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Konstellation kaiserlicher Regierung

Im Dokument Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) (Seite 126-164)

Auf der Reise von Regensburg nach Wien erfuhr Ferdinand III. von einem Kurier, dass sein Vater am 15. Februar 1637 gestorben war.1 Obschon Ferdi-nand II. seit Langem krank war, war der Zeitpunkt eine Überraschung. Vor allem änderte dieser Tod den Status Ferdinands III. fundamental: Er war von jetzt an Kaiser und erbte aufgrund des Testaments seines Vaters als Universalerbe alle unsere … Erbkünigreich, Erzherzog­ und fürstenthumb, Marggraffschaften, Graffschaften, Herrschafften etc., lande, leüth und un-derthonen … und nichts darvon ausgenommen.2 Ein solches Erbe hatte für sich schon Gewicht, es im Krieg anzutreten, scheint für Ferdinand III. eine beinahe erdrückende Last gewesen zu sein. Zwar demonstrierte er nach außen Haltung und Fügung in den Willen Gottes,3 nach seinem schlichten Einzug in Wien aber zog er sich zurück, wurde krank und hütete mehrere Wochen lang immer wieder das Bett.4

Obwohl die Trauerfeierlichkeiten für Ferdinand II. auch wegen seines schlechten Gesundheitszustandes erst Mitte März stattfanden, war das neue Kaiserpaar nicht zugegen. Die Ärzte hatten Ferdinand III. vom Ver-lassen seiner Zimmer abgeraten. Ferdinand III. begleitete den Sarg später, anders als geplant, auch nicht bis Wiener Neustadt, sondern überließ diese Aufgabe seinem jüngeren Bruder. Dieser hatte eigentlich bis Graz mitrei-sen sollen, wo Ferdinand II. bestattet wurde. Das tat nun der Gardehaupt-mann Maradas, während Erzherzog Leopold Wilhelm von Wiener Neustadt direkt nach Wien zurückkehrte.5 Der Erzherzog musste sich dieser Anwei-sung fügen, sie entsprach der neuen Konstellation. Sehen wir uns diese etwas genauer an und beginnen wir mit den Angehörigen Ferdinands III.

Die dynastische Konstellation

Für Erzherzog Leopold Wilhelm realisierte sich mit dem Regierungsantritt Ferdinands III. eine massive Zurücksetzung. Kaiser Ferdinand II. hatte das Hausrecht geändert und die früher im Grundsatz übliche Erbteilung abgeschafft.

Diese Entscheidung resultierte aus schlechten Erfahrungen. Zum einen hatte der erbitterte Streit zwischen den Brüdern Rudolf II. und Matthias um

die Teilung der Herrschaft die Dynastie insgesamt gefährdet. Zum anderen hatte Ferdinand II. wegen früherer Erbteilungsregeln den spanischen Habs-burgern als Preis für ihren Verzicht auf das Erbe von Kaiser Matthias ein Anwartschaftsrecht auf das Elsass einräumen müssen. Für Ferdinand III.

wurde dies in seinem Ehevertrag wirksam, denn dieser beschränkte seine Verfügungsrechte über das Elsass.6 Erzherzog Leopold hatte seinem Bruder Ferdinand II. noch eine letzte Erbteilung abgerungen. Er bekam Tirol, die Markgrafschaft Burgau und weitere Herrschaftsrechte im Elsass und in der Region am Oberrhein und im Schwarzwald. Er legte sein Bischofsgewand ab und regierte als Leopold V. die gefürstete Grafschaft Tirol und die so-genannten Vorlande, einen Teil der Letzteren als Gemeinschaftsbesitz der österreichischen Habsburger. Mit Claudia von Medici hatte er mehrere Kin-der und begründete so eine neue Linie.7

Der Erfolg ihres Onkels warf einen Schatten auf die Beziehung zwischen Ferdinand III. und seinem Bruder Erzherzog Leopold Wilhelm. Dieser wollte wie sein Onkel selbst als weltlicher Landesfürst regieren, wurde aber als Bischof mit Fürstbistümern versehen und erbteilungsrechtlich so neutrali-siert. Als Zwölfjähriger erhielt er 1626 mit Passau sein erstes Fürstbistum, wozu später u.a. noch Straßburg, Halberstadt und 1638 Olmütz kamen.

Das Testament Ferdinands II. gestand ihm nur einen jährlichen Unterhalt von 45.000 Gulden und, lediglich auf Lebenszeit, den Besitz einer Herr-schaft zu. Damit war der Erzherzog 1637 höchst unzufrieden und verhehlte nicht, dass er seinen geistlichen Stand verlassen wollte. Weil Ferdinand III.

bereits Kinder hatte, hatte der Erzherzog auf seine eigene Thronfolge kaum mehr Aussicht, aber noch Hoffnung auf weltliche Herrschaft.8

In dieser schwierigen Situation tat Ferdinand III., was ihm ohne Preis-gabe von Herrschaftsrechten möglich war, um seinen Bruder bei Laune zu halten. Unmittelbar nach der Nachricht vom Tod ihres Vaters versicherte er in einem eigenhändigen Brief: Haben sich Euer Liebden gewiss zu verse-hen, dass Sie alle Zeit an mir haben werden einen Getreuesten brueder bis in dot.9 Der neue Kaiser erhöhte den Unterhalt seines Bruders und achtete auf die Sichtbarmachung seiner Wertschätzung und die Wahrung einer gu-ten Beziehung. Schon 1637 ließ Ferdinand III. im Geheimen Rat erörtern, ob man zumindest dem Wunsch des Erzherzogs entsprechen und ihn zum Oberkommandeur der kaiserlichen Armee machen könne.10 Dem wurde widerraten. 1639 erhielt Erzherzog Leopold Wilhelm dennoch von Ferdi-nand III. den Oberbefehl und begründete das für einen Bischof nicht ganz übliche Metier ironisch: er müsse dem Kaiser gehorchen, liege aber weiter dem Papst zu Füßen. Das Militäramt entkrampfte auch den Streit der Brü-der darüber, dass Erzherzog Leopold Wilhelm das Tragen geist licher Klei-dung mied. Er bekam nun die päpstliche Genehmigung für das Tragen von

Soldatenkleidung. Dazu trug er, als Hinweis auf seine geist lichen Ämter, nur das Kreuz des Deutschen Ordens.11

Nach der vom Erzherzog verantworteten schweren Niederlage in der Schlacht bei Breitenfeld 1642 akzeptierte Ferdinand III. zwar den Rücktritt seines Bruders vom Militärkommando, band ihn in politische Entscheidun-gen aber weiterhin ein.12 Über die Frustration des Erzherzogs nach der Niederlegung des Kommandos und über dessen neue Hoffnungen auf ei-gene Landesherrschaft korrespondierte Ferdinand III. hinweg: Er schrieb ihm 1643 bemerkenswert lange Passagen über das Wetter und stellte die persönlichen Spannungen als rein hypothetische Fremdeinwirkung dar: hir ist zwar khin solliches schön wetter, aber solliche khelten gewesen, dass es etlich tag an einander herumben dickh eis gefhroren, nacher ist wider zim-lich hibsch wetter worden; heut aber schneibt es so jämmerzim-lich, alls wann es in februario wäre … Ich habe aber seithero ein mehr daran gedacht, allso dass, ob Gott will, wol nicht ein zitoria (Zwist) soll zwischen uns gesähet werden.13 Im Übrigen korrespondierte er mit seinen Bruder über die Jagd und tröstete ihn damit, dass er auf seine Bitte hin einen erzherzoglichen Protegé zügig in den Grafenstand erhob.14

Bei der Pflege der Beziehungen halfen gemeinsame Interessen an Lite-ratur, Musik, bildender Kunst und auch an Alchemie. 1642 beispielsweise kommentierte Ferdinand III. ein Gedicht aus der Feder seines Bruders:

sein Vers sei gewis guet und hette nicht gemaint, das Eeuer Liebden so baldt ein poet werden sollen, obwolen Ich maine, dem poet werde ein bissel geholl-fen.15 Ferdinand III. schickte seinem Bruder mehrfach eigene Musikstücke mit Hinweisen zur Darbietung zu.16 Als Statthalter der spanischen Nieder-lande ließ Erzherzog Leopold Wilhelm ein Musikstück aufführen, zu dem er selbst den Text und Ferdinand III. die Musik geschrieben hatte. Er be-richtete vom Applaus der aus Höflichkeit zahlreich erschienenen Edelleute, vom Lob seiner Musiker und fügte sein eigenes Urteil hinzu: Mein humor nach ist es nit allein eins aus den pesten, die Euer Kaiserliche Majestät ge-macht haben, sonder auch von vilen andern, hatt mir nit pald etwas so woll gefallen… Um in Anbetracht der Konventionen der Komplimentierkunst dem günstigen Urteil etwas Glaubwürdigkeit zu verleihen, setzte er das Lob noch einige Zeilen lang fort.17 Auch Malerei war in der Korrespondenz mehr als nur eine hilfreiche Ressource für das pflichtgemäße Füllen der regelmäßig zu sendenden Briefe. Aus Brüssel schrieb Erzherzog Leopold Wilhelm: die galeria mit des rubens gemal seint woll gar schen.18 In einem anderen Brief beriet er Ferdinand III. bei der Gestaltung eines neuen Altar-bildes für eine Prager Kapelle, berichtete von der Entstehung eines seiner Porträts, von anderen Malern und ließ dabei ein klares Urteil über klassi-sche Rezeptionsästhetik einerseits und über die Dynamik der

Kunstent-wicklung andererseits erkennen. Diese honorierte die Erfindung neuer For-men, die Invention.19 Von der gemeinsamen Beschäftigung mit Alchemie nahm Erzherzog Leopold Wilhelm in den Niederlanden Abstand, denn sie gefährdete dort seinen Ruf und Kredit. Seinen kaiserlichen Bruder vertrös-tete er mit einer Absichtserklärung: Wegen der Alchimia, weil es mir Euer Kaiserliche Majestät pefelhn, So will Ich obediern (gehorchen) und selbe nit ganz auffgeben.20

Das verbindliche und disziplinierte Verhalten der Brüder trug Früchte.

Erzherzog Leopold Wilhelm blieb Bischof, erfüllte die ungeliebten Pflich-ten und bekam dazu Aufgaben, die ihm lagen. Er arbeitete mit mehr oder weniger Erfolg in Abstimmung mit seinem Bruder für die Dynastie in einer außer gewöhnlichen Rollenvielfalt: als Bischof, als Feldherr, als Hoch-meister des Deutschen Ordens,21 als Statthalter der spanischen Nieder-lande, als Kunstmäzen.

Auch für die verwitwete Kaiserin Eleonora I. war der Umbruch von 1637 schwierig. Sie war nur zehn Jahre älter als Ferdinand III. und musste sich auf das Leben einer weniger wichtigen Witwe einstellen. Dem neuen Kaiserpaar überließ sie nach dem Tod ihres Mannes den Vortritt und an-erkannte so das neue Rangverhältnis. Das neue Kaiserpaar nahm nach höflich-anfänglicher Zurückweisung an. Die Kaiserinwitwe formierte einen eigenen Hofstaat, der zwar von beträchtlicher Größe war, aber der unat-traktivere blieb. Personen, die früher ihre Fürsprache beim Kaiser gesucht hatten, zogen sich zurück. Sie selbst musste in der Hofburg umziehen.22

Ihre Unsicherheit über die künftige Versorgung war so erheblich, dass sie dem Kaiser einige Güter als Geschenk anbot, als dieser ihr hatte ausrichten lassen, dass man dort gut jagen könne.23 In der Audienz, in der der Nuntius ihr den Kondolenzbrief des Papstes überreichte, brach sie nach seinem Be-richt in Tränen aus. Ihr Verhältnis zur neuen Kaiserin war nicht gut, und diese hielt sich mit Demonstrationen guten Willens auffällig zurück: 1637 begleitete Kaiserin Maria Anna die Kaiserinwitwe nur eine kleine Strecke auf deren Reise nach Wiener Neustadt.24 Noch im selben Monat zog sich Ele-onora I. nach Graz zurück. Als Vorwand diente die Nähe zum toten Gatten.25 Im gleichen Jahr allerdings kam sie aus Graz zurück an den Hof und fand dort ihren Platz. Mit ihrem Stiefsohn Erzherzog Leopold Wilhelm verstand sie sich bestens.26 Im Verhältnis zum Kaiserpaar setzte sie auf freundliche Distanz. Besuche waren üblich, und Eleonora I. tat regelmäßig mit bei der repräsentativen Frömmigkeit der Dynasten.27 Im Übrigen ging sie eigene Wege. Außerhalb ihrer Residenz in der Wiener Hofburg hielt sie sich manchmal in Laxenburg auf. Häufig war Eleonora I. in Schönbrunn bei Wien. Seit 1640 ließ sie einen Flügel an die alte Katterburg anbauen, die sich so zum Schloss Schönbrunn hin entwickelte. In Wien zog sich die

Kaiserinwitwe häufig in das von ihr gestiftete Karmeliterinnenkloster zu-rück, neben dem sie eine Wohnung besaß.28

Als Ferdinand III. 1645/46 in Linz residierte, wohnte sie im nahegelege-nen Steyr, wo sie für den Kaiser Jagden, Komödien und Ballette organisierte und von wo aus sie ihn ab und an in Linz besuchte.29 Äußerst engagiert för-derte sie ihre Hofdamen und Höflinge, war auf deren Frömmigkeit bedacht und sorgte für Erhaltung bzw. Erweiterung der ihr und ihrem Hofstaat wichtigen kirchenrechtlichen Privilegien wie etwa die eigene Kapelle.30

Besonders zu den Kindern Ferdinands III. entwickelte die Kaiserinwitwe enge Beziehungen. Man vertraute ihr beispielsweise Erzherzog Leopold an, als er krank und der Hof in Laxenburg war. Der älteste Sohn Ferdinands III.

besuchte sie noch als König von Ungarn häufig, auch in Schönbrunn. Mit-unter fuhren die Geschwister gemeinsam dorthin, luden die Stiefgroßmut-ter zu Familienfesten nach Wien oder feierten solche bei ihr. Eleonora I.

stattete ihrerseits von sich aus den Prinzen häufiger Besuche ab. Seit etwa 1647 war sie oft krank und unterzog sich 1648 einer Augenoperation zur Erhaltung der Sehfähigkeit. Der Eingriff gelang, die Anfälligkeit aber blieb, und so sah man sie in den Kurorten in der Nähe von Wien.31

Besonders wichtig wurde ihr Eintreten für das von Frankreich vertrie-bene Haus Lothringen. Herzog Niklas Franz und seine Frau Claude von Lothringen lebten lange Jahre am Kaiserhof, genauer: am Hof Eleonoras I., denn Claude war ihre Nichte. So folgten die Lothringer ihr 1645 auch nach Steyr. Als Herzogin Claude 1648 in Wien starb, nannte die Nuntiatur als Hauptleidtragende neben ihrem Gatten Eleonora I. Der Kaiser zahlte sei-nem Großcousin Herzog Niklas Franz eine Pension und kam für dessen kleinen Hof auf. Die Alltagskontakte zwischen Kaiser und Herzog scheinen aber nicht sehr eng gewesen zu sein. Ab und an waren sie gemeinsam bei der Jagd; als Tischgenosse war der Herzog beim Kaiser eher selten, etwa, als Eleonora I. einmal wegen eines Aderlasses ausfiel. Einer der lothrin-gischen Prinzen jedoch hieß Ferdinand und war wie mehrere Habsburger Mitglied in der Rosenkranzbruderschaft der Wiener Dominikaner. Seine Devise Pietate et Justitia war identisch mit der Ferdinands III. Der andere Sohn, Herzog Karl V., sollte später eine Tochter Ferdinands III. aus dessen Ehe mit Eleonora II. Gonzaga heiraten.32

Mit seinen beiden Schwestern verband Ferdinand III. über die beträcht-lichen Distanzen hinweg ein gutes Verhältnis. Die eigenhändige Korrespon-denz mit Erzherzogin Maria Anna, seit 1636 verheiratete Kurfürstin von Bayern, war zwar Pflicht, hatte aber einen persönlichen Ton. Nennenswer-ten Einfluss auf Maximilian I. konnte der Kaiser über seine Schwester nicht ausüben. Die Beziehung Ferdinands III. zu seinem Onkel und Schwager war und blieb gekennzeichnet von einem „kälteren, realistischeren Zug“.33

Auch die 1637 geschlossene Ehe seiner Schwester Erzherzogin Cäcilia Renata mit ihrem Cousin, dem polnischen König Wladislaus IV., diente der Sicherung instabiler Beziehungen. Die Habsburger und Polen hatten mit Schweden einen gemeinsamen Feind, doch gelang es Frankreich 1635, einen Waffenstillstand im schwedisch-polnischen Krieg zu vermitteln. We-gen der Trauerzeit für Ferdinand II. gab es anlässlich der Eheschließung in Wien kein großes Fest, sondern nur eine feierliche Zeremonie. In öffent-licher Audienz bat der polnische Botschafter den Kaiser für den polnischen König um die Hand der Erzherzogin Cäcilia Renata, danach sprachen Kaiserin Maria Anna, Erzherzog Leopold Wilhelm sowie der spanische Botschafter, woraufhin Ferdinand III. vom Thron herab lateinisch seine Zustimmung gab.34 Der Furcht vor habsburgfeindlichen Allianzen setzte die Eheschließung kein Ende. Königin Cäcilia Renata starb 1644, 1647 ihr Sohn Sigismund Kasimir. Schon 1645/46 ging Wladislaw IV. die Ehe mit einer Prinzessin aus der frankreichfreundlichen Dynastie Gonzaga-Nevers ein, und so fürchtete Ferdinand III. französischen Einfluss in Polen und ging vorsichtig auf Distanz. Das galt auch für sein Verhältnis zu seinem polnischen Cousin Johann Kasimir. Diesen betrachtete er 1646 als Anhän-ger Frankreichs. Dennoch unterstützte er die erfolgreiche Kandidatur Jo-hann Kasimirs bei der Neuwahl des polnischen Königs – und blieb zugleich misstrauisch.35

Seinen wichtigsten Cousin, zugleich seinen Schwager und späteren Schwiegersohn, den spanischen König Philipp IV., traf Ferdinand III. nie persönlich. Dessen Bruder, den Kardinal-Infanten Don Fernando, sah er nur wenige Wochen im Umfeld der Schlacht von Nördlingen und kommen-tierte seinen Tod im Jahr 1641 in einem Brief an seinen Bruder denkbar ungerührt: Erzherzog Leopold Wilhelm solle wegen des Vorrückens in der spanischen Thronfolge besser auf sich aufpassen; er selbst bedaure, dass er wegen der Trauerfeiern für seinen Cousin auf die Jagd verzichten musste:

des Cardinals Infante dot hatt mich wol umb 150 oder 200 sau gebracht.36 Für die enge Bindung zu den spanischen Habsburgern sorgte neben den Verträgen und der wechselseitigen Militär- und Geldhilfe v.a. die Frau Fer-dinands III., Kaiserin Maria Anna. Von Kindesbeinen an war die Infantin auf ein Leben als Herrscherin vorbereitet und machte bei Hof eine gute Figur. Das zeigte sich etwa im Kontakt mit den zahllosen Gesandten, die bei ihr Audienz hatten.37

Vor allem kümmerte sich die Kaiserin um die Wahrung der Interessen der spanischen Habsburger – zusammen mit ihrem Beichtvater Quiroga, ihren spanischen Höflingen und der spanischen Botschaft.38 1641 schrieb der venezianische Botschafter, die Kaiserin erwecke zwar den Anschein, sich nicht um Geschäfte zu kümmern, tatsächlich aber lenke sie vieles im

Sinne des spanischen Königs; das tue sie unauffällig und umsichtig, um Trauttmansdorff nicht zu verärgern. Dieser nehme ihren Einfluss in vielen Fragen hin, auch wenn ihm manche so entstandene Entscheidung nicht gefalle.39 Die Nuntiatur hielt es 1644 für sicher, dass ein wichtiger Brief über die spanische Oberstkämmerin zu ihrer Kenntnis und von dort an Ferdinand III. gelangen würde.40 Die Kaiserin übte auch selbst Regierungs-funktionen aus und fungierte beispielsweise während des Aufenthalts Fer-dinands III. in Böhmen 1645 als Regentin in Österreich und hatte dafür einige Räte.41 In der Krise des Jahres 1645 verlangte sie – angeblich bei-nahe mit Tränen in den Augen – vom Nuntius päpstliche Subsidien und hatte doch genügend Selbstbewusstsein, den behaupteten päpstlichen gu-ten Willen als ungenügend zu bezeichnen und Tagu-ten zu fordern.42 Dass Fer-dinand III. sich über wichtige Fragen des Verhältnisses zu Spanien mit ihr beriet, ist belegt.43

Die Ehe von Ferdinand III. und Kaiserin Maria Anna scheint gut ge-wesen zu sein. Die Kaiserin besaß nach dem Bericht der venezianischen Gesandten von 1638 im höchsten Grade die Gunst und Liebe des Kaisers.44 Nichts weist darauf hin, dass es außereheliche Verhältnisse gab, und dass die Quellen hier schweigen, heißt in Anbetracht ihrer Beredsamkeit bei anderen Herrschern wahrscheinlich, dass sie nichts verschwiegen. Weil fürstlich-eheliche Treue im 17. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit war, wählte ein späterer venezianischer Botschafter zu ihrer Umschrei-bung die schöne Formulierung, der Kaiser habe engelsgleiche Gewohnhei-ten.45 In den Briefen an seinen Bruder erwähnte Ferdinand III. die Kaiserin regelmäßig und berichtete insbesondere über Trübungen von Gemütslage oder Gesundheit.46 Als Kaiserin Maria Anna 1645 wegen der militärischen Lage nach Graz in Sicherheit gebracht wurde, schrieb er über die gemisch-ten Gefühle: Mein gemahel ist wekh, eins thails bin Ich froh, anders thails erschrekhlich mikherisch (unglücklich).47

Sechs Kinder hatte das Kaiserpaar. Zwei Söhne, die 1637 und 1638 gebo-renen Erzherzöge Philipp August und Maximilian Thomas starben 1639, die Tochter Maria 1646 kurz nach ihrer Geburt. Die hohe Kindersterblichkeit machte vor den Schlössern nicht halt. Drei Kinder überstanden die ersten Jahre, der 1633 geborene Ferdinand Franz, der 1640 geborene Leopold Ignaz und die 1634 geborene Maria Anna. Entsprechendes Gewicht hatte in den Briefen Ferdinands III. die Sorge um die Gesundheit der Kinder.

Der Kaiser schrieb von den Schafblattern seiner Tochter und seines älteren Sohnes und ließ die Kinder nicht selten vor Seuchen und Kriegsgefahr in Sicherheit bringen, etwa ins kleine Bruck an der Leitha. Wie einst er selbst, trugen seine Kinder Amulette, die sie beschützen sollten. Besonders fragil war die Konstitution von Erzherzog Leopold Ignaz, über dessen häufige

Krankheiten auch die Nuntiatur berichtete. Das Zahnen verlief bei ihm so kritisch, dass die Ärzte 1643 kaum noch auf Heilung hofften und dass das Kaiserpaar einen Altar zu Ehren der heiligen Apollonia gelobte. Der Sohn wurde gesund, das Gelübde erfüllt, die Augustiner-Hofkirche bekam einen Apollonia-Altar.48

Die alltägliche Erziehung der Kleinkinder lag in den Händen einer ade-ligen Witwe. Besondere Wertschätzung genoss die langjährige Erzieherin des Thronfolgers und der Erzherzogin Maria Anna, Susanna Veronica von Trautson. Sie erhielt zahlreiche kaiserliche Gnadengaben, der Hofadel er-wies ihr nach ihrem Tod Anfang 1648 bei den Exequien in der Michaeler-kirche nochmals die Ehre.49 Ihren Vater sahen die Kinder vornehmlich bei

Die alltägliche Erziehung der Kleinkinder lag in den Händen einer ade-ligen Witwe. Besondere Wertschätzung genoss die langjährige Erzieherin des Thronfolgers und der Erzherzogin Maria Anna, Susanna Veronica von Trautson. Sie erhielt zahlreiche kaiserliche Gnadengaben, der Hofadel er-wies ihr nach ihrem Tod Anfang 1648 bei den Exequien in der Michaeler-kirche nochmals die Ehre.49 Ihren Vater sahen die Kinder vornehmlich bei

Im Dokument Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) (Seite 126-164)