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Vermeintlich am Ziel: Prager Frieden, römischer König

Im Dokument Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) (Seite 111-126)

Der Prager Frieden

Nach dem Sieg von Nördlingen war man am Kaiserhof unsicher, ob man Frieden schließen oder weiter Krieg führen sollte. Der Papst schlug dem Kaiser die Ausrichtung eines europäischen Friedenskongresses in Rom vor.1 Spanien dagegen bot dem Kaiser die Finanzierung einer Armee im Reich an und konnte auf die Mehrzahl der Räte Ferdinands III. zählen.2 Der Kaiser-hof versuchte beide Optionen zu verbinden: Zunächst sollte Frieden zwischen dem Kaiser und den auf schwedischer Seite kämpfenden Reichsständen geschlossen werden, danach ein gemeinsames Heer von Kaiser und Reichs-ständen gegen Frankreich und Schweden kämpfen. Der im Dezember 1634 geschlossene Vorfriede mit Sachsen war der erste Schritt in diese Richtung.

Im Mai 1635 gelang dem Kaiser der Abschluss des Friedensvertrages mit Sachsen. Der sogenannte Prager Frieden, zu dem zahlreiche Nebenver-träge (Rezesse) und eine lange Reihe von BeitrittsverNebenver-trägen mit anderen Reichsständen kamen, war ein entscheidender Wendepunkt im Reich und blieb lange Zeit die Grundlage der Politik Ferdinands III. Der Prager Frie-den löste und vertagte eine Reihe von Problemen. Der Kaiser verzichtete auf seinen Anspruch, Reichsrecht alleinverbindlich auszulegen, und rückte vom Restitutionsedikt ab. Dieses sollte für 40 Jahre, zugunsten Sachsens für 50 Jahre ausgesetzt werden. Die Reichsstände erhielten denjenigen Besitz garantiert, den sie am Tag der schwedischen Invasion am 6. Juli 1630 an weltlichen Gütern und 1627 an geistlichen Gütern hatten. Die katholische Kirche konnte behalten, was ihr im Reich bis 1627 restituiert worden war.

Das war nicht übermäßig viel (Bremen, Verden, Minden, Halberstadt) und als Verlust für die Protestanten auch deshalb hinnehmbar, weil es im schwe-disch-protestantischen Einflussgebiet lag. Weil der Prager Frieden zudem eine Amnestie für die meisten protestantischen Reichsstände brachte, die

mit Schweden gegen Kaiser und Liga gekämpft hatten, verloren die Schwe-den durch diesen FrieSchwe-den fast alle Verbündeten im Reich.

Ferdinand III. war in die Entscheidungen über die zentralen konfessio-nellen Konzessionen des Kaisers nicht eingebunden. Schon im Herbst 1634 hatte Ferdinand III. sich bedeckt gehalten, als sein Vater von ihm ein Gut-achten über die konfessionelle Dimension des Prager Friedens gefordert hatte: Das, so antwortete der Nachfolger, sei ein geistliche materi, welche pur lauter dem gewissen anhängig; er habe aber nicht genügend Theologen bei sich, durch welche derlei gewissenssachen erhaischender notturft nach berathschlagt und deliberirt (überlegt) werden müssen, und so möge der Kai-ser die Sache von seinen Theologen beraten lassen.3

Das tat Ferdinand II. und setzte eine Kommission katholischer Theolo-gen ein, um die religionsrechtlichen Skrupel beim Abrücken vom Restituti-onsedikt auszuräumen. Im Februar 1635 kamen am Kaiserhof 24 Priester mit einer Zweidrittelmehrheit zu dem Ergebnis, dass der Kaiser mit den Protestanten Frieden schließen sollte, obschon dies auf den endgültigen Verlust der meisten seit 1552 enteigneten Kirchengüter hinauslief. In dem Gremium, welches dieses Zweidrittelvotum der Theologen zu beraten hatte, stand der kaiserliche Beichtvater Lamormaini als Unterstützer des Resti-tutionsedikts wieder auf verlorenem Posten. Die Kardinäle Pázmány und Dietrichstein sowie der Bischof von Wien stellten sich gegen ihn und unter-stützten ebenso wie Trauttmansdorff und Quiroga den Frieden.4 Den Papst hielt der Kaiserhof aus den Verhandlungen heraus, die Kurie ihrerseits mischte sich über die Nuntiatur nicht ernsthaft ein.5 Von der überbordenden Freude des Hofes über den Abschluss des Prager Kompromissfriedens pein-lich berührt, verhinderte der Nuntius zwar, dass der Hof diesen mit einem Te Deum Laudamus feierte und dass während der Sakramentsprozession der Jesuiten Salut geschossen wurde. Der Bischof von Wien aber sprang ein und ließ von den Kanzeln Wiens Gott für den Frieden danken.6

Dass der Konflikt zwischen den Konfessionen nun zum Konflikt zwischen den nachgiebigen bzw. unnachgiebigeren Lagern innerhalb der Konfessi-onen wurde, trug zur langfristigen Befriedung des Reiches wesentlich bei, konfessionelle Gründe waren für den Krieg künftig nicht mehr ausschlagge-bend: Kein Reichsstand, auch nicht der Kaiser, kämpfte nach 1635 noch „aus vorwiegend religiösen Motiven“.7

Dass der Prager Frieden das Reich im Innern dennoch nicht abschließend befriedete, lag daran, dass einige Reichsstände vom Frieden vorläufig aus-geschlossen waren. Dieser Ausschluss betraf eine Reihe vornehmlich kal-vinistischer Grafen, zudem Mitglieder des Heilbronner Bundes, v.a. aber einige wichtige Fürsten: den Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach, Her-zog Eberhard von Württemberg und den Landgrafen Wilhelm von

Hessen-Kassel. Der Weg zum Frieden führte für die Ausgeschlossenen über Son-derverhandlungen mit dem Kaiser. Dieser forderte für die Einbeziehung in den Frieden die Zustimmung zu Enteignungen im betreffenden Territorium.

Herzog Eberhard von Württemberg traf es wohl am härtesten. Er musste als Preis für den Beitritt zum Frieden 1638 etwa die Hälfte seines Territoriums aufgeben, überwiegend ehemaliges Kirchengut, aber auch weltliche Herr-schaften. Ferdinand II. gab diese Herrschaften teils der Kirche als dem frü-heren Eigentümer zurück, teils beglich er damit Geld- oder Dankesschulden.

Bayern konnte so Heidenheim kaufen, Trauttmansdorff und Schlick u.a.

bekamen württembergische Herrschaften.8 Trotz der Belastungen gingen fast alle anfänglich ausgeschlossenen Reichsstände diesen Weg und erwar-ben so die später noch wichtige Bezeichnung restituti gravati: mit Beschwe-rung Restituierte.9

Entscheidend für die Fortdauer des Krieges war, dass der Landgraf von Hessen-Kassel diesen Weg nicht ging und dem Frieden nicht beitrat. Er hätte das Stift Hersfeld herausgeben und ein Reichshofratsurteil von 1623 anerkennen müssen, das der Linie Hessen-Darmstadt große Teile seines Territoriums zusprach. Für Unruhe sorgten weiter der im schwedischen Dienst stehende Söldnerführer Herzog Bernhard von Weimar und die Nach-kommen des 1632 verstorbenen Pfalzgrafen Friedrich V. Die vage Aussicht auf fürstlichen Unterhalt und die linksrheinische Unterpfalz konnte ihnen nicht reichen.10

Ein äußerst wichtiger Grund für die Fortdauer des Krieges war zudem die künftige Heeresordnung des Reiches. Der Prager Friede sah das Verbot aller Militärbündnisse im Reich einschließlich der von Bayern dominierten Liga vor. Stattdessen sollte ein Reichsheer aufgestellt werden. Für die kal-vinistischen Pfalzgrafen bei Rhein und für Hessen-Kassel kam das nicht in Frage, solange ihnen die Pfalz bzw. Hersfeld und Marburg bestritten wur-den. Deshalb, so der kaiserliche Plan zur Befriedung des Reichs, sollte die gemischt-konfessionelle Reichsarmee den Prager Frieden gerade gegen diese Reichsstände durchsetzen.

Die Legitimität dieses Plans wurde aus dem Mehrheitsprinzip abgeleitet.

Der Prager Friede, so die Idee, sollte allgemeinverbindlich gelten, sobald die Mehrheit der Reichsstände ihn ratifiziert hatte. Die Verbindlichkeit der Mehrheitsentscheidung aber war von der konfessionellen Minderheit schon bei den Reichstagen nicht akzeptiert worden. Zwar waren für diesen spe-ziellen Fall fast alle Protestanten einverstanden, aber für die prinzipielle Anerkennung der Verbindlichkeit von Mehrheitsentscheidungen taugt keine Mehrheit, sondern nur der Konsens der Minderheit. Diese indes lehnte jetzt wie schon beim Reichstag von 1613 ab und verfügte mit dem wohlgerüsteten Hessen-Kassel über eine beachtliche militärische Stärke.11

Die geplante Reichsarmee fand außer dem Kaiser auch sonst kein mäch-tiger Reichsstand attraktiv. Den großen Reichsständen wie Bayern und Sachsen sowie später auch Kurbrandenburg gestand die Prager Friedens-ordnung so denn auch ein eigenes Kommando über ihre Truppen zu. Andere Reichsfürsten wie Hessen-Darmstadt behielten ihre Armeen faktisch unter eigenem Kommando und setzten sie praktisch neutral für die Verteidigung des eigenen Landes ein.

Ferdinand III. war als künftiger Oberbefehlshaber der Reichsarmee mit der Ausgestaltung der Heeresordnung befasst. Er geriet darüber in erbitter-ten Streit mit dem auf seinem eigenen Kommando beharrenden Kurfürserbitter-ten von Bayern. Dem König halfen weder Proteste noch die 1635 geschlossene Ehe seiner Schwester Erzherzogin Maria Anna mit Maximilian I. Weil der Kaiser für die Wahl Ferdinands III. zum römischen König die bayerische Stimme brauchte, bekam Maximilian I. das Generalkommando über die früheren Ligatruppen. Selbst den Kompromiss, wonach Ferdinand III. die disposition über diesen Teil der Armee erhalten sollte, wenn der Kurfürst nicht selbst im Feld war, lehnte Maximilian I. ab. Eine Besprechung baye-rischer Räte mit Ferdinand III., Trauttmansdorff und dem späteren Reichs-vizekanzler Kurz im November 1635 änderte daran nichts. Maximilian I.

blieb auch 1636 hart und setzte beim Kaiser sein eigenes Kommando über die früheren Ligatruppen gegenüber Ferdinand III. durch. Das Verhältnis war so gespannt, dass Einigungen sich nur in immer neuen Einzelverhand-lungen erreichen ließen. Für die Kriegführung in der Regierungszeit Ferdi-nands III. war dies „von fundamentaler Bedeutung“. Auf Bayern konnte sich Ferdinand III. nur so weit verlassen, wie es dem Kurfürsten gerade recht war.12

Die Heeresverfassung des Prager Friedens sah mithin auf den ersten Blick gut aus, sie verschaffte Ferdinand III. aber kein generalcommando, sondern nur dessen Anschein. Dennoch erhielt Ferdinand III. vom Kaiser einen groß dimensionierten militärischen Auftrag: Er hatte die Reichs armee wider alle diejenige, so sich demselben (dem Prager Frieden) widersezen würden, zue füehren.13

Ferdinands III. Einstand im großen europäischen Krieg 1635

Während der Prager Friede vorbereitet wurde, eskalierte im Westen des Rei-ches der französisch-spanische Konflikt. Wir erinnern uns, dass der Kurfürst von Trier in Anbetracht der schwedischen Invasion sein Erzbistum Trier und sein Bistum Speyer unter französischen Schutz gestellt und wichtige Festungen übergeben hatte. 1632 und 1633 überfiel Ludwig XIII. das zum

Reich gehörende Herzogtum Lothringen und legte 1635 französische Gar-nisonen in die Region, etwa nach Colmar.14 Spanien überfiel daraufhin das mit einer französischen Garnison belegte Trier und nahm den Kurfürsten gefangen.15 Frankreich reagierte mit einer Kriegserklärung. Als Verbündete gewann es die Vereinigten Niederlande mit dem Ziel der völligen Aufteilung der spanischen Niederlande. Als Verbündete für die Eroberung des spani-schen Herzogtums Mailand gewann Frankreich die Herzöge von Savoyen, Mantua und Parma.16

Die zu den Prager Konditionen nicht zum Frieden mit dem Kaiser berei-ten Reichsstände hielberei-ten ihre Armeen weiter unter Waffen. Im Norden des Reiches waren dies v.a. Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel, am Bodensee die Söhne Friedrichs V. von der Pfalz, im Südwesten auch der Söldnerfüh-rer Bernhard von Weimar. Frankreich nutzte dieses Potential und nahm erst den Herzog von Weimar mit dessen Armee in seine Dienste und schloss 1636 eine Allianz mit Hessen-Kassel. Eine französisch-schwedische Allianz bestand seit 1631, wurde im April 1635 erneuert und richtete sich nun auch auf die Unterstützung der mit Frankreich und Schweden alliierten Reichs-stände.17

Alternativlos war das französisch-schwedische Bündnis nicht. Vor allem die Fürsten von Mecklenburg und Kurbrandenburg drängten den Kaiser zum Frieden mit Schweden. Die schwedischen Forderungen für einen Frie-den mit Kaiser und Reich aber erschienen dem Kaiser zu hoch und gewisser-maßen falsch adressiert. Dass es besser sein konnte, selbst dann zu zahlen, wenn man die Verantwortung für das Entstehen von Kriegskosten bei ande-ren sah, hätte man an den fatalen Folgen zweier früherer Sparmaßnahmen sehen können: der Vergabe der Pfalz an Maximilian I. und derjenigen Meck-lenburgs an Wallenstein. Die Reichsstände wollten die Kosten der schwe-dischen Entschädigungsforderungen gleichfalls nicht tragen. Schließlich hatten die Schweden einen Anteil daran, dass 1635/36 kein Friedensschluss gelang. Sie forderten vornehmlich aus propagandistischen Gründen auch die Wiederherstellung der alten politisch-konfessionellen Zustände in den Erb-ländern und verstellten so dem Kaiser den Weg zum Frieden.18

Als der Kaiser und der Kurfürst von Bayern im Frühjahr 1635 den neuen Feldzug aushandeln ließen, verlangte Bayern ein offensives Vorgehen gegen Frankreich. Die Verlagerung des Krieges auf französisches Territorium sollte durch die Entlastung der eigenen Gebiete die Versorgung der Trup-pen erleichtern, eine französische Rheingrenze verhindern und den Herzö-gen von LothrinHerzö-gen ihr Herzogtum zurückgewinnen, und damit letztlich auf einen „Kompromissfrieden“ hinauslaufen. Der Kaiser und der Kurfürst von Bayern unterschätzten die Schweden und überließen den Kampf im Nor-den dem Kurfürsten von Sachsen. Auch Nor-den Landgrafen von Hessen-Kassel

unterschätzten die Verbündeten und entsandten nur ein Korps unter Picco-lomini gegen ihn. Der Landgraf aber führte seine Armee nach Norddeutsch-land, wo die Vereinigten Niederlande und Schweden Rückhalt boten. Die Masse der 55.000 Soldaten indes sollte Frankreich an den Verhandlungs-tisch zwingen.19

Das schien erfolgversprechend. Der Papst bat zu spanisch-französisch-kai-serlichen Friedensverhandlungen, der Kaiser stimmte zu.20 Ferdinand III.

übernahm die von Bayern verlangte, vom Kaiser akzeptierte und für Spanien sehr günstige Strategie. Er wolle, schrieb er im Verlauf des Feldzuges, nichts erobern, sondern vermittels einer irruption ins königreich (Frankreich) den könig zu billicheren und sicheren fridensconditiones zwingen.21

Eine gute Woche vor dem Abschluss des Prager Friedens verließ Ferdi-nand III. Wien. Seinem Aufbruch verliehen prächtige Kleider und Livreen sowie Gesten der Höflichkeit üppigen Glanz. Mit von der Partie des Königs waren mit einem Fürsten von Braganza und einem Fürsten aus dem Haus Este Granden des europäischen Adels, daneben ein Fürst Lobkowitz, als Kriegsrat Ferdinands III. auch einer der Markgrafen von Baden und als Militärberater wieder der Großmeister des Deutschen Ordens Stadion.22 Dem erhöhten Prestige Ferdinands III. entsprach es, dass auch der Herzog Savelli und der Reichshofrat Kurz nachkamen und der Hofkriegsratspräsi-dent Schlick sowie der spanische Botschafter Castañeda ihn ein Stück des Weges begleiten.

Die Reise führte über Horn, Wittingau und Budweis zuerst nach Prag.

Seit Februar 1635 plante Ferdinand III. vor dem Feldzug einen Aufenthalt in Prag und entsprach damit den Wünschen des böhmischen Adels. Als er dort ankam, war gerade der Prager Friede geschlossen worden. Man feierte den König, dem man den Sieg von Nördlingen und damit indirekt den Pra-ger Frieden zuschrieb. Ferdinand III. tat das Seine für die gute Laune des böhmischen Adels und fügte seinem Hofstaat einige böhmische Kämme-rer hinzu. Während seiner Anwesenheit lag die Regierungsgewalt bei ihm selbst. Daneben kümmerte sich Ferdinand III. v.a. um militärische Ange-legenheiten. Repräsentativer Höhepunkt seines Aufenthaltes in Prag war aber nicht die Fronleichnamsprozession, sondern der Austausch der Ratifi-kationen. Trauttmansdorff veranstaltete ein Festbankett und Ferdinand III.

konnte sich fortan nicht mehr nur als siegreicher Feldherr darstellen, son-dern auch als Förderer des Friedens.23

Militärisch relevant war Ferdinand III. im Feldzug des Jahres 1635 nicht.

Er leitete vornehmlich Beschwerden über das kaiserliche Heer weiter, küm-merte sich um Versorgungs- und Personalprobleme, ließ sich über militä-rische Angelegenheiten informieren, koordinierte und stellte die Entschei-dung der Fachfragen den kommandierenden Offizieren anheim, vornehmlich

Gallas.24 Seine Präsenz im Südwesten des Reiches war v.a. ein politisches Sig-nal, eine nachdrückliche kaiserliche Werbung für spanische Subsidien einer-seits und den Beitritt zum Prager Frieden anderereiner-seits. Der Rat der Reichs-stadt Nürnberg sah es so und schickte eine Delegation zu Ferdinand III., als dieser von Böhmen durch die Oberpfalz nach Schwaben zog. Trauttmansdorff klärte die Detailfragen, Nürnberg schloss sich dem Prager Frieden an.25 Hes-sen-Kassel versuchte der König durch eine Gesandtschaft vergeblich zum Bei-tritt zu bewegen, allein schon wegen der landgräflichen Armee.26 Der Herzog von Württemberg, für den im Prager Frieden außerordentlich harte Beitritts-bedingungen formuliert waren, schickte seinerseits vergeblich Gesandte zu weiteren Verhandlungen zu Ferdinand III. Im Übrigen aber verlängerte sich die Liste der Vertragspartner im Laufe des Sommers beträchtlich.27

In Dinkelsbühl stieß Anfang Juli der neue Oberstkämmerer Puchheim zu Ferdinand III., und ein französischer Gesandter legte ihm die Gründe für die französische Kriegserklärung gegen Spanien dar. Vom 7. Juli 1635 an residierte der König über einen Monat in Heilbronn. Dort kam es zu einem Treffen mit der im Exil lebenden Witwe Friedrichs V. von der Pfalz. Ferdi-nand III. ließ sie von einem Kämmerer im Fürstenrang abholen, kam ihr in der Ritterstube entgegen und bot ihr bei der Audienz einen Sitzplatz an. Den im Raum stehenden Anspruch auf die Restitution der Pfalz und der Kur-würde erfüllte Ferdinand III. (zum Teil) erst dreizehn Jahre später mit dem Westfälischen Frieden.28

Als Mitte August einige Höflinge Ferdinands III. an der Pest starben, verwandelte sich sein recht ziviler Feldzug in eine Flucht vor dieser Krank-heit. Trauttmansdorff hatte dem Kaiser schon von Dinkelsbühl aus versi-chert, dass alles getan werde, um eine Ansteckung zu verhindern,29 aber außer Isolation konnte man nicht viel tun. Nicht überall ließen sich auf einer solchen Reise mist, todt hundt, kazen oder dergleichen auf der gassen wegschaffen, schwein, tauben, kinigl und dergleichen thür aus den Häusern verbannen und Krankenkontakte ungefährlich gestalten, wie der Geheime Rat Liechtenstein in einer nur wenig späteren Infektionsordnung unter anderem anordnete.30 Weil in Worms die Pest herrschte, wohnte der König vom 23. August an einige Wochen in der so wichtigen Philippsburg, welche die kaiserliche Armee der französischen erst im Januar abgenommen hatte.

Ferdinand III. erkrankte dort leicht, freilich nicht an der Pest. Die Seuchen-gefahr war indes so hoch, dass er sich im September in die Deutschordens-burg Horneck am Neckar zurückzog. Auf seinen an der Pest erkrankten Beichtvater musste er dort verzichten, und er beurlaubte aus Sicherheits-gründen einen Großteil seines Hofstaates.Horneck war bald ebenfalls nicht mehr sicher, und so floh Ferdinand III. mit Trauttmansdorff, Puchheim und wenigen anderen zur nächsten Deutschordensburg, dem kleinen Schloss

Heuchlingen. Die Höflinge kamen in den umliegenden Dörfern unter. Ebenso wie die militärische Korrespondenz ging die Flucht vor der Pest weiter, am 19. Oktober von Heuchlingen Richtung Ellwangen, wo der Probst, ein Reichs-fürst, den König empfing, der dort auf Nachrichten von Gallas wartete.31

Mitte November konnte Ferdinand III. zurück nach Wien. Er verließ am 14. November das bei Ellwangen und Nördlingen gelegene Wallerstein und besuchte zwei Tage später das bayerische Kurfürstenpaar in Ingolstadt an der Donau. Er blieb nur einen Tag.32 Das Verhältnis zu seiner Schwester war gut, umso schlechter das zum Kurfürsten. Ein Treffen des Oberkom-mandeurs der Reichsarmee mit dem verbündeten Oberhaupt der aufgehobe-nen Liga war nach diesem Feldzug kein Grund zur Freude.33

Die Reichsarmee hatte zwar weite Teile des Rheingrabens zurückerobert, war bis nach Lothringen vorgedrungen, hatte aber Truppen für die Unter-stützung Spaniens gegen Frankreich abgeordnet. 10.000 Mann gingen nach Flandern, 10.000 Soldaten nach Norditalien. Der Neffe des Kurfürsten von Bayern, Karl IV. von Lothringen, bekam 6.000 Soldaten für die Wiederer-oberung seines Herzogtums. Für den einst geplanten Feldzug, der Frank-reich an den Verhandlungstisch hätte zwingen sollen, blieben mithin nicht genügend Soldaten übrig. Das Scheitern des Feldzuges hatte noch einen Grund: Die kaiserliche Armee war unterversorgt und erlitt bereits ganz ohne Kämpfe massive Verluste durch „Krankheit, Hunger oder Desertion“, wäh-rend am Hof Repräsentationskosten nicht gescheut wurden.34

Am Kaiserhof erkannte man den Ernst der Lage nicht und freute sich über die vielen Reichsstände, die dem Prager Frieden beitraten. Ferdi-nand III. reiste nach seiner Rückkehr mit der kaiserlichen Familie erst einmal für ein paar Tage zur Wildschweinjagd nach Orth an der Donau.35 Danach schloss er mit dem spanischen Botschafter einen Vertrag, der ihm im Falle einer gegen Frankreich gerichteten Offensive beim nächsten Feld-zug Subsidien sicherte.36 Für die beim letzten Feldzug umgekommenen

Am Kaiserhof erkannte man den Ernst der Lage nicht und freute sich über die vielen Reichsstände, die dem Prager Frieden beitraten. Ferdi-nand III. reiste nach seiner Rückkehr mit der kaiserlichen Familie erst einmal für ein paar Tage zur Wildschweinjagd nach Orth an der Donau.35 Danach schloss er mit dem spanischen Botschafter einen Vertrag, der ihm im Falle einer gegen Frankreich gerichteten Offensive beim nächsten Feld-zug Subsidien sicherte.36 Für die beim letzten Feldzug umgekommenen

Im Dokument Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) (Seite 111-126)