TEIL II: EMPIRISCHE STUDIEN
8.3 Unterschiedliche Einflussfaktoren auf Ansprüche an ein Schulbuch
8 Ergebnisse Teilstudie 3 106
Erstkontakt“ der „Zeitpunkt des Erstkontakts mit der Kompetenzorientierung“ bei Didaktikdozierenden früher war als bei Grund- und Sekundarschullehrkräften.
Zusammenfassung: 8.2 Vergleiche zur „Kompetenzorientierung“
Zur Beantwortung der Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen der „Profession“ und der „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ sowie dem „Zeitpunkt des Erstkontakts mit der Kompetenzorientierung“ wurden diese Variablen bei Grund- und Sekundarschullehrkräften und Didaktikdozierenden ermittelt und mit folgenden zwei Hypothesen verglichen.
Die Didaktikdozierenden gewichten in Übereinstimmung mit der „Hypothese Profession Kompetenzorientierung“ die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ signifikant höher als beide Lehrpersonengruppen (Abb. 8). In der Detailanalyse wird nur das Item „Erhebung der Grundkompetenzen“ von allen „Professionen“ gleich hoch respektive gleich tief bewertet. Alle anderen Einzelitems werden von den Didaktikdozierenden signifikant höher als von mindestens einer Lehrpersonengruppe gewichtet.
Die „Hypothese Profession Erstkontakt“ kann aufgrund der Daten bestätigt werden. Der
„Zeitpunkt des Erstkontakts mit der Kompetenzorientierung“ war bei den Didaktikdozierenden signifikant früher als bei beiden Lehrpersonengruppen (Tab. 39; Abb. 9).
8 Ergebnisse Teilstudie 3 107
Anmerkungen: NDidaktiker = 42; NLehrkräfte = 280; ↑ standardisierte Regressionskoeffizienten (je dicker der Pfeil, desto höher der Koeffizient), ↕ standardisierte Korrelationskoeffizienten, R2 (fett, bei den Variablen).
Geschlecht: 0: männlich, 1: weiblich; Alter: Altersgruppen, höhere Werte stehen für höheres Alter;
Profession der Befragten: 1: Didaktikdozierende, 2: Lehrkräfte; Variablen zur Einstellung und Gewichtung:
höhere Werte stehen für eine höhere Gewichtung. Model fit: RMSEA = .078 Abb. 10: Komplexes Strukturgleichungsmodell
.10 Profession der Befragten
(Lehrkraft)
e7
Einstellung zum instruktiven
Lehr-/
Lernverständnis
Einstellung zum Lernen durch eigene
(auch falsche) Lösungsfindung
Einstellung zum Lernen durch Zulassen eigener
Formulierungen
6) Gewichtung des Lernens
aufgrund Didaktischer Rekonstruktion
im Schulbuch 4) Gewichtung
der Lehrpersonen-informationen
und Literatur-hinweise 8)
Gewichtung motivationa-ler Aspekte des Lernens im Schulbuch 7)
Gewichtung präziser Anweisungen bei Aufträgen
und Ex-perimenten im Schulbuch 1)
Gewichtung präziser Arbeits-anweisungen
in Schüler-materialien
e1e e2e e3e e4e e5e e6e
.25 .15
.30 .55 .37
.34 .42 .21
.11
.22 .23 .31
.27 .31
.26
e10e
e11e
e9e
e88
Einstellung zur Kompetenzorientierung -.13
5) Gewichtung der Lehrpersonen-unterlagen zum
kompetenz-orientierten
Lehren Alter
.34 -.36
-.29 .65
.15
.12 .12
.43 .38
-.10 .20 .18
.26 .43 .31 .23
.19 .14 .11 .08 .22
.20 .00 .00
.00
.05 Geschlecht
(weiblich)
-.21
.23 .27
-.11
.11
8 Ergebnisse Teilstudie 3 108
Im komplexitätsreduzierten Strukturgleichungsmodell (Abb. 11) sind die Skalen zum „Lehr-/
Lernverständnis“ und zu den „Schulbuchaspekten“ zusammengefasst (siehe 5.4.7).
Entsprechend der „Hypothese Profession Arbeitsanweisungen“ haben die Lehrkräfte einen direkten sowie einen indirekten positiven Einfluss auf die „Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch“. Der indirekte Effekt verläuft über die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“. Somit kann die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen werden.
Die „Hypothese Profession fachdidaktische Aspekte“ besagt, dass Didaktikdozierende
„fachdidaktische Aspekte im Schulbuch“ höher gewichten als Lehrkräfte. Weil im Strukturgleichungsmodell nur ein indirekter Effekt über die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ besteht, kann die Nullhypothese nicht verworfen werden.
Die „Hypothese Profession Kompetenzorientierung“ sagt voraus, dass Didaktikdozierende die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ höher gewichten als Lehrkräfte. Die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells und des Kapitels 8.2.1 bestätigen dies, so dass die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen werden kann.
Entsprechend der „Hypothese Kompetenzorientierung Schulbuch“ bewirkt eine höhere Gewichtung der „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ eine höhere „Gewichtung kompetenzorientierter Schulbuchaspekte“. Somit kann die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen werden.
Ein „die Eigenständigkeit förderndes Lehr-/Lernverständnis“ hat einen positiven Einfluss auf die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“. Dies besagt auch die „Hypothese Lehr-/
Lernverständnis Kompetenzorientierung“, so dass die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese angenommen werden kann.
Das Strukturgleichungsmodell zeigt auf, dass die Kontrollvariablen „Alter“ und „Geschlecht“
einen Einfluss auf die „Profession“ haben. Es gibt mehr Fachdidaktiker als Fachdidaktikerinnen, und die Didaktikdozierenden sind im Durchschnitt älter als die Lehrkräfte. Zusätzlich haben die Frauen einen positiven Einfluss auf die „Gewichtung fachdidaktischer Aspekte im Schulbuch“.
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Anmerkungen: NDidaktiker = 42; NLehrkräfte = 280; ↑ standardisierte Regressionskoeffizienten (je dicker der Pfeil, desto höher der Koeffizient), ↕ standardisierte Korrelationskoeffizienten, R2 (fett, bei den Variablen).
Geschlecht: 0: männlich, 1: weiblich; Alter: Altersgruppen, höhere Werte stehen für höheres Alter; Profession der Befragten: 1: Didaktikdozierende, 2: Lehrkräfte; Variablen zur Einstellung und Gewichtung: höhere Werte stehen für eine höhere Gewichtung. Model fit: RMSEA < .001
Abb. 11: Komplexitätsreduziertes Strukturgleichungsmodell
Zur Überprüfung der Reliabilität des Strukturgleichungsmodells wurde eine multivariate Varianzanalyse durchgeführt (Tab. 40). Bei der „Profession“ (p < .001), der „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ (p < .001) und dem „Geschlecht“ (p < .001) treten signifikante Haupteffekte (Wilks‘-) auf. Die Interaktion zwischen „Profession“ und „Geschlecht“ ist nicht signifikant. Das „Alter“ und das „Lehr-/Lernverständnis“ wurden wegen einer Modellverschlechterung aufgrund fehlender Signifikanzen weggelassen.
Die „Profession“ ist ein hoch signifikanter Prädiktor für die „Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch“. Im Gegensatz dazu bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den „Professionen“ bezüglich der „Gewichtung fachdidaktischer Aspekte im Schulbuch“.
Profession der Befragten (Lehrkraft)
Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch
Gewichtung fachdidaktischer Aspekte im Schulbuch
Die Eigenständigkeit förderndes Lehr-/
Lernverständnis Geschlecht
(weiblich) Alter
Einstellung zur Kompetenzorientierung
.00
.05
.15
.23 .19 .15
-.13
-.21 .33 .27
.48
.36 .34
.37
e1 e2
e5
e4 e3
.20
8 Ergebnisse Teilstudie 3 110
Die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ ist ein hoch signifikanter Prädiktor für die
„Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen“ und für die „Gewichtung fachdidaktischer Aspekte im Schulbuch“.
Das „Geschlecht“ ist nur ein hoch signifikanter Prädiktor für die „Gewichtung fachdidaktischer Aspekte im Schulbuch“, nicht aber für die „Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch“.
Diese Resultate bestätigen die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells.
Tab. 40: Einflüsse auf die „Gewichtung kompetenzorientierter Schulbuchaspekte“
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen Wilks‘- p F p
Partiel-les η²
Profession
Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch
.753 < .001
40 < .001 .20 Gewichtung fachdidaktischer Aspekte
im Schulbuch 1.7 .182 ---
Einstellung zur Kompetenz-orientierung
Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch
.873 < .001
13 < .001 .04 Gewichtung fachdidaktischer Aspekte
im Schulbuch 44 < .001 .12
Geschlecht
Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch
.918 < .001
1.2 .277 ---- Gewichtung fachdidaktischer Aspekte
im Schulbuch 27 < .001 .08
Profession * Geschlecht
Gewichtung präziser Arbeitsanweisungen im Schulbuch
.989 .485
---- ---- ---- Gewichtung fachdidaktischer Aspekte
im Schulbuch ---- ---- ----
Anmerkung:
- MANOVA, p = .05 - Profession*Geschlecht: Interaktion zwischen der „Profession“ und dem „Geschlecht“
8 Ergebnisse Teilstudie 3 111
Zusammenfassung: 8.3 Unterschiedliche Einflussfaktoren auf Ansprüche an ein Schulbuch
Auf die Frage, wie die Variablen „Einstellung zur Kompetenzorientierung“, „die Eigenständigkeit förderndes Lehr-/Lernverständnis“, „Profession“, und die Kontrollvariablen „Alter“ und
„Geschlecht“ mit unterschiedlichen „kompetenzorientierten Schulbuchaspekten“
zusammenhängen, liefert das Strukturgleichungsmodell folgende Antworten (Abb. 10):
Eine hohe Gewichtung der „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ beeinflusst die „Gewichtung aller kompetenzorientierter Schulbuchaspekte“ positiv (Abb. 11). Dabei gewichten Didaktikdozierende die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ höher als Lehrkräfte (siehe auch 8.2.1). Bei den Lehrkräften sind es diejenigen mit einem eher „die Eigenständigkeit fördernden Lehr-/Lernverständnis“, welche die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“ höher gewichten.
Weiter gewichten Lehrkräfte „präzise Arbeitsanweisungen im Schulbuch“ höher als Didaktikdozierende und Frauen gewichten „fachdidaktische Aspekte im Schulbuch“ höher als Männer. Das „Geschlecht“ hat ansonsten nur wie das „Alter“ einen Einfluss auf die „Profession“.
Aufgrund dieser Ergebnisse können nach der Verwerfung der Nullhypothesen alle im Strukturgleichungsmodell getesteten Alternativhypothesen angenommen werden. Eine Ausnahme bildet die „Hypothese Profession fachdidaktische Aspekte“. Sie lautet, dass Didaktikdozierende
„fachdidaktische Aspekte im Schulbuch“ höher gewichten als Lehrkräfte. Dieser Zusammenhang verläuft nicht direkt, sondern nur indirekt über die „Einstellung zur Kompetenzorientierung“. Aus diesem Grund kann die Nullhypothese nicht verworfen werden.
Die Resultate der MANOVA stimmen gut mit dem Strukturgleichungsmodell überein (Tab. 40).
Die Ergebnisse der Teilstudie 3 werden in Kapitel 11, S. 132ff. diskutiert.
9 Diskussion Teilstudie 1 112
9 Diskussion Teilstudie 1