 2 herun-tergekühlt und charakterisiert wurde, gemacht wurden, kann daher geschlussfolgert werden, dass folgende Aspekte für ein stark erhöhtes Li-Mn-Verhältnis erfüllt sein müssen:

• Da von einer gleichmäßigen Lithiumverteilung vor der Deinterkalation aus-zugehen ist, kann die Erhöhung der Lithiumkonzentration nur damit erklärt werden, dass die Diffusionsbarriere entlang der Grenzfläche zwischen lithium-reichen und lithiumarmen Belithium-reichen herabgesetzt ist. Insbesondere ist die Dif-fusionsbarriere für Lithium in lithiumverarmte Bereiche höher als innerhalb des lithiumreichen Volumen. Diese Folgerung ist unabhängig davon, ob die Lithiumdiffusion auch während der Charakterisierung stattgefunden hat.

• Eine mögliche Erklärung für das stark erhöhte Li-Mn-Verhältnis bis Li/Mn≈9 in der Rekonstruktion ist, dass in Phase 1 der Deinterkalation ein Nichtgleich-gewichtszustand vorlag, der in diesen Bereichen eine höhere Lithiumstöchio-metrie als Li1Mn2O4 zur Folge hatte. Diese führt nach Kucza (1999) zu einer sinkenden Permittivität, wodurch das Feld tiefer in die Probe eindringen kann.

Ein Antransport von Lithium aus tiefer liegenden Bereichen ermöglicht so die stark erhöhten Li-Mn-Verhältnisse.

Diese Beobachtungen führen zu dem Schluss, dass die Lithiumdichteverteilungen in Kap. 4.3 das Resultat eines Deinterkalationsprozesses sind, der von der starken Ab-hängigkeit der Diffusion von der Lithiumkonzentration bzw. der Mikrostruktur ge-prägt ist. In diesem Prozess findet Diffusion entlang der oben genannten Grenzflächen statt, wohingegen die lithiumarmen Bereiche durch eine höhere Aktivierungsenergie als Diffusionsbarrieren agieren (vgl. Abb. 5.7). Somit sind verschiedene

Diffusions-5Grundsätzlich sollte eine Lithiumdiffusion in der Rekonstruktion dadurch erkennbar sein, dass die Atomdichte von Mangan erniedrigt ist. Allerdings ist für diesen Nachweis die Diffusion oder das Li-Mn-Verhältnis noch zu gering bzw. die relevante Fläche zu klein: Die Volumina von Li, Mn und O verhalten sich in der Rekonstruktion von LMO mit ursprüngli-cher Stöchiometrie aufgrund der Skalierung (Kap. 4.1.1 und 5.1.1) in einem Verhältnis von ca. 7:16:70, was einem Volumenanteil von Mangan von ca. 0,17 entspricht. Mit einer um das 18-fache erhöhten Li-Stöchiometrie halbiert sich der Volumenanteil von Mangan auf ca.

0,08. Da die Fläche erhöhter Lithiumstöchiometrie einen Radius von nur ca.2nm gegenüber dem Radius der gesamten Rekonstruktion von40nm besitzt (Flächenanteil von 1/400), ist eine Halbierung der Mangandichte nicht verlässlich nachweisbar.

Abbildung 5.7: Schematische Darstellung der Abhängigkeit des Diffusionsko-effizienten von der Verteilung des Li-Mn-Verhältnisses. Die Diffusion ist am größten an der Grenzfläche zwischen lithiumreichen und -armen Bereichen auf der lithiumreichen Seite. Die Diffusion im verarmten Bereich ist zusätzlich ge-ringer als im lithiumreichen.

pfade in der Probe möglich und es ist dadurch neben dem Feldverdampfungsmecha-nismus (Kap. 5.2.1) eine mögliche Erklärung für die unregelmäßige Feldverdampfung gegeben (Abb. 4.16 und C.4). Gestartet werden würde die Deinterkalation in diesem Model durch feldunterstützte Deinterkalationsschritte am Rand der Probe. Dabei tritt mit möglichen mechanischen Spannungen ein weiterer Einflussfaktor auf.

Diese Interpretationen zur Volumendiffusion werden durch die Ergebnisse aus Kap.

4.3.2 gestützt.

Den Schluss, dass die Lithiumdiffusion durch lithiumarme Bereiche eingeschränkt ist, lässt auch die Rekonstruktion der relaxierten Probe zu (Abb. 4.28 und 4.29): Es ist in Abb. 4.29 c) zu sehen, dass der mittig im Bild verlaufende Flächendefekt eine Grenze zwischen zwei Bereichen mit unterschiedlichen Li-Mn-Verhältnissen bildet.

Unterhalb des Flächendefekts (im Bild die linke obere Seite) sind Bereiche mit hö-heren Li-Mn-Verhältnissen zu sehen als oberhalb.

Das überstöchiometrische Verhältnis von Lithium zu Mangan an der Probenoberflä-che nach der Relaxationszeit, kann hingegen auf einen Fluss von Lithium entlang des lithiumverarmten Flächendefekts zurückgeführt werden. Dass die Diffusion entlang von Flächendefekten gegenüber hierzu senkrechter Diffusion energetisch favorisiert ist, deckt sich mit in-situ TEM-Ergebnissen für die Interkalation von LMO6 und

6Quelle: persönliche Korrespondenz mit Torben Erichsen, Institut für Materialphysik der Georg-August-Universität Göttingen.

der Literatur (Nie et al., 2015). Ob die Diffusion während der Relaxation oder am Anfang der Messung stattfand und warum nach der Relaxation ein erhöhter Lithiu-manteil an der Oberfläche beobachtet wird, lässt sich aufgrund der Messungen nicht nachvollziehen7. Gründe hierfür können die Restrukturierung der Oberfläche (Tang et al., 2014) oder aber die Reaktivität des Lithiums mit dem Restgas sein.

Dass lithiumverarmte Bereiche eine erhöhte Diffusionsbarriere für Lithium darstel-len, kann den, in Kap. 5.2.3, aufgezeigten Einfluss von Galliumkontamination auf die Feldverdampfung von Lithium während der Deinterkalation erklären. Wie in Abb.

4.10 gezeigt, führt eine Galliumkontamination zu einem geringen Li-Mn-Verhältnis bzw. einem verringerten Lithiumanteil (Kap. 5.1.3). Dies bedeutet, dass die Proben-flächen mit höherer Galliumkontamination eine größere Barriere für Lithiumdiffusi-on vom Volumen an die Probenoberfläche darstellen. Da das inhomogene elektrische Feld einen gerichteten Lithiumfluss zum Apex der Probe erzeugt, erreicht von diesen Seiten der Probe im Mittel weniger Lithium den Apex. Dies erklärt den in Abb. 5.6 dargestellten Zusammenhang.