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Verletzungen des* Kopfes vor und während der Geburt

Im Dokument DEUTSCHE CHIRURGIE (Seite 29-53)

Cap. I.

Kopfverletzungen vor der Geburt.

§. 1. Die geschützte Lage des Kindes im Uterus und im Frucht­

wasser macht, dass Verletzungen desselben keineswegs häufig vor­

kommen. Insbesondere gedeckt scheint der Kopf bei seiner in den späteren Schwangerschaftsmonaten überwiegend häufigen und stabilen Lage im grossen Becken nahe der oberen Apertur des kleinen. Die Extremitäten, welche so deutlich vorspringen und die Utermwand wölben, sind jedenfalls mehr exponirt. Indessen sind Fälle von intra­

uterinen Kopfverletzungen durch eine auf den Leib der Schwangeren stattgehabte Gewalteinwirkung doch vorgebracht worden.

W u n d e n , d i e d u r c h d i e B a u c h w a n d u n g e n b i s in d e n U t e r u s d r i n g e n , können das Kind mittreffen. Möglich, dass solche Verwundungen häufiger vorgekommen als beschrieben sind. Weil sie immer den Tod von Mutter und Kind verschulden, haben sie das practische Interesse nicht auf sich gelenkt. Nur einmal wird berichtet, dass bei einer Hiebwunde mittelst einer Sense in den Leib der Schwan­

geren, die das Hinterhaupt des Fötus durchschlug, die Mutter, nach­

dem sie sofort die getödtete Frucht ausgestossen hatte, dem Leben erhalten blieb, ja später noch concipirte und ohne alle Störung gebar l) .

§. 2. Aber auch ohne penetrirende Wunden, j a selbst o h n e w a h r n e h m b a r e , o d e r w e n i g s t e n s b e i nur u n b e d e u t e n d e n

') L ö w e n h a r d t : Gasper's Wochenschrift für die ges. Heilkunde 1840, S. 60.

B e r g m a n n , Verletzungen des Kopfes. 1

2 Kopfverletzungen vor der Geburt.

Q u e t s c h u n g e n d e r m ü t t e r l i c h e n T h e i l e k a n n durch sie hin­

d u r c h d e r K o p f d e r L e i b e s f r u c h t v e r l e t z t w e r d e n . Zwar sind diese Verletzungen viel häufiger behauptet, als bewiesen worden, allein zu Stande gekommen sind sie doch. Das bezeugen 3 oder 4 Fälle, in welchen die Verletzung zunächst ohne ernstere Folgen blieb, die Schwangerschaft ihr Ende erreichte, aber am Neugeborenen eine in Heilung begriffene Wunde der Weichtheile des Schädels entdeckt wurde. D i e t e r i c h1) sah ein neugeborenes Mädchen, das auf beiden Stirnhügeln und am rechten Scheitelbeine Substanzverluste wies, die mit Granulationen gefüllt und am Rande bereits in Narbenbildung begriffen waren. Beide Vorderarme waren gebrochen und an den Bruchstellen deutlich Callus fühlbar. Die Mutter war 2 Wochen vor der Geburt gefallen. Ganz ähnlich ist A b e l e ' s Beobachtung2). Eine schwangere Frau wurde von einer Kuh zu Boden geworfen und erhielt von ihr mehrere Tritte auf den Bauch, in Folge deren sie Sugillationen in der linken Unterbauchgegend davon trug. Sie gebar einige Wochen später ein Kind mit einer klaffenden, einen Zoll langen Hautwunde auf der Stirn, welche mit Eiter bedeckt war. T a r n i e r3) stellte in der Pariser Societe" de Chirurgie ein bloss einen Tag altes Kind vor, welches mit einer deutlichen Narbe am Scheitelbein geboren war.

Wahrscheinlich ist durch den Fall und Fusstritt der Kopf des Fötus gegen die Vorsprünge der obern Apertur des kleinen Beckens gestossen worden, wodurch starke Quetschung der Kopfhatit mit späterem bran­

digen Absterben und nach Abstossung des Brandigen Granulations­

und Eiterbildung, sowie schliesslich auch Vernarbung folgten. Es ist sonst nicht zu verstehen, warum an der Haut des Kindes ein klaffender Substanzverlust, an der Mutter aber bloss blaue Flecken entstanden.

Ein gewaltsames Anprallen gegen das Promontorium oder die Scham­

beinfuge kann die Schädelknochen des Kindes sogar zerbrechen und dabei doch die elastische Haut der Mutter unversehrt lassen. Die meisten S c h ä d e l f r a c t u r e n freilich, welche die Autoren als v o r der G e b u r t entstanden aufführen, können sehr wohl auch w ä h r e n d der G e b u r t entstanden sein. Das gilt namentlich von denjenigen hierher gerechneten Beobachtungen, bei welchen sofort nach dem Unfälle der Schwangeren eine schwere Geburt folgte, die durch eine Operation beendet werden musste. Eine strenge Kritik 4) halten eigentlich nur zwei Fälle aus.

Einen theilt M a s c h k a5) gelegentlich mit. Zu Endo ihres achten Schwangerschaftsmonates sprang ein Mädchen vom zweiten Stock herab, erlitt Brüche beider Oberschenkel und starb nach 6 Stunden. Bei der Section fanden sich an dem noch in der Gebärmutter befindlichen Fötus mehrfache Brüche beider Seitenwandbeine mit Austritt ge­

ronnenen Blutes an der äusseren Fläche und innerhalb der Schädel­

höhle. Den andern erwähnt G u r l t (1. c. S. 401). B l o t6) erzählt,

') D i e t e r i c h : Württemberg, medic. Correspondenzblatt 1838. Bd. VIII, S. 5.

2) A b e l e : Württemberg, med. Correspondenzblatt 1835. Bd. V, S. 1, vergl.

auch D ü s t e r w e g in Casper's Wochenschrift für die gesammte Heilkunde 1841.

S. 47 und G l o c k e n g i e s s e r : Acta medicorum Beroliniensium 1718. Vol. IV, S. 95.

3) T a r n i e r : Union med. 1872. Nr. 33.

4) L i m a n : Casper's Handbuch d. gerichtl. Medicin. Berlin 1871. S. 964—966.

'") M a s c h k a : Prager Vierteljahrsschrift 1856. Th. 4, S. 105.

e) B l o t : Bull, de l'Acad. royale de Medecine. Paris 1 8 4 7 - 4 8 . p. 1032.

Kopfverletzungen vor der Geburt. 3 dass eine Frau während der ersten Geburtsperiode durch zwei Stock­

werke stürzte und sich mehrere Contusionen und einen Oberschenkel­

bruch zuzog. Der Kopf des Kindes zeigte bei der Untersuchung gleich darnach vielfache Crepitationen. Durch ein Paar leichte Zangentrac-tionen wurde er hervorgeholt und erwies sich an beiden Scheitel­

beinen zerbrochen. Das Kind war todt, die Mutter wurde dem Leben erhalten.

§ 3 Die Fra-e o b v o m m ü t t e r l i c h e n K ö r p e r selbst nach-t h e i l f g e m e c h a n b c h e E i n w i r k u n g e n auf d i e F r u c h nach-t in der Ar ausgeübt werden können, das« an dieser Schädelverletzungen odei Verstümmelungen zu Stande kommen, ist noch nicht ausgetragen . Man hat angenommen, dass ein lang anhaltender Druck, den der Schädel gegen vorspringende Lendenwirbel, zumal stärker entwickelte, erfährt, Veranlassung zu einem Knocheneindruck werden könne, welcher, weil er ganz allmählig entstünde, ohne nachteilige folgen für die Frucht sei. Dass wirklich während der Schwangerschaft einige dieser Fälle entstanden seien, glaubte man aus dem Mangel von acuten Er­

scheinungen, z. B. Blutextravasateu, im Umfange einer gleich nacü der Geburt anatomisch untersuchten Impression erschlossen zu dürfen, zumal wenn man in solchem Falle bei der inneren Untersuchung der eben Entbundenen eine Exostose zwischen dem 4. und o. Lendenwirbel constatirte, welcher der Schädel vielleicht angelegen hatte. Als bishei wohl einzig dastehend gehört hieher ein in der Sammlung der Peters­

burger Gebäranstalt des Erziehungshauses befindliches und von K B i d d e r der Gesellschaft der Aerzte in St. Petersburg demonstnrtes Präparat, in welchem ein dem 7. Schwangerschaftsmonate entsprechender todter und etwas comprimirter Fötus auf dem rechten Scheitelbein eine neben der Pfeilnaht längs verlaufende tiefe Furche zeigt, in die der aufgeschlagene Fuss vollkommen hineinpasste; ob dieselbe vor oder nach dem Tode des Fötus sich gebildet hatte, musste freilich un­

entschieden bleiben. Wenn wir aber an die Fälle erinnern, wo Ent­

stehung von Verkrümmung der Füsse (Pes varus congenitus) durch fehler­

hafte intrauterine Haltung so gut wie erwiesen ist, so dürfen wir kaum daran zweifeln, dass durch fortgesetzten Druck sich auch einmal eine Schädel-Verbiegung oder -Verschiebung bilden kann. Hierfür tritt namentlich G u d d e n ' s Wahrnehmung an einem Schädel eines Meu-geborenen der Züricher Sammlung ein. Es lag bei demselben keine Nahtverwachsung vor, sondern allein eine Abplattung m der Kichtung der Diagonale von links vorn nach rechts hinten und ein compen-satorisches Wachsen in der Linie des andern diagonalen, nicht ge­

drückten Durchmessers. Zudem war noch die linke Gesichtshälfte von oben nach unten comprimirt und der untere Rand der linken Hälfte des horizontalen Asts vom Unterkiefer abgeplattet und verbreitert, offenbar durch Anpressung gegen das betreffende Schlüsselbein. Er­

klärt würde diese Deformität leicht werden, wenn man annimmt, dass bei spärlichem Fruchtwasser eine anomal frühe Stabilität der Lage den Kopf längere Zeit im Beckeneingange gehalten hätte. Ein länger währender, wenn auch geringer Druck dürfte ausreichen, um dem wachsenden Schädel seine Spuren ein- und aufzuprägen (s. G u d d e n ' s Abbildungen 1. c. Tab. III u. I V ) . Entscheidend für die Frage, ob

4 Kopfgeschwulst.

solche Asymmetrieen vor oder unter der Gehurt entstanden, wären allein Messungen am scelettirten Schädel, welche ein gesteigertes Wachsen der Knochen in der nicht gedrückten Richtung nachzuweisen hätten. W i r kommen hierauf noch in § . 1 3 zurück.

Schädelbrüche könnten wohl auch bei mangelhafter Knochen­

bildung entstehen, wie sie der Rhachitis congenita oder der Osteogenesis imperfecta zukommt; bezügliche Fälle sind aber nicht bekannt ge­

worden.

Cap. II.

Verletzungen des Kopfes während der Geburt.

1) Kopfgeschwnlst der Neugeborenen. Caput succedaneum. Vorkopf.

§. 4. Bei allen Schädellagen des Kindes pflegt sich an einer Stelle des Schädels während der Geburt eine Schwellung der Weich-theile zu bilden, welche man K o p f g e s c h w u l s t nennt. Dieselbe wird nur bisweilen, wenn die Geburt besonders leicht und rasch verlief, häufiger also bei Mehrgebärenden, vermisst.

Die Kopfgeschwulst entsteht dadurch, dass der ganze Kindskörper, mit Ausnahme einer Stelle, der nämlich, an welcher sich die Geschwulst bildet, einem gleichmässigen Druck ausgesetzt ist. An der nicht ge­

drückten Stelle entwickelt sich Stauung, Transsudation, ja selbst Ex-travasation, deren gemeinsamer Effect die Bildung des Caput succe­

daneum ist.

Ein Druck im angeführten Sinne trifft den Kindskörper immer erst nach abgeflossenem Fruchtwasser. Das im Muttermunde frei­

liegende Stück des Kopfes wird jetzt innig den gespannten Mutter­

mundslippen angepresst, von ihnen fest umfasst und dadurch in hoch­

gradige Stauung versetzt. Da es häufig nicht der äussere, sondern der innere Muttermund ist, welcher die Grenze des auf den Kinds­

körper wirkenden allgemeinen Druckes bildet, so hängt die Grösse der Kopfgeschwulst nicht immer von der Erweiterung des Os externum ab, sondern reicht in solchem Falle bis an die den Kopf wirklich fest umfassende Stelle und ist also von dem ausgedehnten Cervix bedingt.

Dass es aber nicht nur Abwesenheit von Druck an der Geschwulst-stelle ist, sondern zum grossen Theil der positive, vom Muttermunde und den Beckenweichtheilen ausgeübte Druck auf die Peripherie eines bestimmten Kopfsegmentes, das beweist die tägliche Beobachtung, nach welcher, sobald die Fruchtblase gesprungen ist, die Kopfhaut an der freiliegenden Stelle sich in Falten erhebt und die vorher mit ihren Rändern in gleichem Niveau liegenden Schädelknochen nicht nur enger an einander gedrängt, sondern über oder unter einander geschoben werden.

Da Blasensprung und vollkommene Erweiterung des Mutter­

mundes sehr oft gleichzeitig eintreten, oder letztere nur wenig später erfolgt, so fällt die Bildung der Kopfgeschwulst sehr häufig in die Periode, in welcher der Kopf am Beckenausgange steht. Drückende Partieen sind unter diesen Umständen die Weichtheile des

Becken-Kopfgeschwulst. 5 bodens, oft die Umgebung der Schamspalte selbst. Im Gegensatz zu der durch den Muttermundsring bedingten runden Form der Ge­

schwulst entsteht unter letzteren Umständen ein länglich ovales Caput succedaneum, und wir sind manchmal im Stande, auf letzterem noch die früher in der ErÖffnungszeit entstandene, kleinere Geschwulst nach­

zuweisen. In seltenen Fällen, in welchen erhebliche Stellungsvei-änderungen des Kopfes während der Geburt stattgefunden haben, können zwei Geschwülste an getrennten Stellen des Kopfes entstehen.

Es handelt sich hier, wenigstens was die erstentstehende betrifft immer nur um kleine Kopfgeschwülste, eine grosse Kopfgeschwu st setzt einen so .festen Druck voraus, dass die Möglichkeit eines Stellungswechsels ausgeschlossen wird. , . . , , „

Bei unverletzten Eihäuten entsteht die Kopfgeschwulst bloss dann, wenn räumliche Missverhältnisse zwischen Kopf und Becken bestehen.

Bei engem Becken kann der Kopf so fest gegen das Becken gepresst werden, dass rings um die eingetretene Schädelstelle die betreffenden Venen zusammengedrückt werden. Da in diesem Falle die fecnadel-knochen nicht unwesentlich comprimirt werden, unterstützt die hier­

durch bedingte Faltung der Haut die Transsudaten, welche ihrerseits fortbesteht, bis die durch sie erzeugte Erfüllung von Haut und Unter­

hautbindegewebe die Falten wieder ausgleicht. Bei normalem Becken kann in dieser Weise die Bildung der Kopfgeschwulst nur zu blande kommen, wenn die grössten Durchmesser des kindlichen Kopfes ms Becken treten, wie solches bei der Stirnlage geschieht »)• Aber auch hier muss wohl vorausgesetzt werden, dass weniger die den Kopf doch nie gleichmässig umfassenden Beckenwände, sondern der Muttermund, äusserer oder innerer, es ist, der bei geringer Menge des den vor­

liegenden Theil umgebenden Fruchtwassers drückend' und stauend wirkt.

Der Sitz der Kopfgeschwulst ist wegen überwiegender Häufig­

keit der ersten Schädellage der hintere, obere Theil des rechten Scheitel­

heins, von wo sie auf die Pfeilnaht und kleine Fontanelle übergreift;

nur wenn die kleine Fontanelle sehr tief stand, liegt sie ganz oder zum grössten Theil auf der Hinterhautschuppe. Bei der zweiten Schädel-lage befindet sie sich auf derselben Stelle der linken Schädelhälfte.

Im Uebrigen wechselt sie selbstverständlich j e nach der Einstellung des Kindskopfes.

D i e K o p f g e s c h w u l s t b e s t e h t i n e i n e m O e d e m d e r K o p f s c h w a r t e . Beim Einschneiden ergiesst sie reichlich gelbliche Sülze, dabei sind die Gefässe, insbesondere die der Haut ausgedehnt, und haben durch Ruptur Ecchjmosen der Cutis gesetzt. Letztere sind so constant, dass wir oft genug sie allein kurze Zeit nach der Gehurt zur nachträglichen Diagnose der Kindslage benutzen können.

Desgleichen findet man bei der anatomischen Untersuchung fast immer liniendicke Extravasate von geringerer oder grösserer Aus­

dehnung zerstreut auf dem Pericranium oder weniger häufig auch unter i h m2) . C h u r c h i l l3) belegt bei reichem Blutgehalt die Kopf­

geschwulst mit dem Epitheton „ecehymotisch".

>) B i d d e r : Petersburger medicinische Zeitschrift 1868. Heft 1. S. 48.

4) L i m an: Zur forensischen Würdigung subpericranieller Blutungen bei Neu­

geborenen. Vierteljahrsschrift f. gerichtliche 'u. öffentliche Medicin. N. F. Bd. I, S. 50.

3) C h u r c h i l l : The

diseases of children. Dublin 1850. p. 66.

6 Druckmarken.

Die Grösse der unscheinbaren, rundlichen oder länglichen Kopf­

geschwulst ist wechselnd. Je stärker der Druck von einer kräftigen Wehenthätigkeit ausgeübt wurde, oder je länger der Widerstand des Muttermundes aushielt, desto grösser wird die Geschwulst ausfallen.

Je ausgedehnter die Geschwulst in der Fläche ist, desto mehr erhebt sie sich auch über den Kopf, daher der Name Nebenkopf. Ihre Consi-stenz ist teigig. Die Haut über der Geschwulst ist dunkler als die Umgebung gefärbt, oft und bei grossen Kopfgeschwülsten immer mit blauen Flecken durchsprengt, doch nur sehr selten abgeschürft, oder mit einer oder mehreren Blasen besetzt.

§. 5. Nach der Geburt verschwinden durch die frei gewordene Circulation die kleineren Kopfgeschwülste sehr rasch. Bei den grösseren bemerkt man, dass sie ihren Ort wechseln, indem das Oedem sich bei der Rückenlage des Kindes nach dem Hinterhaupt senkt. Diese Verbreitung mag die rasche Resorption, welche selbst bei den grössten Nebenköpfen in drei Tagen vollendet ist, erklären. Langsamer ver­

schwinden die Blutaustretungen in der Haut.

Zu einem therapeutischen Einschreiten hat man sich bei Kopf­

geschwülsten noch nicht gemüssigt gesehen.

2 ) Quetschung' der Kopfhaut Neugeborener. Druckstellen. Druckmarken.

§. 6- Bei engem Becken, zumal gerade verengtem, können die austreibenden Kräfte längere Zeit hindurch den Kindesschädel gegen den am meisten vorspringenden knöchernen Theil des Beckens, das Promontorium, drücken, so dass die W e i c h t h e i l e des S c h ä d e l s eine mehr o d e r w e n i g e r h o c h g r a d i g e Q u e t s c h u n g e r l e i d e n . Eine gewisse Zeit muss der Druck währen, soll die Quetschung ent­

stehen , bei bloss flüchtigem, wenn auch energischem Drucke scheint sie sich nicht zu bilden, wenigstens hat man sie am zuletzt kommenden Kopfe nur gesehen, wenn derselbe nicht sofort nach Austritt des Rumpfes zur Lösung kam. Viel seltener als gegen das Promontorium findet ein Druck auch gegen den oberen Schambeinrand, oder eine nach innen leistenforniig vorspringende Schamfuge statt. Deswegen liegen die Druckstellen fast ausnahmslos auf den während der Geburt hinterwärts gelegenen Scheitel- oder Stirnbeinen. Sie kommen beim allgemein verengten Becken seltener, als am sogenannten platten Becken vor. Ihr Sitz ist längs der Sutura coronaria; am Scheitelbein abwärts von seinem der grossen Fontanelle angrenzendem Winkel, am Stirn­

bein in der gleichen Richtung. Selten wird der Scheitelbeinhöcker von ihnen occupirt, weil in den betreffenden Fällen der Durchtritt des Kopfes durch den Beckeneingang mit gesenkter Stirn geschieht, so dass nicht der biparictale, sondern der bitemporale Kopfdurchmesser die Conjugata trifft. Dass bei gegen den hinteren Beckenrand ge­

richteter Uterusachse, wie z. B. beim Hängebauch, auch bei ganz normalem Becken durch das Promontorium eine Druckmarke entstehen kann, ist von O l s h a u s e n behauptet worden.

Die Druckstellen bestehen bald nur in rasch schwindenden rotheu Flecken ohne Hautinfiltration, bald sind sie biau gefärbt und mit Haut­

infiltration verbunden. Sie können auch noch bedeutendere Quetschungen

Druckmarken. Kopfblutgeschwulst.

vorstellen, so dass ein missfarbiges depnmirtes Centrum von einem

lebhaft gerötheten Wall umgeben wird. Im ersten Falle verschwmdey, sie in kurzer Frist, im letzteren kommt es zur Gangran, Demarcation und Eiterung, welche noch im späteren Leben durch dm Haa^sigkeit den einstigen Sitz der Druckmarke verräth. In seltenen Fallen folgte sogar fortschreitende acute Phlegmone an welcher die betroffenen Kinder rasch, zuweilen unter Entwicklung multipler Abscesse, zu

G r U I 1D i eg la f d e n Kopf applicirte Z a n g e b r i n g t g l e i c h f a l l s . D r u c k

-S t r e i f e n h e r v o r . Ihre erhebliche Länge und geringe Breite, ihi Sitz auf dem Stirnbein, am äusserten Augenwinkeloder * m J . T ^ e Schläfetheil, und endlich ihre meist blassrothe Farbe unterscheiden sie leicht von denjenigen Quetschungen, die durch Druck der knöchernen Beckentheile entstanden sind. Die Druckspuren der Zange schwinden schneller, nur ausnahmsweise ist die Stelle excornrt, eitert und bleibt selbst nach Jahren in Gestalt einer weissen, angewachsenen Narbe bemerklich. F r i t s c h sah während einer Puerperalfieber-Epidemie eine tödtliche Phlegmone aus einer Zangenmarke ihren Ursprung nehmen.

Das Oedem der Augenlider, das nach Verletzungen des äusseren Augen­

winkels durch die Zange sehr häufig entsteht, ist nur ephemerer Watur.

Mitunter hat der Druck des Zangenlöffels in der Ohrgegend eine gleich­

falls vorübergehende Facialisparalyse, die leicht am Offenstehen des Auges erkannt wird, zur Folge gehabt.

3) Die Kopfblotgeschwnlst. Kephalaematoma, Thrombus neonatorum, Tumor cranii sanguincus recens natorum, Ecchymoma capitis.

§• 7. E i n e g e s c h w u l s t a r t i g e A n s a m m l u n g f l ü s s i g e n B l u t s z w i s c h e n P e r i o s t und K n o c h e n am Schädel Neugeborener hat N ä g e l e zuerst als K e p h a l ä m a t o m beschrieben.

B r u n s und B e t s c h i e r unterscheiden ein K e p h a l a e m a t o m a e p i c r a n i a l e und s u b a p o n e u r o t i c u m . Letzteres, einen Bluterguss zwischen Periost und Kopfschwarte bezeichnend, ist viel seltener als das erstere und in seiner Bedeutung demselben weit untergeordnet.

Das Nägele'sche Kephalämatom fand C. H e c k e r ' ) unter 3519 Geburten 15 Mal, d. h. auf 245 Geburten einen Fall und b e u x ) nach einer Zusammenstellung von 9013 Geburtsprotocollen aut 1 5 U einen Fall. B r u n s berechnet auf 2 0 0 - 3 0 0 Neugeborene eine Kopt­

blutgeschwulst.

o Nach ihm kommen unter 100 Kephalämatomen 9 5 - 9 6 auf die Scheitelbeine, und zwar 64—65 auf das rechte, 31—32 auf das linke, 2—3 auf das Hinterhaupt und 1—2 auf das Stirnbein. Die 51 anato­

misch untersuchten Fälle des Petersburger Findelhauses, über welche aus den Jahren 1866 68 T e r m i n berichtet, und die 52 aus Moskau, welche Object der Studien S c h e g l o w ' s waren, vertheilen sich auf die Scheitelbeine: 101 und zwar rechts 4 5 , links 4 7 , beiderseits 9, auf das Hinterhauptbein 1 und auf das Stirnbein 1. Nicht bloss 2

1) H e c k er: Klinik der Geburtskunde 1864. Band II, S. 234.

2) S e u x: Recherches sur les maladies des enfentfe nouveau nes. Paris 1863, p. 27.

8 Kopfblutgeschwulst. Aetiologie.

Kopfgeschwülste auf beiden Scheitelbeinen, sondern gleichzeitig 3 sah H e n n i g (beide Scheitelbeine und Hinterhauptbeine 2 Mal; Scheitel­

bein, Stirnbein und Hinterhauptbein 1 Mal) und 4- sogar neben ein­

ander S c h e g l o w (am rechten Scheitelbein ein äusseres, am linken ein äusseres und ein inneres und am rechten Stirnbein ein inneres (1. c.

Präp. 9, S. 43).

Für die Bildung der Kopfblutgeschwulst wird derselbe Vorgang verantwortlich gemacht, welcher die Entstehung des Caput succedaneum bewirkt. Bei jeder grösseren Kopfgeschwulst sind, so oft sich Gelegen­

heit zu ihrer anatomischen Untersuchung bot, disseminirte punktförmige bis erbsen- und bohnengrosse Extravasate unter dem Pericranium ge­

funden worden. Weil das Blut in der grossen Mehrzahl der Fälle aus kleinen Gefässen stammt, vermag es nicht im weiteren Umfange das Periost vom Knochen abzulösen, sowie aber ein grösseres Gefäss durch­

rissen wird, ist der Druck des austretenden Blutes dazu stark genug.

Das überwiegend häufige Vorkommen des Kephalämatoms genau an den Stellen, wo das Caput succedaneum zu sitzen pflegt, spricht nicht minder für die ätiologische Zusammengehörigkeit beider, als der Um­

stand, dass man sehr gewöhnlich über der frühzeitig erkannten Kopf­

blutgeschwulst noch die ödematös hämorrhagische Kopfgeschwulst ge­

sehen hat.

Indessen machte das Vorkommen der Kopfgeschwulst auf beiden

»Seiten und bei Steisslagen (von H ü t e r , R ü g e1) und anderen er­

wähnt) es zweifelhaft, ob allemal die Entstehungsgeschichten des Kephal­

ämatoms und des Caput succedaneum zusammenfielen. Die Seltenheit der Kopfblutgeschwulst und die Häufigkeit der Kopfgeschwulst stehen in einem unleugbaren Gegensatz. Daher sind von manchen Seiten [ noch andere genetische Bedingungen für die erstere gefordert worden.

Die Annahme einer Gefässzerreissung durch directen Druck oder durch Verschiebung würde die Hämatome bei Beckenendlagen besser er- , klären, als das immerhin gezwungene Zurückgreifen auf eine Selbst­

wendung nach dem Blasensprunge. Mit ebenso wenig Erfolg, glaube ]

wendung nach dem Blasensprunge. Mit ebenso wenig Erfolg, glaube ]

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