• Keine Ergebnisse gefunden

be-teiligen. Sobald der Sarg bedeckt ist, schließt die Rezitation des Kaddischs durch den*die nächste*n Angehörige*n des Verstorbenen an.

Damit ist in der Regel die Trauerfeier beendet.

Kaddisch

Das Kaddisch ist wohl das einzige Gebet, das in keiner jüdischen Gemeinde der Welt in der Lan-dessprache gesprochen wird. Es steht in aramäi-scher Sprache, was in der Zeit des zweiten Tem-pels die Sprache des Volkes war.

Es gibt das Kaddisch heute in vier verschie-denen Formen, die den größten Teil zu Beginn und am Schluss gemeinsam haben und sich nur in einzelnen, unterschiedlichen Einschüben un-terscheiden.

Trauernde bei dem Begräbnis sprechen das sogenannte Kaddisch haGadol, das in dieser Va-riante nur einmal hier am Grab gesprochen wird, und zu den einzelnen Trauerzeiten, wann immer gebetet wird, das Kaddisch der Trauernden. Das Kaddisch-Gebet hat eine solche Bedeutung er-langt, dass viele, die nicht regelmäßig in die Sy-nagoge gehen, nach dem Tod eines Verwandten doch eine Gemeinde aufsuchen, um Kaddisch sagen zu können.

Weder Tod noch Trauer werden erwähnt; es ist ein Gebet zum Lobpreise Gottes, eine Erklä-rung tiefen Glaubens an die ungeheure Größe des Allmächtigen und eine Bitte um Erlösung und Errettung. Die Zwiesprache – das Kaddisch wird rezitiert und die Gemeinde fällt an einigen Stellen mit ein – unterstreicht das Getragen-Sein durch die Gemeinschaft.

El male rachamim

(Gott voll Barmherzigkeit)

Das El male rachamim ist ein Gebet, in dem Gott um Ruhe und Frieden für die Seele der jeweiligen Verstorbenen gebeten wird. Es hat heute seinen Platz bei den Beerdigungen, weiteren Zeremo-nien am Grab und bei Jiskorgebeten (Gedenk-gottesdiensten).

In diesem Text gibt es eine Zeile, in der der Name der verstorbenen Person erwähnt wird,

mit der Bitte verknüpft, ihre Seele in den Bund des Lebens aufzunehmen.

Abschluss der Beerdigung

Eine weitere Tradition ist die der Schurah (Trös-tung durch die anwesende Gemeinde). Es wird ein Spalier gebildet und die Trauernden verlassen das Grab durch diese Gasse, die die anderen An-wesenden bilden und hören von jedem die Wor-te: „Hamakom jenacheim otcha/etchem betoch scha‘ar avelej Zion weJeruschalajim” („Möge der Allmächtige dich/euch gemeinsam mit den an-deren Trauernden Zions und Jerusalems trös-ten.”) Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie mit ihren Abstandsregeln ist diese symbolische Umarmung ein wichtiges Zeichen des Trostes, den die Gemeinde / Freund*innen den Angehö-rigen spenden wollen.

Erst ab diesem Zeitpunkt ist es im Judentum üblich zu kondolieren.

Verlassen des Friedhofes

Es ist üblich den Friedhof auf einem möglichst anderen Weg zu verlassen. Und auch das Hän-dewaschen ist üblich – hier allerdings, ohne den Segensspruch dazu zu sprechen.

SEUDAT HAWRA’AH

Man kann dies am besten mit „Mahl der Stär-kung“ übersetzen. Es sollte nicht von den Trau-ernden bereitet werden. Es beginnt traditionell mit hart gekochten Eiern (die runde Form des Ei-es symbolisiert die dauernde Fortsetzung dEi-es Le-bens und erinnert daran, dass auf Verzweiflung und Trauer auch Erneuerung und Freude folgen mögen). Außerdem wird ein Licht gezündet.

TRAUERZEITEN NACH DER BEERDIGUNG

Je nach Verwandschaftsgrad schreibt die jüdi-sche Tradition unterschiedliche Länge der Trau-erzeit vor. Für Eltern trauert man ein Jahr, aus der Annahme heraus, dass der Tod der Eltern im alllgemeinen als natürlich angesehen wird und der Trauernde so zur Trauer ermutigt wird.

Für alle anderen Verwandten (Geschwister, Kind, Ehepartner) trauert man 30 Tage. Diese Todesfälle sind eher unerwartet; die jüdische Tradition versucht daher, die Trauernden zur Rückkehr in den Alltag zu ermutigen.

Schiw’a

Die Schiw’a (sieben) beginnt unmittelbar nach dem Begräbnis und der anschließenden Mahl-zeit und dauert eine Woche. Der Schabbat wird mitgezählt, wenn auch am Schabbat, der als ein Freudentag gilt, keine öffentliche Trauer gezeigt werden soll.

Die Trauernden werden zuhause von Freun-d*innen und Bekannten besucht und versorgt und können in der Gemeinschaft beten, lernen und das Kaddisch der Trauernden sprechen.

Der Trauer soll auch durch das Verhalten und durch äußere Zeichen Ausdruck verliehen werden: Kleidung, Essen, sogar die Schlafge-wohnheiten können betroffen sein; den tägli-chen Pflichten wird nicht nachgegangen bzw.

sie werden von anderen übernommen.

Schloschim

Die Schloschim (dreißig), die dreißig Trauerta-ge, beginnen mit dem Begräbnis und inkludie-ren die Schiwe. Man geht wieder seinen tägli-chen Verpflichtungen der Arbeit nach, spricht aber weiterhin das Kaddisch in der Gemein-schaft der Beter.

Die Trauerzeit für alle Verwandten – mit Ausnahme für die Eltern – ist mit dem Ende der Schloschim abgeschlossen.

Schana

Schana heißt übersetzt: Jahr. Wer für einen El-ternteil trauert, für den gelten gewisse Vor-schriften der Schloschim für das ganze Jahr.

Der Zweck der Trauerbräuche ist es, dem Trauernden zu helfen, einen geeigneten Aus-gleich zu finden zwischen dem Wunsch und dem Bedürfnis zu trauern und der Notwendig-keit, die die jüdische Tradition in der Rückkehr ins tägliche Leben sieht.

Im Laufe der Zeit wird erwartet, dass sich die Menschen von dem überwältigenden Kum-mer erholen und imKum-mer weniger äußere Füh-rung benötigen.

Yahrzeit

Danach wird einmal im Jahr an den Verstorbe-nen erinnert, jeweils zum Jahrestag des Todes (hebräisches Datum). Die Yahrzeit-Kerze wird am Vorabend entzündet und brennt 25 Stunden lang. Das Kaddisch der Trauernden wird in der Gemeinschaft der Synagoge – evtl. gemeinsam mit anderen Trauernden – gesprochen.

Jiskor-Zeiten

Vier Mal im Jahr wird ein Jiskor (Erinnerungs-gottesdienst) gebetet: am Tag von Jom Kippur, am letzten Tag der Pessachwoche, zu Schawuot und Schemini Azeret/Simchat Tora.

In diesem Gottesdienst wird an alle Verstorbe-nen der Gemeinde erinnert, an die Märtyrer *in - nen des Holocaust, an gefallene Soldat*in nen und an persönliche Verwandte und Freund*innen.

Es ist ebenso üblich, an diesen Tagen zu Hause und / oder in der Gemeinde Seelen-Kerzen für die Verstorbenen der Familie anzuzünden.

MAZEWA (GEDENKSTEIN)

In Genesis 35:20 erwähnt die Tora den Maze­

jwa (Gedenkstein), den Jakob auf dem Grabe seiner Frau Rachel errichtet hat.

Der Alte Jüdische Friedhof im Prager Stadtteil Josefov ist einer der historisch bedeutendsten jüdischen Friedhöfe in Europa. Das älteste Grabmal auf dem Friedhof erinnert an Rabbi Avigdor Kara, gestorben 1439 (Bild unten).

© Jutta Walbe

Was für den Sarg gilt, sollte auch für die Grabsteine gelten, damit kein Unterschied zwi-schen Reichen und Armen besteht; sie sollten möglichst einheitlich groß und von schlichter Schönheit sein. Die Inschrift sollte mindestens den Namen des Verstorbenen, das Geburtsda-tum und das TodesdaGeburtsda-tum enthalten. Auf man-chen Friedhöfen kann man auch einen Bibelvers oder eine persönliche Inschrift auf den Grab-steinen finden.

Die Steinsetzung kann innerhalb eines kur-zen Gottesdienstes erfolgen, der die Bedürf-nisse der Trauernden in besonderer Weise her-vorhebt.

Grabinschriften

So unterschiedlich doch auf den einzelnen Fried - höfen die Gestaltung der Grabmale sein kann, so finden sich doch einige hebräische Inschrif-ten immer wieder:

׳נ ׳פ

hier ruht …

׳ה ׳ב ׳צ ׳נ ׳מ

tehi nischmato/nafscho tserura bitsror hachajim.

Möge ihre/seine Seele eingebunden sein im Bund des Lebens.

FRIEDHÖFE

Jüdische Friedhöfe zeichnen sich zum einen durch die Ausrichtung der Gräber aus. Die Ausrichtung (in Europa) nach Osten, symbo-lisch gen Jerusalem, ist verpflichtend. Ein wei-teres Merkmal sind möglicherweise alte Gräber.

Es gilt für Juden das Ewigkeitsrecht, die Gräber werden niemals aufgelassen.

Allerdings konnte in früheren Zeiten der Friedhof schnell zu klein werden und neue Flä-chen wurden nicht zugestanden. So wurde aus der Not der Friedhof aufgeschüttet und die nächsten Beerdigungen fanden über den vorherigen statt. Dabei wurden selbstverständ-lich die Grabsteine auch „eine Etage erhöht“.

So konnte etwas entstehen, das wie ein klei-ner Berg aussieht; man kann das z.B. in Prag auf dem alten Friedhof besichtigen.

SCHLUSSBEMERKUNG

In diesem Artikel wurde die Grundstruktur der Bestattungskultur des Judentums beschrieben.

Dieser Ablauf kann jedoch je nach Ausrichtung und Gemeinde unterschiedlich erweitert

wer-den. ◆

JUTTA WALBE ist Koordinatorin der Chewra Kadischa in der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover (LJGH).

Friedhof der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover K.d.ö.R.

© Jutta Walbe

URSULA RUDNICK