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Erst einige Jahre nach TNF sind auch seine beiden Rezeptoren, TNFR1/p55TNFR und TNFR2/p75TNFR, sowohl für den Menschen (Loetscher, 1990, Smith, 1990) als auch für die Maus (Goodwin, 1991, Lewis, 1991) kloniert worden. Sie verfügen über eine Sequenzhomologie von 28 %, die sich vornehmlich auf die Extrazellulärdomäne mit den jeweils 4 konservierten Cystein-reichen Domänen (CRD) erstreckt. Die intrazelluläre Sequenz ist weitgehend unterschiedlich und weist praktisch keine Homologie auf (MacEwan, 2002). Wie bereits erwähnt, besitzen beide Rezeptoren in ihrer Extrazellulärdomäne die sogenannte PLAD und liegen daher schon vor Bindung des Liganden in der Membran als Homomultimere vor (Chan, 2000). Nach Bindung des Liganden kommt es dann zur Clusterbildung und damit zur Initialisierung von entsprechenden Signalkaskaden. Die Affinität von TNF zu seinen Rezeptoren variiert abhängig davon, ob es sich um das lösliche 17 kDa oder das transmembranäre 26 kDa TNF handelt. Experimentell ermittelte Daten zeigen für lösliches TNF eine wesentlich kleinere Dissoziationskonstante und damit stärkere Bindung für den p55TNFR (Kd ≈ 20 pM) als für den p75TNFR (Kd ≈ 300 pM) (Grell, 1995a), wohingegen membranständiges TNF affiner für den p75TNFR ist (Grell, 1995b). Zur unterschiedlichen Affinität für sTNF kommt eine deutlich unterschiedliche Kinetik der Bindung, die für den p55TNFR mit einer Halbwertszeit (t1/2) von 33 Minuten und für den p75TNFR mit t1/2 < 2 Minuten angegeben wird (Grell, 1998b, Krippner-Heidenreich, 2002). Dies führte zur Hypothese,

Bindung den Liganden zunächst festhält, dadurch seine lokale Konzentration erhöht und ihn dann an den p55TNFR weitergibt. Der Prozess wurde als ligand-passing bezeichnet (Tartaglia, 1993b) und stützt sich auf die Tatsache, dass über p55TNFR ausgelöste Apoptose in Gegenwart des p75TNFR sehr viel stärker abläuft. Mittlerweile haben sich aber auch zwei andere, eng miteinander verbundene Mechanismen herauskristallisiert, die ebenfalls die p75TNFR-abhängige Verstärkung des p55TNFR-induzierten Zelltodes erklären. Zum einen spielt dabei die Konkurrenz der beiden Rezeptoren um die Bindung von TRAF2 eine Rolle, aus der eine Anlagerung der anti-apoptotischen Proteine cIAP1 und 2 resultiert (Wajant, 2003). Darüberhinaus konnte für cIAP1 die Initiierung der Ubiquitinylierung und folgende proteasomale Degradierung von TRAF2 gezeigt werden (Li, 2002), was wiederum die Konkurrenz um verbleibendes TRAF2 erhöht. Schließlich führt in einigen Zellen die Aktivierung des p75TNFR zur Induktion von endogenem TNF, welches wiederum den p55TNFR aktiviert und daher auch auf die Weise den induzierten Zelltod verstärkt (Grell, 1999, Vercammen, 1995).

Alles in allem spricht vieles für einen starken crosstalk der beiden Rezeptoren und die früher verbreitete Meinung, TNF vermittle seine Effekte hauptsächlich über den p55TNFR, beruht eventuell auf der weitgehenden Verwendung von löslichem TNF in in vitro Experimenten, wodurch die Relevanz des p75TNFR unter Umständen unterschätzt wird (Wajant, 2003).

Trotz dieses Zusammenspiels beider Rezeptoren, vermitteln aber beide auch unabhängig voneinander distinkte Effekte, auf die im Folgenden jeweils kurz eingegangen werden soll.

3.2.1. Der p55TNF-Rezeptor

Die wohl augenscheinlichsten Unterschiede zwischen beiden TNF-Rezeptoren sind zum einen die konstitutive Expression des p55TNFR auf fast allen Zellen des Organismus und zum anderen die Existenz einer Todesdomäne im carboxyterminalen Abschnitt des Rezeptors, worüber die Rekrutierung von Caspasen ermöglicht wird (Boldin, 1995).

Trotzdem kann neben programmiertem Zelltod auch der NF-κB-Signalweg und damit die Induktion anti-apoptotischer Schutzgene ausgelöst werden. Beide Vorgänge können verschiedenen Kompartimenten der Zelle zugeordnet werden. Während die Aktivierung von NF-κB ein frühes Ereignis nach Stimulierung des Rezeptors ist und an der

Plasma-membran stattfindet, erfordert die Caspasen-induzierte Vermittlung von Zelltod die Internalisierung des Rezeptor-Ligand-Komplexes (Schneider-Brachert, 2004).

Auch im Falle des p55TNFR verdeutlicht die Phänotypisierung der gendefizienten Maus die Bedeutung des Rezeptors. Mäuse die keinen funktionellen p55TNFR exprimieren können, erweisen sich als resistent gegenüber LPS vermitteltem Schock, sind aber in der Abwehr von Pathogenen beeinträchtigt (Pfeffer, 1993, Rothe, 1993), wie auch in der Entwicklung der B-Zell-Areale in den sekundären lymphatischen Organen (Pasparakis, 1997). Dagegen ist die Anlage der Peyerschen Plaques nicht beeinträchtigt. An Hand von Mutationen in der Extrazellulärdomäne des p55TNFR, wie sie bei einigen Patienten nachgewiesen werden konnten und die dazu führen, dass der Rezeptor nicht mehr proteolytisch gespalten werden kann, lässt sich auch hier die Konsequenz einer funktionellen Überexpression des Rezeptors beobachten. Durch den Verlust eines Regulationsmechanismus der Rezeptor-Ligand-Interaktion kommt es zu Entzündungen und immer wiederkehrenden Fieberschüben, eine Erkrankung, die als tumor-necrosis-factor receptor-associated periodic syndrome bezeichnet wurde (Aksentijevich, 2001).

Anders als beim TNF, sind messbare Serum-Spiegel an löslichem Rezeptor auch unter physiologischen Bedingungen normal, die Konzentrationen steigen aber im Zuge pathologischer Prozesse wie septischem Schock oder Rheuma stark an (Cope, 1992, Schroder, 1995). In den zahlreichen Signalwegen, die für den p55TNFR beschrieben wurden, spiegelt sich die Vielzahl der bekannten TNF-Effekte wider. Die für TNF beschriebene Aktivierung des MAPK-Weges, die schon erwähnte Aktivierung von Caspasen und damit die Induktion von Zelltod, sowie das Auslösen des klassischen anti-apoptotischen und pro-inflammatorischen NF-κB-Signalweges, werden über den p55TNFR vermittelt. Dabei hängt die Entscheidung über Leben und Tod von der Balance zwischen den beiden konträren und sich gegenseitig inhibierenden Mechanismen ab. Klar ist jedoch, dass in vivo die Induktion des NF-κB-Signalweges über die der Apoptose dominiert, anders als bei Fas/CD95, der vor allem Zelltod induziert.

3.2.2. Der p75TNF-Rezeptor

Ein Charakteristikum des p75TNFR ist die starke Reglementierung seiner Expression, die im Allgemeinen auf Zellen des Immunsystems beschränkt bleibt und durch pro-inflammatorische Zytokine, LPS und auch Noxen wie Hypoxie induziert wird (Seitz,

chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Holtmann, 2002), sowie im entsprechenden Maus-Modell (Mizoguchi, 2002) und nach Schlaganfall und Herzinfarkt (Semenza, 1998) nachweisen. Die p75TNFR-/- Maus zeigt dagegen keinen so deutlichen Phänotyp wie die TNF- und p55TNFR-gendefizienten Mäuse. Es konnte aber eine verringerte Sensitivität der T-Lymphozyten gegenüber TNF-Toxizität nachgewiesen werden (Erickson, 1994).

Weiter wird dem Rezeptor eine entscheidende Rolle in der Thymozytenproliferation (Grell, 1998a), der Differenzierung und Aktivierung von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) (Mason, 1995), sowie als kostimulatorisches Molekül der T-Zell-Aktivierung zugeschrieben (Aspalter, 2003, Kim, 2004). Obwohl durch das Fehlen einer Todesdomäne die direkte Induktion von Caspasen-vermitteltem Zelltod nicht plausibel erscheint, konnte dies für T-Lymphozyten gezeigt werden, die durch Antigen-Kontakt aktiviert wurden. Durch die Rekrutierung von TRAF2 konnte eine Bindung der DD-haltigen Proteinkinase RIP1 nachgewiesen werden, über die wiederum die Interaktion mit FADD und dadurch die Aktivierung von Caspasen vermittelt wird (Pimentel-Muinos, 1999). Es handelt sich bei diesem Prozeß um ein gerichtetes Ausschalten klonal expandierter Lymphozyten-Populationen und damit einem Mechanismus der adaptiven Immunantwort, wie überhaupt die Rolle des p75TNFR eher diesem Teil des Immunsystems zuzuordnen ist, im Gegensatz zum p55TNFR, der die angeborene Immunität entscheidend beeinflußt. Die direkte Induktion von Apoptose über den p75TNFR wurde ebenfalls mehrfach beschrieben (Declercq, 1995, Depuydt, 2005, Heller, 1992). Die Rolle des p75TNFR auf humanen CD4+/CD25+ regulatorischen T-Zellen, wo das Protein im Vergleich zu herkömmlichen CD4+ T-Zellen deutlich hochreguliert ist, ist bislang völlig unklar (Annunziato, 2002).

Interessanterweise wurde im letzten Jahr zusätzlich zu der von uns entdeckten und in der vorliegenden Arbeit beschriebenen alternativen Spleiss-Varinate des p75TNFR eine zweite beschrieben, die für eine lösliche Form des Rezeptors kodiert (Lainez, 2004). Sie entsteht durch Herausspleissen der Exone 7 und 8, was zum Verlust der Transmembran-domäne führt und in der Folge auch der IntrazellulärTransmembran-domäne, da durch die resultierende Verschiebung des Leserasters ein vorzeitiger Abbruch der Translation verursacht wird.

Diese Variante des löslichen p75TNFR wird sezerniert und hat einen Anteil von ca. 45 % an der Gesamtmenge des detektierbaren löslichen p75TNF-Rezeptors im Serum von Patienten mit rheumatoider Arthritis.