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Transplantation RGB-markierter FH-hTERT in die Leber

5. Diskussion

5.4. Transplantation RGB-markierter FH-hTERT in die Leber

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87 einige wenige Zellen und bildeten oligoklonale Areale in der Leber. Nach acht Wochen hatten die Zellen jedoch nicht die hepatozytenspezifische Morphologie angenommen, sondern waren eher spindelförmig. Die Zellen scheinen also nicht in der Lage zu sein, in den Mäusen gesundes Lebergewebe zu bilden. Ob die angewachsenen Zellen hepatozytenspezifische Marker exprimierten, wurde in dieser Arbeit jedoch nicht untersucht.

5.4.1. Entstehung eines Tumors durch RGB-markierte FH-hTERT

Vier Monate nach der Transplantation wurden MRT-Aufnahmen der Lebern der Mäuse angefertigt. Überraschenderweise konnte in einer der sieben Mäuse ein Tumor in der Leber identifiziert werden. Mit Hilfe der RGB-Markierung und durch immunhistochemische Färbungen konnte nachgewiesen werden, dass der Tumor, der im MRT sichtbar war, von FH-hTERT gebildet wurde. Er besaß einen Durchmesser von etwa 5 mm und infiltrierte das angrenzende gesunde Lebergewebe.

In allen anderen sechs Mäusen, die RGB-markierte FH-hTERT erhielten, konnte kein Tumorwachstum beobachtet werden. In diesen Mäusen waren Repopulationsareale sichtbar, die aus mono- oder oligoklonalen FH-hTERT bestanden. In diesen Arealen war jedoch kein malignes Wachstumsverhalten der Zellen zu beobachten. Der aufgetretene Tumor stellte somit in diesem Experiment ein singuläres Ereignis dar.

Bei der Betrachtung der Fluoreszenzfarbmarkierung der FH-hTERT, die den Tumor bildeten, war erkennbar, dass alle Zellen eine homogene blaue Fluoreszenzfarbe besaßen. Keine andere Fluoreszenzfarbe konnte innerhalb des Tumors identifiziert werden.

Durch die Verwendung der RGB-Markierung konnten Rückschlüsse bezüglich des klonalen Ursprungs des Tumors gemacht werden: Der Tumor schien aus einer einzelnen transformierten Zelle entstanden zu sein.

In den bisher veröffentlichten Arbeiten besaßen die FH-hTERT kein onkogenes Potential (Wege et al. 2003). In der Arbeit von Wege et al. (2003) konnte weder nach subkutaner Injektion der Zellen noch nach Transplantation der Zellen in die Leber ein Tumorwachstum beobachtet werden.

Bei retroviralen Vektoren - wie auch bei den lentiviralen RGB-Vektoren - erfolgt der Gentransfer durch einen stabilen Einbau der Vektorsequenz in das Genom der Wirtszelle.

Hierbei besteht die Gefahr, dass durch die Integration des Vektors Zellregulationsmechanismen auf DNA-Ebene beeinflusst werden (Kustikova et al. 2005, Baum et al. 2006, Fehse 2006). Der Vektor kann beispielsweise in die Nähe eines Protoonkogens oder eines Gens, das eine wichtige Rolle im Zellzyklus der Zelle besitzt, integrieren und die Expression dieses Gens aktivieren bzw. heraufregulieren. Sobald die Vektorintegration zu einem nachweisbaren Effekt auf eine betroffene Zelle geführt hat, wird

88 von der so genannten Insertionsmutagenese gesprochen (Baum et al. 2003, Fehse 2006).

Im schlimmsten Fall kann dieses zu einem unkontrollierten Wachstum der Zelle und zur Entstehung eines malignen Tumors führen. Derartige Fälle konnten in klinischen Gentherapiestudien beobachtet werden: In einer in Paris durchgeführten Gentherapiestudie wurden 9 Patienten mit einem schweren kombinierten Immundefekt (X-chromosomal severe combined immundeficiency; SCID-X1) erfolgreich mit einem retroviralen Vektor behandelt, der das bei diesen Patienten fehlende Gen für den IL-2 Rezeptor (IL2-receptor gamma;

IL2RG) als Transgen enthielt. Bei vier von neun Patienten kam es jedoch nach 31-68 Monaten zu Leukämien. Bei drei Patienten konnte nachgewiesen werden, dass durch die Integration des therapeutischen Vektors das Protoonkogen LMO2 aktiviert wurde und verantwortlich für die klonale Proliferation war (Hacein-Bey-Abina et al. 2008). In einer analogen Gentherapiestudie in London konnte ebenfalls ein Leukämiefall beobachtet werden, dem offensichtlich der gleiche Mechanismus zugrunde lag (Howe et al. 2008).

Der in der Maus entstandene Lebertumor könnte daher auf ähnliche Weise durch eine Insertionsmutagenese infolge der RGB-Markierung entstanden sein. Obwohl die Insertionsmutagenese ein äußerst seltenes Ereignis darstellt (Baum et al. 2003), kann ihr Auftreten bei der Nutzung der RGB-Markierung nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Bei den FH-hTERT-Zellen handelte es sich zudem um bereits immortalisierte Zellen, sodass für eine maligne Transformation dieser Zellen evtl. nur noch ein zusätzlicher Hit notwendig ist. Im Rahmen der Beurteilung der Klonalität des Tumors durch molekularbiologische Methoden (siehe nächstes Kapitel) wurde der Integrationsort des lentiviralen Vektors im Genom der Zellen identifiziert. In der Nähe des Vektors befand sich jedoch kein bekanntes Gen. Folglich blieb unklar, ob der Tumor durch eine Insertionsmutagenese entstanden ist.

Eine andere mögliche Ursache wäre, dass einige Zellen in Folge der Langzeitkultivierung in vitro maligne transformiert sind. Die Zelllinie wurde 2002 entwickelt und ist seitdem mehrfach in vitro passagiert worden. In der Literatur ist beschrieben, dass Zellen, wenn sie über längere Zeit in vitro kultiviert werden, ihren Phänotyp verändern und sogar zu malignen Tumorzellen mutieren können (Milyavsky et al. 2003, Røsland et al. 2009). Die Ursache der Entstehung des Tumors wurde jedoch an dieser Stelle nicht weiter verfolgt.

Anhand des hier beschriebenen Experiments konnte insgesamt gezeigt werden, dass die RGB-Markierung eine mögliche Methode zur Untersuchung des klonalen Ursprungs von Tumoren darstellt. Tatsächlich konnte auf der Grundlage der RGB-Markierung und der nachfolgenden molekularbiologischen Untersuchungen (s.u.) eindeutig gezeigt werden, dass der Tumor durch die klonale Expansion einer einzelnen Zelle entstanden ist.

89 5.4.2. Beurteilung der Klonalität des Tumors durch molekularbiologische

Methoden

Die Ligation mediated-Polymerase-Kettenreaktion (LM-PCR) stellt eine etablierte Methode zur Identifikation von Klonen innerhalb einer Population transduzierter Zellen dar (Kustikova et al. 2008).

Retrovirale Vektoren integrieren zufällig an verschiedenen Orten im Genom der Zellen. Die Integrationsstellen sind von Zelle zu Zelle verschieden und für jede einzelne transduzierte Zelle spezifisch. Da die Vektoren stabil in das Genom einer Zelle integrieren, besitzen alle Zellen, die durch Zellteilungen aus einer transduzierten Zelle entstehen, die gleiche spezifische Integrationsstelle des retroviralen Vektors und können auf diese Weise als Klon identifiziert werden (Kustikova et al. 2008). Mit Hilfe der LM-PCR können die spezifischen Integrationsstellen der Vektoren identifiziert werden.

Die Klonalität des FH-hTERT-Tumors wurde in der vorliegenden Arbeit zusätzlich mit Hilfe der LM-PCR bestimmt. Hierdurch sollte die RGB-Markierung als Methode zur Identifikation von Zellklonen bestätigt werden. In einer DNA-Probe des Tumors konnte nach der LM-PCR eine spezifische Integrationsstelle eines lentiviralen Vektors identifiziert werden. Die Vektorintegration ließ sich auf dem langen Arm des Chromosoms 5 lokalisieren. Zusätzlich konnte in zwei weiteren Arealen des Tumors mit Hilfe einer verschachtelten (nested)-PCR nachgewiesen werden, dass auch hier die Zellen die gleiche spezifische Integrationsstelle besaßen. Somit konnte gezeigt werden, dass der Tumor tatsächlich - wie auf Basis der RGB-Markierung bereits vermutet - aus einer einzelnen transduzierten Zelle entstanden ist. Die RGB-Markierung als Methode zur Identifikation von Zellklonen konnte hier durch eine zweite unabhängige Methode zur Beurteilung der Klonalität bestätigt werden.

An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass mit Hilfe der LM-PCR und der nested-PCR nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden konnte, ob sich innerhalb des Tumors noch weitere kleine Zellklone befanden. Die Sensivität der LM-PCR ist relativ limitiert.

Zellklone, die aus wenigen Zellen bestehen, können mit dieser Methode kaum nachgewiesen werden (Kustikova et al. 2008).

Hier wird ein Vorteil der Markierung gegenüber der LM-PCR deutlich: Die RGB-Markierung erlaubt auch eine Identifikation von Klonen, die aus wenigen Zellen bestehen.

Sogar Einzelzellklone können an Hand ihrer unterschiedlichen Fluoreszenzfarbe unterschieden werden.