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TEIL II: EMPIRISCHE STUDIEN

5.2 Qualitative Studie

5.2.5 Methodik der Auswertung

Aus den Expertenantworten wurden anhand der inhaltlichen Strukturierung (Mayring, 2010)

„vorläufige Schulbuchstandards“ für die Kompetenzorientierung in den Naturwissenschaften formuliert. „Ziel inhaltlicher Strukturierung ist es, bestimmte Themen, Inhalte, Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zusammenzufassen.“ (S. 98) Eine Übersicht der durchgeführten Schritte ist in Abbildung 5 dargestellt.

Schritte der inhaltlichen Strukturierung

1. Bestimmung der Analyseeinheiten 2. Deduktive theoriegeleitete Festlegung der

inhaltlichen Hauptkategorien 8a. Überarbeitung,

gegebenenfalls Revision des Kategoriensystems

3. Bestimmung der Ausprägungen (theoriegeleitetes Ordnungsschema)

4. Aufarbeitung des empirischen Materials 8b. Empirisch basierte Bildung

von Unterkategorien

5. Formulierung von Ankerbeispielen und Kodierregeln zu den einzelnen Kategorien 6. Materialdurchlauf: Fundstellenbezeichnung 7. Materialdurchlauf: Extraktion der Fundstellen 9. Paraphrasierung und Zusammenfassung pro

Unterkategorie

10. Zusammenfassung pro Ausprägung der Hauptkategorien

Abb. 5: Inhaltliche Strukturierung, adaptiert nach Mayring (vgl. 2010, S. 98f.)

Schritte der inhaltlichen Strukturierung 1. Bestimmung der Analyseeinheiten

Die Präzision der Inhaltsanalyse wird durch die Bestimmung von Analyseeinheiten erhöht (vgl. Mayring, 2010, S. 59). Als Kodiereinheit, d. h. als minimaler Textteil, wurde ein einzelnes Stichwort festgelegt. Für die Kontexteinheit, d. h. den größten Textbestandteil, wurde ein einzelner Gedanke bestimmt. Für die Auswertungseinheit, d. h. die Reihenfolge der Analyse der Daten, wurde die Reihenfolge der Fragen im Fragebogen gewählt.

2. Deduktive theoriegeleitete Festlegung der inhaltlichen Hauptkategorien

Eine Literaturstudie empirischer Veröffentlichungen in der Schulbuchforschung und publizierter Schulbuchraster diente der Bildung der Hauptkategorien (Tab. 7). Sie legen fest, welche Inhalte aus den Expertenantworten extrahiert werden (vgl. Mayring, 2010, S. 98). Die Standards der zwei Hauptkategorien „Passung auf eigene Institution“ und

„Alltagstauglichkeit“ sollen individuell gewichtet werden können, weil sie nutzerabhängig sind. Die Standards der restlichen sieben Hauptkategorien werden im quantitativen Fragebogen gewichtet werden und nur bei einer genügend hohen Gewichtung als

„determinierter Schulbuchstandard“ Bestand haben.

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Tab. 7: Quellen der Literaturstudie zur Gewinnung der Hauptkategorien

Hauptkategorien Quellen der Literaturangaben der Hauptkategorien

Quellen der oben beschriebenen Literaturstudie zur Gewinnung der Hauptkategorien

Indiv. Gewichtung

Passung auf eigene Institution

z. B. Funk (2004); Rauch und Tomaschewski (1995); Sams und Thonhauser (1998); Winkler (1998); Wirthensohn (2009).

Alltagstauglichkeit z. B. Adamina (2004); Funk (2004); Metzger und Stuber (2011); Sitte und Wohlschlägl (2001); Wirthensohn (2009).

Gewichtung durch quantitativen Fragebogen Allgemeine

Schulbuchqualität, unabhängig von der

Kompetenz-orientierung

Sprache: z. B. Apolin (2002); Ogan-Bekiroglu (2007); Starauschek (2003).

Gliederung, Schulbuchbereiche, Ästhetik, Bilder: z. B. Miekley (2005);

Ogan-Bekiroglu (2007); Rauch und Tomaschewski (1993); Sams und

Thonhauser (1998); Sitte und Wohlschlägl(2001); Wirthensohn (2009).

Gleichstellung: z. B. Bal (2011); Helling und Ertl (2011); Metzger und Stuber (2011); Pech (2009).

Sachliche Richtigkeit, inhaltliche Qualität und Auswahl: z. B. Metzger und Stuber (2011); Ogan-Bekiroglu (2007); Sams und Thonhauser (1998); Sitte und Wohlschlägl (2001); Wirthensohn (2009).

Kompetenz-orientiertes Schulbuchkonzept

Allgemein: z. B. Metzger und Stuber (2011); Wirthensohn (2009).

Lehrkraft als Lerncoach: z. B. Ogan-Bekiroglu (2007).

Unterstützung der Lehrkraft: z. B. Metzger und Stuber (2011); Sitte und Wohlschlägl(2001).

Eigenständigkeit der Schülerinnen und Schüler fördernd: z. B.

Ogan-Bekiroglu (2007); Sitte und Wohlschlägl (2001); Wirthensohn (2009).

Hilfen zum Arbeiten mit Buch: z. B. Sams und Thonhauser (1998); Sitte und Wohlschlägl (2001).

Sozial-konstruktivistisches Lehr-/Lernverständnis: z. B. Metzger und Stuber (2011).

Umsetzung hinsichtlich

Outputorientierung/

Leistungsniveaus

Kompetenzerwartung (auch Zielerwartung): z. B. Rauch und Tomaschewski

(1995); Sams und Thonhauser (1998); Wirthensohn (2009).

(Selbst-)Evaluation und Ergebnissicherung: z. B. Funk (2004); Sitte und

Wohlschlägl (2001); Wirthensohn (2009).

Leistungsniveaus /Differenzierung: z. B. Metzger und Stuber (2011);

Wirthensohn(2009).

Lernprozess: z. B. Wirthensohn (2009).

Umsetzung der Handlungsaspekte

Handlungsaspekte: z. B. Funk (2004); Metzger und Stuber (2011).

Überfachliche Handlungsaspekte: Wirthensohn (2009).

Umsetzung der Themenbereiche

Scientific Literacy: z. B. Chiappetta und Fillmann (2007); Tairab (2006).

Fachspezifische Themenbereiche: z. B. Metzger und Stuber (2011); Ogan-Bekiroglu (2007).

Integrierte Themenbereiche: z. B. Metzger und Stuber (2011).

Fächerübergreifende Themenbereiche: z. B. Metzger und Stuber (2011).

Kontextorientierung und Alltagsbezug: z. B. Metzger und Stuber (2011);

Wirthensohn (2009).

Fachdid. Qualität der (Lern-) Aufgabentypen

Aufträge allgemein: z. B. Merzyn (1994); Ogan-Bekiroglu (2007).

Kompetenzorientierte Aufträge: z. B. Funk (2004); Metzger und Stuber (2011).

Fachdid. Qualität der Experimenttypen

Experimente allgemein: z. B. Merzyn (1994).

Kompetenzorientierte Experimente: z. B. Metzger und Stuber (2011).

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3. Bestimmung der Ausprägungen (theoriegeleitetes Ordnungsschema)

Als Ordnungsschema des komplexen Konstrukts „Schulbuch“ eignet sich das didaktische Dreieck mit den Ecken „Lehrkraft“, „Schülerinnen und Schüler“ und „Lerngegenstand“, weil das Schulbuch „die konstitutiven Elemente des Unterrichts (Lehrer, Schüler und Unterrichtsgegenstand)” enthält (Heinze, 2003, S. 20). In Analogie zum didaktischen Dreieck enthält das Reutlinger Raster (Rauch & Tomaschewski, 1993) die Ausprägungen

„Lehrerband“, „Schülerband“ und „allgemeiner Teil“. In der vorliegenden Studie wurden folgende Ausprägungen festgelegt: „Unterstützung der Schülerinnen und Schüler beim kompetenzorientierten Lernen“, „Unterstützung der Lehrkräfte beim kompetenzorientierten Lehren“ und „kompetenzorientiertes Lernen“. Auf die vierte Ausprägung „Arbeitsmappe“

des Reutlinger Rasters wurde verzichtet, weil die Schulbuchkonzeption heute individueller gestaltet wird als früher.

4. Aufarbeitung des empirischen Materials

Die qualitativ erhobenen Expertenantworten wurden sprachlich anhand der ersten Interpretationsregel der zusammenfassenden Inhaltsanalyse (vgl. Mayring, 2010, S. 70) vereinfacht. Dieser zusätzliche Schritt zu Mayrings Vorgehen der inhaltlichen Strukturierung erhöhte die Verständlichkeit der Antworten der qualitativen Umfrage.

5. Formulierung von Ankerbeispielen und Kodierregeln zu den einzelnen Hauptkategorien Folgende Kodierregeln galten für alle Hauptkategorien:

1. Regel: Bezog sich eine Frage im qualitativen Fragebogen inhaltlich auf eine konkrete Hauptkategorie, wurden alle Analyseeinheiten dieser Frage der entsprechenden Hauptkategorie zugeteilt.

2. Regel: Jede Analyseeinheit wurde zusätzlich einzeln inhaltlich analysiert und gegebenen-falls weiteren Hauptkategorien zugeteilt.

3. Regel: Innerhalb einer Hauptkategorie wurde jede Analyseeinheit mindestens einer Aus-prägung zugeordnet.

6. Materialdurchlauf: Fundstellenbezeichnung

Die Expertenantworten wurden in Analyseeinheiten (siehe Schritt 1) unterteilt und in MAXQDA anhand der Kodierregeln den drei Ausprägungen der Hauptkategorien zugeordnet (siehe Schritt 5). Ein Mindmap des Programms Free Mind enthielt als Analysehilfe alle Hauptkategorien mit den Ausprägungen und Ankerbeispielen.

7. Materialdurchlauf: Extraktion der Fundstellen

Die Analyseeinheiten wurden pro Hauptkategorie aus MAXQDA als .rtf Dateien exportiert.

8a. Überarbeitung, gegebenenfalls Revision des Kategoriensystems

Die Hauptkategorien wurden von 13 auf neun gekürzt und inhaltlich durch neue Ankerbeispiele geschärft. Die theoretische Begründung der Hauptkategorien wurde überarbeitet und die Einteilung „individuelle Gewichtung“ und „Gewichtung durch quantitativen Fragebogen“ eingeführt (Tab. 7).

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8b Empirisch basierte Bildung von Unterkategorien

Der zusätzliche Auswertungsschritt 8b diente der empirisch basierten Bildung von Unterkategorien. Diese Unterteilung erschien nach dem Materialdurchlauf (Schritt 6) sinnvoll. Pro Ausprägung einer Hauptkategorie wurden eine oder mehrere Unterkategorien gebildet. Die Unterkategorien stellen Überbegriffe der darin enthaltenen Analyseeinheiten dar (Tab. 8).

Tab. 8: Beispiel der Unterkategorienbildung Einteilung Hauptkategorie

(theoriegeleitet)

Ausprägung (theoriegeleitet)

Unterkategorie (empirisch erhoben)

Ankerbeispiel (empirisch erhoben) Durch

Experten gewichtet

Umsetzung hinsichtlich Output-orientierung/

Leistungsniveaus

Kompetenz-orientiertes Lernen

Berücksichtigung der Heterogenität in Aufträgen

„Abgestufte Aufträge für unterschiedliche Leistungsniveaus“

9. Paraphrasierung und Zusammenfassung pro Unterkategorie

Die Analyseeinheiten wurden pro Unterkategorie anhand der Interpretationsregel nach Mayring paraphrasiert und zusammengefasst (vgl. 2010, S. 70).

10. Zusammenfassung pro Ausprägung der Hauptkategorien

Die Anzahl „vorläufiger Schulbuchstandards“ wurde anhand der Kriterien zum Löschen (Tab.

9) von 312 auf 214 reduziert. Die Unterkategorien einer Ausprägung wurden jeweils gegebenenfalls in zusätzliche Unterkategorien unterteilt oder zu einer zusammengefasst.

Tab. 9: Kriterien zum Löschen „vorläufiger Standards“

Der zu löschende

„vorläufige Standard“

bezieht sich auf…

Grund des Löschens Beispiel eines gelöschten „vorläufigen Standards“

… das

Schulbuchkonzept.

Das Schulbuchkonzept soll in der Verantwortung der Autorenschaft liegen.

„Das Schulbuch muss die Themenbereiche separat von den Handlungsaspekten vermitteln.“

… überfachliche Kompetenzen wie Sozialkompetenz, Schreib- oder Lesekompetenz im Allgemeinen.

Für die überfachlichen Kompetenzen existieren allgemeindidaktische Schulbuchstandards.

„Im Schulbuch wird die Metakognition zur Arbeit alleine oder in Gruppen gefördert.“

… einen spezifischen Themenbereich.

Die Themenbereiche werden im Lehrplan 21 ausgearbeitet. Somit reicht der „individuell zu

gewichtende Standard“: „Passung mit Lehrplan“.

„Folgende Inhalte müssen beim

Themenbereich ‘Mensch und Gesundheit‘

thematisiert werden: Kinderkrankheiten, Allergien, Impfungen, gesunde Ernährung.“

… eine konkrete Operationalisierung des

Bildungsmonitorings.

Die Art des Bildungsmonitorings ist politisch noch offen. Somit reicht der „individuell zu gewichtende Standard“: „Passung mit Lehrplan“.

„Das Schulbuch muss Multiple Choice Prüfungsaufgaben enthalten.“

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… einen Aspekt, der durch einen

Schulbuchbegutachter nicht in nützlicher Frist überprüft werden kann.

Die Schulbuchstandards sollen praxistauglich sein.

„Welche Auftragstypen sollten im

Schulbuch wie häufig enthalten sein?

Lernaufgaben, Entwicklungsaufgaben, Übungsaufgaben, Forschungsaufgaben, Repetitionsaufgaben, Testaufgaben, Aufgabeneinsatz soll frei sein, weiteres.“

… einen Aspekt, der nicht Auftrag des Schulbuchs ist.

Alle Standards sollen sich spezifisch auf Schulbücher beziehen und von einem Schulbuch geleistet werden können.

„Das Schulbuch befähigt die Schülerinnen und Schüler, eigenständig zu lernen im Sinne echter Eigenständigkeit.“