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6.2 SPR-Bindungsstudien der Peptide und Glycopeptide

6.2.3 Vergleich und Diskussion der Ergebnisse

Die Belegung der Sensorchips mit den verschiedenen Peptiden fiel sehr unterschiedlich aus, weshalb die jeweiligen Bindungskurven zur besseren Vergleichbarkeit auf 100 fmol normiert wurden (Abbildung 31, links). Aus dem normierten Vergleich der Bindungskurven wird sofort ersichtlich, dass das zyklische Glycopeptid P4 die höchsten RU-Antworten lieferte und die niedrigste Dissoziationskonstante zeigte. Damit sollte es die höchste Bindungsaffinität der vier Peptide aufweisen. Die Bindungskurven von P1, P2 und P3 liegen sehr dicht beieinander.

Das lineare, unglycosylierte Peptid P1 zeigt etwas höhere RU-Antworten und einen niedrigeren KD als P2 und P3. Dieses Ergebnis ist anders als bei nativen Peptiden, da in vorangegangenen Studien gezeigt wurde, dass zyklisierte V3-Peptide eine höhere Bindungsaffinität aufweisen als lineare und glycosylierte Peptide eine höhere als unglycosylierte.64,65,162,164

Das zyklische Peptid P3 hat geringere RU-Antworten und einen höheren KD-Wert als das entsprechende Glycopeptid P4. Und das lineare Glycopeptid P2 weist eine geringere Bindungsaffinität auf als das zyklische, unglycosylierte Peptid P3.

Eine mögliche Erklärung für die höheren RU-Antworten von P1 könnte sein, dass nach der Immobilisierung des Sensorchips mit P1, welche als erste der vier Immobilisierungen durchgeführt wurde, nicht ausreichend lange regeneriert wurde. Dadurch wäre die wahre Basislinie niedriger und die tatsächliche Belegung müsste höher sein. Folglich müssten die RU-Antworten von P1 nach Normierung auf 100 fmol kleiner ausfallen. Da die drei Kurven von P1 bis P3 alle sehr dicht beieinander liegen, könnte es gut sein, dass eine nur leicht höhere Stoffmenge bei der Belegung dazu führen würde, dass die Kurve von P1 unter den anderen beiden Kurven von P3 und P2 läge. Letztlich handelt es sich aber doch um verschiedene Moleküle mit unterschiedlichen Konformationen, gerade auch im Vergleich zu den analogen, nicht trunkierten V3-Peptiden, deren Bindungsverhalten dementsprechend nicht mit früheren Studien übereinstimmen muss.

Abbildung 31: Vergleich der Bindungskurven der vier Peptide P1 bis P4 für die Interaktion mit Hi5-Zellen nach Normierung auf 100 fmol (links). Es wurden die normierten RU-Antworten gegen die Rezeptorkonzentrationen aufgetragen. Das zyklische Glycopeptid P4 zeigte erwartungsgemäß die höchsten RU-Antworten. Das lineare, unglycosylierte P1 weist unerwartet die zweithöchsten RU-Antworten auf, gefolgt vom zyklischen, unglycosylierten P3. Die niedrigsten RU-Antworten lieferte das lineare Glycopeptid P2. Insgesamt liegen die Kurven von P1 bis P3 aber sehr dicht beieinander und in derselben Größenordnung. Rechts: Auftragung der auf 100 fmol normierten RU-Antworten gegen die Rezeptorkonzentrationen der exemplarischen Parentalzell-messungen von P2 und P3. Beide Kurven weisen einen ähnlichen Verlauf auf und liegen unterhalb der entsprechenden Kurven für die Wechselwirkung mit den Hi5-Zellen.

Aus der Auftragung der ebenfalls auf 100 fmol normierten RU-Antworten der Parentalzellmessungen von P2 und P3 (Abbildung 31, rechts) wird ersichtlich, dass beide Kurven einen sehr ähnlichen Verlauf aufweisen. Die Kurven liegen mit ca. 10 RU etwa bei halb so hohen RU-Antworten wie die entsprechenden Kurven der CCR5-Wechselwirkung.

Das deutet darauf hin, dass es eindeutig zu einer spezifischen Wechselwirkung der

verschiedenen Peptide mit dem CCR5-Rezeptor kam. Wodurch die Bindung an die Parentalzellen tatsächlich verursacht wird, kann an dieser Stelle nicht gesagt werden.

Insgesamt sind die RU-Antworten mit 20 bis 60 RU der höchsten Rezeptorkonzentration jedoch deutlich niedriger als in früheren Arbeiten, in denen für vergleichbare Peptide und Glycopeptide bei Normierung auf 100 fmol RU-Antworten von 100 bis 200 RU erhalten wurden.64 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in jener SPR-Studie von J. Dojahn ein Pioneer F1-Sensorchip verwendet wurde, der bei gleicher Anzahl der Carboxymethyl-Funktionen eine kürzere Dextranmatrix aufweist als ein CM5-Sensorchip.64,182 Die Dextranmatrix des CM5-Sensorchips hat eine Höhe von 100 nm, während die in dieser Arbeit verwendeten CMD200-Sensorchips eine Dextranschicht von 200 nm aufweisen.183 Das hat zur Folge, dass die hier verwendeten Chips eine deutlich dickere Dextranschicht und folglich eine deutlich höhere Belegung von 360 fmol bis 1.2 pmol haben, als die F1-Chips in der Studie von J. Dojahn (ca. 50 fmol). Tatsächlich sind die Zellen mit ca. 17 µm Durchmesser aber viel zu voluminös, um in die Dextranschicht eindringen zu können. Demzufolge können nur die äußersten, immobilisierten Peptide für eine Interaktion genutzt werden, wodurch die tatsächlich nutzbare, immobilisierte Stoffmenge der Peptide P1 bis P4 deutlich geringer sein muss.

Die größere Dextranmatrix ist zudem verantwortlich für die problematische Regeneration, die sehr oft wiederholt werden musste und ein Vielfaches der Zeit der eigentlichen Messung in Anspruch nahm. In früheren Studien wurde deshalb häufig der CM3-Sensorchip verwendet, der eine nur etwa 30 nm dicke Dextranschicht aufweist und keine Probleme bei der Regeneration verursachte.65

Weitere Gründe für geringere RU-Antworten, auf die im Folgenden näher eingegangen wird, sind wahrscheinlich i) die fehlende PND und ii) eine geringere Injektionszeit als in vergleichbaren Studien.

Die hochkonservierte PND, die sich in der Spitze des V3-Loops befindet und bei den hier untersuchten Peptiden fehlt, ist ein Teil des Motivs, das den CCR5-Rezeptor an der ECL2 bindet.2,38 Demzufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass die trunkierten Peptide ohne PND eine verringerte Bindungsaffinität zum CCR5-Rezeptor aufweisen als die Peptide mit PND aus früheren Studien.64,65 Zudem könnte es sein, dass die Peptide durch die Trunkierung eine veränderte Konformation aufweisen als native V3-Peptide und deshalb auf andere Art mit dem CCR5-Rezeptor interagieren.

Die Injektion in den hier durchgeführten SPR-Experimenten erfolgte über zehn Minuten, während in der Vergangenheit meist über zwölf Minuten injiziert wurde.1,162,164 Folglich

hätten die Sensorgramme mit zwei Minuten längerer Injektionszeit jeweils etwas höhere maximale RU-Antworten erreichen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Peptide P1 bis P4 trotz der fehlenden PND den CCR5-Rezeptor spezifisch binden. Aufgrund des ungünstig gewählten Sensorchiptyps konnte nur ein Bruchteil der theoretisch verfügbaren Bindungsstellen tatsächlich zur Interaktion mit dem CCR5-Rezeptor genutzt werden.

Versuche die Peptide an einen Fluoreszenzfarbstoff zu kuppeln und die Bindungskonstanten mit der Methode der Durchflusszytometrie zu bestimmen, wurden nicht weiter verfolgt, da die Ausbeuten der Kupplung bei verschiedenen Bedingungen jeweils unter 10% lagen.

6.2.4 Durchflusszytometrische Kontrolle der GHOST(3)-Zellen mit einem