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kam pf unreifer Gedanken, hochmütiger Hoffnungen, wendest du etwa zurück in die Ver ־ zagtheit irrealer Gefühle die zum Glück Gegebene, ein zweifelhaftes Pfand, das die gan-

Im Dokument Schiller und die Slaven (Seite 35-97)

ze Welt nicht auszulösen vermochte: oder, das rebellische Chaos der stolzen Seele be- sänftigend, w irst du m it einem hoffnungsvollen Regenbogen die Finsternis des Sturmes erleuchten, und m it süsser Stimme, wie m it Tönen einer Bergleier, die Herzenstrauer heilen und Frieden einkehren lassen in das stürmische Element unruhiger Sehnsüchte, gleichmütig herrschen m it der Macht wohlgeformter Lieder.“ 111 PuSkin wiederum lässt im

Evgenij Onegin

seinen ohnehin als überaus empfindsamen Helden angelegten, ja hierin teils als Karikatur erscheinenden Lenskij beim Gedanken an seine geliebte O l’ga nach der Lektüre Schillers ein explizit als überzogen romantisch präsentiertes Gedicht

1,0 Vgl. Danilevskij 1998 (w ie Anm .6), 153-186.

m P.A.Vjazemskij, Derevnja, in: Ders., Sočinenija, 2 Bde., Moskau 1982, B d .l, 159־

167, hier 164 (Hervorhebungen im Text). Die ״zum Glück Gegebene“ bezieht sich laut einer vom A utor selbst beigefügten Anmerkung auf das Gedicht ״Resignation“ ; vgl. auch

״Resignation“ , Str. 12, V .56-60.

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über den Verlust der ״goldenen Tage des Frühlings“ verfassen, das deutlich an die

Resig

־

nation

gemahnt112.

Kjuchel’ beker betrachtete seinerseits als entgegengesetzte Pole der zeitgenössischen deutschen Literatur explizit ״den grossen Goethe und den unausgereiften Schiller“ 113.

Letzterem hie lt er vor allem seine idealistische Grundtendenz vor, gemäss der er die ideale W elt der realen vorziehe, hierbei aber in seiner L yrik wie in seinen Dramen häufig echte Empfindung durch Rhetorik ersetze und sich in seinen Dramengestalten letztlich meist nur selbst spiegele. Entsprechend habe er sich in fast allen Genres der Literatur betätigt, ohne jedoch in jedem Fall die hierfür notwendigen Voraussetzungen zu besitzen, und folg lich sei sein Werk voller Widersprüche, bis hin zur aufgesetzten antiken Pose, obgleich er doch in seinen Werken stets ein Deutscher des 18.Jahrhunderts geblieben sei.

Ungeachtet mancher hervorragender Verse habe er sich deshalb nicht w irklich dichte־

risch entfaltet, wenngleich namentlich die fast schon vorbildliche

Wallenstein-Tń\o%ie

und der

Wilhelm Teil

in ihm einen ״mächtigen, glücklichen Rivalen Shakespeares“ an״

kündigten, ״einen Rivalen, der vielleicht neben diesem autokratischen Herrscher der romantischen Melpomene Platz genommen hätte“ 114.

Die intensiver an deutscher Literatur interessierten, romantisches Empfinden m it Neo- klassizismus verbindenden Vertreter des vor allem M itte der 20-er Jahre des 19Jahrhun~

derts aktiven Moskauer ״Obščestvo ljubom udrija“ (Gesellschaft fü r Philosophie) gaben gleichfalls eher den Goethe den Vorzug, doch beschäftigten sie sich bei Gelegenheit auch m it Schillers Werk. Der ihnen verbundene und von Pogodin redigierte

Moskovskij vestnik

publizierte dabei einige seiner Werke nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Propa- gierung des Humanitätsgedankens und der stoischen M oral. Gerade Sevyrev übertrug zudem vor allem philosophische Dichtungen m it antiker Thematik formal durchaus an- sprechend, wenngleich unter zuweilen stärkerer Betonung subjektiv-em otionaler Aspekte und m it gelegentlich allzu deutlicher pathetischer R hetorik115. An Autoren ausserhalb der führenden literarischen Kreise bewies Tjutčev ebenso ein sehr gutes Gefühl fü r die Umsetzung formalästhetischer Gegebenheiten, etwa in seiner 1823 in München

entstan-112 V gl. A.S.PuSkin, Evgenij Onegin, Buch V I, Str.20-22, in: Ders., Polnoe sobranie soči- nenij, 16 Bde., Moskau 1937-1949, Bd.6, 125-126.

113 V.K.Kjuchel'beker, 0 napravlenii naSej poézii, osobenno liričeskoj v poslednee desja- tile tie , in: Mnemozina 1824, B d .2 ,29-44, hier 41.

114 V.K.KjuchePbeker, Razgovor s F.B.Bulgarinym , in: Mnemozina 1824, Bd.3, 157־

177, hier 1 6 6 -1 7 0 /170.

115 V gl. Danilevskij 1998 (wie Anm.6), 191-198; L.Udolph, Stepan Petrovič Sevyrev, Köln-W ien 1986, 26-45.

denen Fassung der Ode

An die Freude

, tendierte aber gleichermassen zu einer Verstär- kung emotionaler Momente sowie religiöser Bezüge, um andererseits gar partiell das antikisierende Element deutlicher hervorzuheben116. Lermontov schliesslich als herausra- gender Repräsentant der jüngeren Generation russischer Romantiker, der sich gegen Ende der 20-er Jahre des 19.Jahrhunderts noch als Heranwachsender kurzzeitig intensiver m it Schillers Werk befasste, zeigte sich ebenfalls recht gewandt in der Umsetzung gerade metrischer Komponenten der dichterischen Vorlagen. Hierbei setzte er unter seinen we- sentlich 1829 entstandenen Schiller-Übertragungen etwa den

Handschuh

durchaus eigen- ständig gemäss den M öglichkeiten des russischen Verses und wohl in Kenntnis der met- risch ähnlich orientierten Fassung Zagorskijs m it Tendenz zum ״d ol’nik“ um, und unter- streicht ansonsten in seinen ohnehin teils recht freien Versionen einmal mehr gegenüber den Vorlagen die emotionalen Aspekte117.

Der Schwerpunkt der Schiller-Rezeption lag allerdings weiter auf seinen Dramen, indem gerade in den 20-er Jahren des 19.Jahrhunderts eine Reihe einschlägiger Übertragungen erschien. Den Beginn machte die von Žukovskij bereits 1821 fertiggestellte, aber erst 1824 in einer Gesamtausgabe seiner Werke veröffentlichte Fassung der

Jungfrau von Or- leans

. Diese gegenüber dem O riginal zuweilen etwas freier gefasste Version präsentiert die Vorlage in einer emotional sichtlich geglätteten Sprache, wobei sie gefühlsbetonte Momente zugleich deutlicher sentimentalisiert und insgesamt den lyrischen Charakter des Werkes unterstreicht. Darüber hinaus verleiht sie ihr unterschwellig ein verstärkt pat- riotisches Moment, indem sie die ja an konkrete historische Gegebenheiten im V erlauf des Hundertjährigen Krieges zwischen Frankreich und England gebundene Handlung eher abschwächend als allgemeine, auch auf den russischen ״Vaterländischen Krieg“

gegen Napoleons Truppen im p lizit verweisende Verteidigung der Heimat darstellt. Damit wandelte Žukovskij das Werk letztlich von einer ״romantischen Tragödie“ bewusst in ein laut Untertitel ״dramatisches Poem“ m it dem Charakter eines Lesedramas.

Gerade die jüngere Generation zeigte sich von Žukovskijs Übertragung gleichwohl durchweg begeistert, ja bis um 1900 blieb seine Version ohne Konkurrenz und diente bei Gelegenheit gar Čajkovskij als Vorlage für das Libretto zu seiner 1878-1879 verfassten, 1881 uraufgeführten Oper

Orleanskaja deva

. Bereits kurz vor der Drucklegung hatte So- mov die sehr positiven Äusserungen der Mme Staöl bezüglich Schillers

Jungfrau von Or­

1,6 V gl. Danilevskij 1998 (wie Anm .6), 198-203.

117 V gl. ebenda, 243-247. Gelegentlich wurde früher auch seine ״Ballada“ (Nad morem krasavica-deva sidit, 1829) als Übertragung nach Schiller geführt, doch tatsächlich kon- tam iniert das Gedicht nur M otive aus dem ״Handschuh“ m it jenen des ״Tauchers“ .

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leans

dem russischen Leser nahegebracht, die insbesondere den Lyrism us des Werkes lobte und hierbei den Prolog herausstellte11S. Nun feierte Pletnev das Werte als ״Buch des Jahres“ sowohl wegen der sprachlichen Meisterschaft des Übersetzers wie mehr noch als echtes Beispiel einer den bisher herrschenden Neoklassizismus französischer Orientie- rung ablösenden romantischen Tragödie ebenfalls französischer Prägung119. Hierbei hob er ähnlich wie Mme de Staël den ״Prolog“ als besten T eil des Werkes hervor, um auch ansonsten vor allem die lyrisch-poetischen Facetten des Dramas zu unterstreichen. Darin zudem unbewusst durch die Lyrisierung der Vorlage durch Žukovskij geleitet, hält er denn auch Schiller vor, zu den schwachen Seiten seiner Dramen gehöre die ungenügende sprachliche Individualisierung der Charaktere, ja in diesem Bereich bleibe er weit hinter dem von ihm teils sklavisch nachgeahmten Shakespeare zurück, wobei er namentlich Mängel in der Zeichnung des Talbot m oniert120.

M it weit geringeren ästhetischen Ansprüchen als Žukovskijs

Orleanskaja deva

begnügen sich die Prosa-Übertragungen Schillerscher Dramen des zeitw eilig eng m it Herzen be- freundeten Arztes, Übersetzers und späteren M itglieds des Stankevič-Zirkels Ketčer.

Seine die Texte teils recht w illkü rlich kürzenden bzw. ändernden Versionen wurden hier- in von der K ritik einhellig getadelt. So w a rf Lichonin seiner Fassung der

Räuber

einen despotischen Umgang m it dem O riginal vor, bemängelte Ketčers sprachliche D efizite im Russischen, und bescheinigte ihm allenfalls, unter Verlust der B ildhaftigkeit den grundle- genden Sinn des Werkes wiedergegeben zu haben121. Desgleichen kritisierte man an seiner Wiedergabe des

Fiesko

überwiegend m it Recht die o ft unbegründet erscheinenden Text-Auslassungen, mangelndes ästhetisches Feingefühl, und die sprachliche Unausge- glichenheit122.

118 Mme. De Stäel, Deva Orleanskaja / Traģēdija Šillera, Übers. O .M .Somov, in: Sorev- novateP prosveščenija i blagonravija 21/1823, 174-187; vgl. A .-L.-G . de Staël-Holstein, De l ’Allemagne, 5 Bde., Paris 1958-1960, Bd.2, 347-370 (11/19).

119 P.A.Pletnev, Orleanskaja deva, dramatičeskaja poèma, in: Sorevnovatel* prosvešče- niia i blagonravija 28/1824,261-307, hier 261-262.

12 Letzteres entspricht der K ritik Schlegels, vgl. A.W . von Schlegel, Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur, 2 Bde., Bonn-Leipzig 1923, Bd.2, 300-301.

121 M .N .Lichonin, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Razbojniki, Übers. N.Ch.Ketčer, Moskau 1828, in: M oskovskij telegraf 26/1829, 48-54. Diese recht harsche K ritik rie f einen an- deren K ritik e r auf den Plan, der wiederum Lichonin mangelnde Beherrschung des Deut- sehen vorhielt, ohne jedoch Ketčers Fassung deshalb w irklich zu verteidigen, vgl. K.F., Neskol'ko slov о kritikach na perevody Šillera i Gete na russkij jazyk, in: Atenej 1829, B d .4 ,288-310.

122 -ov, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Zagovor Fieski v Genue, Übers. N.Ch.Ketčer, Moskau 1830, in: Atenej 1830, B d .l, 267-275.

Ein zurückhaltendes Echo riefen auch Rotčevs überwiegend mitteimässige Übertragun-gen hervor. Der Rezensent des

Atenej

, der die

Braut von Messina

ohnehin in ihrer M i•

schung von antiken und zeitgenössischen ästhetischen Elemente als verunglückt erachte־

te, hielt seiner russischen Version vor, sie gebe das O riginal bei aller Glätte des Verses sprachlich zu undifferenziert wieder, ja die verkürzende Umsetzung mancher Passagen reduziere sich zuweilen auf eine eher verallgemeinernde Wiedergabe des Inhalts123. L i•

chonin gestand dieser Fassung gar allenfalls die Bezeichnung ״Nachahmung“ (podraża-nie) zu. da sie ungeachtet mancher hübschen Verse die Vorlage nur teilweise getreu wie-dergebe und häufig an der Vorlage vorbeiziele, doch habe sich der Übersetzer in seinem

״K am pf m it Schiller“ letztlich ehrenhaft aus der A ffäre gezogen124. Dagegen meinte der K ritike r der

Severnaja pčelay

Rotčev sei in der Auseinandersetzung m it dem eigentlich nur durch wunderschöne Verse zusammengehaltenen O riginal allzu häufig unterlegen, da er im Ausdruck zu ungenau, ja nachlässig sei125. Er mochte ihn deshalb wesentlich einzig dafür loben, dass er das Werk damit dem russischen Leser besser zugänglich gemacht ha-be. Und ein K ritike r des

Damskij žurnal

w a rf ihm gar sarkastisch vor, sich allzu tollkühn an ein seine Kräfte übersteigendes Werk gewagt zu haben, denn sprachlich sei sein Un-terfangen zuweilen ein Rückfall in die Zeiten Sumarokovs 1 . Dieselben Mängel beklagte man an Rotčevs Version des

Wilhelm Teil

, wobei man noch deutlicher die o ft immoti- vierten Text-Auslassungen ebenso bedauerte wie seine nachlässige Sprachbehandlung, aber auch die Abschwächung des schweizerischen Lokalkolorits. Entsprechend konzent- rierte sich der Rezensent des

Atenej

vorwiegend auf eine Interpretation des Stückes selbst als ״ vollkommenstem Werk des genialen Schiller“ , dem hierin eine Symbiose von ro- mantischer Tragödie und Gedankengut eines idealistischen Klassizismus gelungen sei127.

USakov wiederum vermied in seiner eingehenden Interpretation des Dramas als einer den Klassizismus französischer Prägung überwindenden ״echten historischen Tragödie“ über­

123 M.P.Rozberg, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Messinskaja nevesta. Übers. A.G.Rotčev, Moskau 1829, in: Atenej 1829, B d .3 ,168-190.

124 M .N .Lichonin, Rez.: Schiller, Nevesta (w ie Anm.123), in: M oskovskij telegraf 27/1829,236-245.

125 Rez.: Schiller, Nevesta (w ie Anm.123), in: Severnaja pčela Nr.70 vom 11.6.1829, 1-2.

126 V .A ., Mnenie о perevode G-na Rotčeva Messinskoj nevesty, in : Damskij žurnal 27/1829, 56-59.

127 I.N.Srednij-KomaSev, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, V il’gel'm Tel*, Übers. A.G.Rotčev, Moskau 1829, in: Atenej 1829, Bd.4, 493-512. In einer Vorankündigung der Bespre- chung hatte es dagegen noch geheissen, Rotčev habe das Werk ״in sehr guten Versen“

übertragen, in: ebenda. Bd.4, 320.

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haupt, den Namen des Übersetzers im Text zu nennen128. Stattdessen bemerkte er ab- schliessend nach allgemeinen Hinweisen zu den Schwierigkeiten einer adäquaten Über- tragung von B elletristik m it Nachdruck, nur Žukovskij sei es bisher in seiner

Orleanskaja deva

als einzigem Russen gelungen, all diese Probleme der Wiedergabe Schillerscher Werke zu meistern. A lle in die

Severnaja pčela

ordnete die Fassung Rotčevs angesichts mancher doch recht kraftvoll wiedergegebener Passagen gleichwohl noch unter die bes- seren zeitgenössischen russischen Übersetzungen ein129.

Reserviert reagierte die K ritik gleichfalls auf die Schiller-Übertragungen des früh ver- storbenen Neffen des als Literaten wesentlich bekannteren Adm iral A.S.Šiškov, A lek- sandr A rdal'onovič Šiškov. Ein sehr guter Kenner der zeitgenössischen deutschen Litera- tur, plante er die Herausgabe zahlreicher vor allem deutscher Theaterstücke auf Russisch, doch letztlich war ihm nur die Edition einer vierbändigen Auswahl von Dramen ver- gönnt130. Diese enthält an erster Stelle Schillers

Wallenstein

(jedoch ohne

Wallensteins Lager)

sowie

Maria Stuart

, dazu anschliessend von Raupach

Die Fürsten Chawanskyy

Tiecks

Fortunat

, Werners

Attila König der Hunneny

und Körners

Toni

. Hierbei verwand- te er für die Dramen Schillers gemäss den Originalen den fü r das russische ästhetische Empfinden noch recht ungewohnten Blankvers, und übertrug die Texte ansonsten in en- ger Anlehnung an die Originale nicht nur erstaunlich wortgetreu, sondern gar in einem zumeist sehr flüssigen Vers. Dies fand jedoch keineswegs den B eifall aller Rezensenten, indem etwa Ušakov die mangelnde Reinheit seiner Sprache ebenso bemängelte wie ein- zelne Germanismen oder die Verwendung des Blankverses. Immerhin gestand er der Übertragung aber gleichwohl zahlreiche verstechnisch und sprachlich gelungene Passa- gen zu131. Ein weiterer K ritike r wiederum bescheinigte ihm ״glatte, o ft schöne, starke Verse44, aber auch einen unverständlichen Mangel an Originaltreue, wobei er ihn gar auf

128 V.A.Ušakov, Rez.: Schiller, Tel1 (wie Anm. 127), in: M oskovskij telegraf 29/1829, 488-508.

129 S. (= O.M.Somov?), Rez.: Schiller, Tel* (wie Anm.127), in: Severnaja pčela Nr.120 vom 5.10.1829, 1-2.

130 Izbrannyj nemeckij teatr, Hrsg. A.A.Šiškov, 4 Bde., Moskau 1831; vgl. die Vorankün*

digung: Ob’javlenie, in: Atenej 1830, B d .l, 567-570. Demnach sollte die Edition ur- sprünglich statt Körners ״Toni“ dessen ״Rosamunde“ enthalten, und statt Werners ,A tti- la“ Schillers ״Demetrius“ in der 1817 publizierten Bearbeitung durch den im russischen diplomatischen Dienst stehenden F.F. von M altitz - ebenda, 569. An weiteren Stücken Schillers w ollte Šiškov zudem noch ״Don Kariös'4 herausbringen.

131 V.A.Ušakov, Rez.: Izbrannyj teatr (wie Anm.130), in: Severnaja pčela N r.l0 8 vom 12.5.1832, 1 4 ־; Nr. 109 vom 13.5.1832, 1-3. Im Grundtenor sehr ähnlich hatte sich bereits zuvor ein anderer K ritike r geäussert: T-v, Rez.: Izbrannyj teatr (w ie Anm .130), B d .l, in:

Sevemaja pčela Nr. 194 vom 31.8.1831,1 -2.

eine Stufe m it Rotčev stellte und beider Verfahren bild lich als ״sehr schöne Lithogra- phien von Bildern herausragender Künstler“ charakterisierte, ohne ansonsten näher auf Šiškovs Übersetzungstechnik einzugehen132.

Die Reihe russischer Buchausgaben von Dramen Schillers beschloss vorerst

Don Kariös

in der Fassung von Lichonin, dessen Übertragungen von L yrik Schillers im übrigen un־

publiziert blieben133. Seine wohl schon 1828 fertiggestellte Version gibt die Vorlage al- lerdings in einem nicht immer flüssigen Stil bei allem Streben nach Worttreue zuweilen doch recht umständlich und sprachlich banal wieder und wurde wohl schon deshalb von der seriösen Lite ra tu rkritik kaum wahrgenommen134. Fragment blieben dagegen Sevyrevs Auszüge aus der

Wallenstein-

Trilogie, die ähnlich der Übersetzungsweise Šiškovs dem O riginal recht gut bis hinein in die stilistische Ebene zu folgen versuchen und ebenfalls meist den Blankvers verwenden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Ševyrev wesentlich mehr als die letztlich veröffenüichten Proben übertrug, auf deren Publikation aber im H inblick a u f Šiškovs recht geglückte Edition verzichtete, und deshalb später allein

Wal

-

lensteins Lager

gleichsam als Gegenstück zu Mejs, in Gerbel’s Schi Iler-Ausgabe von 1857 abgedruckter Übertragung in Buchform herausbrachte. Allerdings tendiert diese leicht überarbeitete Fassung noch stärker als jene Mejs zu einer teilweise übertrieben der- ben volkstümlichen Sprache, und dies mag einer der Gründe sein, weshalb sie von der in- zwischen dem Realismus verpflichteten K ritik verrissen wurde. So w arf ih r der Rezen- sent der

Ot~ćestvennye zapiski

insbesondere eine unangemessene Wiedergabe der Um- gangssprache und in ihren Archaismen gar einen Rückfall in die Zeiten Trediakovskijs M itte des 18.Jahrhunderts vor135, ja das

Moskovskoe obozrenie

verspottete die Übertra- gung vö llig überzogen als sprachlich wie ästhetisch in jeder Hinsicht missglückt: ״Die Übersetzung von H.Sevyrev...zeichnet sich durch ihre Ungenauigkeit aus, das gänzliche Fehlen von Poesie und innerer Harmonie, Hässlichkeit des Verses, schreckliche Verstös- se gegen die Sprachnorm, den Gebrauch von im Russischen nicht zulässigen Abkürzun­

132 Rez.: Izbrannyj teatr (w ie Anm.130), B d .l, in: M oskovskij telegraf 40/1831, 94-97, hier 95.

133 V gl. Ja.1. De Sanglen, S ilier V o l’ter i Russo / Polnyj obzor tvorenij Šillera״ ., Moskau 1843, 1-85, hier 13. Demnach übertrug Lichonin: Das Lied von der Glocke, Die Künst- 1er, Dithyrambe, Elisium.

134 So erschien wohl nur in der ״Molva“ Nr.99 vom 19.8.1833, 393-394 eine kurze, den Übersetzer verhalten lobende Notiz.

135 A .M ., Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Vallenštejnov lager‘ , Übers. S.P.Sevyrev, Moskau 1859, in: Otečestvennye zapiski 123/1859, III, 54-66.

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gen, eine grenzenlose W illkü r in der Setzung der Betonungen und noch weitere derartige Schönheiten.44136

Ungeachtet dieser Kontroversen gehörten ab den späten 1820־er Jahren an Dramen Schil-lers vor allem

Don Kariös

,

Kabale und Liebe

und die

Räuber

endgültig zum festen Re-pertoire der staatlichen russischen Bühnen in Moskau und St.Petersburg, ja ihre Inszenie-rungen wurden nun ungeachtet der Kontroversen um die Qualität mancher Übertragun-gen überwieÜbertragun-gend sehr positiv verm erkt137. So äusserte sich ein der Romantik verpflichte-ter Rezensent begeisverpflichte-tert über eine Aufführung von

Kabale und Liebe

im Moskauer

״ B ol’ šoj Teatr1‘ am 10.9.1828 und bescheinigte dem Stück eine sehr ״natürliche, lebendi-1 tfi

ge Handlung44 und ״meisterliche Charaktere44 . Ein weiterer K ritik e r präsentierte das in seiner Sicht eigentlich unübersetzbare Stück anlässlich einer deutschen Inszenierung im Petersburger ״Aleksandriinskij Teatr*4 am 15.10.1833 gemäss dem schon reichlich anti- quierten, verhalten positiven U rteil Bouterweks als letztlich gelungene Kreuzung des

״Natürlichen m it dem Unnatürlichen, des Erhabenen m it dem Niedrigen..., doch so, dass das Schöne im Ganzen den Sieg davonträgt44139. Eine Petersburger Inszenierung des

Don Kariös

in der Fassung von Obodovskij wurde wiederum trotz mancher vor allem aus po- liti sehen Rücksichten vorgenommenen Kürzungen und Änderungen gegenüber der Vor- läge als ,,sehr gute44 Übersetzung ״eines der schönsten Stücke Schillers44 gelobt140. Dage- gen protestierte Aksakov gerade gegen diese, insbesondere die Gestalt des Marquis von Posa betreffende Verunstaltung des Textes anlässlich einer Moskauer Aufführung, ohne ansonsten a u f die mitunter doch etwas schwülstige A rt der Wiedergabe einzugehen141.

Selbst die seinerzeit arg gescholtene

Maria Stuart

wurde nun sehr lobend empfohlen, nachdem auch das französische Theaterpublikum sie inzwischen in der Fassung Lebruns

136 Rez.: Schiller, VallenStejnov lager‘ (wie Anm. 135), in: Moskovskoe obozrenie 1859, Bd.2, III, 6-7.

137 V gl. die A uflistung von Aufführungen in: Istorija russkogo dramatičeskogo teatra (wie Anm .71), B d .3 ,246-247,265, 304.

13s Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Kovarstvo i ljubov’ , in: Sevemaja pčela Nr.112 vom 18.9.1828, 3-4; Nr.113 vom 20.9.1828, 1-3. Die Besprechung konzentriert sich wesent- lieh auf die Inhaltsangabe und die Beurteilung der Leistungen der Schauspieler.

139 M.A.Jakovlev?, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Kabale und Liebe, in: Severnaja pčela Nr.242 vom 25.10.1833,2-4; vgl. F.Bouterwek, Geschichte der Künste und Wissenschaf- ten, 12 Bde., Göttingen 1801-1819, B d .l 1,410-420, hier 414.

140 M .A.Jakovlev, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Don Kariös, in: Severnaja pčela N r. 18 vom 9.2.1829, 1-3; vgl. Danilevskij 1998 (wie Anm.6), 343-345. Die Fassung Obodovskijs er- schien entgegen D anilevskij, der sie hier in den bibliographischen Daten m it der Version Lichonins verwechselt, nicht im Druck.

141 S.T.Aksakov, Rez.: J.Ch.F. von Schiller, Don Kariös, in: M oskovskij vestnik 1830, B d .l, 221-224.

ungeachtet sehr kontroverser K ritiken begeistert aufgenommen hatte. So pries man sie je tzt nach einer französischen Quelle als ein Werk vo ll ״erstaunlicher historischer Treue“ , ja bescheinigte Lebrun entgegen den Tatsachen gar, er habe nur wenige Ände- rungen vorgenommen, ״um dieselben Effekte bei den Franzosen zu erreichen, wie Schil- 1er bei den Deutschen“ 142.

Trotz dieses kurzfristig recht intensiven Interesses an Schillers Dramen Hessen sich russi- sehe Dramatiker kaum w irklich nennenswert hiervon inspirieren. Dies g ilt selbst für den jungen Lermontov, der wohl im Frühjahr 1829 in Moskau erstmals eine Aufführung der

Räuber

in der Fassung Sandunovs m it dem berühmten Schauspieler M očalov in der Rolle des Karl M oor erlebte143. Seine frühen Theaterstücke weisen zwar häufiger thematische wie motivische Parallelen zu den

Räubern

,

Kabale und Liebe

und

Don Kariös

auf, doch korrespondiert dies weder m it allzu offensichtlichen umfangreicheren Anleihen bei Schil־

1er, noch hat sich Lermontov selbst je ausführlicher zu Schiller geäussert. Zudem befasste er sich zu dieser Zeit auch m it anderen deutschen Dramatikern sowie etwa Shakespeare,

1er, noch hat sich Lermontov selbst je ausführlicher zu Schiller geäussert. Zudem befasste er sich zu dieser Zeit auch m it anderen deutschen Dramatikern sowie etwa Shakespeare,

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