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Der knockout eines Gens führt oft zur differentiellen Expression anderer Gene, die funktionell mit dem fehlenden Protein zusammen hängen. Durch Vergleich der Proteomzusammensetzung des Wildtyps und des knockout-Stamms lassen sich solche Unterschiede detektieren und die betreffenden Proteine identifizieren. Basierend auf den Ergebnissen kann dann in der Folge versucht werden, auf die Funktion des entfernten Proteins zu schließen.

In dieser Arbeit wurde eine solche Proteomanalyse mittels 2D-Gelelektrophorese in Kooperation mit der AG Deutzmann (Universität Regensburg) durchgeführt. Dabei wurde das Proteom eines E. coli MG1655 ΔybiB-Stamms mit dem MG1655-Wildtyp verglichen. Der schematische Ablauf des Experiments ist in Abbildung 4.5 gezeigt.

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Abbildung 4.5: Ablauf einer vergleichenden Proteomanalyse mit 2D-Gelektrophorese. Das Gesamtproteom des E. coli Wildtyps (rot) und des ΔybiB-Stamm (grün) wird isoliert und mit einem rot (Cy5) bzw. grün (Cy3) fluoreszierenden Farbstoff markiert. Von beiden Proteomen wird eine äquivalente Menge durch isoelektrische Fokussierung (IEF) und SDS-PAGE zweidimensional in einzelne Proteine getrennt. Durch Auslesen der Fluoreszenzsignale lassen sich die Proteinmengen aus den unterschiedlichen Stämmen vergleichen. Proteine, deren Menge im Wildtyp und im knockout gleich ist, ergeben gelbe spots. Proteine, die stärker im Wildtyp bzw. knockout vertreten sind, erscheinen rot bzw.

grün. Abschließend werden interessante spots aus dem Gel ausgestochen und die Proteine massenspektrometrisch identifiziert.

Die benötigten Gesamtproteinpräparationen aus den E. coli MG1655- und den ΔybiB-Zellen wurden wie unter 3.3.1 beschrieben hergestellt. Diese Proben wurden an Dr.

Astrid Bruckmann (AG Deutzmann) übergeben, die die weiteren experimentellen Schritte und die Analyse des SDS-Gels durchführte (Abbildung 4.6).

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Abbildung 4.6: Vergleichende Proteomanalyse von E. coli MG1655 Wildtyp und MG1655 ΔybiB.

(A) Falschfarbendarstellung des 2D-Gels der Gesamtproteinpräparation aus beiden Stämmen mit anschließender DIGE-Färbung. Das Wildtyp-Proteom wurde mit dem Fluoreszenzfarbstoff Cy3 markiert, das Proteom des knockouts mit Cy5. Proteine, deren Menge in beiden Stämmen identisch ist, liefern schwarze spots, Proteine mit differierenden Mengen erscheinen blau bzw. orange. Beispiele für solche spots sind mit roten Pfeilen markiert. (B) 2D-Gel der Gesamtproteinpräparation aus dem MG1655 Wildtyp mit anschließender Coomassie-Färbung. Proteine, die in wt- und ΔybiB-Zellen als differenziell exprimiert erschienen (vgl. A) sind mit roten Kästen und Nummern gekennzeichnet. Diese spots wurden aus dem Gel ausgestochen und massenspektrometrisch analysiert.

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Es zeigte sich, dass die meisten Proteine in beiden Stämmen, wie zu erwarten, in identischer Menge hergestellt wurden. Allerdings konnten auch einige spots gefunden werden, bei denen die Proteinmenge in den beiden Stämmen signifikant voneinander differierte (Abbildung 4.6 A). Um ausreichend Protein für die weitere Analyse zu erhalten, wurde die 2D-Gelelektrophorese nochmals mit mehr Protein durchgeführt und das Gel mit Coomassie gefärbt. In Abbildung 4.6 B ist das Ergebnis für das wildtypische Proteom gezeigt. Die zuvor in der DIGE-Färbung differierenden spots wurden ausgestanzt, massenspektrometrisch (peptide fingerprint) analysiert und die Proteine so identifiziert (Tabelle 4.1).

Tabelle 4.1: Differenziell hergestellte Proteine von E. coli MG1655 wt und MG1655 ΔybiB.

Spot Nr.1 Proteinname Funktion Veränderung

1 GMP-Synthase Letzter Schritt der GMP

Synthese

Wildtyp 1,5-fach mehr

2 Phosphoglucomutase Kohlehydratstoffwechsel Wildtyp mehr2 3 Asparaginyl-tRNA-Synthetase Proteinbiosynthese Wildtyp mehr2 4 Isocitrat-Dehydrogenase Energiestoffwechsel Wildtyp mehr2 5 Adenylosuccinat-Synthetase Letzter Schritt der AMP

Synthese Wildtyp mehr2

6 RecA Induktor der SOS-Antwort Knockout 2-fach

mehr

7 Ketogluconat-Reduktase Kohlehydratabbau in E.coli Knockout mehr2 8 Putrescine-Bindeprotein Polyamin-Stoffwechsel Knockout mehr2 10 Universelles Stressprotein E Stressantwort von E. coli;

genaue Funktion unbekannt Wildtyp mehr2

14 Elongationsfaktor P Translation Wildtyp mehr2

15

Tryptophanyl-tRNA-Synthetase Proteinbiosynthese Wildtyp mehr2

1Die Nummerierung der einzelnen spots entspricht der in Abbildung 4.6 B verwendeten.

2Bei diesen Proteinen war keine genaue Quantifizierung des Expressionunterschieds in den E. coli MG1655-Wildtyp-Zellen und dem entsprechenden ΔybiB-Stamm möglich.

Erwartungsgemäß wurde YbiB selbst als differierendes Protein identifiziert, da es nur noch im Wildtyp hergestellt wird. Gleichzeitig zeigte dies die hohe Sensitivität der Analyse, da selbst Unterschiede beim relativ schwach exprimierten ybiB detektiert werden konnten. Dementsprechend sollte praktisch das gesamte E. coli-Proteom auf

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dem Gel zu sehen sein, wodurch die vergleichende Analyse zwischen Wildtyp und ybiB knockout als annähernd umfassend angesehen werden kann.

Bei der Auswertung der weiteren Unterschiede zwischen den beiden Stämmen zeigten sich zunächst einige Proteine, die nicht unmittelbar mit einer möglichen Funktion von YbiB in Verbindung gebracht werden konnten (spots 2-4, 7, 11, 15). Aminoacyl-tRNA-Synthetasen und Enzyme aus dem Energiestoffwechsel liefern keine offensichtlichen Hinweise auf die Aufgabe von YbiB in den Zellen. Ihre differentielle Expression ist vermutlich auf sekundäre Vorgänge in den Zellen zurückzuführen, die nicht geklärt werden konnten.

Die Mehrheit der veränderten Proteine hat jedoch eine Funktion im Nukleinsäuremetabolismus oder der Stressantwort in E. coli. Diese Ergebnisse untermauern so die bereits aufgrund der genomischen Organisation und Regulation von ybiB aufgestellte Hypothese, dass das Protein eine Funktion in der Reaktion auf DNA-schädigende Bedingungen hat. Besonders auffällig ist dabei, dass durch die Abwesenheit von YbiB sogar das Expressionslevel des Induktors der SOS-Antwort RecA angehoben wird. Die einzelnen Funktionen der identifizierten Proteine und die Veränderung ihrer Expression ließen jedoch keine Verfeinerung der Hypothese über die mögliche zelluläre Funktion von YbiB zu. Deshalb wurden in der Folge biochemische und biophysikalische Analysen mit YbiB durchgeführt.