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4.3 Charakterisierung der neuen antimykotischen Substanz EMC120B12

4.3.1 Transkriptionsanalysen von C. albicans

Erste Transkriptomanalysen von C. albicans, welche zuvor mit dem Benzimidazol EMC120B12 behandelt wurden, zeigten, dass EMC120B12, wie für Azole typisch, in die Ergosterol-Biosynthese eingreift (Burger-Kentischer et al., 2011). Ziel dieser Arbeit war es diesen Wirkort zu bestätigen und zudem den genauen Wirkungsmechanismus und das Zielenzym in der Ergosterol-Biosynthese über verschiedene Methoden zu identifizieren und charakterisieren. Dies stellt eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung dieses potentiellen Wirkstoffs dar.

Dazu wurden zunächst mittels DNA-Microarrays weitere Transkriptdaten von C. albicans mit einem neuen und unter 3.2 validierten Batch EMC120B12 (IC50=

0,4µM) durchgeführt. Das Transkriptom des behandelten Pilzes zeigte, dass 38 Gene nach der Zugabe von EMC120B12 hochreguliert waren. 15 dieser Gene konnten der Ergosterol-Biosynthese zugeordnet werden. Zudem waren Gene signifikant reguliert, welche Einfluss auf die Zellwand und die Zellmembran haben und ebenso Gene, die nach Antimykotika-Gabe eine Veränderung in ihrer Regulation erfahren. Der Wirkort konnte mit den Daten eindeutig bestätigt werden. Sie zeigen, dass das Benzimidazol EMC120B12 ein potentieller Inhibitor des Ergosterol-Biosynthesewegs ist. Zudem wurde durch die Versuche mit dem neuen Batch bestätigt, dass die Qualität bei Nachproduktion des Wirkstoffes gleichbleibend konstant gut ist. Dies ist ebenso eine wichtige Voraussetzung für neue Antimykotika.

Von anderen Benzimidazolen ist bekannt, dass sie eine antimykotische Aktivität besitzen. Im Pflanzenschutz werden diese weit verbreitet als Antimykotika eingesetzt, in der Medizin werden sie jedoch nicht zur Behandlung von Pilzinfektionen, sondern als Anthelminthika verwendet. Zudem ist von einigen, wie beispielsweise Nocodazol, eine antineoplastische Aktivität bekannt (Elnima et al., 1981; Sharma et al., 2009). Dies zeigt das zytotoxische Potential dieser Benzimidazole. Von der Substanzklasse der Benzimidazole ist zudem bekannt, dass sie die Bildung des Zytoskeletts und die Zellteilung stören, indem sie an die Mikrotubuli in den Zellen binden. Bisher wurde

nicht beschrieben, dass sie einen Einfluss auf die Ergosterol-Biosynthese haben (Davidse, 1986; Guthrie und Wickner; 1988; Jacobs et al., 1988; Hollomon, 1998).

Cholesterol, das unter anderem in Humanzellen gebildet wird, ist dem Ergosterol der Pilze sehr ähnlich, doch laufen die Synthesewege nur bis zum einem gewissen Punkt gleich ab. Ergosterol wird in Pilzen ausgehend von Acetyl-Coenzym A biosynthetisiert.

Über verschiedene Zwischenschritte entsteht Lanosterol, das erste Sterol im Biosyntheseweg. Dieses Sterol ist gleichzeitig die letzte gemeinsame Vorstufe von Cholesterol in Säugern und von Ergosterol in Pilzen (Bracher, 2003). Dies ist ein Grund, weshalb Ergosterol und seine Synthese ein geeigneter Angriffspunkt für Antimykotika darstellt. Der Ergosterol-Syntheseweg ist für die Bildung dieser Komponente der Plasmamembran des Pilzes verantwortlich. Hier interagieren auch die Azole, welche die am weitesten verbreitete Antimykotika-Gruppe in der Humantherapie darstellen. Azole haben eine geringe Zytotoxizität und eine hohe Aktivität gegen humanpathogene Hefen. Es ist bekannt, dass die antimykotische Wirkung der Azole auf einer Inhibition der Sterol-C14-Demethylase und somit auf einer Hemmung der Ergosterol-Biosynthese beruht. Das Endprodukt Ergosterol, ein essentieller Bestandteil der Zellmembran, wird nicht mehr gebildet (Akins, 2005;

Bracher, 2003).

Zum Vergleich der Wirkungsweise von EMC120B12 mit Benzimidazolen und Azolen wurden Transkriptionsanalysen von C. albicans mit dem Azol Fluconazol und dem Benzimidazol Nocodazol durchgeführt. Die unter 3.6 aufgeführten und in Tabelle 14 zusammengefassten Daten zeigen, dass nach einer Fluconazol-Behandlung Gene der Ergosterol-Biosynthese in C. albicans differenziell exprimiert werden. Die gefundenen Gene waren in großer Zahl deckungsgleich mit denen aus den Transkriptdaten von EMC120B12. Durch diese Versuche konnte das erste Mal im direkten Vergleich bestätigt werden, dass Fluconazol und EMC120B12 im gleichen Biosyntheseweg, der Ergosterol-Synthese, interagieren. Zudem konnten bei EMC120B12 behandelten Zellen neben der Wirkung auf die Zellmembran eine Wirkung auf die Zellwand und noch wenige weitere Gene gezeigt werden. Dies ist sehr ähnlich zu dem, was auch außerhalb dieser Arbeit für Fluconazol von Angiolella et al. gefunden wurde. Hier zeigte die Analyse der Zellwandprotein-Zusammensetzung, dass eine Behandlung mit Fluconazol zur erhöhten Expression zweier Glucanasen, sowie zu einer erhöhten Menge an hoch glykosyliertem Material im Bezug auf Zellwand-Proteine führt (Angiolella et al., 2002). Diese Modifizierung und Neuordnung der Zellwandstruktur

konnte auch bei anderen antimykotischen Substanzen beschrieben werden. Das weist darauf hin, dass der Effekt nicht als eine spezifische Reaktion auf die Substanzen, sondern als allgemeine metabolische Veränderung in der Pilzzelle angesehen werden könnte. Die Zellen könnten dabei auf die Antimykotika als Stress-Substanzen reagieren, welche so diese allgemeinen Veränderungen verursachen (Rupp, 2008).

Der mit den Transkriptdaten eindeutig festgestellte Effekt von EMC120B12 auf die Zellwand könnte daher ebenso indirekt sein.

Mit den Transkriptom-Daten von C. albicans nach einer Behandlung mit Nocodazol konnte der in der Literatur beschriebene Einfluss auf die Mikrotubuli und damit weiterführend auf die Zellteilung bestätigt werden (Kunkel, 1980). Zugleich konnte in den Proben kein signifikanter Unterschied für Gene festgestellt werden, welche in Verbindung mit dem Ergosterol-Biosyntheseweg stehen oder Transkriptionsfaktoren für den Syntheseweg darstellen (3.6.5 und Tabelle 14).

Die Betrachtung der Transkriptdaten der verschiedenen Substanzen im Vergleich, brachte die Charakterisierung von EMC120B12 weiter voran. Es wurde dadurch bestätigt, dass EMC120B12 ein Inhibitor der Ergosterol-Synthese ist. Auf Transkriptebene konnte kein Hinweis auf eine Interaktion mit Mikotubuli gefunden werden. EMC120B12 verhält sich im Bezug auf den Wirkort nicht, wie dies in der Literatur für Benzimidazole beschrieben ist und zu erwarten wäre. Vergleicht man nun die Daten der Transkriptionsprofile von C. albicans nach einer Behandlung mit Fluconazol, Nocodazol und EMC120B12, ist eindeutig zu erkennen, dass sich die Transkriptome von EMC120B12 und dem Azol Fluconazol sehr ähneln. Interessant dabei ist vor allem, dass neben vielen weiteren Genen vor allem 13 Gene mit direkter Funktion in der Ergosterol-Synthese sowie die Regulation eines Transkriptionsfaktor dieser Biosynthese UPC2 übereinstimmen. Beim Vergleich der beiden Benzimidazole EMC120B12 mit Nocodazol hingegen gibt es kaum Übereinstimmungen. Die wenigen übereinstimmenden Gene sind vorwiegend auf die Stressantwort der Pilzzelle auf das Antimykotikum zurückzuführen. Der Unterschied in der Interaktion der beiden Benzimiazole in der Zelle ist dadurch ebenfalls eindeutig gezeigt. Nach einer Behandlung mit EMC120B12 ist kein Effekt auf Mikrotubuli assoziierte Gene zu finden.

Dies gleicht ebenfalls den Daten zu Fluconazol. Im Gegensatz dazu sind nach der Nocodazol-Behandlung Gene hoch reguliert, die mit den Mikrotubuli und dem Zytoskelett in Verbindung gebracht werden. Alle Daten zum Vergleich der Transkriptionsprofile sind in Tabelle 14 aufgeführt. Zudem fasst Abbildung 25

zusammen, welche Wirkorte den Substanzen anhand der Transkriptdaten zugeordnet werden können. EMC120B12 verhält sich nach den Transkriptdaten im Bezug auf den Wirkort nicht wie ein Benzimidazol und lässt den sicheren Schluss zu, dass es ein Inhibitor der Ergosterol-Synthese ist.