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2.3 Tiermodell zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands

2.3.3 Untersuchung zur Einheilung autologer Sehnentransplantate

Die Einheilung oder Integration eines Sehnentransplantats in einen knöchernen Bohrkanal kann mittels verschiedener Methoden und unter unterschiedlichen Aspekten untersucht wer-den. Von besonderem Interesse sind die histologischen Vorgänge im Transplantat selbst bzw.

am Übergang vom Transplantat zum Knochen und zur Wachstumsfuge. Weiterhin ist es von großer klinischer Relevanz, ob das Transplantat seine biomechanischen Eigenschaften wie-dererlangt und ob bzw. wann eine belastbare Verankerung des Kreuzbandersatzes erreicht wird.

2.3.3.1 Histologische Studien

Das Einheilverhalten von autologen Sehnentransplantaten zum Ersatz des vorderen Kreuz-bands in einen Knochenkanal wurde in verschieden Publikationen beschrieben, die sowohl Kleintier- als auch Großtiermodelle verwendeten (SCRANTON et al. 1998; YOSHIYA et al.

2000). Ein direkter Vergleich der Untersuchungen ist schwierig, da eine hohe Variation in der Wahl von Material und Methoden besteht. Alleine bei der Auswahl des Transplantatgewebes,

seiner knöchernen Führung und seiner Fixierung gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Kom-binationsmöglichkeiten.

Wichtige Aspekte für die Durchführung der eigenen histologischen Untersuchungen lieferte die Schafstudie von WEILER et al. (2002a). Sie analysierten an 35 erwachsenen Merinoscha-fen die Einheilungsstadien eines autologen Achillessehnen-Transplantats, welches mittels Interferenzschrauben im tibialen und femoralen Bohrkanal fixiert wurde. Histologisch defi-nierten sie, wie auch in anderen Studien festgestellt (LIU et al. 1997; KAWAMURA et al.

2005), drei unterschiedliche Zonen (Knochen, Granulationsgewebe, Transplantat). Die knö-cherne Wand begrenzt das Tunnellumen, durch welches das Transplantat zieht. Zwischen Knochen und Sehne ist, zumindest vorübergehend, eine Zone aus fibrösem Bindegewebe oder Granulationsgewebe zu finden, die in der Literatur oft als fibrovaskuläres Interface beschrie-ben wird.

Im Bereich der knöchernen Wand zeigten sich in den Untersuchungen von WEILER et al.

(2002a) schon sechs Wochen post op. eine hohe Osteoblastenaktivität, viel unkalzifiziertes Osteoid und unreifer Geflechtknochen sowie zahlreiche Osteoklasten. Dieses fortschreitende Remodelling wurde auch von anderen Autoren, teilweise sogar schon zu einem früheren Zeit-punkt, beschrieben (RODEO et al. 1993; LIU et al. 1997).

Auch das transplantierte Sehnengewebe ist gewissen Umbauvorgängen unterlegen. In ver-schiedenen Untersuchungen des intraartikulären Transplantatanteils wird dieser Prozess als Ligamentisation beschrieben (AMIEL et al. 1986; YOSHIYA et al. 2000). Zunächst findet in diesem Bereich eine akute Entzündungsreaktion mit ischämischer Nekrose und Zelluntergang statt (Nekrose), worauf eine chronische Entzündung mit Zellrekrutierung und Revaskularisie-rung folgt (RevitalisieRevaskularisie-rung). Durch Zellproliferation und Ausrichtung der neu synthetisierten Kollagenfasern (Remodellierung) wird dieser Vorgang schließlich beendet. Ein ähnlicher Prozess wurde auch für den im Tunnel liegenden Transplantatanteil beschrieben (CLANCY et al. 1981; YOSHIYA et al. 2000; WEILER et al. 2002a).

Von großem Interesse sind auch die Vorgänge in der Zone zwischen Knochen und Transplan-tat. RODEO et al. (1993) kennzeichneten diesen Bereich zwei Wochen nach Ersatz des vorde-ren Kreuzbands bei 20 ausgewachsenen Hunden als zellreich, gefäßreich und schlecht organi-siert, wobei Fibroblasten den vorherrschenden Zelltyp darstellten. Im weiteren Zeitverlauf

nach Aussage von KANAZAWA et al. (2006) eine definitive Abgrenzung zum Transplantat oder teilweise auch zum Knochen schwer fällt. Diese Umstrukturierung wird oftmals mit der normalen Wundheilung (KAWAMURA et al. 2005) oder Frakturheilung (RODEO et al.

1993) verglichen. Eine in vielen Untersuchungen bei der Beschreibung der fibrösen Zwi-schenzone hervorgehobene Struktur stellen Kollagenfasern dar, die vom Transplantat zum Knochen verlaufen und als Sharpeysche Fasern bezeichnet werden. Diese fungieren eventuell als indirekte Verankerung des Transplantats im Knochen (KANAZAWA et al. 2006). Ihre Anzahl und auch ihr Entstehungszeitpunkt variieren in unterschiedlichen Studien, sollen aber die Ausreißfestigkeit des rekonstruierten Bands beeinflussen (KANAZAWA et al. 2006). Im Gegensatz dazu stellten WEILER et al. (2002a) in ihrer Studie heraus, dass es keinen Beweis für eine Korrelation zwischen der histologisch zu beobachtenden Einheilung und den biome-chanischen Testergebnissen gibt.

2.3.3.2 Biomechanische Studien

Biomechanische Studien über das Einheilungsverhalten von Sehnentransplantaten in einen Knochentunnel werden häufig mit histologischen Untersuchungen kombiniert. Eine Arbeit zu diesem Thema, die auch als Bezug für die Planung und Durchführung der eigenen Untersu-chungen gilt, wurde von WEILER et al. (2002b) verfasst. Ziel war die biomechanische Be-stimmung der Heilungsstadien nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands mit Interferenz-schrauben-Fixierung im adulten Schafmodell. Ein Problem, auf das auch WEILER et al.

(2002b) verwiesen, ist die schlechte Vergleichbarkeit der vorhandenen Studien aufgrund der zahlreichen Unterschiede bei der Verwendung von Material und Methoden.

Deswegen wird immer wieder die Vereinheitlichung von Testprotokollen gefordert. BEYN-NON und AMIS (1998) stellten in ihrer Studie mögliche Standard-Techniken für die Messung der biomechanischen Eigenschaften des Kniegelenks und der Kreuzbänder vor. Frisch ent-nommene Proben sollen in mit isotoner Kochsalzlösung getränkter Gaze eingehüllt, luftdicht verpackt und bei -20°C gelagert werden. Das Auftauen unmittelbar vor der Testung erfolgt bei Raumtemperatur. Nach einer sorgfältigen Präparation ohne Verletzung der Gelenkkapsel soll die Einbettung von Tibia und Femur entlang ihrer Längsachse in Metallzylinder, z.B.

mittels eines Kunstharzes, durchgeführt werden. Da die Bewegungscharakteristik des Knies sehr komplex ist (sechs Freiheitsgrade erforderlich), muss für die Bewertung der

Anterior-Posterior-Beweglichkeit (Schubladen-Test) ein Koordinatensystem erstellt werden. Dieses wurde auch von WOO et al. (2006) beschrieben, die ein Roboter-System zur Messung der Kniebewegung entwickelten. Bei der Ausreiß-Testung wird die Probe im entsprechenden Ma-terialtestsystem befestigt und alle Strukturen bis auf das vordere Kreuzband bzw. das Trans-plantat werden entfernt. Das Band wird schließlich entlang seiner Längsachse belastet. Auf der Probe können zusätzlich Marker angebracht werden, um nach Durchführung des Versuchs mittels einer Videoanalyse Aussagen über die Dehnungseigenschaften des Materials treffen zu können (DOVAN et al. 2005). Wichtig für die Bestimmung der Materialeigenschaften der Probe ist auch die Messung der Querschnittsfläche, was allerdings beim vorderen Kreuzband aufgrund seiner Struktur (zwei Bündel) schwierig ist (WOO et al. 2006). Eine gute Alternati-ve stellt aber die Verwendung eines Lasermikrometers dar (RACE u. AMIS 1996).

Eine zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse bisheriger Studien ist aus den schon ge-nannten Gründen schwierig (unterschiedliche Tierarten, OP-Methoden und Testungen). Wün-schenswert ist natürlich die Wiederherstellung der ursprünglichen Gelenkstabilität, was in einer möglichst geringen Anterior-Posterior-Beweglichkeit und einem belastbaren Transplan-tat zum Ausdruck kommt. Es wird beschrieben, dass sich diese Stabilität in den ersten Wo-chen nach der Operation verringert, im weiteren Zeitverlauf aber wieder zunimmt (CLANCY et al. 1981; RODEO et al. 1993; WEILER et al. 2002b).

2.4 Die Ruptur des vorderen Kreuzbands beim Hund

Die eigenen Untersuchungen sollen vorrangig dazu dienen, die operative Behandlung eines Kreuzbandrisses bei Kindern mit offenen Wachstumsfugen zu diskutieren. Allerdings soll auch die Möglichkeit erörtert werden, ob eine entsprechende chirurgische Versorgung bei Hunden durchgeführt werden könnte. Aus diesem Grund wird im Folgenden ein kurzer Über-blick über Ätiologie, Pathogenese und Behandlung der Kreuzbandruptur beim Hund gegeben.