• Keine Ergebnisse gefunden

2 Literatur

2.6 Vesikel in der Sekretionsflüssigkeit des Genitaltrakts des Bullen

Beim Bullen sind zwei Vesikelpopulationen beschrieben, die nach ihrem Ursprung benannt sind: Vesikulosomen, partikuläre, membranöse Strukturen aus der Samenblase (Agrawal 1987) und Epididymosomen, Vesikel aus dem Nebenhoden (Frenette und Sullivan 2001).

Hinweise auf Vesikel aus der bovinen Prostata gibt es nicht. Bei der Untersuchung von Drüsengewebe aus Prostata und Samenblase des Bullen mittels Kaninchen-Antikörpern

gegen eine humane Prostasomenprobe zeigten sich nur in der Samenblase im Bereich des apikalen Zytoplasmas sowie im Drüsenlumen positive Reaktionen, die denen im humanen Prostatagewebe sehr ähnlich waren (Renneberg et al. 1997). Welchen Anteil die jeweiligen Vesikelpopulationen im Seminalplasma ausmachen bzw. ob Epididymosomen überhaupt in relevantem Ausmaß im Ejakulat vorhanden sind, ist unklar.

2.6.2 Vesikulosomen

2.6.2.1 Morphologie der Vesikulosomen

Im Sekret der bovinen Samenblase und im Lumen dieser Geschlechtsdrüse sind tri- bis multilamelläre, membranumschlossene Partikel zu finden. Agrawal et al. (1987) teilen diese hinsichtlich der Größe in zwei Gruppen ein, kleinere Vesikel umgeben von einer trilamellären Einheitsmembran, die granuläres Material in unterschiedlichen Anteilen enthalten, und größere Vesikel, sogenannte Speichervesikel, die kleinere Vesikel des ersten Typs enthalten.

2.6.2.2 Proteom der Vesikulosomen

Vesikel aus dem bovinen Seminalplasma, die vermutlich auch die Vesikulosomen umfassen, zeigen ein komplexes Proteinspektrum im Bereich von 10-150 kDa. Im Unterschied zu vesikulären Proteinmustern anderer Spezies, wie Hund oder Mensch, zeigt sich beim Bullen nach elektrophoretischer Auftrennung eine deutliche Bande bei etwa 14 kDa. Außerdem konnten in Übereinstimmung mit anderen Spezies zahlreiche Enzyme der Glykolyse sowie ATPasen nachgewiesen werden, die den Vesikeln eine eigene ATP-Bildung ermöglichen (Ronquist et al. 2013b).

In ausdrücklicher Assoziation mit Vesikulosomen werden in der Literatur verschiedene Enzyme, wie z.B. Mg2+/Ca2+-abhängige, ouabain-resistente ATPase, die basale ATPase (EC 3.6.1.3), Aminopeptidase A (EC 3.4.11.7), Alanylaminopeptidase (EC 3.4.11.2), γ-Glutamyltranspeptidase (EC 2.3.2.2) oder Dipeptidylpeptidase IV (EC 3.4.14.5), genannt.

Dagegen fehlt im Unterschied zu humanen Prostasomen eine Aktivität von Angiotensin-Converting-Enzym (3.4.15.1) und eine Endopeptidase (EC 3.4.21) in der partikulären Probe (Agrawal 1987).

2.6.2.3 Interaktion der Vesikulosomen mit den Spermien

Vesikulosomen induzieren bei Inkubation mit epididymalen Spermien sowohl ein hyperaktives Motilitätsmuster als auch deren Akrosomreaktion.

Zudem weisen Vesikel aus dem Seminalplasma immunmodulierende Eigenschaften auf. So ist nicht nur eine Inhibition von mitogeninduzierter Proliferation von Lymphozyten, sondern auch eine Inhibtion der Phagozytose-Aktivität von neutrophilen Granulozyten in vitro beschrieben. Darüber hinaus zeigt sich in Anwesenheit der Vesikel auch eine Reduktion der neutrophilen Superoxidproduktion (Lazarevic et al. 1995).

Außerdem ist eine Induktion des Verlusts des spermiden Proteins ABCG2 (ATP-binding cassette membrane transporter G2), einem Membrantransporter, der den Efflux von Sulfatkonjugaten (Suzuki et al. 2003) und Sterolen (Janvilisri et al. 2003) unterstützt und in den Spermien während des Durchgangs durch den Nebenhoden aktiv, im Ejakulat jedoch inaktiv ist, durch die Vesikel beschrieben (Caballero et al. 2012).

2.6.3 Epididymosomen

2.6.3.1 Klassifizierung und Morphologie der Epididymosomen

Die bovinen Epididymosomen stellen sich ultrastrukturell bezogen auf Größe und Elektronendichte sehr heterogen dar. Dies äußert sich in der Literatur durch zum Teil kontroverse Angaben verschiedener Forschergruppen hinsichtlich morphologischer Kriterien. Schwarz et al. (2013) nehmen aufgrund der unterschiedlichen Morphologie der apokrin sezernierten Epididymosomen aus Nebenhodenkopf und –schwanz die Existenz von zwei Populationen an, die sich im epididymalen Lumen nicht vermischen. Während Vesikel aus dem Nebenhodenkopfbereich einen Durchmesser von etwa 90-450 nm aufweisen, findet man im Nebenhodenschwanzbereich größere Partikel, die einen Durchmesser von 150-750 nm haben und deren Inhalt eine geringere Elektronendichte aufweist. Beide Populationen sind frei von Organellen. Caballero et al. (2013) dagegen beschreiben Vesikel einer Größe von 20-1000 nm im Nebenhodenkopfbereich und solche einer Größe von 25-300 nm im kaudalen Abschnitt des Nebenhodens.

Girouard et al. (2011) sehen die Vesikelgesamtheit aus Nebenhodenkopf und –schwanz ebenfalls als heterogen, bestehend aus sphärischen, unregelmäßig geformten Gebilden, die eine glatte Oberfläche und einen Durchmesser von 25-300 nm aufweisen. Sie unterteilen zusätzlich die Vesikel des Nebenhodenschwanzes in zwei Gruppen, die sich in Dichte und

biochemischer Zusammensetzung unterscheiden. Vesikel mit geringer Elektronen- und Schwimmdichte (1,02-1,15) haben einen hohen Lipidanteil, genauer vor allem einen hohen Cholesterol-, Sphingomyelin- und Gangliosid M1-Anteil, während Vesikel mit höherer Elektronen- und Schwimmdichte (≥1,15) sich durch einen hohen Proteinanteil auszeichnen (Frenette et al. 2010).

Eine weitere Subpopulation der Epididymosomen aus dem Nebenhodenschwanz ist durch die Komponente Tetraspanin CD9, einem exosomalen Marker (Mathivanan et al. 2010), gekennzeichnet. Es handelt sich um Mikrovesikel (30- 120 nm), die sowohl Proteine als auch Lipide auf lebende Spermien übertragen können (Caballero et al. 2013).

2.6.3.2 Biochemische Zusammensetzung der Epididymosomen

Die Protein- und Lipidzusammensetzung der Epididymosomen aus verschiedenen Populationen ist unterschiedlich.

2.6.3.2.1 Proteom der Epididymosomen

Das Proteinmuster der Epididymosomen aus dem Nebenhodenkopf unterscheidet sich deutlich von demjenigen der epididymalen Flüssigkeit und von demjenigen der Vesikel aus dem Ejakulat (Frenette et al. 2003). Hinsichtlich der Proteinzusammensetzung bestehen Gemeinsamkeiten zwischen den Vesikeln aus Nebenhodenkopf und -schwanz in 231 identifizierten Proteinen. Hierzu gehören Rab- und SNARE-Proteine (Girouard et al. 2011), die vornehmlich bei Fusionvorgängen eine Rolle spielen (Malsam et al. 2008). Unterschiede finden sich allerdings in vergleichbarer Zahl, was vor allem Enzyme und Transportmoleküle sowie glycan-modifizierte Enzyme betrifft (Girouard et al. 2011). Einige der identifizierten vesikelassoziierten Proteine stehen im Zusammenhang mit fertilitäts-relevanten Vorgängen, wie z.B. der Modifikation der Spermienoberfläche, der Spermienmotilität oder der Interaktion zwischen Spermien- und Eizelle, was vesikuläre Funktionen bei diesen Prozessen wahrscheinlich macht (Girouard et al. 2011). Ausführliche Ergebnisse der Proteomanalysen finden sich in der entsprechenden Literatur (Frenette et al. 2003; Girouard 2009; Frenette et al. 2010; Girouard et al. 2011).

2.6.3.2.2 Lipidom der Epididymosomen

Epididymosomen aus dem Nebenhodenkopf haben verglichen mit Vesikeln aus dem Nebenhodenschwanz einen genauso hohen (Girouard et al. 2011) bis höheren Cholesterolgehalt (Verhältnis Caput-Vesikel vs. Cauda-Vesikel 1,3) (Schwarz et al. 2013).

Auch der Phospholipidgehalt der Caput-Vesikel ist höher, wobei Sphingomyelin, Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylcholin in beiden Gruppen den Hauptanteil ausmachen (Girouard et al. 2011; Schwarz et al. 2013).

2.6.3.3 Interaktion der Epididymosomen mit der Umgebung 2.6.3.3.1 Fusion der Epididymosomen mit den Spermien

Vor allem Spermien aus dem Nebenhodenkopf, in geringerem Ausmaß aber auch solche aus dem Nebenhodenschwanz, interagieren in vitro mit Epididymosomen im Rahmen einer Fusion der Strukturen. Diese Fusion erfolgt zeit- und pH-abhängig, wobei sie in neutralem und alkalischem Niveau (pH 7-8) nicht stattfindet. Bei pH 5- 6,5 herrschen dagegen optimale Bedingungen (Schwarz et al. 2013).

2.6.3.3.2 Transfer von epididysomalen Komponenten auf andere Zellen

Die Inkubation von biotinylierten Vesikeln (Frenette et al. 2002) bzw. R18-gefärbten, epididymalen Vesikeln (Schwarz et al. 2013) mit Spermien belegt den Transfer von Vesikelkomponenten auf die Spermien in vitro. Transferierte Substanzen finden sich vor allem im Bereich der Akrosomkappe (Frenette et al. 2002) bzw. im Bereich von Kopf-, Hals- und Mittelstückregion der Keimzellen (Schwarz et al. 2013) wieder.

Viele vesikuläre Proteine sowie Lipidsubstanzen werden im Zusammenhang mit einer möglichen Übertragung auf Spermien erwähnt. Belegt sind zum Beispiel der Transfer eines fertilitätsrelevanten Enzyms, der Plasmamembran-Ca2+-ATPase, oder auch die Veränderung der Lipidzusammensetzung der Plasmamembran der Spermien nach Inkubation mit den Vesikeln (Schwarz et al. 2013).

Daher geht man unter anderem von einer Vermittlerfunktion der vesikulären Partikel zwischen dem epididymalen Epithel und den Spermien in Form eines Transports von Substanzen aus und schreibt den Epididymosomen eine entscheidende Rolle bei der Maturation der Spermien zu. Der Transfer von Substanzen ist zeit-, temperatur- und

pH-abhängig (Optimalwerte: 32-37 °C und pH 6-6,5). Zusätzlich wird die Anwesenheit von Zn2+ -Kationen als förderlich beschrieben (Frenette et al. 2002).

Der Transfer von CD9-haltigen Mikrovesikeln (siehe 2.6.3.1), die unter anderem Proteine, wie P25b, GliPr1L1 (Glioma pathogenesis-related 1-like protein 1) und MIF, enthalten, die für die Reifung der Spermien wichtig sind, läuft unabhängig von der Zn2+-Ionenkonzentration ab.

Übertragene Vesikelkomponenten findet man vor allem im Bereich der Akrosomregion sowie des Mittelstücks lebender Spermien. Beteiligt an diesem Transfer ist nicht nur Tetraspanin-CD9, sondern auch CD26 (Caballero et al. 2013).

Hinweise darauf, dass der Transfer im Allgemeinen gerichtet und selektiv stattfindet, finden sich in Untersuchungen von Girouard et al. (2009), die den Transfer des Proteins P25b näher untersuchten. P25b, ein Markerprotein der epididymalen Spermienreifung, das mit den Vesikeln über einen Glycosylphosphatidylinositol-Anker im Bereich von DRM (detergent-resistant-membrane)-Domänen auf der Membranoberfläche assoziiert ist, wird von diesen Partikeln auf die Spermienoberfläche übertragen und in deren DRM-Domänen integriert (Frenette und Sullivan 2001).

Interessant ist der Transfer des Proteins ELSPBP1 (Epididymal sperm binding protein 1) von Epididymosomen auf Spermien. Dieses Protein scheint vorzeitig, also vor der Ejakulation, abgestorbene Spermien zu markieren. In Studien waren dementsprechend nur diejenigen Spermien empfänglich für den Transfer, die schon vor der Inkubation tot waren (D'Amours et al. 2012).

Neben der epididysomalen Überträgerfunktion zwischen Nebenhodenepithel und Spermien wird auch eine vesikuläre Rolle in der interzellulären Kommunikation zwischen Nebenhodenepithelzellen verschiedener epididymaler Abschnitte über microRNA, die in bovinen Epididymosomen enthalten ist, diskutiert (Belleannee et al. 2013a).

2.7 Vesikel in der Sekretionsflüssigkeit des Genitaltrakts des Schafbocks