• Keine Ergebnisse gefunden

Ubergang zur Festelektrolytreaktion ¨ ¨ uber 200 o C

Beachtet man aber die Tatsache, daß gem¨aß der Absch¨atzung aus Kapitel 7 mehrere Monolagen Wasser auf der Oberfl¨ache vorliegen, kann Reakti-on (37) dennoch im Sinne einer diffusen

”aufgeweichten“ Grenzschicht verstanden werden. Dabei gelten Konzepte, wie sie in Kapitel 4.2.2 bei mehrfach vorbelegten Oberfl¨achen beschrieben wurden. Die involvierten Ionensorten sind nicht so verteilt, daß ¨uberall lokal die Ladungsneutralit¨at erf¨ullt ist, sondern es bilden sich Konzentrationsgef¨alle, die die gemesse-ne Austrittsarbeitsdifferenz erzeugen. Abbildung 8.4 zeigt qualitativ eigemesse-ne solche Verteilung, wie sie m¨oglicherweise vorliegt.

Abbildung 8.4: Der linke Teil der Abbildung zeigt eine m¨ogliche Verteilung der Ionen an der Karbonatoberfl¨ache unter CO2 und Feuchteeinwirkung. Im rechten Teil ist darge-stellt, wie die Beitr¨age der verschiedenen Ionensorten zur gesamten Ladungsverteilung die Ausbildung einer Dipolschicht bewirken k¨onnen.

Feuchte f¨ur die Austrittsarbeits¨anderung pro Dekade ¨Anderung der Sau-erstoffkonzentration. Die CO2–Sensitivit¨at bei dieser Temperatur betr¨agt 53 meV ohne Feuchte im Tr¨agergas. Beide Reaktionen – mit Sauerstoff und mit Feuchte – scheinen zu konkurrieren, da sowohl die Steilheit der Sauerstoffkennlinie in Abbildung 6.12 bei Anwesenheit von Feuchte als auch die Steilheit der Feuchtekennlinie in Abbildung 6.11 bei Anwesen-heit von Sauerstoff reduziert ist.

Sauerstoffreaktion bei 250oC: Es wird erwartet, daß bei zunehmen-der Temperatur eine Reaktion analog zu zunehmen-der in den Festelektrolytsensoren (in Anlehnung an Gleichung (3) aus der Literatur) auch bei der Kelvin-messung beobachtet wird. Diese findet an der BaCO3–Metall Grenzschicht statt und es gilt analog zu den Ausf¨uhrungen in Kapitel 2.3.1:

Ba2+ + CO2 + 1

2O2 + 2e *) BaCO3

Diese Gleichung stellt eine Kopplung zwischen dem elektrochemischen Potential der Bariumionen und der Elektronen im Metall dar und f¨uhrt daher auf einen Potentialsprung an dieser Grenzfl¨ache als Funktion der Partialdr¨ucke von CO2 und O2:

∆Φ−∆Φ0 = kBT 2e ln

pCO2

pCO2,0

+ kBT 4e ln

pO2

pO2,0

Die Reaktion der Referenzseite k¨onnte im vorliegenden Fall ebenfalls in Analogie zu den Festelektrolytsensoren im Nickeloxid bzw. im Nickel–

Barium–Mischoxid stattfinden. In Kapitel 5.3 wurde bereits auf die M¨oglichkeit einer Mischoxidbildung in Form von Ni3Ba2O5 und NiBaO3– Phasen hingewiesen. Nickel nimmt hier verschiedene Oxidationsstufen an, so daß als Referenzreaktion z.B. m¨oglich ist:

Ni3Ba2O5 *) Ba2+ + 2e+ NiBaO3 + 2NiO

Es sei darauf hingewiesen, daß bei der Auslesung mit der Kelvinmethode oder im Feldeffekttransistor die Anwesenheit eines Ba–Ionenleiters zum Abgriff des elektrochemischen Potentials dieser Spezies nicht erforderlich ist, da die Potentialdifferenzen direkt in der Goldreferenz (der Kelvinson-de) oder dem Kanalbereich (des FET) eine Ladung induzieren.

Tats¨achlich entsprechen die gemessenen Sensitivit¨aten in diesem Tempe-raturbereich einem Ladungstransfer von 2e f¨ur die CO2–Sensitivit¨at und

von 4.1e f¨ur die Sauerstoffsensitivit¨at. Wie aus dem Temperaturverlauf der CO2–Sensitivit¨at ohne Feuchte in Abbildung 6.13 erkennbar ist, ist dieser Reaktionszweig offenbar erst ¨uber 200oC ausgepr¨agt.

Feuchtequerempfindlichkeit bei 250oC: Durch die Querempfind-lichkeit zu Sauerstoff ist im betrachteten Temperaturbereich nicht der einzige Reaktionszweig gegeben. Genau wie bei Raumtemperatur findet eine Reaktion mit Feuchte statt. Die Temperaturkennlinie von SCO2 ohne Sauerstoff in Abbildung 6.13 zeigt ein einheitliches Temperaturverhalten ohne Minimum um 150oC . Die aus den Sensitivit¨aten berechneten Werte f¨ur die ¨ubertragenen Ladungen ¨uber 250oC sind bei CO2 n= 1,8; darunter findet man kleinere Werte bis n=1,6. Analog kann aus der Feuchtekenn-linie bei 250oC ebenfalls der Wert der ¨ubertragenen Ladungen bestimmt werden – er betr¨agt n= 2. Insofern scheint die reine CO2–Feuchtereaktion auch bei h¨oheren Temperaturen eine Fortsetzung des oben diskutierten Prozesses bei Raumtemperatur darzustellen.

In beiden F¨allen – also der CO2–Reaktion mit Sauerstoff alleine und mit Feuchte alleine – ergeben sich Abweichungen vom idealen Verhal-ten mit n = 2 f¨ur den Wert des Nernstschen Ladungs¨ubertrags bei der CO2–Sensitivit¨at. Dies beruht vermutlich darauf, daß keine idealen Ver-suchsbedingungen geschaffen werden k¨onnen: es gelingt nicht, Restfeuch-te und Restsauerstoff vollst¨andig aus der Meßapparatur zu eliminieren.

Bei Sauerstoff und Feuchte im Tr¨agergas ist daher die Sensitivit¨at auf CO2 weiter erh¨oht und der aus den Daten berechnete Ladungs¨ubertrag betr¨agt f¨ur die CO2–Reaktion bereits n = 1,6. Es ist jedoch zu beach-ten, daß dieser Wert nicht aus einem Prozeß folgt, sondern der mittlere Wert aus verschiedenen Prozessen ist, die dar¨uber hinaus auch noch an verschiedenen Grenzfl¨achen (BaCO3–Gas und BaCO3–Metall) ablaufen.

Beim m¨oglichen Ablauf simultaner Prozesse wie im vorliegenden Fall ist dann die aus dem Potentialsprung berechnete ¨ubertragene Ladungsmenge keine sinnvolle Gr¨oße zur Charakterisierung der Prozesse mehr.

Ubergangsbereich bei 150¨ oC: Besonders interessant ist der ¨ Uber-gangsbereich bei 150oC , wenn Sauerstoff und Feuchte simultan im Tr¨ ager-gas pr¨asent sind. Die CO2–Sensitivit¨at durchl¨auft beginnend ab 100oC ein Minimum. Dieses Verhalten zeigt sich nicht ohne Sauerstoff im Tr¨ ager-gas. Es kann daher vermutet werden, daß es in diesem Temperaturbe-reich eine Reaktion gibt, die die ausgebildete Potentialdifferenz durch das

CO2–Feuchte–Karbonat–Gleichgewicht an den Kornoberfl¨achen vermin-dert. Das kann auch deutlich in Abbildung 6.7 beim Vergleich der Kinetik gesehen werden: Nach einem anf¨anglichen schnellen Anstieg des Signals setzt eine R¨uckreaktion ein. Durch diesen Prozeß entsteht das Minimum der Temperaturkennlinie in Abbildung 6.6.

Abbildung 8.5: Quotient der Spektren einer Karbonatoberfl¨ache bei 120oC ohne und mit Sauerstoff (20%) im 25oC kalten Tr¨agergas mit 1% CO2 und 40% relativer Feuchte:

Sauerstoff vermindert bei dieser Temperatur die Anzahl der Karbonat-Gruppen an der Oberfl¨ache. (Die Peakpositionen charakteristischer Karbonatspezies sind angegeben.)

Es konnte mittels DRIFT–Spektroskopie jedoch nicht direkt nachgewie-sen werden, daß die Konzentration der gebildeten Hydrogenkarbonatio-nen durch Sauerstoff in diesem Temperaturbereich reduziert werden. Ab-bildung 8.5 zeigt den Quotienten aus einem Spektrum ohne Sauerstoff geteilt durch ein Spektrum mit Sauerstoff. Dieses Spektrum entspricht der Berechnung nach einer Extinktion, so daß qualitativ gesehen Spezies, die sich durch das Zuschalten von Sauerstoff bilden, Peaks mit relati-ven Intensit¨aten gr¨oßer 1 entsprechen. Peaks mit relativen Intensit¨aten kleiner 1 entsprechen Spezies, deren Konzentration durch den Sauerstof-feinfluß vermindert wird. Bei beiden Spektren war 1% CO2 und 40% re-lative Feuchte im Tr¨agergas. Im Bereich zwischen 600 und 1700 cm1 wurde eine ganze Reihe von Banden mit relativen Intensit¨aten kleiner 1 gefunden. In diesem Bereich liegen die verschiedenen Karbonationen. In der Abbildung sind die Schwingungsbanden der Karbonationen als ad-sorbierte Spezies (frei, einfach und zweifach gebunden gem¨aß Daten aus

[Bus82]), sowie gebunden im Bariumkarbonat (vgl. Kap. 7) dargestellt.

Zus¨atzlich sind die Peakpositionen der dimeren Hydrogenkarbonatspezies (Kap. 7) angegeben. Dieser Sauerstoffeinfluß k¨onnte vermutlich auf dem m¨oglichen Reaktionszweig einer Oxid–, Peroxid– oder Hydroxydbildung an der Oberfl¨ache beruhen. In jedem Fall f¨uhrt jedoch die gemessene Ver-minderung der Karbonatgruppen an der Oberfl¨ache zu einer Verschiebung des Gleichgewichtes (36) oder (37) zur linken Seite, und damit zur Ver-minderung des Meßeffektes.