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und was sind ihre wahrscheinlichen Ursachen?

Im Dokument < < Bayer. Staatsbibliothek (Seite 28-33)

Das Pestübel wurde schon von den Altenfast aus-schliefslich als ein Product des Nillandes betrachtet.

Wann

und

wo

es aber ursprünglich entstanden sey, ist

mit Gewifsheit schwerlich zu ermitteln. Es liegtuns auch weniger an der Lösung dieser Frage. Wichtiger

mag

die Beweisführung seyn, dafs noch heutzutage die Pestin Aegypten sich erseuge; unddas scheintuns eben so schwierignichtzuseyn. Viele und namentlich die handeltreibenden Europäer wünschten freilich in ihremInteressejedeägyptischePestepidemie aus Konstan-tinopel abzuleiten. Alleinwer nureinigermafsendie Ge-schichte und die jetzige Lage der Dinge kennt, wird Aegypten seinen

Rang

als Pestmutter wohl kaumstreitig machen. Es gibtjedoch Theile des Landes, wohindiese Krankheit nie gedrungen ist, und wahrscheinlich auch nie dringen wird, d. i. Oberägypten jenseits Assuan

ein Landstrich, der genanntes Privilegium mit den

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n

dem

derheifsen

Zone

theilt.

Von

den ältestenQuellen der Geschichte bis aufdie

Werke

der neuesten Zeitist fast keines, das nicht Aegypten als Pestland beglaubigt.

Inkeinem Theite des Orients zählt

man

so riele derley Epidemien wie hier. Kein Jahr vergeht so zu sagen ganz ohne Pest. Das Uebel ist hier injeder

Form —

von

dem

einfachen, unschädlichenBubo, dendie Bewoh-ner Ausbruch nennen, biszu seiner complicirtestenund schrecklichsten Verwicklung. Es äufsert sich oftJahre lang nur sporadisch an Individuen und Orten, welche ferne vonallerGemeinschaft mit Pestkrankensind; d.i.

zu Zeiten,

wo

das Uebel weder in Aegyptenallgemein, noch in den angranzenden Ländern davon eine Spurzu finden ist, wie die obigenBeispiele bezeugen. Ebenso verhält es sich mitder epidemischen Form. Eine Pest-epidemiebefällt einen Ort, und ungeachtet derfreiesten Communicatlonbleibt siedarauf beschränkt; währendzu andern Zeiten dieselbefastaufallenPunktendesLandes

auftritt, ohne dafs die Absperrung auch nur im minde-sten gegen ihreVerbreitung hilft.

Wo

alle diese

Um-stände

zusammen

treffen, dawird wohl Niemand an der freiwilligenErzeugungdesUebelszweifeln.

Was

nun aber die Ursachen der Pestbetrifft, so glaub'ich ist es hiereben sowenig möglichals bei den meisten Erscheinungeninder Natur, undnamentlichbei Krankheiten, heutzutage auch nur mit einiger

Wahr-scheinlichkeit

zum

Ziele der Erkenntnifs zu gelangen.

Zwar

habendie reisendenSchriftsteller vieldarüber ge-sprochen und geschrieben; allein ihre Angaben

mögen

auch noch so richtigund umfassend seyn: die Schlufs-folgen sind immerhin lahm undmangelhaft.

Wäre

die Pest lediglich nur auf Aegypten beschränkt, so könnte

man

wohl voraussetzen, dafs in einemso eigenthümlich geschaffenenundbegabten Lande dieNiederung des Bo-dens, dasAustreten desStromesmit

dem

eigenthümlichen Bewässerungssystem, dieimFrühjahre eintretenden

Kham-1«

sinwinde und Hitze, die schlechte Bauart der

Wohnun-gen, das fehlerhafte BegräbtiifsSystem*), der angebliche Schmutz und dieunangemesseneLebensart der Einwoh-ner nebstihrerlymphatischenundverdorbenenConstitution,

zusammengenommen

das Uebel zu erzeugen vermöchten.

Allein es gibtErdstriche, indenen ungefährdienämlichen Verhältnisseherrschen, ohne dafs diePestjesichdort ge-zeigthätte. IndenNachbarländernAegyptensfindetbeinahe nichts von allem

dem

statt; und doch bat die Krank-heitdort ebenfalls tiefeWurzelgeschlagen, und erzeugt sich daselbst wohl ebenso wie hier.

Man

werfe einen Blick auf die Karte, und verfolge das Pestgebiet von den Barbaresken-Staaten bis an den Tigris und das Marmormeer. Welche Mannichfaltigkeitdes Erdreiches, der Erzeugnisse, dcsKlima's,derMenschenracenschliefst nicht diese Pestzone ein! Nur die einzige Thatsachc bleibt bei allem diesem fest, dafs die Pest an genann-tem Küstensaume herrschend, an Häufigkeit und Kraft abnimmt, je mehr

man

ins Herz der Festländer ein-dringt. Allein was ist auch mit allen diesen Betrach-tungen gewonnen?

So weifs man ja auch ziemlich gewifs, dals die Cholera ihre Geburtszone in Indien.

*) Wollte manmit einemchrenwerthenSchriftsteller anneh-men, dafs diePestin Aegypten entstanden scy, weilman

diealte Begräbnifsweisc, d. i. die Austroclinung mitder Begrabung vertauschte, so wäre folgender geschichtliche Einwurf zu lösen: wie kommt es, dafs in Italien und Griechenland die furchtbarsten Pestepidemien r.u einer Zeit herrschten, als man dieLeichnameverbrannte?

üebrigens ist die altägyptischc Mumienbildung unserer Ansicht nach wohl schwerlich alseinehygienische Maals-rcgcl su betrachten. Sie mag vielmehr die natürlichste Bestattungsart in einem Lande seyn, woLeichen, beson-ders etwasvomNilstromeentfernt, selbstschonamBande der Wüste, und namentlich an den früheren Salzseen, nie in Fäulnifs übergehen, sondern r.unatürlichen Mu-mienvertrocknen,wie uns der Augenscheintäglichlehrt.

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das gelbe Fieber seine

Wiege

in Amerika habe: wer hataberjegefunden, welche UrsachendieseUebelinihren Urstättenerzeugeni EsgibteinenPunkt,

wo

dermensch, liehe Geistbis jetzt seineSchranken lindet, und notge-drungen umkehrt. So schmerzlich auch dasGeständnifs seyn mag, so ist es nun doch nichtzu läugnen: die Ur-sachen der Pest sind bis jetzt unbekannt. Dafs die-selben jedoch kosmischer Natur, und

mehr

inirgend ei-ner besondern BeschaffenheitderAtmosphäreals

anders-wo

zu suchen seyen, daranbleibtnach

dem

Gesagten wohl kein Zweifel. DafsdieseAtmosphärevorzugsweise unter bestimmtenWärmegraden, undüberniederemLehm- und Kalkboden sich bilde und wirke, scheint ebenfalls be-stimmt zu seyn.

Zwar

ist es ausgemacht, dafs hier zu Lande, wievielleichtauch anderswo, dieEntwicklung der CholeraineinzelnenFällen vorzüglich beischwachen Per-sonendurch animalischeEffluvienunddurchplötzlichein.

tretendeNachtkältebei heifsenTagenbestimmtbefördert, odervielleichtsogarhervorgerufen werde. Ebensohaben dieselben Verhältnisse, welche anderswo einzelne und abgeschlossene Typhusepidemien hervorbringen, auch hier denselbenErfolg. Esistdaher wohlaufser Zweifel, dafs

man

einen Typhus auch künstlich erzeugen könne.

Allein von derlei Pestfällen oderEpidemienhatunseine achtjährigeErfahrung auch nichtEin Beispiel geliefert.

So wie jedochdie CholeravonihremUrsitze aus sich in zwei Richtungen überdenErdballverbreitet hat, ebenso kann auchdie Pest vonihrem Urlande auswandern, wie die früher in Europa beobachteten Epidemien beweisen.

Wenn

oben von kosmischen, leider unbekannten Einflüssen als Bedingnifs zur Erzeugung der Pest die Bede ist, so kann diefs namentlich nurfür derlei Epi-demien seine

Anwendung

finden.

Was

aber bei jedem Krankheitsfalleanund für sich ganznatürlich in Betrach-tung kommt, das darf auch bei jedem Pestfalle nicht übersehen werden: ich meine die individuelle

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_——

tion.

Wir

kennen übrigens von ihrenQuellen eben so wenigalsvon den atmosphärischen Elementen, welche fliese oder jene Epidemie hervorrufen. Die Pest hat darin nichts Besonderes vor anderen allgemein für an.

steckend geltenden und hin und wieder auch epidemisch auftretenden Krankheiten. 80 z. B. können wohl auch sogar die Blattern an irgend einem Individuum sich Hafsern und dabei stehen bleiben, ohne dafs

man

ihre Entstehung aus äufseren Einflüssen beweisen kann, und ohne dafseineweitereVerbreitung derselbendurch der.

lei oder durch ein Contagium statt fände.

Und

doch

ist die Blatter unter den acuten Uebeln der Prototyp aller ansteckenden Kiankheiten: denn sie IiiIst sich ein-impfen, was bei der Pest nichtder Fall ist. Geht

man

in diese Reihe derBetrachtangenbeidenfüransteckend gehaltenen Uebelnein, so

kommt man

nothwendig bald zur Leberzeugung, dafs die Grundsätze der Ansteckung auf sehr lockerem Grunde stehen.

Doch

davon kann hier nurim Allgemeinen die

Rede

seyn.

Der

Inbegriff desGesagten ist: so wie z. B. in EinerPersonBlattern sich ausbilden können, ohne dafs dabei Berührung mit Blatterstoff oder andere epidemisch waltende äufsere Einflüsse anzunehmen sind, ebensowohl kann sich in

Jemand die Pest erzeugen, ohne dafs dazu allgemeine, atmosphärischeVerhältnissenothwendigsind. Die mensch-liche Individualität ist ja in jeder Hinsicht so

mannich-faltig, so eigentümlich, und eben darum so unergründ-lich gestaltet und begabt, dafs sie wohl

immer

in den Tabellen der positiven Wissenschaften

mehr

oder min-dernurin der

Form

unendlicherBrücheverzeichnet wer-den kann. Daher ist sie auch der wahre SteindesAn.

stofses inder sogenanntenpraktischen Arzneikunde.

So wenigwir also im Standesind, dieentfernteren undnäheren Ursachen zu bezeichnen, welche die Pest in besonderenFällenundinEpidemienhervorrufenund ver-breiten: so ausgemacht scheint es doch auf der andern

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G

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Seite su seyn, dafs dieselbe in einzelnen Fällen

mehr

aus

dem

behaftetenIndividuumheraus,beiEpidemienaber indasselbehineinerzeugt werde. Dabei

kommen

freilich wieder im ersten Falle ebensowohl die äufseren Ver-hältnisse, als im letzterendie individuelle Dispositionin Anschlag, wie dasbeiEntstehungjederKrankheit bisher

III* Capltel.

«•r.r»,»

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